Bachelorarbeit Die Bedeutung der Arsen-Schwefel-Spezies für die Reduktion der Arsen-Toxizität durch Knoblauch vorgelegt von Michael Burkard betreut von Prof. Dr. Britta Planer-Friedrich Universität Bayreuth, Juniorprofessur Umweltgeochemie Zweitgutachter Prof. Dr. Egbert Matzner Bayreuth, September 2009 Eidesstattliche Erklärung Ich versichere hiermit, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig verfasst und keine anderen als die im Literaturverzeichnis angegebenen Quellen benutzt habe. Stellen, die wörtlich oder sinngemäß aus veröffentlichten oder noch nicht veröffentlichten Quellen entnommen sind, sind als solche kenntlich gemacht. Die Zeichnungen oder Abbildungen in dieser Arbeit sind von mir selbst erstellt worden oder mit einem entsprechenden Quellennachweis versehen. Diese Arbeit ist in gleicher oder ähnlicher Form noch bei keiner anderen Prüfungsbehörde eingereicht worden. Bayreuth September 2009 Michael Burkard Abstract Arsenic is ubiquitous, and chronic or acute exposure through food and water can contribute to a spectrum of diseases. Despite arsenic being a health hazard and a human carcinogen, no effective or preventive means for treating arsenic-induced toxicity exist. The motivation for this work was a published study claiming that arsenite cytotoxicity for rats is reduced in the presence of garlic, allegedly due to oxidation of arsenite to arsenate. However, as garlic extracts contain S-substances and recent reports show that arsenite and sulfur react to form thioarsenates, the question arose as to their contribution in toxicity reduction. Oxidation of arsenite to thioarsenates can be explained by the high affinity between As(III) and sulfur. However, in the experiments of the afore-mentioned study, arsenic speciation was done based on hydride generation, which is not suitable for arsenic determination in sulfidic solutions because thioarsenates are either ignored or wrongly classified in the As(III) or As(V) fraction. In this work, the analysis was performed using chromatographic separation with an alkaline eluent able to preserve thioarsenate species and simultaneous detection of As and S by ICP-MS. The first part of the investigations addressed arsenite conversion in synthetic sulfur solutions and showed the ability of sulfide to oxidize over 50% of the arsenite originally applied to 6,9% mono-, 15% di-, and 32% trithioarsenate. In the second part of the work the abiotic in-vitro conversion of arsenite in the presence of natural garlic and garlic-like substances was investigated. In general, arsenite remained the dominant species after reaction and we never observed full conversion to arsenate. Abiotically, the share of thioarsenates formed was low. Warming or shaking the solution was ineffective to increase conversion rates. Even products with a longer reaction time or those prepared under reducing conditions showed little conversion. The highest share of newly formed thioarsenates (>45%; predominantly as monothioarsenate) was found in leek extracts at pH 9. These findings prove that in general less toxic thioarsenates can form even abiotically from arsenite in the presence of garlic or garlic-like substances. Similarly, the conversion of arsenite to arsenate by the influence of garlic could be confirmed - up to 82% of arsenate were formed in some of the experiments. In in-vivo studies, the effect of enzymes will further complicate reaction patterns and might lead to even greater conversion to arsenate or thioarsenates. Kurzfassung Arsen ist eine allgegenwärtige Verbindung, chronische oder akute Belastungen in Nahrungsmitteln und Wasser können zu einem breiten Spektrum an Krankheiten beitragen. Obwohl Arsen für den Menschen gesundheitsgefährdend und krebserregend ist, gibt es weder eine wirksame noch eine vorsorgende Maßnahme, um eine von Arsen induzierte Toxizität zu behandeln. Als Motivation für diese Arbeit dient eine Studie, die behauptet, dass die Zytotoxizität von Arsenit bei Ratten durch die Anwesenheit von Knoblauch reduziert wurde, angeblich durch die Oxidation von Arsenit zu Arsenat durch den Einfluss schwefelhaltiger Komponenten, die aus Knoblauch entstehen können. Wenn allerdings die Knoblauchextrakte schwefelhaltige Substanzen enthalten und wie jüngste Berichte zeigen, Arsenit und Schwefel zu Thioarsenaten reagieren, stellt sich die Frage über ihre Beteiligung bei der Reduzierung der Toxizität. Die Oxidation von Arsenit zu den Thioarsenaten kann durch die hohe Affinität zwischen As(III) und Schwefel erklärt werden. In den Experimenten der eben genannten Studie wurde jedoch eine auf Hydridgenerierung basierende Speziesanalytik verwendet, die nicht für die Arsen Bestimmung