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Der Psychische Ursprung des Lebens: Erkenntnis oder Glaube? PDF

47 Pages·1931·1.405 MB·German
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DER PSYCHISCHE URSPRUNG DES LEBENS ERKENNTNIS ODER GLAUBE? VON PROFESSOR DR. H. BRAUN GEHEIMEN MEDIZINALRAT BERLIN VERLAG VON JULIUS SPRINGER 1931 ISBN- 13: 978-3-642-93930-3 e-ISBN- 13: 978-3-642-94330-0 DOl: 10.1007/978-3-642-94330-0 ALLE RECHTE VORBEHAL TEN AUGUST BIER ZU SEINEM SIEBENZIGSTEN GEBURTSTAGE GEWIDMET Ich besitze zwei groBe alte Kakteen (Echinopsis). Sie stehen stets nebeneinander. 1m Jahre 1927 brachte der eine 4, der andere 2 seiner herrlichen, mehr als 20 cm langen Bliiten hervor, die wie ein Wunder aus den unf6rmlichen Klumpen herausschieBen. Der erste war jedoch mit der Ent wicklung seiner Bliiten weit voraus, so weit, daB ihr Aufbrechen tagelang jeden Augenblick zu erwarten war. Aber er tat es nicht, sondern wartete. Denn der andere, sein Nachbar, war noch weit zuriick. Dnd eines Abends - die Bliiten 6ffnen sich stets am Abend-, als derzweite endlich auch fertig war, brachen zur gleichen Stunde, fast auf die Minute, aile sechs Bliiten auf, ein Schauspiel, das an Sch6nheit seinesgleichen sucht. 1m nachsten Jahre geschah wieder etwas Auffallendes. Wieder war der eine Kaktus mit seinen Bliiten weit voraus. Eine davon 6ffnete er auch dieses Mal. Die Bliiten welken sonst stets nach etwa 24 Stunden ebenso schnell ab, wie sie gekommen sind. Die bereits ge6ffnete Bliite blieb aber dieses Mal ganz gegen die Regel volle 3 Tage offen, ohne zu welken, sie wartete, bis aIle anderen Bliiten an beiden Pflanzen eben falls aufgebliiht waren. 24 Stunden spater welkten samtliche Bliiten an beiden Pflanzen gleichzeitig abo Es besteht fUr mich keinerlei Schwierigkeit fUr die An nahme, daB in beiden Pflanzen geistige Kraftquellen wirk sam sind, welche in irgendeiner Weise sich gegenseitig be einfluBt haben. 1st das Erkenntnis oder Glaube? Diese Frage ist nicht so einfach zu beantworten. Die erste Bresche in die mechanistischen Gedankengange der ziinftigen N aturwissenschaft seiner Zeit und der ihr - 6 - folgenden, auf der pathologischen Anatomie aufgebauten, wissenschaftlichen Heilkunde schlug DU BOIS-REYMOND durch einen Vortrag, den er r872 auf der Naturforscherversammlung iiber "Die Grenzen der Naturerkenntnis" hielt. Er wies diese Grenzen mit mathematischer Scharfe auf, die sich aus der Anschauung ergaben, daB Naturerkenntnis nur durch Auf losen der Naturvorgange in Mechanik der Atome zu gewinnen sei, daher ihre uniiberschreitbare Schranke finde an den psychischen Gegebenheiten. Er schloB seinen Vortrag mit dem beriihmt gewordenen Wort "Ignorabimus", welches damals die wissenschaftliche Welt in nicht geringe Aufregung ver setzte. Nun sind aber psychische Gegebenheiten dennoch Gegen stand der Erforschung und der Naturerkenntnis, insofem durch Wissenschaften, wie Physiologie, Psychiatrie, Psycho logie, Psychoanalyse, Biologie, die Wirkungen psychischer Gegebenheiten und ihre Beziehungen zueinander aufgezeigt werden. Ja es ist sogar moglich, aus der Erkenntnis solcher Wirkungen und Beziehungen gewisse positive oder negative Riickschliisse auf die Wesenheit der Kraftquellen zu ziehen, von denen psychische Geschehensfolgen ausstrahlen. Deren Erforschung kann aber erst jenseits der durch