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Der Philosoph und die Politik: die Ausbildung der philosophischen Lebensform und die Entwicklung des Verhältnisses von Philosophie und Politik im 4. und 3. Jh. v. Chr PDF

427 Pages·1998·8.468 MB·German
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Peter Scholz Der Philosoph und die Politik Die Ausbildung der philosophischen Lebensform und die Entwicklung des Verhältnisses von Philosophie und Politik im 4. und 3. Jh. v. Chr. Franz Steiner Verlag Stuttgart 1998 Verantwortlicher Herausgeber: Klaus Bringmann Gedruckt mit Unterstützung des Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG Wort Die Deutsche Bibliothek -CIP-Einheitsaufnahme Scholz, Peter: Der Philosoph und die Politik : die Ausbildung der philosophischen Lebensform und die Entwicklung des Verhältnisses von philosophie und Politik im 4. und 3. Jh. v. Chr./ Peter Scholz. -Stuttgart: Steiner, 1998 (Frankfurter althistorische Beiträge ; Bd. 2) Zug!.: Frankfurt (Main), Univ., Diss., 1996 ISBN 3-515-07054-0 @) ISO 9706 Jede Verwertung des Werkes außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Übersetzung, Nachdruck, Mikrover filmung oder vergleichbare Verfahren sowie für die Speicherung in Datenverarbeitungs anlagen. Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier. © 1998 by Franz Steiner Verlag Wiesbaden GmbH, Sitz Stuttgart. Druck: Druckerei Peter Proff, Euras burg. Printed in Germany si quis in caelum ascendisset naturam que mundi et pulchritudinem siderum perspexisset, insuavem illam admiratio nem ei fore, quae iucundissima fuisset, si aliquem cui narraret habuisset. Cic. Lael. 23, 88 Vorwort Die vorliegende Arbeit ist die nur geringfügig überarbeitete Fassung meiner Dissertation, die im Sommersemester 1996 dem Fachbereich Geschichtswis senschaften der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main vorgelegen hat. Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Klaus Bringmann, der mich nicht nur zu der Behandlung des Themas angeregt, sondern auch während der ge samten Entstehungszeit stets mit Rat und Kritik unterstützt hat. Den Herren Professoren Manfred Clauss und Ulrich Muhlack danke ich für die kritische Lektüre und Begutachtung der Arbeit. In den Jahren 1993-1995 hatte ich Gelegenheit, im Rahmen des „Kollo quiums für antike Philosophie" mehrere Kapitel der Untersuchung vorzustellen und mit den dort anwesenden Spezialisten für die jeweiligen Philosophen schulen ausgiebig zu diskutieren. Hierfür schulde ich vor allem Herrn Prof. Klaus Döring, Dr. Klaus Geus in Bamberg, Prof. Manfred Erler in Würz burg, Prof. Theodor Ebert und Prof. Maximilian Forschner in Erlangen sowie Prof. Wolfgang Detel in Frankfurt Dank, welche die Untersuchung durch ihre kritischen Anmerkungen nachhaltig förderten. Weiterführende Anregungen erhielt ich zudem durch das von Prof. Joachim Gehrke und Dr. Kai Trampedach (Freiburg) 1991 veranstaltete „Symposium zur politischen Philosophie Platons" in Berlin sowie durch den Frankfurter und Berliner Kolloquiumskreis von Prof. Herfried Münkler. Nicht weniger trugen PD Dr. Wilfried Gawantka, Joachim Meißner, Philip Möckel, Ann R. Rapp, Dr. Lorenz Rumpf, Dr. Dirk Schlinkert, Dr. Helmut Schubert und Johannes Süßmann durch ihre Lese-und Gesprächsbereitschaft zum erfolgreichen Abschluß der Arbeit bei. Ihnen allen sei an dieser Stelle für ihre Unterstützung nochmals herzlich gedankt. Mein Dank gilt weiterhin der VG Wort für ihren großzügigen Druck kostenzuschuß wie auch dem verstorbenen Friedrich Sperl, dem Stifter des alljährlich an der Frankfurter Universität vergebenen Preises zur Förderung der Geisteswissenschaften, den ich in diesem Jahr vom Verein der Freunde und Förderer der hiesigen Universität für meine Dissertation verliehen be kommen habe. Der größte Dank allerdings richtet sich an meine Eltern, die meine musischen Neigungen stets gefördert und unterstützt haben, sowie an meine Frau Xenia, die mir bei allen Schwierigkeiten mit Rat und Tat zur Seite gestanden, die