Die geb urtshilflich- gynäkologische Untersuchung Ein Leitfaden für Studierende und praktische Ärzte von Dr. Hugo Seilheim o. ö. Professor und Direktor der Universitäts-Frauenklinik in Halle a. S. Mit 94 Abbildungen Vierte, vermehrte und umgearbeitete Auflage SPRINGER-VERLAG BERLIN HEIDELBERG GMBH 1923 Dem Andenken Alfred Hegars. ISBN 978-3-662-29865-7 ISBN 978-3-662-30009-1 (eBook) DOI 10.1007/978-3-662-30009-1 Copyright 1923 by Springer-Verlag Berlin Heidelberg Ursprünglich erschienen bei J.F. Bergmann, Munchen 1923 Softcover reprint of the hardcover 4th edition 1923 Vorwort zur ersten Auflage. Auf den folgenden Blättern ist der Gang der geburtshilflieh-gynäkologischen Untersuchung skizziert, wie er an der Hegarschen Klinik eingehalten wird. Dieser Leitfaden, ursprünglich nur im Dienste des lokalen Bedürfnisses für die Studierenden zum Gebrauch in Klinik und Untersuchungskurs zusammen gestellt, findet vielleicht auch außerhalb dieses Kreises, dem es vergönnt ist, von dem Meister der Untersuchungskunst persönlich zu. lernen, Anklang. Freiburg i. B. im April 1901. Sellheim. Vorwort zur zweiten Auflage. Daß von dem Leitfaden eine zweite Auflage notwendig wurde, scheint mir nach den eingegangenen Kritiken vor allem in der präzisen Festlegung eines bestimmten Untersuchungsplanes seinen Grund zu haben. Ich bin diesem Prinzipe bei der Neubea.rbeitung treu geblieben. Um jedoch einem erweiterten Leserkreise gerecht zu werden, mußte die geburtshilfliehe Diagnose, die Untersuchung des knöchernen Beckens und auch der Gang der gynäkologischen Untersuchung etwas mehr ausgebaut und mit manchen Hin weisen auf die Untersuchungstechnik versehen werden. Charakteristische Handgriffe sind durch Skizzen erläutert, ebenso der Begriff der Querspannung des vorderen Beckenhalbringes und die Ausübung der beiden Hegarschen Schwangerschaftszeichen, über die noch viele falsche Vorstellungen existieren. Dem Renn Verleger danke ich bestens für die Sorgfalt, mit welcher er das Werkchen auszustatten bemüht war. Freiburg i. B. im Januar 1903. Se tlheim. Vorwort zur dritten Auflage. Die .Klinik ist infolge der stetig fortschreitenden Kultur dem improvisierten Krankenzimmer unähnlich geworden. An Stelle der Krankenstube trat das Sanatorium mit seinem Komfort und seiner technisch hochentwickelten Ein richtung. Die Pflege ging aus den Händen von Laien, welche die Umgebung des Patienten bildeten, auf geschultes Personal über. Der ehedem für sämtliche Fälle zuständig und ausreichend gewesene praktische Arzt wurde durch eine Reihe einander in die Hände arbeitender Spezialisten ersetzt.. lnfolge der in IV Vorwort. diesen Instituten eingeführten Zentralisation und der dadurch bedingten .Arbeits teilung wird beste Behandlung auf billigste Weise möglichst vielen Kranken zuteil. Bei dieser Umwandlung, welche derartigen Betrieben leicht den Stempel der Schablone aufdrück.t, paßt das in der Klinik. für Lernzwecke Vorgetragene nicht immer vollständig auf die teils primitiveren, teils mannigfaltigeren Ver hältnisse der allgemeinen Praxis. Der Unterricht blieb von diesem Umschwunge nicht unberührt. Er wanderte aus der Wohnung des Patienten in die Klinik und gelangte durch die Zwischenstufe des Krankensaales ins Auditorium. Trotz allem gegenteiligen Bestreben ist unausbleiblich, daß der aus seinem Milieu herausgerissene Leidende über kurz oder lang zum Abstraktum degradiert wird. Denn je mehr Studierende den Hörsaal bevölkern, um lediglich par distance zu lernen, um so erheblicher droht die