Martin Bauschke Der Freund Gottes Abraham im Islam DieDeutscheNationalbibliothekverzeichnetdiesePublikation inderDeutschenNationalbibliografie; detailliertebibliografischeDatensindimInternetüber http://dnb.d-nb.deabrufbar. DasWerkistinallenseinenTeilenurheberrechtlichgeschützt. JedeVerwertungistohneZustimmungdesVerlagsunzulässig. DasgiltinsbesonderefürVervielfältigungen,Übersetzungen, MikroverfilmungenunddieEinspeicherunginundVerarbeitung durchelektronischeSysteme. ©2014byWBG(WissenschaftlicheBuchgesellschaft),Darmstadt DieHerausgabedesWerkeswurdedurch dieVereinsmitgliederderWBGermöglicht. Satz:JungCrossmediaPublishingGmbH,Lahnau Einbandgestaltung:PeterLohse,Heppenheim Lektorat:HildegardMannheims Einbandabbildung:KalligrafievonAndreasIsmailMohr GedrucktaufsäurefreiemundalterungsbeständigemPapier PrintedinGermany BesuchenSieunsimInternet:www.wbg-wissenverbindet.de ISBN 978-3-534-26416-2 ElektronischsindfolgendeAusgabenerhältlich: eBook(PDF):978-3-534-73907-3 eBook(epub):978-3-534-73908-0 Inhaltsverzeichnis Vorwort .......................................................... VII Einleitung ........................................................ 1 A. AbrahamimKoran .............................................. 7 1. AbrahamundseineGäste–oder:SarahatkeineAngst ............ 11 Exkurs1:DieBlätterAbrahams .............................. 11 Exkurs2:AbrahamsNeffeLotimKoran........................ 18 2. AbrahamundseinVater–oder:FeindeumdesGlaubenswillen .... 26 Exkurs3:AbrahamalsBilderstürmerinderjüdischenTradition ...... 27 3. AbrahamunddieSterne–oder:WasderWeiseerkennt ........... 37 Exkurs4:DasMotivkosmologischerGotteserkenntnisinderSpätantike 40 4. AbrahamundseineNamen–oder:DasidealisierteVorbild ........ 46 5. AbrahamsAlptraum–oder:DieBindungundEnt-BindungdesSohnes 58 Exkurs5:DerMythosvomSohnesopfer–neuerzählt .............. 81 6. AbrahamunddieAuferstehung–oder:VonderUnruhedesHerzens 93 7. AbrahaminMekka–oder:IsmaeltrittausdemSchattenIsaakshervor 101 Exkurs6:JakobalsAbrahamsSohnundEnkelimKoran ........... 103 Exkurs7:AbrahamalsIdentifikationsgestaltparexcellence .......... 109 Exkurs8:ZurTraditionprophetischerTempelreinigungen ........... 115 8. AbrahamundseineErben–oder:DievielenWegezuGott ........ 117 B. AbrahamimIslam .............................................. 125 9. AbrahamsGeburt–oder:DerKonfliktmitNimrod .............. 128 10. AbrahamsTod–oder:DieruheloseletzteRuhestätte ............. 135 11. AbrahamsBeschneidung–oder:EinPassageritusimWandel ....... 141 12. AbrahamsandereEhefrau–oder:HagarsRehabilitierung ......... 144 13. AbrahamimJenseits–oder:HölleundHimmel ................ 159 C. AbrahamsErbe ................................................. 167 14. AbrahamsFluchundSegen–oder:VonderAmbivalenzdesReligiösen 168 15. Abrahamheute–oder:DerunendlicheStromderGeschichten ..... 176 VI Inhaltsverzeichnis Anhang .......................................................... 182 Übersichtstabellen ........................................... 182 Literaturverzeichnis .......................................... 188 RegisterderzitiertenKoranstellen ............................... 199 Vorwort Vordergründig istdieseinBuchüberAbraham,überdasBild,dasvorallenDingen derKoranvonAbrahamzeichnet.Hinter-oderuntergründigjedochistdieszugleich einBuchüberMuhammad.DennwasderKoranüberdenErzvaterausUrsagt,gilt invielerHinsichtebensofürdenProphetenausMekka.DenkoranischenAbraham kennen und verstehen zu lernen, bedeutet, Muhammad kennen und verstehen zu lernen.DesWeiterenwirdindieserDarstellungdeutlichwerden,inwelchemMaße sichdasAbrahambildimIslamunmittelbardemjenigendesJudentumsverdankt.So stellt das vorliegende Buch das Gegenstück zu meinem Buch über Jesus im Koran dar, das unter dem Haupttitel „Der Sohn Marias“ bereits in diesem Verlag erschie- nenist.WiediespezifischeGestaltdeskoranischenJesusohnegenauereKenntnisse überdieneutestamentlichenEvangelien,vorallemaberüberdieaußerkanonischen Evangelien und die christologischen Konflikte der Alten Kirche in den Jahrhunder- tenbisMuhammadgänzlichunverständlichbleibenmuss,sokannderAbrahamdes Korans und der islamischen Tradition nur verstanden werden, wenn man neben demerstenBuchderHebräischenBibelvorallenDingendieaußerkanonischejüdi- sche