in sulfidischen Lösungen geeignet ist, da Thioarsenate entweder komplett ignoriert oder fälschlicherweise in der As(III)- oder in der As(V)-Fraktion mitbestimmt werden. Die Analyse dieser Arbeit wurde dagegen mit Hilfe einer chromatographischen Trennung und unter Verwendung eines alkalischen Eluenten, durch den die Thioarsenatspezies erhalten bleiben, und der gleichzeitigen Detektion von As und S mittels ICP-MS, durchgeführt. Im ersten Teil der Untersuchungen wurde die Arsenitumwandlung in synthetischen Schwefellösungen getestet, und es zeigte sich die Fähigkeit von Sulfid, über 50% des ursprünglichen Arsens zu 6,9% Mono-, 15% Di-, und 32% Trithioarsenat zu oxidieren. Im zweiten Teil der Arbeit wurde die abiotische in-vitro Umwandlung von Arsenit durch den Einfluss von Knoblauch und dem Knoblauch-ähnlichen Substanzen untersucht. In der Regel blieb Arsenit auch nach der Umwandlung die dominante Spezies und es konnte nie eine vollständige Umwandlung beobachtet werden. Abiotisch war der Anteil der gebildeten Thioarsenates sehr gering. Auch durch Erwärmen oder Schütteln konnten die Umwandlungsraten nicht erhöht werden. Ebenso zeigten Präparate mit einer längeren Reaktionszeit oder das Herstellen unter reduzierenden Bedingungen kaum einen Effekt. Der höchste Anteil von neu gebildeten Thioarsenaten (>45%; überwiegend als Monothioarsenat) wurde in einem Lauch-Extrakte bei pH 9 gefunden. Diese Ergebnisse beweisen, dass generell aus Arsenit auch abiotisch die weniger giftigen Thioarsenate in Gegenwart von Knoblauch oder Knoblauch- ähnlichen Substanzen gebildet werden können. Auch die Umwandlung von Arsenit zu Arsenat durch den Einfluss von Knoblauch konnte bestätigt werden, in den Experimenten entstanden bis zu 82% Arsenat. Bei in-vivo-Studien beeinflusst zusätzlich die Wirkung von Enzymen das Reaktionsmuster und könnte noch zu einer größeren Umwandlung zu Arsenat oder Thioarsenat führen. 1 Inhaltsverzeichnis 1 Problemstellung ..................................................................................................... 3 2 Grundlagen ............................................................................................................ 6 2.1 Arsen .............................................................................................................. 6 2.2 Toxizität ......................................................................................................... 7 2.2 Knoblauch ...................................................................................................... 8 2.2.1 Allgemeines ............................................................................................. 8 2.2.2 Heilende Wirkung .................................................................................... 9 2.2.3 Inhaltsstoffe ........................................................................................... 10 2.3 Aktueller Stand zu Arsen-Knoblauch ............................................................ 13 3 Methodik ............................................................................................................. 16 3.1 Verwendete Chemikalien .............................................................................. 16 3.2 Experimente ................................................................................................. 17 3.2.1 Experimente in Abwesenheit von Luftsauerstoff .................................... 17 3.2.1.1 Glovebox Setup................................................................................... 17 3.2.1.2 Synthetische Lösungen ........................................................................ 17 3.2.1.3 Natürliche Präparate ............................................................................ 19 3.2.2 Experimente in Anwesenheit von Luftsauerstoff .................................... 19 3.2.2.1 Synthetische Lösungen ........................................................................ 19 3.2.2.2 Natürliche Präparate ............................................................................ 20 3.3 Analytik ........................................................................................................ 22 3.3.1 Instrumentelles Setup der IC-ICP-MS .................................................... 22 3.3.2 Durchführung und Lagerung .................................................................. 23 3.3.3 Kalibrierung ........................................................................................... 24 4 Ergebnisse und Diskussion .................................................................................. 25 4.1 Gesamtarsengehalt ........................................................................................ 