Gefahr, daß der Kranke zur Nebensache und die theoretische Erörte rung der Krankheit zur Hauptsache wird. Diese Wandlung wird überall da zum Gebote der Notwendigkeit, wo ein Mißverhältnis der Wissensdurstigen zu den für den Unterricht verwendbaren Patienten sich ausbildet. Die Folge solcher Studienbedingungen, welche die später höchst notwendige Anpassung an die Verhältnisse der Praxis erschweren, ist, daß unsere jungen Ärzte mehr als Theoretiker denn als Praktiker dem Dasein die Stirne zu bieten unternehmen; trotz aller günstigen Gelegenheit für eine gediegene Vorbereitung, welche allen Bedingungen des späteren an Verantwortung überreichen Berufes entspricht. An Lehrern, welche die Praxis aus eigener Erfahrung kennen und welche sich für die Tätigkeit des .Arztes ein warmes Herz bewahrt haben, ist kein Mangel. Daß die während des Hochschulbesuches gebotene Gelegenheit zur Übung des Anpassungsvermögens an die Verhältnisse der Praxis so wenig und so ungern ausgenützt wird, liegt einmal im Mangel des Triebes aufseitendes Studierenden, zum andern im Hange zur Bequemlichkeit; zum dritten in der fehlenden Er kenntnis für die Tragweite der später weidlich sich rächenden Unterlassungs sünde. Die Unterschiede zwischen Klinik und Praxis sind eine Folge der fort schreitenden Entwickelung des Krankenhauswesens. Sie mit Rücksicht auf den Unterricht wiederum zu den ehemaligen primitiveren Verhältnissen zurück zuschrauben, hieße den Schaden des Patienten absichtlich anstreben. Gerade die modernen Krankenhäuser sind es, welche den vielen Lernenden das Kranken material ohne Gefahr für den Patienten, zum Zwecke der Beobachtung, zugäng lich machen. Den unvermeidlichen Nachteil der Entfremdung unserer Studieren den von der ihnen noch unbekannten Praxis müssen wir Lehrer zu kompensieren und durch besondere . Einrichtungen wettzumachen suchen. Dazu gehört vor allem der beständige Hinweis des Lehrers auf jene zwischen Klinik und Praxis obwaltenden großen Unterschiede. Explikationen über die notgedrungene Erleichterung und Verwöhnung im Unterrichte, sowie die Schwierigkeiten einer Anpassung an die Verhältnisse der Praxis können dem Studierenden nicht früh genug gegeben und nicht oft genug wiederholt werden. Die Praxis fordert Selbständigkeit im Denken und Handeln. Diese anzu erziehen für die Zwecke selbständigen Diagnostizierens bedeutet, den Maßstab der persönlichen Leistungsfähigkeit dem Lernenden in die Hand spielen. Sehen und Hören sind zwei Sinne, welche durch die Anforderungen des Alltagslebens geschult werden und über deren Leistungsfähigkeit beim Unter suchen wohl jeder einigermaßen Bescheid weiß. Dagegen bedeutet die. weit gehende Ausnutzung des Tastsinnes zu diagnostischen Zwecken in der Geburts hilfe und Gynäkologie für den jungen .Arzt eine ganz neue Welt, in welche der selbe erst eingeführt werden muß. Beides, der Sinn für Anpassungsfähigkeit an die andersartigen Verhältnisse der späteren Praxis und die Kenntnis der Beziehung des Tastsinnes zum geburts- Vorwort. V hilflieh-gynäkologischen Fühlen, sind die wichtigsten und ersten Voraussetzungen für das Erlernen der Diagnostik, sowie für ihre Verwendbarkeit in der Praxis. Für den, welcher diese beiden Bedingungen zu erfüllen in der Lage ist, genügt eine kurze, präzise Vorschrüt der Untersuchungstechnik zum Zwecke der An regung und Anleitung für selbständige Arbeit. Diese beiden Ideen mit der Neuauflage des Buches zu verschmelzen, fühle ich mich infolge der weit über den ursprünglich nur für Kurs und Klinik