Ergebnisse der Anatomie und Entwicklungsgeschichte Advances in Anatomy, Embryology and Cell Biology Revues d'anatomie et de morphologie experimentale Springer. Verlag· Berlin . Heidelberg' N ew York This journal publishes reviews and critical articles covering the entire field of normal anatomy (cytology, histology, cyto· and histochemistry, electron microscopy, macroscopy, experimental morphology and embryology and comparative anatomy). Papers dealing with anthropology and clinical morphology will also be accepted with the aim of encouraging co.operation between anatomy and related disciplines. Papers, which may be in English, French or German, are normally commissioned, but original papers and communications may be submitted and will be considered so long as they deal with a subject comprehensively and meet the requirements of the Ergebnisse. For speed of publication and breadth of distribution, this journal appears in single issues which can be purchased separately; 6 issues constitute one volume. It is a fundamental condition that manuscripts submitted should not have been published elsewhere, in this or any other country, and the author must undertake not to publish else· where at a later date. 25 copies of each paper are supplied free of charge. Les resultats publient des sommaires et des articles critiques concernant l'ensemble du domaine de l'anatomie normale (cytologie, histologie, cyto et histochimie, microscopie electro· nique, macroscopie, morphologie experimentale, embryologie et anatomie comparee. Seront publies en outre les articles traitant de l'anthropologie et de la morphologie clinique, en vue d'encourager la collaboration entre l'anatomie et les disciplines voisines. Seront publies en priorite les articles expressement demandes nous tiendrons toutefois compte des articles qui nous seront envoyes dans la mesure ou Hs traitent d'un sujet dans son ensemble et correspondent aux standards des «Resultats». Les publications seront faites en langues anglaise, allemande et fran9aise. Dans l'interet d'une publication rapide et d'une large diffusion les travaux publies paraitront dans des cahiers individuels, diffuses separement: 6 cahiers forment un volume. En principe, seuls les manuscrits qui n'ont encore ete publies ni dans le pays d'origine ni a l'etranger peuvent nous etre soumis. L'auteur d'engage en outre a ne pas les publier ailleurs ulterieurement. Les auteurs recevront 25 exemplaires gratuits de leur publication. Die Ergebnisse dienen der Veröffentlichung zusammenfassender und kritischer Artikel aus dem Gesamtgebiet der normalen Anatomie (Cytologie, Histologie, Cyto. und Histochemie, Elektronenmikroskopie, Makroskopie, experimentelle Morphologie und Embryologie und ver· gleichende Anatomie). Aufgenommen werden ferner Arbeiten anthropologischen und morpho. logisch.klinischen Inhaltes, mit dem Ziel die Zusammenarbeit zwischen Anatomie und Nach· bardisziplinen zu fördern. Zur Veröffentlichung gelangen in erster Linie angeforderte Manuskripte, jedoch werden auch eingesandte Arbeiten und Originalmitteilungen berücksichtigt, sofern sie ein Gebiet umfassend abhandeln und den Anforderungen der "Ergebnisse" genügen. Die Veröffent. lichungen erfolgen in englischer, deutscher oder französischer Sprache. Die Arbeiten erscheinen im Interesse einer raschen Veröffentlichung und einer weiten Verbreitung als einzeln berechnete Hefte; je 6 Hefte bilden einen Band. Grundsätzlich dürfen nur Manuskripte eingesandt werden, die vorher weder im Inland noch im Ausland veröffentlicht worden sind. Der Autor