jene mecha nische Formel gesetzten Schranke beginnen. Vorkampfer fUr die Abwehr eines einseitigen Materialis mus aus neuerer Zeit waren, urn nur einige Namen zu nennen, auf philosophischer Seite BERGSON und DRIESCH, auf natur wissenschaftlicher Seite FRANCE, A. WAGNER, V. UEXKULL, auf arztlicher Seite BIER, KREHL, KULENKAMPFF, LIEK, MUCH, SAUERBRUCH u. a. Die genannten Arzte sind Chirur gen, Intemisten, Biologen. Die Psychiater und Psychologen haben sich infolge ihrer dauernden Beschaftigung mit see lischen Problemen wohlleichter aus den materialistisch-me chanistischen Gedankengangen herausgefunden. Aber auch - 7 - jedem anderen Arzt, der doch seine Erkenntnis ebenfalls fiir eine N aturerkenntnis zu halt en berechtigt ist, treten psychische Gegebenheiten, welche pathologisch-anatomisch nirgends faB bar sind, alltiiglich an seinen Kranken so iiberzeugend als etwas Wesentliches, ja als das Wesentliche entgegen, daB er sich mit der Formel DU Bors-REYMONDS nicht zufrieden geben kann. Ein Werturteil iiber wissenschaftliche Ideologien und deren Anhanger solI damit selbstverstandlich nicht abgegeben werden. Wer dies tun wollte, miiBte nachdriicklich auf die auBerordentlichen Leistungen hinweisen, welche die materia listische Ideologie in der zweiten Halfte des vorigen Ja hr~ hunderts hervorgebracht hat. 1. Das Wesen des organischen Lebens. Menschen, Tiere und Pflanzen, ihr Protoplasma, ihre Zellen, ihre Organe sind technische Gebilde, welche durch psy chisch regulierte strahlende und stromende Energien in Betrieb gesetzt sind. Dies ist das Wunder der belebten Natur. Zwei in diesem Satze genannte Begriffe, das Wunder und das technische Gebilde, bediirfen einer Erlauterung. Was ist unter einem Wunder zu verstehen? Nun, ein un zweifelhaftes, iibernatiirliches Wunder ware es, wenn z. B. die Sonne eines Morgens vergaBe, aufzugehen oder, anstatt im Osten, im Westen aufginge oder wenn aus einem Hiihnerei plotzlich anstatt des erwarteten Hiihnchens ein Entchen auskroche. DaB etwas derartiges moglich sei, sollte lieber niemand glauben. Gabe es Wunder dieser Art, dann miiBte die Annahme eines zwar dauernd sich verandernden, aber stets wieder zum harmonischen Ausgleich kommenden Welt alls auf das schwerste erschiittert werden, und eine Wissen schaft, eine auch nur notdiirftige Voraussicht des Kommen den gabe es nicht. Mit anderen Worten, es konnen ganz ausschlieBlich nur Ereignisse eintreten, welehe in der gegebenen Organisation und Ordnung des Weltalls iiberhaupt moglich sind. Mit noch anderen Worten, es kann wohl iibersinnliche, aber keine iibernatiirlichen Wunder geben. Wenn wir glauben, solehe zu sehen, so liegt das lediglich an der Unvollkommenheit unserer Sinnesorgane, an der Begrenzung unseres Weltbildes auf erlebbare Dinge und an der Beschrankung unserer Urteils fahigkeit. Mit soleh natiirlichen Wundern ist das Weltbild - 9 - des Menschen derartig erfiillt, sie sind etwas derartig Alltag liches, daB dagegen die wirklich gewonnene Erkenntnis ver haltnismaBig gering ist. Infolge ihrer Alltaglichkeit werden sie in der Regel gar nicht als Wunder angesehen. Unter dem EinfluB des mechanistisch-analytischen Ja hrhunderts hat man verlernt, das Wunder zu sehen, welches immer und uberall dadurch gekennzeichnet ist, daB geistige Kraftquellen in mecha nische Geschehensfolgen eingreifen. Man braucht