zu geschnittenen Rahmen hinausgehenden Benützung (Übersetzung der 2. Auflage ins Französische ist erschienen, der vorliegenden ins Japanische ist in Vorbe reitung) veranlaßt. Da die geburtshilflieh-gynäkologische Untersuchung ein Abschnitt der allgemeinen Untersuchungslehre ist, deren übrige Methoden in der inneren und chirurgischen Klinik oder im pathologischen Institut gelehrt und geübt werden, so habe ich diese zu wiederholen unterlassen. Als weiter der Beschränkung bedürftig erachte ich das vielfach übliche "probeweise Leibaufschneiden" - sowohl jenes öffentliche von oben her, als auch jenes heimliche vom Scheidengewölbe aus - zum Zwecke des Sehens oder Fühlens von dem, was vorliegt. Diese üble Gewohnheit ist ein mehr als verwerflicher Auswuchs der Untersuchungsmethode. Der Gebrauch der Uterussonde ist durch Vervollkommnung der Palpations technik so gut wie überflüssig geworden. Auf das vielfach zur Mode gewordene blinde Durchprobieren jeder neu auf tauchenden oder gelegentlich hervorgekramten älteren Methode bin ich nicht eingegangen. Das dabei gefundene Gute reiht sich von selbst dem schon Be währten an. Bevor die Ärzte in irgendeiner Weise an einem Patienten zu handeln unter nehmen, müssen sie aufs gründlichste zu diagnostizieren gelernt haben und obendrein vom beständigen Bewußtsein getragen werden, daß die Konsequenzen ihrer eventuellen falschen Handlungen dem Kranken - also einem Menschen - aufgebürdet werden, welcher des Arztes Halbheit unter Umständen mit dem Leben zu begleichen hat. Es würde mich freuen, auch mit dieser bedeutend erweiterten Neubearbeitung sowohl Studierenden als auch praktischen Ärzten mancherlei Nutzen zu erweisen. Tübingen im Juni 1909. Hugo Sellheim. Vorwort zur vierten Auflage. Die dritte Auflage hat wie die früheren in bezug auf den speziellen Teil der Untersuchungslehre, soviel ich sehe, ungeteilten Beifall gefunden. Die präzise Fassung dieses zweiten Teiles beruht auf einer breiteren Erörterung der Grundbegriffe im ersten Teile. Über die damals hinzugefügten, einführenden Kapitel, welche dem ins Fach Eintretenden, aber auch dem sich später selbständig weiter Bildenden die Grundlagen der Untersuchungsfertigkeit vermitteln wollen, gingen die Auf fassungen auseinander. Neben mancher Zustimmung trat auch die Ansicht auf den Plan, das sei alles zu weitschweifig, wenn nicht überhaupt überflüssig. Jedenfalls käme man selbst im Unterricht ohne so etwas aus usw. Hier waltet eine Meinungsverschiedenheit, welche überbrücken zu versuchen sich im Interesse des Unterrichtes lohnen dürfte. VI Vorwort. Die Anwendungsbreite eines so diffizilen Apparates wie des Tastsinnes wächst mit der Vertiefung in seine Kenntnis. Ich kann mir nicht denken, daß ein Untersucher sich des vollen Vorteils des Tastvermögens bewußt wird oder wenigstens ohne Umwege zur Höchstleistung gelangt, wenn er der Grundlagen der Handfertigkeit entraten zu dürfen glaubt. Ich möchte aber die Entscheidung denjenigen überlassen, welche über die von mir gemachten Vorschläge in prak tische Versuche eingetreten sind. Nachdem mir jüngere Dozenten versichert haben, die allgemeinen Kapitel seien gerade der Teil des Buches, aus welchem sie für sich und für den Unterricht ihrer Schüler den größten Nutzen gezogen hätten, wußte ich, daß ich auf dem rechten Wege war. Mehr konnte man von einem ersten Versuche, die Grundlage der Untersuchungslehre herauszuarbeiten, nicht verlangen. Die Kapitel erfüllten ihren Zweck bei denjenigen, für die sie recht eigentlich geschrieben