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Der Koran PDF

387 Pages·2013·1.538 MB·German
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20459-5 Zirker Anf. 1- 13.12.2006 12:20 Uhr Seite 2 20459-5 Zirker Anf. 1- 13.12.2006 12:20 Uhr Seite 3 DER KORAN Übersetzt und eingeleitet von Hans Zirker 4. Auflage 20459-5 Zirker Anf. 1- 13.12.2006 12:20 Uhr Seite 4 DieDeutscheNationalbibliothekverzeichnetdiesePublikation inderDeutschenNationalbibliografie; detailliertebibliografischeDatensindimInternetüber http://dnb.d-nb.deabrufbar. DasWerkistinallenseinenTeilenurheberrechtlichgeschützt. JedeVerwertungistohneZustimmungdesVerlagsunzulässig. DasgiltinsbesonderefürVervielfältigungen, Übersetzungen,MikroverfilmungenunddieEinspeicherungin undVerarbeitungdurchelektronischeSysteme. DerLambertSchneiderVerlagisteinImprint derWBG(WissenschaftlicheBuchgesellschaft),Darmstadt 4.,überarbeiteteAuflage ©2013byLambertSchneiderVerlag,Darmstadt DieHerausgabedesWerkeswurdedurch dieVereinsmitgliederderWBGermöglicht. Einbandgestaltung:PeterLohse,Heppenheim GedrucktaufsäurefreiemundalterungsbeständigemPapier PrintedinGermany BesuchenSieunsimInternet:www.lambertschneider.de ISBN978-3-650-40000-0 ElektronischsindfolgendeAusgabenerhältlich: eBook(PDF):978-3-650-73778-6 eBook(epub):978-3-650-73780-9 20459-5 Zirker Anf. 1- 13.12.2006 12:20 Uhr Seite 5 INHALT Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 DER KORAN 1. Sure:Die Eröffnung . . . . . . . . 15 36. Sure:YāSīn . . . . . . . . . . . . . 273 2. Sure:Die Kuh . . . . . . . . . . . . 15 37. Sure:Die in Reihen stehen . . . . . 276 3. Sure:Imrans Leute . . . . . . . . . 41 38. Sure:Sād . . . . . . . . . . . . . . . 282 4. Sure:Die Frauen . . . . . . . . . . 56 39. Sure:Die Scharen . . . . . . . . . . 286 5. Sure:Der Tisch . . . . . . . . . . . 71 40. Sure:Der Vergebende . . . . . . . 291 6. Sure:Das Vieh . . . . . . . . . . . 83 41. Sure:Genau dargelegt . . . . . . . 297 7. Sure:Die Höhen . . . . . . . . . . 98 42. Sure:Die Beratung . . . . . . . . . 300 8. Sure:Die Beute . . . . . . . . . . . 113 43. Sure:Der Prunk . . . . . . . . . . . 304 9. Sure:Die Umkehr . . . . . . . . . 119 44. Sure:Der Rauch . . . . . . . . . . 308 10. Sure:Jona . . . . . . . . . . . . . . 129 45. Sure:Die auf den Knien . . . . . . 310 11. Sure:Hud . . . . . . . . . . . . . . 138 46. Sure:Die Dünen . . . . . . . . . . 313 12. Sure:Josef . . . . . . . . . . . . . . 147 47. Sure:Mohammed . . . . . . . . . . 316 13. Sure:Der Donner . . . . . . . . . . 155 48. Sure:Die Entscheidung . . . . . . 318 14. Sure:Abraham . . . . . . . . . . . 159 49. Sure:Die Gemächer . . . . . . . . 321 15. Sure:Al-Hidschr . . . . . . . . . . 163 50. Sure:Qāf . . . . . . . . . . . . . . . 322 16. Sure:Die Biene . . . . . . . . . . . 166 51. Sure:Die Worfelnden . . . . . . . . 324 17. Sure:Die Nachtreise . . . . . . . . 174 52. Sure:Der Berg . . . . . . . . . . . 326 18. Sure:Die Höhle . . . . . . . . . . . 182 53. Sure:Der Stern . . . . . . . . . . . 328 19. Sure:Maria . . . . . . . . . . . . . 189 54. Sure:Der Mond . . . . . . . . . . . 330 20. Sure:TāHā . . . . . . . . . . . . . 194 55. Sure:DerAllerbarmende . . . . . . 332 21. Sure:Die Propheten . . . . . . . . 201 56. Sure:Die Hereinbrechende . . . . 334 22. Sure:Die Wallfahrt . . . . . . . . . 