nicht weit zu suchen. Der menschliche Geist, d. h. die im BewuBtsein vor sich gehenden psychischen Vor gange, ist eine solche Kraftquelle. Sie ist vorhanden, aber woher sie kommt und was sie ist, weiB niemand. Dichter, welche nicht nur phantasierten, sondern sich zu gleich auch in die Wissenschaft vertieften, haben bekanntlich oft genug die Zusammenhange besser durchschaut und tiefer in den Strom des Geschehens hineinzublicken vermocht als Wissenschaftler. Dies solI uns jedoch bei unserem Versuch, den Wundern doch noch etwas naher zu kommen, nicht abhalten, das Traumland und die Phantasien der Dichter tunlichst zu vermeiden.DieseandereSeitedermenschlichenKultur, vollAn mut und SchOnheit - wenngleich, wie die Wissenschaft, behaftet mit mancherlei bedenklicher Unvollkommenheit -, ist auch eine Wirklichkeit im menschlichen Leben. Mit ihr haben wir es aber hier nicht zu tun. WILHELM RAABE, der groBe Weise, sagte: "Unsere tagliche Selbsttauschung gib uns heutel" In dessen in einer wissenschaftlichen Arbeit ist die nicht zu brauchen. Den zweiten Begriff, das technische Gebilde und die in ihm enthaltene mechanische und psychische Geschehensfolge, hat A. WAGNER vortrefflich darzustellen verstanden. Er geht von folgendem Beispiel aus. Ein Bachlein entspringt an einem Berghang. Das Wasser flieBt zu Tale infolge der Schwerkraft nach ausschlieBlich mechanischen Gesetzen, es biegt vor -- 10 - Hindernissen aus, es staut sich, bildet einen See oder einen Wasserfall, verliert sich schlieBlich in einem groBeren FluB oder Sumpf. Sein Lauf und was aus ihm wird, ist von den wechselnden ortlichen Verhaltnissen abhangig. Dies ist mechanisches Geschehen, bestimmt ausschlieBlich durch mechanische Geschehensfolge. Nun solI aber das Wasser an einer bestimmten Stelle gebraucht werden, urn dort einen Zweck zu erfullen, etwa eine Muhle zu treiben. Dadurch wird es zu einem technischen Gebilde. Das ist niemals allein durch mechanische GeschehensfoIgen moglich. Es bedarf vielmehr einer geistigen Kraftquelle, welche vorausschauend und schopferisch den Lauf des Wassers in bestimmter Weise regu liert und weiterhin auch gegen etwaige mechanische Sto rungen schutzt, damit der beabsichtigte Zweck erreicht wird. Diese geistige Kraftquelle, hier die des bewuBten Menschen, steht stets am Anfang solcher Geschehensfolge, welche, fur sich rein mechanisch ablaufend, an ihrem Ende die Erfilllung des beabsichtigten Zweckes, die Leistung zeitigt. Die gleiche Be trachtung (DRIESCH) laBt sich mit jeder Maschine anstellen. Ein Haufen von irgendwie zusammengestellten Achsen, Radern und Ubersetzungen, welcher nach mechanischen Ge setzen irgendeine sinnlose Bewegung ausfuhrt, ist keine Maschine. Er wird erst dazu, wenn eine geistige Kraftquelle den Geschehensablauf so regulierte, die Maschinenteile so zu sammenstellte, daB nunmehr ein Ziel, bestehend in einer Arbeitsleistung, erreicht wird. Einem derartigen technischen Gebilde, welcher Art es auch sei, liegt stets ein Plan zugrunde, ein unsichtbares psychisches Gebilde, die SchOpfung einer geistigen Kraftquelle, aus freiem Willen entstanden, als etwas vollig Neues, zuvor nicht Da gewesenes, ohne eine materielle Ursache. Das also ist psychische GeschehensfoIge, auch "regu lierte", "finale", "technische", "biologische" "organische"

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