waren. Das sind solche, die von vorne anfangen, und auch solche, die ihre Kunst noch nicht für abgeschlossen halten. Die Entwicklung der Zeiten scheint meinen Bestrebungen, die Unter suchungslehre auf eine breitere Grundlage zu stellen, Recht zu geben. Heute verlangt jeder Arbeiter, daß ihm der physiologische und psychologische Weg zu Höchstleistung gezeigt wird. Keiner begnügt sich mit einer nur handwerks mäßigen Abrichtung. Wie sollten wir zurückstehen, unseren Schülern, welche durch die Lehre der Physiologie und Psychologie gehen, die Zusammenhänge zwischen diesen beiden grundlegenden Wissenschaften und unserer Unter suchungslehre ausführlicher zu entwickeln. Infolge des Krieges sind bedeutende Lücken im Wissen der Studierenden und Arzte eingetreten. Der große Andrang von Lernbegierigen bei den sich gleichbleibenden Ausbildungsmöglichkeiten hat seinen Teil dazu beigetragen. Durch den Ausfall großer Menschenmassen sind Geburtshilfe und Gynäkologie in ihrer Wertschätzung gest.iegen. Frauenberuf, Berufsschädigungen, soziale Stellung der Frau erfordern ganz besonders die Aufmerksamkeit des frauen ärztlichen Diagnostikers. Ich sehe daher im erneuten Knüpfen der Verbindungen zwischen den allgemeinen Grundlagen und der speziellen Diagnostik ein gutes Mittel, die so verantwortungsvolle geburtshilfliehe und gynäkologische Untersuchungskunst, welche doch - man beachte nur die immer miserabler werdenden Befunde in der Tagesliteratur- auf dem besten Wege der Verflachung und des Nieder ganges ist, wieder auf ihre alte stolze Höhe zurückzuführen und womöglich noch weiter. Dem modernen Rufe nach Verbesserung der praktischen Ausbildung unserer jungen Ärzte ist durch die fortwährende Überleitung von den bequemeren Verhältnissen der Klinik zu den schwierigeren der Praxis Rechnung zu tragen gesucht worden, so weit das in einer theoretischen Abhandlung möglich ist. Freilich ist die Aufgabe der einleitenden Kapitel nicht damit erschöpft, daß sie der Anfänger einmal durchfliegt. Sie sind so abgefaßt, daß gerade der in aer Untersuchungsfertigkeit Fortschreitende und selbst der reife Praktiker bei erneutem Studium immer wieder Nutzen daraus ziehen kann. Erst der etwas Erfahrene sieht den Wert von manchen Dingen ein, an welchen er anfangs achtlos vorüberging. Er holt das nach, was im mündlichen Unterricht .sich ganz von selbst ergibt: daß man je nach Bedürfnis immer und immer wieder auf die Grundlagen zurückgreift. Schließlich enthalten die allgemeinen Aufsätze des Leitfadens doch noch etwas mehr als dem oberflächlichen und vielleicht nur spezialärztlich einge stellten Leser auffällt. Dem unbefangenen, aber mit Gründlichkeit an sie heran tretenden jungen Arzte vermitteln diese Ausführungen unmerklich ein gut Vorwort. VII Teil allgemeiner formaler ärztlicher Bildungswerte. Für diese Art propädeu tischer Einführung eignet sich kein Kapitel der praktischen Medizin so gut wie gerade die Geburtshilfe und Gynäkologie mit ihren Besonderheiten. Die Orientierung im Becken zur räumlichen Bestimmung und die Becken untersuchung sind immer noch so ausführlich gehalten, weil sie nach wie vor gegen viele veraltete Begriffe anzukämpfen haben. In der Neuauflage sind hinzugekommen: im allgemeinen Teil das. Kapitel: "Psychologie im Umgang mit kranken Frauen", im speziellen Teile: "Ab der haldensehe Reaktion", "Reifegrad der Frucht und Schwangerschafts dauer'', ,,Mastdarmuntersuchung", ,,Scheidenuntersuchung", "Gebärmutter untersuchung" unter der Geburt, "die anatomischen Grundlagen