verpflichtet sich, sie auch nachträglich nicht an anderen Stellen zu publizieren. Die Mitarbeiter erhalten von ihren Arbeiten zusammen 25 Freiexemplare. Manuscripts should be addressed to/Envoyer les manuscrits a/Manuskripte sind zu senden an: Prof. Dr. A. BRODAL, Universitetet i Oslo, Anatomisk Institutt, Kar! Johans Gate 47 (Domus Media), Oslo I/Norwegen. Prof. W. HILD, Department of Anatomy, The University of Texas Medical Branch, Galveston, Texas 77550 (USA). Prof. Dr. R. ORTMANN, Anatomisches Institut der Universität, 5 Köln·Lindenthal, Lindenburg. Prof. Dr. T.H. SCHIEBLER, Anatomisches Institut der Universität, Koellikerstraße 6, 87 Würz burg. Prof. Dr. G. TÖNDURY, Direktion der Anatomie, Gloriastraße 19, CH-8006 Zürich. Prof. Dr. E. WOLFF, College de France, Laboratoire d'Embryologie Experimentale, 49 bis Avenue de la belle Gabrielle, Nogent.sur.Marne 94/France. Ergebnisse der Anatomie und Entwicklungsgeschichte Advances in Anatomy, Embryology and Cell Biology Revues d'anatomie et de morphologie experimentale 43.4 Editores A. Brodal,Oslo . W. Hild, Galveston . R. Ortmann, Köln T. H. Schiebler, Würzburg . G.Töndury, Zürich' E. Wolff, Paris Herbert Haug Der makrosk.opische Aufbau des Großhirns Qualitative und quantitative Untersuchungen an den Gehirnen des Menschen, der Delphinoideae und des Elefanten Mit 18 Abbildungen Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH 1970 Prof. Dr. Herbert Haug Anatomisches Institut der Universität D-2300 Kiel, Neue Universität Die Arbeit wurde mit dankenswerter Unterstützung durch die Deutsche Forschungs gemeinschaft ausgeführt Herrn Professor Dr. Dr. h. c. W. Bargmann zum 65. Geburtstag gewidmet ISBN 978-3-540-05081-0 ISBN 978-3-662-11450-6 (eBook) DOI 10.1007/978-3-662-11450-6 Das Werk ist urheberrechtlieh geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdruckes, der Entnahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf photomechanischem oder ähnlichem Wege und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten Bei Vervielfältigungen für gewerbliche Zwecke ist gemäß § 54 UrhG eine Vergütung an den Verlag zu zahlen, deren Höhe mit dem Verlag zu vereinbaren ist © by Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1970 Ursprünglich erschienen bei Springer-Verlag Berlin-Heidelberg-New York 1970 Library of Congress Catalog Card Number 72-141192 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen nsw. in dieser Zeitschrift berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daß solche Namen im Sinne der Warenzeichen-und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften Inhalt Einleit.ung und Problemstellung 7 Material 10 Methodik 10 Quantitative Auswertung. 13 Messung der Oberflächen . 13 Messung der Volumenanteile 16 Abkürzungen . . . ... 17 Beschreibung der Gehirne. 18 Äußere Ansicht. . . 18 a) Lateralansicht 18 b) Medianansicht 22 c) Basalansicht. 27 Innerer Aufbau . 30 Elefant. . . . 31 Delphinoideae . 35 Vergleich des inneren Aufbaues von Mensch, Elefant und Delphinoideae. 37 Der quant.itative Aufbau der Gehirne 38 1. Längenmaße . . 38 2. Oberflächenmaße . . . . . . . 39 3. Volumina. . . ....... . 40 4. Die Beziehungen der Größenwerte untereinander 46 a) Cortexdicke . . . . . . 46 b) Oberflächenbeziehungen . . . . . . . . . . 47 c) Die Volumenbeziehungen ........ . 47 5. Vergleich der Ergebnisse mit Werten aus der Literatur 52 Diskussion . . . . . . 54 a) Methodisches . . . 54 b) Qualitative Fragen 55 c) Quantitative Probleme. 57 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . .............. 