Entstehung der Arbeit mit strenger Kritik, Geduld und er mutigenden Worte begleitet sowie die mühevolle Korrekturarbeit und satz technische Umsetzung auf sich genommen hat. Ohne ihre Unterstützung wäre die Arbeit gewiß nicht zu dem geworden, was sie nun ist. Frankfurt am Main, September 1997 Peter Scholz Inhaltsübersicht Einleitung (1-7) Die sozialen und politischen Voraussetzungen des Philosophierens im 4. und 3. Jh. v. Chr. (9-71) Die soziale Etablierung der Philosophen in Athen (11-14)- Die Merkmale des philosophi schen Außenseitertums (14-37) - Der Status der professionellen Vermittler intellektueller Bildung (37-45) - Der Philosoph als Jugendverderber (45-51) Der Philosoph als Fremder und Metöke und die Aufsicht über den Unterricht (52-62)- Der Vorwurf der Asebie (62-68) - Der Philosoph als Außenseiter in der athenischen Gesellschaft (68-71) Platon - Die Entdeckung der philosophischen Lebensform als der wahren Politik (73-121) Der Tod des Sokrates und der Rückzug Platons aus der Politik (75-79) - Sokratische Gerechtigkeit und demokratische Politik (79-86) - Die philosophische Pflicht zur Rede: Das sokratische „Reden" (1,,i':y1:tv()8 6-90) - Das Konzept der philosophischen Ratgebung: Das platonische „ Überzeugen" (1td01:w) (91-95) - Die philosophische Erziehung (1tm81:ia) (95-99) - Der Zweck der philosophischen Erziehung: Die Bewahrung der philosophischen Naturen vor dem Verderben (99-102) - Die Möglichkeit der Verwirklichung des Ideal staates (102-104) - Die moralische Erneuerung der Polis als Ziel der Philosophenherrschaft (104-107) - Gesetzgebung und Ratgebung als Möglichkeiten der Einflußnahme des Philo sophen auf die Politik (107-119) - Die Politik des Philosophen (119-121) Aristoteles - Die Vermittlung zwischen philosophischer und politischer Lebens form (123-181) Das Theorie-Praxis-Problem und die philosophische Lebensform (125-131) - Das Verhält nis des Philosophen zur politischen Praxis (131-136) - Die Ratgebung als Aufgabe des politischen Theoretikers (137-139) - Der ideale Politiker: IloAtnKo<; Kai voµo0ntK6c; (139-146) - Die Freundschaft zwischen Aristoteles und Hermias von Atarneus (146-153) - Aristoteles und sein Verhältnis zu Philipp II., Alexander und Antipatros (153-165) - Königtum und zeitgenössische Monarchie im Urteil des Aristoteles (165-170) - Aristoteles und Athen (170-179) - Die Versöhnung zwischen Philosophie und Politik (179-181) Theophrast, der Peripatos und die Akademie - Politische Theorie und philo sophischer Humanismus (183-249) Plutarch über das politische Wirken der Peripatetiker und Akademiker (185-204) - Der Streit um die rechte Art des Philosophierens zwischen Theophrast und Dikaiarchos (204-211) - Die Erziehung des Menschen als praktische Aufgabe der Philosophie (212-221) - Die Politik als Gegenstand wissenschaftlicher Analyse (222-227) - Theophrasts Konzept des Politikers (227-231) - Die Gesetzgebung als Aufgabe der Politik (231-234) - Königtum, zeitgenössische Monarchie und andere Verfassungsformen im Urteil Theophrasts und des Peripatos (234-245) - Politische Theorie und philosophischer Humanismus (246-249) X Inhaltsübersicht Die Antipolitik der frühen Epikureer (251-314) Der apolitische Lebensstil und die Antipolitik der Epikureer (253-256) - Der epikureische Politikbegriff (256-265) - Der Autonomieanspruch der Philosophie gegenüber der Politik (265-276) - Epikureische Aussagen zu Königtum und Demokratie (276-283) - Das philo sophische Selbstverständnis der Epikureer (283-288) - Aufforderungen zur Abkehr vom politischen Leben (288-301) - Das Leben im Kepos (301-311) - Die Autonomie der philosophischen Sphäre (312-314) · Die frühen Stoiker -Tugendlehre statt politischer Theorie (315-357) Plutarch über das politische Wirken der Stoiker (317-325) - Die stoische Tugend und das Problem der menschlichen Willensfreiheit (326-333) - Der stoische Idealstaat: Eine Gesell schaft von 'Weisen' (333-343) - Der stoische 'Weise' und die Politik (343-351) - Das Leben des stoischen 'Weisen' (351-355) - Der