für das Tast erkennen an den weiblichen Unterleibsorganen", "Luftfüllung des Bauches von einer Punktionsöffnung oder vom Muttermunde her zu diagnostischen Zwecken (Pneumoperitoneum)". Bei Erörterung der Frage der rektalen Untersuchung in der Geburtshilfe erschien es mir geboten, den Unterschied zwischen der unbedenklichen Vaginal untersuchung im keimerfüllten Bereiche des Geburtsweges unter Respek tierung der Muttermundsgrenze und der bedenklicheren Untersuchung mit Überschreitung dieser Grenze nach dem Uterus zu herauszuarbeiten und durch zwei Abbildungen zu erläutern. Hoffentlich werden diese Ergänzungen als Bereicherung empfunden. Im übrigen wurden Kürzungen, Verbesserungen, Erweiterungen den ge machten Fortschritten entsprechend allenthalben vorgenommen. Einige Ab bildungen sind ausgefallen. Neu hinzugekommen sind Abb. 1, 2, 7, 8, 16, 43, 46, 47, 49, 50, 79. Der Herr Verleger hat in der Ungunst der Zeiten große Mühe gehabt, das Buch wieder in würdigem Gewande herauszubringen. Möge der Leitfaden von seinen Freunden als alter Bekannter begrüßt werden und sich neue Freunde hinzuerwerben, wenn sein Wiedererscheinen sich auch aus unliebsamen Gründen beträchtlich verzögert hat. Halle a. d. S., im September 1922. Hugo Sellheim. Inhaltsübersicht. Seite .Allgemeiner Teil: 1. Praxis und Schule der geburtshilflieh-gynäkologischen Untersuchung. 1 2 . .Aufgaben der Hand in der geburtshilflieh-gynäkologischen Diagnostik 13 3. Natürliche Begabung der Hand . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 4. Schulung der Hand für die .Aufgaben der Geburtshilfe und Gynäkologie. 28 5. Unterhaltung mit hilfesuchenden Frauen . . . . . . . . . . . . . . . 40 6. Psychologie im Umgang mit kranken Frauen . . . . . . . . . . . . . 45 7. .Anamnese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 8. Vorbereitung und Hilfsmittel zur gynäkologischen Untersuchung .... 59 a) Indikationen der geburtshilfliehen und gynäkologischen Untersuchung. 59 b) Gefahren der geburtshilfliehen und gynäkologischen Untersuchung; .Asepsis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 c) Räumliche Orientierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 d) Körperposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 e) Untersuchungslager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 f) Erleichterungsmittel für die gynäkologische Untersuchung; Narkose . 80 g) Beobachtung der Kranken .... · .............. . 84 .Spezieller Teil: 9. Untersuchung des knöchernen Beckens 85 10. Untersuchung von Schwangeren . . . . . . . . . . . . 114 11. Diagnose der Schwangerschaft . . . . . . . . . . . . . 120 a) Schwangerschaftszeichen; .Abderhaldensche Reaktion 120 b) Feststellung der Zeit der Schwangerschaft . . . . . . 126 c) Reifegrad der Frucht und Schwangerschaftsdauer . 127 d) Charakteristika der einzelnen Kindsteile . . . . . 130 e) Diagnose der Lage des Kindes . . . . . . . . . . . 133 f) Diagnose des Lebens oder des Todes der Frucht . . . 135 g) Unterschiede :~;wischen Primigravidae und Plurigravidae 139 h) Diagnose der Zwillingsschwangerschaft . . . . . . . . . . . . . . . 140 12. Untersuchung Kreißender; "Mastdarmuntersuchung", "Scheidenunter- suchung", "Gebärmutteruntersuchung" ............... . 140 13. Zeichen des Wochenbettszustandes ................. . 148 14. Die anatomischen Grundlagen für das Tasterkennen an den weiblichen Unter leibsorganen . . . . . . . . . . . . . 149 15. Gang der gynäkologischen Untersuchung 154 16. Untersuchung der Uterushöhle . . . 