62 Summary .............................. 63 Literatur . ........................... 65 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 Einleitung und Problemstellung Der Mensch ist in der Lage, durch seine geistige Leistungsfähigkeit seine Umwelt umzugestalten. Das können die Tiere nicht. Das Organ, das für die geistige Leistungsfähigkeit verantwortlich ist, ist das Gehirn. Es wäre daher zu erwarten, daß das menschliche Gehirn eine deutliche Sonderstellung innerhalb der Lebewesen besitzt. Bisher war es jedoch nicht möglich, morphologische Tat bestände im Gesamtaufbau des Gehirns zu finden, die die gegenüber den Tieren besonders hohe Intelligenz des Menschen hätten voll befriedigend erklären können. Um dies deutlich zu machen, sind in Tabelle 1 die Körper- und Gehirn gewichte von Säugetieren zusammengestellt, die die Situation exemplarisch be leuchten. Wir können uns auf die Säuger beschränken, da nur bei ihnen eine für höhere tierische Intelligenz entsprechende Gehirnentwicklung stattgefunden hat, und nur bei ihnen eine echte neocorticale Großhirnrinde entwickelt wurde. Für den Vergleich sind solche Arten ausgewählt worden, die innerhalb aller Mammalia oder ihrer Familien die größten und kleinsten Gehirne besitzen. Der Mensch hat mit einem mittleren Gehirngewicht von 1300--1500 g zwar ein großes Gehirn, aber es gibt Lebewesen, die größere Gehirne aufweisen. Von den land lebenden Tieren hat der Elefant ein etwa 3--4mal größeres Gehirn. Bei den \Valen gibt es eine ganze Anzahl von Arten, die ein höheres Gehirngewicht als der Mensch besitzen. Das größte Gehirn aller Lebewesen ist beim Pottwal zu finden; es erreicht knapp 10 kg (Jacobs und Jensen, 1964; Gihr und Pilleri, 1969b). Zum Vergleich sei erwähnt, daß der Strauß mit etwa 30 g das größte Vogelgehirn und das Krokodil mit etwa 16 g das größte Reptiliengehirn be sitzen (Ziehen, 1903; Blinkov u. Gleser, 1968). Die Betrachtung des Gehirnge wichtes allein ist nicht zweckmäßig, denn für einen Vergleich ist auch die Relation zum Körpergewicht wichtig. Die Tabelle 1 zeigt, daß die einfache Relation Ge hirn- zu Körpergewicht zu keinen biologisch vernünftigen Werten führt; z.B. haben die Zwergspitzmaus und der Zwergmakak ein höheres relatives Gehirn gewicht als der Mensch. Erst wenn wir in diese Beziehung die allgemeine biologische Größengleichung einsetzen, erhalten wir übersehbare Werte. Diese Exponentialgleichung, welche wir auch Allometriegleichung nennen, wurde ursprünglich von Snell (1891) für das Gehirn-Körpergewichtsverhältnis konzipiert. Sie lautet: (1) Dabei ist E das Gehirngewicht, S das Gewicht des Somas, rein Relationsexpo nent und k ein veränderlicher Wert, der bei einem konstanten r eine Angabe über die von der absoluten Körpergröße unabhängige Gehirngröße macht. Die Formel wurde häufig beschrieben, angewandt, abgewandelt und kritisiert (Dubois, 8 H. Haug: Tabelle 1. Gehirngewicht und Körpergewicht bei Säugetierena Art Gehirn- Körper- Körper- Cephali- gewicht gewicht gewicht/ sations- (g) (g) Hirn- koeffizient gewicht r=0,65 Mensch (Homo sapiens) 1470 75000 50:1 1 1,00 Spitzmaus (Sorex minutus) "kleinstes Säugergehirn" 0,10 4,6 46:1 1/25 0,04 Elefant (Loxodonta africana) "größtes Gehirn eines Landtieres" 4210 4000000 950:1 1/5 0,22 Pottwal (Physeter macrocephalus) "größtes Gehirn" 9500 30000000 3200:1 1/8 0,13 Blauwal (Balaenoptera musculus) 7000 120000000 17000:1 l/ao 0,03 "größter Säuger" Gangesflußdelphin (Susu gangetica) "kleinstes Walgehirn " 150 11000 75:1 1/3 0,35 Schimpanse (Pan troglodytes) "größtes Primatengehirn" 420 46000 UO:I 1/2•5 0,39 Zwergmaki (Microcebus murinus) "kleinstes Primatengehirn" 1,8 54 30:1 1/7•5 0,13 Eisbär (Thalarctos maritimus) "größtes Raubtiergehirn" 450 300000 670:1 1/8 0,12 Kamel (Camelus bactrianus) "größtes Ungulatengehirn' , 800 500000 630:1 1/6 0,16 Walroß (Odobenos rosmarus) "größtes Pinnipedengehirn" 1I 00 700000 640:1 1/6 0,17 a Werte nach Ziehen (1903), Mangold-Wirz (1966), Jacobs und Jensen (1964), Stephan und Bauchot (1965), Blinkov und Gleser (1968), Gihr und Pilleri (1969b), Bauchot und Stephan (1969), Schlenska (1969). 