stoische 'Weise' als Tugendlehrer (355-357) Schlußbetrachtung- Die Wandlung des Philosophen zum Gelehrten (359-375) Philosophie und philosophische Lebensform im Urteil der athenischen Öffentlichkeit (359-362) - Die Rolle der Politik in der philosophischen Lebensform (362-370): Die Philo sophen und die Städte (362-365) / Die Philosophen und die Könige (365-370) - Die gesell schaftliche Etablierung der Philosophie als Bildungsgut und die Folgen für das Verhältnis von Philosophie und Politik (370-374) Anhang (377-380) Anhang I: Die topographische Lage der Philosophenschulen Athens (377) - Anhang II: Die politischen Schriften des Aristoteles und des Theophrast (378-379) - Anhang III: Der Unterrichtslohn von Sophisten und Philosophen (380) Literaturverzeichnis (381-406) Register (407-434) Sachindex (407-418) - Griechische Begriffe (419-424) - Personen (425-432) - Landschaften und Orte (433-434) Technische Vorbemerkungen Da zum Verhältnis von politischer Theorie und politischer Praxis in helleni stischer Zeit weder ein zusammenfassender Überblick noch eine umfassende Quellensammlung vorliegen, welche die unterschiedlichen diesbezüglichen Ansätze der einzelnen Schulen vergleichend behandeln, sind der vorliegenden Darstellung stets die wichtigsten zugrundegelegten Texte im griechischen / lateinischen Original sowie in Übersetzungen beigefügt. Trotz des an einigen Stellen augenfälligen Nachteils überlanger Anmerkungen liegt der Vorteil dieser Vorgehensweise auf der Hand. Sie erlaubt es dem Leser, die Argumenta tion und Interpretation des Verfassers anhand des beigefügten Originaltextes unmittelbar zu überprüfen und gegebenfalls kritisch Stellung zu nehmen. Sodann eine Bemerkung zum Literaturverzeichnis: Dieses habe ich - entsprechend den einzelnen Kapiteln -- in mehrere Verzeichnisse aufgeteilt. Titel, die nicht in dem Literaturverzeichnis des betreffenden Kapitels erschei nen, sind im Literaturverzeichnis des sozialgeschichtlichen Kapitels zu finden. Alle angebenen Daten beziehen sich, soweit nicht anders vermerkt, auf die vorchristliche Zeit. Abkürzungen: A = Anmerkung (im Register) Anm.= Anmerkung (in Text und Fußnoten) F = Fragment T = Testimonium Z = Zeile S./s. = Siehe Jh. = Jahrhundert/Jahrunderts Vgl. = Vergleiche [. .. ] = bei literarischer Überlieferung: Auslassungen im Zitat [. .. ]=bei epigraphischen und papyrologischen Texten: Textlücken DL = Diogenes Laertius Einleitung Die Frage nach dem Verhältnis von Philosophie und Politik setzt neben der begrifflichen Unterscheidung zwischen philosophischer Theorie und politi scher Praxis die institutionelle Trennung der beiden Lebensbereiche voraus. Die Institutionalisierung der philosophischen Lebensform, für die die Ab kehr von der Politik konstitutiv ist, ist daher prinzipiell nicht mit den Anfängen des Philosophierens verbunden, sondern setzt eine bestimmte Zeit der Entwicklung voraus und ist danach das Produkt gewisser, besonderer Umstände. Im Falle Athens setzte das Auftreten und das Lebensschicksal einer einzelnen Persönlichkeit, nämlich das des Sokrates, den Prozeß der Institutionalisierung in Gang 1. Nach der Hinrichtung dieses Lehrers, der nach Auffassung seiner Anhänger als athenischer Bürger ein vollendet ge rechtes Leben in Übereinstimmung von Wort und Tat geführt hatte, war für seinen Schüler Platon die Fortführung des Philosophierens in dessen Sinne, die oft stundenlange Erörterung philosophischer Probleme inmitten der Öf fentlichkeit, auf den Plätzen und Straßen Athens, unmöglich geworden. Platon kehrte sich von jeglicher Art der politischen Betätigung ab und leitete . damit die Institutionalisierung der Philosophie ein. Aus diesem Bruch mit dem politischen Leben ging in Athen die philosophische Theorie Platons und die der anderen Schulen hervor. In der vorliegenden Untersuchung soll der Versuch unternommen werden, die Ausbildung der philosophischen Lebensform und die damit verbundene theoretische Auseinandersetzung der Philosophen mit der Politik nachzu zeichnen. Die