178 a) .Allgemeines . . . . . . . . . . . . 178 b) .Anwendung der Uterussonde .... 179 c) Probekurettage. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 d) Dilatation des Zervixkanals und die digitale Austastung der Uterushöhle 186 17. Probeexzision und andere operative Eingriffe zu diagnostischen Zwecken 190 18. Luftfüllung des Bauches von einer Punktionsöffnung oder vom Muttermunde her zu diagnostischen Zwecken . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 19. Untersuchung des Mastdarms und Untersuchung vom Mastdarm aus . 194 20. Untersuchung des Harnapparates. . . . . . . . . . . . . . . . . 203 1. Praxis und Schule der geburtshilflieh gynäkologischen Untersuchung. Durch die neuzeitigen gewaltigen Wissensfortschritte in der Medizin, welche von selbst eine Trennung der einzelnen Gebiete erheischten, entstanden viele Spezialitäten und Spezialitätchen. Der Lehrer einer Spezialität, sei er Chirurg, innerer Mediziner oder Frauenarzt, hat es nicht leicht, der Univer salität, welche bei den Schülern doch zunächst erreicht werden muß, beständig eingedenk zu bleiben. Doch findet jeder Vertreter einer Spezialität in der Tatsache Trost, daß die im Kreise eines Wissenszweiges gebildeten Vorstellungen und die erworbenen technischen Fertigkeiten über den Rahmen des besonderen Faches hinaus für den Arzt einen allgemeinen formalen Bildungswert haben und sich auch für die Auffassung und Betätigung in verwandten Gebieten nützlich erweisen können. Wenngleich von der Frauenheilkunde nicht das selbe Aufheben gemacht wird wie von der inneren Medizin und Chirurgie, so steuert sie doch für die Ausbildung des Arztes mindestens dieselben Werte bei. Innere Medizin und Chirurgie haben beide als Leitmotiv die Erhaltung eines Menschen, während die Geburtshilfe trachtet, zwei Menschen das Leben zu retten. Schon das Krankenexamen erfordert in der Geburtshilfe eine Schulung aes ärztlichen Taktes, wie sie in keinem anderen Zweige der Medizin erforderlich ist. Alter, Verhältnisse, Stand, Charakter, Bildungsgrad, Ledigsein oder Ver heiratung, erste oder wiederholte Schwangerschaft geben Veranlassung zu Modifikationen in der mit dem Klienten zu führenden Unterhaltung. Die Schwangerschaft ist eine fortwährende Mehrbelastung und Funktiom; prüfung aller lebenswichtigen Organe der Mutter durch den Aufbau des Kindes. Der gesunde Organismus führt seine Reserven ins Feld, um mit der Mehrarbeit spielend fertig zu werden. Unzureichender Körper und Geist dagegen versagen. - Wo vermag man die Kompensationsbestrebungen der natürlichen Organi sation, welche die Grundlage für die Überwindung von Krankheiten bilden, besser zu studie.!'en ~ Beim Untersuchen und Operieren Gebärender wird die Hand geschult und ausgebildet, die räumliche Vorstellung geweckt und geübt, die Entschlossen heit wird auf die Probe gestellt und die Verantwortlichkeit verdoppelt. Die Ausübung der geburtshilflieh-gynäkologischen Diagnostik ist eine Kunst, zu welcher - wie bei anderen Künsten - in erster Linie Begabung gehört. Durch Anleitung und Übung gelangt sie zur Vervollkommnung. Die Anleitung gibt die Schule, die Übung bringt die Praxis. Die Anleitung ist also nur Vorbereitung zur Kunst, nicht die Kunst selbst. Sie bildet den Künstler, aber macht ihn nicht. Der Student lernt auf der Hoch schule die Grundsätze seines Lehrers zunächst mechanisch befolgen. Trotzdem in der Schule auch beobachtet, geübt wird und Erfahrungen gesammelt werden, Sellhei m, Geburtshilflich-gynäkologlsche Untersuchung. 4. Auf!. l