207 57. Sure:Das Eisen . . . . . . . . . . . 337 23. Sure:Die Gläubigen . . . . . . . . 212 58. Sure:Der Streit . . . . . . . . . . . 339 24. Sure:Das Licht . . . . . . . . . . . 217 59. Sure:Die Versammlung . . . . . . 341 25. Sure:Die Entscheidung . . . . . . 223 60. Sure: Die Prüfung . . . . . . . . . . 343 26. Sure:Die Dichter . . . . . . . . . . 227 61. Sure:Die Reihe . . . . . . . . . . . 345 27. Sure:Die Ameisen . . . . . . . . . 235 62. Sure:Der Freitag . . . . . . . . . . 346 28. Sure:Die Geschichte . . . . . . . . 241 63. Sure:Die Heuchler . . . . . . . . . 347 29. Sure:Die Spinne . . . . . . . . . . 247 64. Sure:Die Rivalität . . . . . . . . . 348 30. Sure:Die Byzantiner . . . . . . . . 252 65. Sure:Die Entlassung . . . . . . . . 349 31. Sure:Luqman . . . . . . . . . . . . 255 66. Sure:Das Verbot . . . . . . . . . . 350 32. Sure:DieNiederwerfungimGebet 258 67. Sure:Die Herrschaft . . . . . . . . 352 33. Sure:Die Parteien . . . . . . . . . 260 68. Sure:Das Schreibrohr . . . . . . . 353 34. Sure:Die Sabäer . . . . . . . . . . 265 69. Sure:Die Eintreffende . . . . . . . 355 35. Sure:Der Schöpfer . . . . . . . . . 269 70. Sure:Die Leiter . . . . . . . . . . . 357 20459-5 Zirker Anf. 1- 13.12.2006 12:20 Uhr Seite 6 6 Inhalt 71. Sure:Noach . . . . . . . . . . . . . 358 93.Sure:Der lichte Morgen . . . . . 380 72. Sure:Die Dschinn . . . . . . . . . 359 94.Sure:Das Weit-Werden . . . . . . 380 73. Sure:Der sich einhüllt . . . . . . . 361 95.Sure:Der Feigenbaum . . . . . . 380 74. Sure:Der sichdasGewandumlegt 362 96.Sure:Der Klumpen . . . . . . . . 381 75. Sure:Die Auferstehung . . . . . . 364 97.Sure:Die Bestimmung . . . . . . 381 76. Sure:Der Mensch . . . . . . . . . . 365 98.Sure:Das klare Zeugnis . . . . . . 382 77. Sure:Die Gesandten . . . . . . . . 366 99.Sure:Das Beben . . . . . . . . . . 382 78. Sure:Die Geschichte . . . . . . . . 368 100.Sure:Die Rennenden . . . . . . . 383 79. Sure:Die Reißenden . . . . . . . . 369 101.Sure:Die Zuschlagende . . . . . . 383 80. Sure:Er runzelte die Stirn . . . . . 370 102.Sure:Der Eifer nach mehr . . . . 383 81. Sure:Das Umwickeln . . . . . . . 371 103.Sure:Der Nachmittag . . . . . . . 384 82. Sure:Das Zerbrochen-Werden . . 372 104.Sure:Der Lästerer . . . . . . . . . 384 83. Sure:Die das Maß mindern . . . . 373 105.Sure:Der Elefant . . . . . . . . . 384 84. Sure:Das Gespalten-Werden . . . 374 106.Sure:Die Quraisch . . . . . . . . . 385 85. Sure:Die Sternzeichen . . . . . . . 374 107.Sure:Die Unterstützung . . . . . 385 86. Sure:Der nächtlich Aufziehende . 375 108.Sure:Die Fülle . . . . . . . . . . . 385 87. Sure:Der Höchste . . . . . . . . . 376 109.Sure:Die Ungläubigen . . . . . . 385 88. Sure:Die Zudeckende . . . . . . . 376 110.Sure:Die Hilfe . . . . . . . . . . . 386 89. Sure:Der Tagesanbruch . . . . . . 377 111.Sure:Der Palmfaserstrick . . . . . 386 90. Sure:Der Ort . . . . . . . . . . . . 378 112.Sure:Der reine Glaube . . . . . . 386 91. Sure:Die Sonne . . . . . . . . . . . 379 113.Sure:Der anbrechende Tag . . . . 386 92. Sure:Die Nacht . . . . . . . . . . . 379 114.Sure:Die Menschen . . . . . . . . 