seit der Mitte des 3. Jh. v. Chr. einsetzende soziale Etablierung des philosophischen Unterrichts als Bildungsgut fand ihren Abschluß in der allmählichen Wandlung der Philosophie zur Fachwissenschaft. Um das Neu artige und Besondere, gemessen am sozialen und politischen Umfeld, gerade zu Revolutionäre der Gründung der Philosophenschulen zu erfassen, habe ich dieser Untersuchung zunächst eine sozialgeschichtliche Skizze vorangestellt, welche die besondere Rolle des 'Intellektuellen' innerhalb der griechischen Gesellschaft und dessen auch im 4. und 3. Jh. v. Chr. durchaus noch prekä ren Status beschreibt. In diesem Zusammenhang findet nicht nur der soziale Stellenwert von Bildung, sondern auch das Image und das Ansehen ihrer Vermittler, Ort, Art und Weise und Inhalte der philosophischen Unterrich tung eingehende Erörterung. Durch diese Darstellung soll insbesondere das Ausmaß der praktischen wie ideellen Widerstände, gegen die die Philosophen 1 Was A.A. Long (Hellenistic Ethics 141) zur weitreichenden Wirkung des Sokrates auf die hellenistische Ethik gesagt hat, ist auch auf die politische Theorie übertragbar: ,,What is Socratic about hellenistic ethics? Not, or not necessarily, a doctrinal inheritance [. .. }, but a particular view of what ethics should be about: the questioning of convention, the removal of f'ears and desires that Zack any rational foundation, a radical ordering of priorities around the notion of the soul's health". S. dazu ausführlich: ders., Socrates in Hellenistic Philosophy, in: CQ 38 (1988), 150-171. 2 Einleitung anzukämpfen hatten, aufgezeigt und so letztlich der Prozeß der Institutionali sierung überhaupt als 'Kampf der Philosophie um die Autonomie ihrer besonderen Lebenspraxis erkenntlich werden. An diese sozialgeschichtliche Einführung schließen sich fünf, in sich abge schlossene Studien an, in denen das theoretische und praktische Verhältnis der einzelnen Philosophenschulen zur Politik untersucht wird. Obgleich die Aufgabenstellung der vorliegenden Untersuchung vornehmlich eine histori sche und politiktheoretische ist, macht es die Thematik der Arbeit gleichwohl unumgänglich, Fragestellungen des Althistorikers mit spezifisch philologi schen und philosophiegeschichtlichen zu verbinden. Zeitlicher und inhaltli cher Ausgangspunkt der Arbeit ist das Leben und Werk Platons, der mit der Gründung der Akademie der Philosophie erstmals in Athen eine Heimstätte gab. Da das theoretische wie praktische Verhältnis Platons und der Akade mie zur Politik erst jüngst ausführlich in einem Aufsatz von Peter Brunt ( (Studies in Creek History and Thought, Oxford 1993) und in einer Mono graphie von Kai Trampedach (Platon, die Alwdemie und die zeitgenössi sche Politik, Stuttgart 1994) untersucht worden ist, behandele ich diesen Teil nur in einer Skizze, die sich auf die für die oben genannte Fragestellung relevanten Aspekte beschränkt. Im Anschluß an Platon werden Aristoteles, die ihm nachfolgenden Peri patetiker und Akademiker, Epikur und seine Schüler sowie Zenon und die frühen Stoiker unter den angegebenen Gesichtspunkten betrachtet. Die zweite Hälfte des 3. Jh. v. Chr. wird daher den ungefähren, unteren zeitlichen Rah men markieren. Die unterschiedliche Überlieferungsdichte macht eine einheit liche, durchgängig chronologische Darstellung unmöglich und zwingt zu einer nach Schulen geordneten, systematischen Vorgehensweise. Bei der Rekon struktion der politischen Theorie wurde versucht, den Grundsatz zu wahren, nach Möglichkeit nur auf zeitgenössische Dokumente zu den Schulgründern und der ersten und zweiten Schülergeneration zurückzugreifen. Nur dort, wo es infolge der äußerst bruchstückhaften Überlieferung unumgänglich und durch die Sache gerechtfertigt erschien, wurden auch Zeugnisse späterer Schulanhänger, die ansonsten unberücksichtigt bleiben, herangezogen 2. In jeder der fünf Einzelstudien wird zunächst die theoretische Ausein andersetzung der jeweiligen philosophischen Lehre mit der politischen Wirk lichkeit (Theorie-Praxis-Problem, Urteile über Politik und Politiker) darge stellt. Dabei soll die von den Philosophen beanspruchte Rolle sowohl innerhalb der Polisgesellschaft als auch an den hellenistischen Königshöfen ebenso Erörterung finden wie Konzept und Begrifflichkeit der von ihnen intendierten Einflußnahme auf die politische Wirklichkeit. Die darin gewon- 2 So gründen beispielsweise meine Aussagen im Falle der Epikureer nahezu ausschließlich auf den Werkfragmenten Epikurs, seines Schülers Metrodoros, seines unmittelbaren Nachfol gers Hermarchos sowie des nächsten Schulvorstands, Polystratos'. Texte römischer Epikureer (Lukrez, Philodemos, Diogenes von Oinoanda) wurden nur in einigen wenigen Ausnahme fällen für das betreffende Kapitel herangezogen. Einleitung 3 nene, jeweils besondere philosophische Perspektive auf die Politik wird darauf in Beziehung zu den in den Biographien der Philosophen noch faßbaren Berührungspunkten mit der praktischen Politik gesetzt. Aus der jeweiligen philosophischen Perspektive werden also sowohl die seitens der Philosophen unternommenen Versuche der Einflußnahme auf die politische Wirklichkeit (Ämter, Gesandtschaften, Spenden, politische Schriften, Kontakte mit Politi kern) als auch ihre politische und gesellschaftliche Rolle beschrieben, die ihnen infolge ihrer politischen Aktivitäten oder auch nur infolge ihrer beson deren Stellung erwuchs (Ehrungen, Privilegien, Geschenke, Einladungen) 3. Angesichts des disparaten und lückenhaften Charakters der Überlieferung hinsichtlich des politischen Selbstverständnisses und der Biographie der helle nistischen Philosophen kommt der anfänglichen Erörterung von Leben und Werk Platons und Aristoteles' notwendigerweise eine zentrale Bedeutung zu. Ihre erhaltenen Schriften erlauben es, ihr Selbstverständnis und die von ihnen beanspruchte gesellschaftliche Rolle umfassend zu rekonstruieren - was bei keinem ihrer Nachfolger möglich ist - und so gewissermaßen eine 'politische Grammatik' der philosophischen Existenz zu erstellen. Nur über den Weg einer sorgfältigen Analyse der entsprechenden Äußerungen Platons und Ari stoteles' und einer Kontrastierung des Modells 'Platon und Aristoteles' mit den wenigen Zeugnissen, die die nachfolgenden Philosophen betreffen, kön nen m. E. Ordnungs- und Bewertungskategorien gewonnen werden, die geeig net sind, die Zielvorstellungen und Handlungsmaximen sowie Tradition und Innovation in der politischen Theorie und politischen Praxis der Philosophen des 4. und 3. Jh. v. Chr. zu erfassen und zu der Eigenart und Bedeutung ihres Weges vorzudringen. Die Untersuchung mit Platon und Aristoteles zu begin nen, erscheint desweiteren um so sinnvoller, als Platon -· wie bereits erwähnt - die Institutionalisierung der Philosophie begründet und die philosophische Existenz des Aristoteles diese als solche bereits voraussetzt. Damit spiegelt sich der Prozeß der Institutionalisierung der Philosophie in Biographie und Selbstverständnis der beiden Philosophen geradezu paradigmatisch wider. Die Untersuchung beschränkt sich bewußt auf den Personenkreis der Philosophen. Eine Ausweitung des Themas auf die 'Intellektuellen' erscheint problematisch, da der Begriff extrem unspezifisch ist und eher ein sozialge schichtliches Phänomen der Neuzeit beschreibt, das es in dieser Form, als eine alle gesellschaftliche Klassen umgreifende, geistige Oberschicht, in der Antike nicht gab. Darüber hinaus sind den Erkenntnismöglichkeiten auf grund der Bruchstückhaftigkeit und Uneinheitlichkeit der Überlieferung zu den in Frage kommenden Personengruppen (Künstler, Fachgelehrte, Litera ten aller Art), wie so oft in der antiken Geschichte, von vornherein enge Grenzen gesetzt. Die Inhomogenität der Überlieferung zu den verschiedenen Spielarten des 'Intellektuellentums' setzt sich auf der Ebene der theoretischen 3 Dabei sollen alle analytischen und chronologischen Probleme, was die philosophischen Schriften anbetrifft, ausgeklammert bleiben.

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