1914; v. Bonin, 1937; Wirz, 1950; Klatt, 1955; Portmann, 1962; Starck, 1962; Frick, 1965). Auf die Problematik wird später näher eingegangen. SteHen wir den Menschen in den Mittelpunkt unserer Untersuchung - das ist vom Standpunkt des Humanmediziners berechtigt - dann kommen wir zu dem von SneH (1891) erstmals eingeführten und von v. Bonin (1937) bestätigten Relationsexponenten r = 0,65. Bei diesem Exponenten hat k beim Menschen die Größe 1. Unabhängig von der Größe von r geben die Werte von k für die Gehirne verschiedener Arten eine Bezugsgröße an, die unabhängig von der abso luten Körpergröße ist. Die Wahl von r hängt vom Bezugssystem ab und ist daher innerhalb der inhomogenen Entwicklung in den verschiedenen Säuger familien für jede Familie unterschiedlich. Beim Vergleich der gesamten Säuger ordnung werden Relationsexponenten zwischen 0,15 (Bartenwale: Gihr und Pilleri, 1969b) und 0,92 (Lemurinae: Stephan u. Bauchot, 1965) verwendet. Wir haben r = 0,65 gewählt; dieser Wert stellt für die Gesamtheit aller Säuger einschließlich des Menschen den optimalsten Relationsexponenten dar. Der makroskopische Aufbau des Großhirns 9 Der Wert k ist eine Relativgröße, die unabhängig von der absoluten Körper größe eine Aussage über das Verhältnis von Gehirn- zum Körpergewicht macht. Dabei wird indirekt die Tatsache berücksichtigt, daß die Grundfunktionen der vegetativen Regulation und des somatischen Handlungsentwurfes eine gewisse Mindestmenge an Gehirn benötigen. Diese Mindestmasse des Gehirns ist von der Körpergröße abhängig, steigt aber nicht proportional zum Körpergewicht an - was einem Relationsexponenten von r = 1,0 entsprechen würde -, sondern bei den Säugern nur mit dem Exponenten von r = 0,65. Die kleinste bei Säugern mögliche Größe von k würde, falls sie bekannt wäre, erlauben, die Mindest masse des Säugergehirnes für jede Körpergröße zu berechnen. Jedes größere k würde dann proportional angeben, wieviel mal mehr Gehirn dieser Art von Lebe wesen gegenüber der nötigen Mindestmasse zur Verfügung steht. Wir nennen daher k den Cephalisationskoeffizienten. Da k von der Wahl des Relations exponenten r abhängt, ist ein bestimmter k-Wert nur für einen definierten Rela tionsexponenten gültig. Es muß hier darauf verwiesen werden, daß kund r der Allometriegleichung bei allen Ordnungen der Vertebraten, die nicht zu den Säugern gehören, andere Werte annehmen. Das läßt sich leicht verstehen, denn bei einer homoithermen Ordnung sind die Mindestmassen des Gehirnes pro Körpergewicht sicherlich schon wegen der Temperaturregelung höher als bei einer poikilothermen Ordnung. Wichtig wäre nun zu wissen, wie hoch das kleinste k für die warmblütigen Säuger mit ihrem mittleren Relationsexponenten von r=0,65 ist. Dieser k-Wert ist unbekannt; er liegt sicher deutlich unter 0,03, dem niedrigsten in unserer Tabelle enthaltenen k. Dieser Wert wird von der Zwergspitzmaus, dem kleinsten, und dem Blauwal, dem größten Säuger erreicht. Der kleinste Wert von k wird wohl immer unbekannt bleiben, da alle diejenigen