387 20459-5 Zirker Anf. 1- 13.12.2006 12:20 Uhr Seite 7 EINLEITUNG Der Koran ist Glaubensbuch und Weltliteratur zugleich:einerseits für Muslimin- nen und Muslime Gottes Wort,Orientierung ihres Lebens,Grundbestand des täg- lichen Gebets, unvergleichliches Zeugnis des Glaubens, von unauslotbar reicher Bedeutung und unübertrefflicher Schönheit;anderseits auch über die Glaubensge- meinschaft hinaus ein Buch von gewaltiger kultureller und politischer Wirkungsge- schichte,selbst denen mit Namen bekannt,die ihn nicht gelesen haben,oft freilich mit düsteren Assoziationen behaftet,in manchem als schwer zugänglich empfunden, in seiner Nähe zu biblischen Überlieferungen ebenso wahrgenommen wie in seiner Fremdheit,in zahllose Sprachen übersetzt,von Muslimen wie Nichtmuslimen,über religiöse und weltanschauliche Grenzen hinweg Gegenstand wissenschaftlicher Studien. Glaubensbuch und Weltliteratur passen freilich nicht harmonisch zusammen.Im ersten Fall steht der Koran in seinem Rang für sich allein,auch wenn er sich selbst als Bestätigung anderer gleichwertiger Offenbarungsschriften versteht,die ihm voraus- gingen – vor allem die Tora und das Evangelium –,aber in seiner Sicht nicht mehr authentisch vorhanden sind.So ist er als Gottes Schrift ein Werk,neben das man kein anderes stellen darf.Im zweiten Fall dagegen ist der Koran Buch unter Büchern,in Bibliothekskatalogen verzeichnet unter „Autor/Herausgeber“ Muhammad,in den Lexika der Weltliteratur vertreten mit einem Artikel unter vielen tausend anderen. Goethe,auf den der Begriff der „Weltliteratur“ vornehmlich zurückgeht,verbindet mit diesem die Vorstellung einer über die nationale Schriftkultur hinausreichenden, sie aber selbstverständlich einschließenden Kommunikation,eines weltweiten Aus- tauschs literarisch gestalteter Erfahrungen.Die eine Beziehung zum Koran,die gläu- bige,scheint zunächst mit der anderen,der kulturell-literarischen,wenig zu tun zu haben.Und doch besteht zwischen beiden keine unüberbrückbare Kluft. Schon der Koran selbst wendet sich nicht nur an die Gemeinschaft der Gläubigen, sondern über sie hinaus an „alle Welt“ (6,90).So universal sieht jedenfalls die islami- sche Tradition seine Adressatenschaft.Oft spricht der Koran Juden und Christen als „die Leute der Schrift“ ausdrücklich an,auch dann,wenn sie sich der Zustimmung verweigern.Die dem Koran vorausgehenden und anderswo festgehaltenen Erfahrun- gen und Überzeugungen werden nicht ausgeschlossen,sondern einbezogen.„Die Leute des Evangeliums sollen nach dem entscheiden,was Gott in ihm herabgesandt hat“ (5,47).Das Wort des Koran soll nicht in bloßem Gehorsam angenommen wer- den;es appelliert an eigene Einsicht:„Versteht ihr denn nicht?“ (2,44) –„Seht ihr denn nicht?“ (28,72).Auch wenn die Zustimmungserwartungen,die der Koran damit verbindet,von vielen Menschen nicht geteilt werden,so hat er doch die Grenze zu ihnen hin überschritten.Sie tragen zu seiner Bedeutung mit bei,und sei es auch in Widerspruch und Verweigerung. 