25 4.2 Arsenspeziierung in Abwesenheit von Luftsauerstoff .................................... 28 4.2.1 Synthetische Lösungen........................................................................... 28 4.2.1.1 Messung unmittelbar nach dem Herstellen der Lösungen .................... 28 4.2.1.2 Zeitliche Veränderung ......................................................................... 29 4.2.1.3 Veränderungen durch Luftsauerstoff ................................................... 31 4.2.2 Natürliche Präparate ............................................................................... 33 4.3 Arsenspeziesverteilung in Anwesenheit von Luftsauerstoff ........................... 34 4.3.1 Synthetische Lösungen........................................................................... 34 4.3.2 Natürliche Präparate ............................................................................... 34 4.3.2.1 Messung von Säften, Pulver und frischen Präparaten ........................... 34 4.3.2.2 Quantitativer Einfluss der frischen Substanzen .................................... 36 4.3.2.3 Unbehandelte Proben mit längerer Reaktionszeit ................................. 37 4.3.2.4 Entwicklung der Speziesverteilung über die Zeit ................................. 38 4.3.2.5 Unterschiedlich lange Erwärmungszeiten ............................................ 39 4.3.2.6 Unterschiedliche Bearbeitungsform ..................................................... 41 4.3.2.7 Alliinzugabe ........................................................................................ 42 4.3.2.8 Erhöhung des pH-Wertes .................................................................... 44 4.4 Vergleich der natürlichen Substanzen ........................................................... 48 4.5 Arsenatgehalt ................................................................................................ 49 4.6 Wesentliche Ergebnisse ................................................................................ 51 2 5. Empfehlungen .................................................................................................... 53 6 Zusammenfassung ............................................................................................... 55 Literaturverzeichnis ................................................................................................ 57 Abbildungsverzeichnis ........................................................................................... 59 Tabellenverzeichnis ................................................................................................ 59 Anhang................................................................................................................... 60 Problemstellung 3 1 Problemstellung „Knoblauch könnte für Millionen Bangladescher die Rettung vor Arsenvergiftungen sein: Eine indische Forscherin hat entdeckt, dass Knoblauch im Tierversuch, die Arsenwerte im Körper drastisch reduzieren kann, berichtet das Wissenschaftsmagazin Food and Chemical Toxicology“[1]. Der Grund für diese Forschung hat weit reichende Hintergründe. Bangladesch stellte in den 1970er Jahren die Trinkwasserversorgung auf Brunnenwasser um, da die meisten Oberflächengewässer kontaminiert waren. Insgesamt wurden rund zehn Millionen Trinkwasserbrunnen errichtet. Allerdings wies das Brunnenwasser eine starke Arsenbelastung auf. Messungen ergaben, dass eine Vielzahl der Brunnen mehr als 50 µg Arsen pro Liter Wasser aufwiesen. In Deutschland liegt der von der WHO vorgeschriebene Grenzwert bei 10 µg pro Liter [2]. Über 70 Millionen Menschen in West-Bengalen, Indien und Bangladesch sind von arsenbelastetem Trinkwasser abhängig und leiden unter seinen Auswirkungen. Derartige Belastungen stellen ein globales Problem dar, auch in Argentinien, Mexiko, Chile, Taiwan, der Mongolei und den USA konnten schon erhöhte Arsenwerte festgestellt werden. Die Arsenbelastung hat einen topographischen Hintergrund. Die Flüsse Ganges, Brahmaputra und Meghna haben mit ihren Ablagerung ein riesiges Flussdelta gebildet. Nach einem Meeresspiegelabfall füllten sich die entstanden Täler mit einem Ton, der als Träger des Arsens vermutet wird. Ein weiteres Problem besteht darin, dass das Wasser auch für Bewässerungen herangezogen wird. Daraufhin konnten auch im Reis erhöhte Werte nachgewiesen werden [1]. Das Thema der vorliegenden Arbeit lautet „Die Bedeutung der Arsen-Schwefel- Spezies für die Reduktion der Arsen-Toxizität durch Knoblauch“. Aber wo kann nun ein Zusammenhang mit Knoblauch hergestellt werden? Wie schon zu Beginn dieses Kapitels erwähnt, gelang es einer indischen Forschergruppe bei