Säugerarten, welche im Laufe der Evolution entstanden sind, sicherlich nur dann überlebten, wenn sie dieses kleinste k deutlich überschritten. In Tabelle 1 ist neben der absoluten Relation Gehirn-Körpergewicht auch der Cephalisationskoeffizient angegeben. Der Cephalisationskoeffizient in Tabelle 1 weist für den Menschen einen etwa 3mal höheren Wert auf als für den kleinen Gangesflußdelphin und den Schimpansen und einen 5--8mal höheren Wert als für Elefant, Pottwal, Zwergmaki, Eisbär, Kamel und Walroß. Nach unseren Aus führungen (s.o.) hat der Mensch in dem Bezugssystem von r=0,65 unabhängig vom absoluten Körpergewicht 3mal mehr Gehirnmasse als Gangesflußdelphin und Schimpanse und entsprechend 5-8mal mehr als die anderen oben erwähnten Tiere zur Verfügung. Gegenüber dem Blauwal und der Zwergspitzmaus besitzt er sogar 25mal mehr Gehirn. Insgesamt weist das menschliche Gehirn nach Tabelle 1 eine auffallende Sonder stellung auf; jedoch fehlen in diesem Vergleich neben anderen Säugern die Del phine, bei denen sich z. T. k-Werte von über 0,5 finden. Auf dieses Problem werden wir später genauer eingehen. Es ist mit der allgemeinen Formel nichts darüber ausgesagt, ob im Rahmen der Phylogenese alle Teile gleichmäßig, oder ob gewisse Teile im Rahmen einer Intelligenzerhöhung besonders bevorzugt ver größert worden sind. Es ist bekannt, daß sich der Großhirncortex als Ort der höchsten Integrationen beim Menschen, aber auch bei anderen höheren Säugern mächtig entwickelt hat. Exaktes über das Problem der Beziehungen zwischen dem 10 H.Haug: Gehirn und seinen Anteilen (insbesondere Großhirneortex) zur Intelligenzfähigkeit ist nicht bekannt. In einer qualitativen und quantitativen Untersuchung soll im folgenden diese Frage bearbeitet werden. Es ist notwendig, bei dieser Untersuchung das menschliche Gehirn mit solchen Gehirnen zu vergleichen, die sich von ihm weder in der absoluten Größe noch im formalen Aufbau erheblich unterscheiden. Solche Gehirne finden wir bei den Walen und hier besonders ausgeprägt bei den zu den Odontoceti gehörenden Delphinoideae. Es ist daher nicht verwunderlich, wenn in den letzten Jahren die Delphine und ihre Gehirne intensiv untersucht werden, da sie neben großen Ge hirnen auch eine ausgeprägte tierische Intelligenz besitzen. In den Vergleich wird auch das Gehirn des Elefanten einbezogen, das deshalb so interessant ist, weil der Elefant, wie erwähnt, als einziges Landsäugetier ein größeres, sogar mehrfach größeres Gehirn als der Mensch besitzt. Eine quantitative Analyse des Gehirns des Menschen, der Delphine und des Elefanten wird durch eine vergleichende qualitative Beschreibung erst wirklich sinnvoll. In den letzten hundert Jahren wurden die Gehirne der Wale und des Elefanten vielfach untersucht und zahlreiche Details über sie gesammelt. Die Sichtung und der Vergleich dieser Befunde wird durch eigene Untersuchungen ergänzt. Material Die Gehirne wurden teils in Deutschland, teils in den USA gesammelt. Nähere Angaben zum Material stehen in der Tabelle 21• Die Werte für den Menschen wurden von Schlenska (1969) bereits veröffentlicht und innerhalb dieser Mitteilung nur etwas umgeformt. Seine Untersuchungen wurden im gleichen Labor mit den gleichen Methoden durchgeführt wie die eigenen. Eine gute Vergleichbarkeit der Ergebnisse ist damit gewährleistet. Wegen der Seltenheit des Materials mußten auch solche Gehirne in die Untersuchungen einbezogen werden, die nicht mehr optimal erhalten waren. Außer beim Grampus griseus und Tursiops truncatus I wurden alle Gehirne innerhalb von 24 Std nach dem Tode