20459-5 Zirker Anf. 1- 13.12.2006 12:20 Uhr Seite 8 8 Einleitung Vom 7.Jahrhundert an gibt es auf christlicher Seite trotz aller Barrieren der Ab- wehr und Unkenntnis immer wieder Bemühungen,dieses Buch des Islam zu verste- hen.Von besonderer Symbolkraft und Wirkung war die 1143 durch Petrus Venerabi- lis,den Abt von Cluny,veranlasste Übertragung ins Lateinische durch Robert von Chester (Ketton).Luther setzte sich dafür ein,dass dieses Werk 1543 in Basel ge- druckt wurde.Noch 1616 wurde es durch den Orientreisenden Salomon Schweigger voneiner italienischen Fassung ins Deutsche übersetzt.Zwar war in diesen Jahrhun- derten jede christliche „Sichtung des Koran“ (so der Titel einer Schrift des bedeu- tenden Theologen und Kirchenpolitikers Nikolaus von Kues von 1461) von massi- ven dogmatischen Aburteilungen durchsetzt;aber sie erschöpfte sich darin nicht, hielt vielmehr noch in der Verwerfung nach Gemeinsamem Ausschau.Mit dem Zer- fall der Christenheit veränderten sich die Bedingungen auch für das Verständnis des Koran. Dogmatisch unbefangenere Annäherungen wurden möglich, unterstützt durch den Fortschritt philologischer Studien.Doch garantierte dies nicht auch schon eine respektvollere Aufnahme.Wie sehr die Lektüre des Koran bis heute der per- sönlichen Bereitschaft anheimgestellt ist,wie hartnäckig Widerstand und Missach- tung sein können und wie gegensätzlich das Spektrum der Reaktionen bleibt,gibt die markante Feststellung Goethes zu erkennen,dass der Koran,„so oft wir auch daran gehen,immer von neuem anwidert,dann aber anzieht,in Erstaunen setzt und am Ende Verehrung abnötigt“1.Nur von diesem „Ende“ her schreibt schließlich Friedrich Rückert,Dichter der Romantik,Orientalist und Übersetzer großer Teile des Koran,die Zeilen:„Wol eine Zauberkraft muß seyn in dem,woran / Bezaubert eine Welt so hängt wie am Koran.“2Aber welche „Welt“ ist hier gemeint? Damals so wenig wie heute kann es die nichtmuslimische sein.Aber es ist auch nicht einfach nur die muslimische.Die Grenzen sind für eine achtsame und respektvolle Lektüre durchlässiger geworden. Eine erste Voraussetzung dafür ist,dass nicht der naheliegende Vergleich mit der Bibel das Verständnis des Koran blockiert.Allein nach seiner literarischen Gestalt ist er bereits ein ganz eigenes Werk.Nur wenig finden wir in ihm Erzählungen,oft wird auf Geschichten bloß angespielt.Er enthält keine Sammlungen von Gebeten und Hymnen, keine Abhandlungen und Briefe. Er stellt nicht wie die Bibel eine Biblio- thek unterschiedlicher Schriften dar,sondern ist trotz der deutlichen formalen Ver- schiedenheit seiner Teile aus früherer und späterer Zeit,aus Mekka (ca.610–622) und Medina (622–632),ein vergleichsweise einheitliches Buch,ein „Lektionar“– dies besagt der Name „qur’ān“:„Rezitation“,„Lesung“ – für den öffentlichen Vortrag, von früher Zeit an vor allem in der freitäglichen Versammlung.Eindringlich knappes 1Johann Wolfgang von Goethe,West-östlicher Divan.Noten und Abhandlungen,Berliner Ausgabe,hrsg.v.Siegfried Seidel,Bd.3,S.184. 2FriedrichRückert,DieWeisheitdesBrahmanen,einLehrgedichtinBruchstücken,Viertes Bändchen,Leipzig 1838,S.120 (zitiert bei Hartmut Bobzin,Friedrich Rückert und der Koran, in:Der Koran in der Übersetzung von Friedrich Rückert,herausgegeben von Hartmut Bobzin mit erklärenden Anmerkungen von Wolfdietrich Fischer,München 32000,S.VII–XXXIII,hier VII. 20459-5 Zirker Anf. 1- 13.12.2006 12:20 Uhr Seite 9 Einleitung 9 Wort vernehmen wir im Koran mehr als ausführliche Rede.Bestimmte Wendungen kehren in Variationen oder Gleichförmigkeit immer wieder.Nach eigener Absicht hält der Koran seinen Hörern und Lesern in erster Linie das vor,was sie eigentlich wissen müssten oder ihnen,falls sie es sträflich