Versuchen mit Ratten, denen gleichzeitig Arsen und Knoblauch verabreicht wurde, eine Verminderung des Arsengehaltes im Körper festzustellen. Als Ergebnis konnten sie festhalten, dass Ratten, denen Arsen und Knoblauch verabreicht wurde, zum einen um 40 Prozent weniger Arsen in Blut und Leber aufwiesen, und zum anderen ca. 45 Prozent höhere Arsenwerte im Urin hatten, verglichen mit Ratten denen nur Arsen verabreicht worden ist. Als Grund werden schwefelhaltige Substanzen wie etwa das Allicin im Knoblauch angegeben, das Arsen aus dem Blut und aus dem Gewebe Problemstellung 4 reinigen soll. Die Wirkung ist auf S-Verbindungen, die sich aus dem Allicin bilden, zurückzuführen. Bilden können sich diese Substanzen nur, wenn die Zellstruktur des Knoblauchs zerstört wird. In ihren in vitro und in vivo Versuchen untersuchte die Forschergruppe unter anderem auch die Speziierung des Arsens und gibt als Grund für die Reduktion der Toxizität die Oxidation des Arsenits (dreiwertige Arsenspezies) zu Arsenat (fünfwertige Arsenspezies) an. Für den Menschen gilt generell die fünfwertige Form als weniger toxisch. Die Motivation dieser Arbeit beruht auf der Annahme, warum nicht bei Anwesenheit von schwefelhaltigen Substanzen, ein Schwefelatom an das Arsenit angelagert bzw. eine OH-Gruppen des Arsenits gegen eine SH-Gruppe der schwefelhaltigen Substanzen ausgetauscht werden sollte? Dadurch könnten sich Arsen-Schwefel-Verbindungen, so genannte Thioarsenite, Thioarsenate oder methylierte Thioarsenverbindungen bilden. Derartige Verbindungen hätten allerdings mit der Speziesanalytik, die die indische Forschungsgruppe verwendete, nicht erkannt werden können. Die Analyse wurde mit der Hydridgenerierung durchgeführt, die definitionsgemäß nur zwischen Arsenit als „As(III)“- und Arsenat als „As(V)“-Fraktion unterscheiden kann. Folglich würden bei dieser Speziesanalytik die Arsen-Schwefel-Verbindungen unentdeckt bleiben, da sie in einer der beiden Fraktionen vorliegen. Entweder würden sie nicht erkannt oder unerkannt in einer der beiden Fraktionen vorliegen. Weiter ist für die Analyse mit dieser Methode ein Ansäuern auf pH 2 notwendig, durch das mögliche Arsen- Schwefel-Verbindungen entweder ausfallen oder – wenn gleichzeitig ein Reduktionsmittel zugegeben wird - zu Arsenit umgewandelt werden und somit in der As(III) Fraktion mitbestimmt werden. In der durchgeführten Arbeit fand die Analyse dagegen mit Hilfe einer etablierten chromatographischen Trennung im Alkalischen und der gleichzeitigen Detektion von As und S mittels ICP-MS (inductively-couples-plasma mass-spectrometry) statt. Durch diese Analyse kann man sicher feststellen welche Arsenspezies und speziell ob Arsen-Schwefelverbindungen gebildet werden. Auch ein Ansäuern ist bei dieser Methode nicht notwendig, so dass die möglichen Verbindungen auch während der Analyse relativ stabil bleiben. In dieser Arbeit soll speziell auf die quantitative und qualitative Bildung von Thioarsenaten eingegangen werden. Einerseits soll dies an Mischungen von Arsenit und synthetischen Reinsubstanzen der schwefelhaltigen Verbindungen, die sich in Knoblauchextrakten bilden können, bestimmt werden, anderseits an Mischungen von Arsenit und Extrakten aus natürlichen Knoblauch- Problemstellung 5 oder Knoblauch-ähnlichen Verbindungen. Dabei sollen verschiedene Knoblauchextrakte z.B. ein. Öl oder ein Pulver, aber auch ähnliche Lauchgewächse wie Zwiebel, Bärlauch, Lauch und Lauchzwiebeln untersucht werden. Zusätzlich wurden noch unterschiedliche Varianten bei der Herstellung der Extrakte, unterschiedliche Standzeiten und verschiedene Reaktionsbedingungen (pH, Temperatur) getestet. Außerdem wurden die Versuche sowohl bei Anwesenheit als auch bei Abwesenheit von Luftsauerstoff durchgeführt. Auch im Hinblick auf die Möglichkeit ein potentiell wirksames Heilmittel gegen Arsenvergiftung zu entwickeln, kann diese Arbeit einen wichtigen Beitrag leisten, denn herkömmliche Methoden wie das Verabreichen von chelatbildenden Reaktionspartnern, die mit Arsen einen unlöslichen Komplex eingehen und es von belastetem Gewebe entfernen, weisen oft erhebliche Nebenwirkungen auf. So bewirkt das British Anti Lewisite (BAL), was eine sehr starke Affinität zu Arsen aufweist, Muskelbrennen, Bluthochdruck, Brechreiz, Kopfweh, Bindehautentzündung, Tränensekretion und Brust-Schmerzen [3,4]. Und verglichen mit Arsenit würden auch die gebildeten Thioarsenate eine geringere Toxizität aufweisen. Abschließend bleibt zu bemerken, dass die Lieblingsspeise von Jeanne Calment, die im Alter von 122 Jahren als bisher ältester Mensch der Welt verstarb, die französische Knoblauchmayonnaise Aioli war [7].
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