aus dem Schädel entnommen. Bei Grampus griseus und Tursiops trucatus I konnten die Gehirne nicht sofort herausgenommen werden. Sie wurden in Florida nach dem Anlanden der Tiere tief gefroren und erst nach Wochen unter gleichzeitiger Präparation in Formalin fixiert. Die beiden Gehirne zeigten makroskopisch einen guten Erhaltungszustand. Für eine quantitative Mikroskopie waren sie nicht geeignet, da sich beim Einbetten zahlreiche Sprünge in der Hirn rinde ausbildeten. Die Zellstruktur war bei ihnen überraschend gut erhalten und denen der anderen Gehirne gleichwertig. Beim Elefanten kam es wegen der Größe noch während der Fixierung in den zentralen Marklagern des Großhirns zu zwei kleineren autolytischen Zer fallsherden im übergang vom Parietal- auf den Temporallappen. Die tiefen Sulci der Rinde sowie die grauen Kerne waren davon nicht betroffen, so daß sowohl für die qualitative als auch quantitative makroskopische Auswertung keine Schwierigkeiten entstanden. Methodik Die Gehirne wurden nach der Präparation in Deutschland und den USA einheitlich - soweit das möglich war - gewogen und anschließend durch Immersion in Formalin 1 : 10 fixiert. Die sehr großen Gehirne - insbesondere das des Elefanten - konnten wegen der weichen Konsistenz des frischen Gehirnes nicht unfixiert gewogen werden. Als Bezugsgewicht für den Vergleich wurde daher das Gewicht der Gehirne nach mindestens 9monatiger Fixierung heran- 1 An dieser Stelle möchte ich Herrn Prof. Dr. Kinne, Biologische Anstalt Helgoland, für das Braunfischgehirn, Herrn Prof. Dr. Herre, Kiel, für ein Flaschennasengehirn und Herrn Prof. Dr. Elias, Chicago, für die Überlassung der übrigen Walgehirneherzlich danken. Der makroskopische Aufbau des Großhirns 11 Tabelle 2. Angaben zum Material Art Ab- Körper- Gehirn- Anzahl der Schnitte kürzung gewichta gewicht Allgemeine Fachliche (kg) (g) frontale horizontale Bezeichnung Bezeichnung Serie Serie Menschb Homo sapiensb Ho 75 1470 s. Schlenska (1969) Elefant Loxodonta afri- EIe 4000 4210 18 re. 17 li. cana Pilotwal I Globicephala GmI 900 3150 22 re. 20 li. macrorhyncha I Pilotwal 11 Globicephala Gm 11 700 2580 18c macrorhyncha 11 Flaschennasen. Tursiops trun· Tt I 120 1140 27 delphin I catus I Flaschennasen - Tursiops trun- Tt 11 1380 delphin IId catus 11 Rissos Delphin Grampus griseus Gg 300 1640 27 Braunfisch Phocaena pho- Pp 50 495 14 re. 13 li. caena a Geschätzt. - b Mittelwert. - c Besondere Schnittrichtung. Näheres s. Text. - d Nur für qualitative Auswertung herangezogen. Tabelle 3. Veränderungen des Hirngewichtes beim Elefanten in Abhängigkeit von der Fixierungs dauer Zeit der Wägung Gewicht (g) Quellungs- bzw. Volumen größea (cm3) (%) Frisch nicht wägbar 100? Gewicht nach 8 Std Fixierung 4480 104 Gewicht nach 18 Std Fixierung 4650 108 Gewicht nach 3 Wochen Fixierung 4520 104 Gewicht nach 2 Jahren Fixierung 4310 100 Gewicht nach Abzug des Ventrikel-Inhalts 4210 = neues Bezugsgewicht, für quantitativen Teil Errechnetes Volumen des ausgewerteten 4051 Gehirns (spez. Gewicht 1,04) a Näheres s. Text. gezogen. Nach Bahr, Bloom und Friberg (1957), Bauchot (1967) und eigenen Erfahrungen am Elefanten (Tabelle 3) entspricht das Gewicht des Gehirnes nach längerer Fixierung in Formalin 1: 10 nahezu dem des frischen Gehirnes. Bei der Fixierung des Gehirns in Formalin 1: 10 kommt es nach kurzer Zeit zu einer relativ starken Schwellung (8-25 %). Bereits nach wenigen Tagen bildet sich diese Schwellung langsam zurück und innerhalb von einigen Monaten nähert sich das Gewicht des fixierten Gehirnes asymptotisch dem Frischgewicht.