verdrängt,verstellt und vergessen haben,jetzt wieder bewusst werden sollte.Er ist,wie er selbst immer wieder nach- drücklich von sich sagt, „erinnernde Mahnung“.Wenn man diese Beziehung zu Herkunft und Vergangenheit allein nach traditionskritischen Maßstäben beurteilen wollte,danach wie „richtig“ oder „falsch“ der Koran vorgängige,vor allem biblische Überlieferungen wiedergibt, könnte man ihm nicht gerecht werden. Er repetiert nicht einfach das Vorgegebene,sondern greift nach seinem Ermessen darauf zurück und schafft Eigenes.Belege einer vergleichbar kreativen „relecture“ von Traditionen kann man auch innerhalb der biblischen Schriften finden.Der Koran jedoch geht for- mal wie inhaltlich noch weit darüber hinaus.Dementsprechend verlangt er nicht erst in dogmatischer,sondern schon in literarischer Hinsicht,dass er für sich selbst gele- sen und gewürdigt werde. Die kräftigste Erschwernis ergibt sich dabei jedoch aus seiner Sprache.Wie sollte ein Buch,das Mohammed anvertraut wurde,„damit du die Mutter der Städte (d.h. Mekka) und die Menschen um sie her warnst“ (6,92),ein ausdrücklich „arabischer Koran“ (z.B.39,28),weltweit in seiner authentischen Gestalt aufgenommen werden können? Mit der Ausbreitung des Islam über den arabischen Sprachraum hinaus wurden Übersetzungen notwendig,die dem Original als Verständnishilfe zur Seite gegeben,nie aber ihm gleichgestellt werden konnten.Den Koran gibt es als ein einzi- ges Buch,Übersetzungen dagegen in viel hundertfacher Gestalt,zu mehreren auch in ein und derselben Sprache.Unverkennbar relativieren sie sich damit wechselseitig, treten zueinander in Konkurrenz und verweisen miteinander auf den Anreiz,immer wieder den vielfältigen Übertragungsmöglichkeiten des Koran nachzuspüren.So hat das Nebeneinander mehrerer Übersetzungen prinzipiell seinen guten Sinn.Doch warum es angebracht sein könnte,den vielen eine weitere hinzuzufügen,ist damit noch nicht gesagt.Dies soll hier in mehrerer Hinsicht geschehen,ohne über den Charakter der anderen derzeit auf dem Buchmarkt verfügbaren deutschen Koran- übersetzungen im Einzelnen zu befinden. Kein Text hat seine Bedeutung allein aus sich selbst.Immer sind die Leser oder Hörer mit daran beteiligt,auszumachen,was er meint.Je weniger eine Mitteilung von alltäglich gewohnten oder sonst normierten Sprach- und Handlungsmustern be- stimmt ist,umso mehr tritt dieser Sachverhalt zu Tage.Die syntaktischen Strukturen und das lexikalische Inventar lassen für sich allein zumeist noch vieles offen und er- lauben unterschiedliche Rezeptionen,verschiedene Lesarten.Eindeutigkeit ist nicht der Normalfall und auch nicht unbedingt das Ideal.So können auch beim Koran weder philologische Kompetenz noch gläubige Überzeugung die Rolle der Hörer und Leser allgemeingültig reglementieren.Deren Standortbedingtheit fängt nicht erst bei der Applikation der Texte an – mit den Fragen:Was gilt mir das? Was folgt daraus für mich? Was habe ich zu tun? –,sondern kommt schon bei der Ermittlung dessen,was „schwarz auf weiß“ geschrieben steht,mit ins Spiel. Dies gibt dem Übersetzer seine besondere Bedeutung. Er ist in erster Linie ein 20459-5 Zirker Anf. 1- 13.12.2006 12:20 Uhr Seite 10 10 Einleitung exponierterLeser.ErtrittfürdieOffenheitdesTextesdadurchein,dasserdiebisheri- gen Übersetzungen,wie immer sie sein mögen,nicht als ein für allemal hinreichend gelten lässt.Dabei kann die Funktion des nichtmuslimischen Koranübersetzers von Muslimen als zwiespältig empfunden werden:Zum einen bezeugt er ihrem Glau- bensbuch, dem er sich mit viel Anstrengung widmet, Respekt; zum anderen bean- sprucht er aber auch die Kompetenz der eigenen Lesart – unabhängig davon,ob und worin seine Übersetzung sich schließlich von anderen,dabei auch muslimischen, unterscheidet oder wieweit sie doch mit ihnen übereinkommt.In einer Zeit,in der sich interkulturelle Verdächtigungen und Diskriminierungen,vor allem gegenüber dem Islam,verschärfen und rückhaltloser äußern,kann ein solches Unterfangen als ein besonderer Versuch achtungsvoller,stets neu notwendiger Vermittlung gesehen werden. Nach islamischer Überzeugung erschließt sich der unvergleichliche Rang des Koran im ästhetischen Erleben.In dieser Hinsicht gerät jede Übersetzung schnell an ihre Grenzen.Die arabischen Wort- und Satzformen des Originals gehen in ihr verlo- ren;der originale Klangkörper ist nicht übertragbar.Die Erfahrung,dass der Koran primär nicht geschrieben-gelesenes,sondern rezitiert-gehörtes Buch ist,kann in kei- ner anderen Sprache vermittelt werden.Dies heißt aber nicht,dass die Übersetzung sich darauf beschränken müsste,einigermaßen den semantischen Gehalt des Koran, das in ihm Gemeinte,zu treffen,als ob er ein dogmatisches Lehrbuch,ein Kate- chismus,eine Rechtssammlung oder ähnliches wäre.Seine Sprache lebt entscheidend auch von ihren vielfältigen kommunikativen Strukturen,rhetorischen Gesten,parä- netischen Ausdrucksformen, szenischen Skizzen, Rollenzitaten, antiphonischen Wechselreden,Zwischenfragen und Zwischenrufen,Satzbrüchen,kommentierenden Anmerkungen,emphatischen Klauseln usw.Dies soll möglichst deutlich zu erkennen sein.Ein differenzierendes Schriftbild trägt dazu bei,dass die sprachliche Vielfalt nicht in einem gleichförmigen Fluss der Sätze verschwindet.So wird das Lesen er- leichtert und erhält die Rede Profil.Wer den Koran als Literaturwerk würdigt, nimmt ihm damit nichts von seiner religiösen Bedeutung,widersetzt sich aber all denen,die ihn zum Arsenal ihrer polemischen und apologetischen Zitate degradieren. Besonderer Aufmerksamkeit bedarf bei der Übersetzung des Koran – man müsste meinen selbstverständlich – die Wahl der rechten Sprachebene und des passenden Wortes.Weithin kann man jedoch den Eindruck bekommen,als ob die Schwierigkei- ten fast ausschließlich auf der Seite des arabisch Gesagten lägen und die Bedacht- samkeit im Grunde nur darauf gerichtet sein müsste.3 Doch verdient die deutsche Sprache nicht weniger Sorgfalt.Generell sollte die Übersetzung vor allem drei Extre- me meiden:die banal-flotte Umgangssprache,die museal klingende Sakralität und den behäbig biederen Sermon – erst recht den abrupten Wechsel vom einen Ton in den anderen. Für die Erfassung der arabischen,im Einzelnen oft mehrdeutigen,nicht selten un- klaren Wörter und Wendungen ist dreierlei entscheidend:die Wahrnehmung erstens 3Vgl.die trotz des zeitlichen Abstands immer noch beachtenswerte,aber in ihren Urteilen auf arabisch-philologische Gesichtspunkte beschränkte Studie von August Fischer,Der Wert

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