Abrahamüberlieferung hinzuzieht: hellenistisch-jüdische Schriften, den Tal- mud sowie die erbaulich-erzählende Midraschliteratur. Kurz gesagt: Der Jesus des Koranserschließtsicherst,wennmanihnnichtnurmitdemJesusdesNeuenTesta- ments vergleicht, und der Abraham des Korans erschließt sich erst, wenn man ihn nichtnurmitdemAbrahamderToravergleicht.InbeidenFällenbildetdiejeweilige außerkanonischeTraditiondiezweite,womöglichwichtigereQuelle,undinbeiden FällenspieltdiejeweilsdrittemonotheistischeReligion(beiJesusdasJudentumund beiAbrahamdasChristentum)sogutwiekeinevermittelndeRolle. DieVorgeschichtediesesBuchesgleichtebenfallsderjenigenmeinesJesusbuches. DievorliegendeAusgabeisteinestarküberarbeiteteunderweiterteFassung meines älterenBuchesmitdemTitel:„DerSpiegeldesPropheten:AbrahamimKoranund imIslam“.Eswar2008imLembeck-Verlagerschienen,jedochinfolgederInsolvenz des Verlages 2011 allzu früh vom Buchmarkt verschwunden. Für die Neuausgabe habe ich die zwischenzeitlich erschienene Literatur berücksichtigt. Die ursprüng- liche Anlage ist fast dieselbe geblieben. Die Textauslegung wird noch detaillierter durchgeführt.HinzugekommensinddieachtExkurse.DerMittelteilüberAbraham in der islamischen Tradition wurde erweitert. Der Schlussteil wurde völlig neu ver- fasst.SeitdemAbrahamKonjunkturhatundwährendderletztenbeidenJahrzehnte VIII Vorwort quasi zum Patron des sog. Trialogs der drei monotheistischen Religionen wurde, sind etliche Beschreibungen des koranischen Abrahambildes erschienen. Allerdings handelt es sich dabei stets um summarische oder exemplarische Überblicksdarstel- lungen, die nur einen Teil der Abrahamtexte berücksichtigen. Darum wird hier er- neuteineGesamtschauvorgelegt,diesämtlicheVersedesKoransüberAbrahambe- rücksichtigtundimZusammenhangbeschreibt. DasBuchwendetsichaneinebreite,amErzvater,amKoranundamIslaminte- ressierteLeserschaft,insbesondereanReligionslehrkräfte,anImame,Rabbiner,Pfar- rerund an die, die es werdenwollen. Ob Sie als Leserin oder Leser darüber hinaus auch am interreligiösen Dialog Interesse haben oder nicht, spielt für das Verstehen meinerDarstellungkeineRolle.VorkenntnisseüberBibelundKoransindnatürlich nützlich,werdenjedochnichtvorausgesetzt,danebendenKoranversenauchsämt- liche Vergleichstexte aus der Hebräischen Bibel, der jüdischen Tradition sowie ab und an aus dem Neuen Testament hier mit aufgeführt werden. Damit die Darstel- lung fürdiejenigen,die nichtvom Fach sind, gut lesbar bleibt, habe ich allefremd- sprachigen Zitate ins Deutsche übersetzt. Auch wird auf arabische und hebräische Schriftzeichen verzichtet. Zudemwerden die arabischen Namen und Begriffe – au- ßer in davon abweichenden Zitaten –in etwasvereinfachter Umschrift wiedergege- ben:mitdenLangvokalen,dochohnediakritischePunkteundohneSonderzeichen amWortanfang(alsoetwaMuhammadstattMuhammad,alˉımstatt‘alˉım,hidjrastatt ˙ hig˘ra,aberKa‘bastattKaaba).AnallgemeineingebürgertenSchreibweisen(z.B.Ha- dithstattHadˉıth,KoranstattQur’aˉn)halteichfest. In dieser Neuausgabe wird der Koran, wenn nicht anders angegeben, nach der Übertragung von Hartmut Bobzin (2010) wiedergegeben. Dieser hebt oft einzelne Worte kursiv hervor, was ich beibehalten habe. Aus meiner Sicht nötige Verbesse- rungen seiner Übersetzung werden so kenntlich gemacht: Meine Hinzufügungen sindineckigeKlammerngesetzt;fürdasVerständnisnotwendigeErläuterungenste- hen in runden Klammern mit voranstehendem scilicet („das heißt“). Generell sind inallenZitatenrundeKlammernohne„sc.“stetsKlammernderoriginalenQuellen. Jahreszahlen und Todesdaten, auch muslimischer Personen, folgen der hier ge- bräuchlichenZeitrechnung(u.Z.).VieleQuellen,auchandereKoranübersetzungen, ausdenenichzitiere,verwendendiealteRechtschreibung.DiesewirdindenZitaten beibehalten. ZumSchlussbleibtmir,wiedereinmalAndreasIsmailMohrvonHerzenzudan- ken! Denn wie bereits für das Jesusbuch, so hat er auch für diese Ausgabe eine schöne Kalligraphieangefertigt, die das Titelblatt schmücktund den Haupttitel des BuchesaufArabischwiedergibt:„Abraham,derGottesfreund“(Ibraˉhˉımkhalˉılullaˉh). Berlin,imMärz2014 MartinBauschke Einleitung Wer den Koran aufschlägt und einfach zu lesen beginnt, wird schnell bemerken: In der Heiligen Schrift der Muslime gibt es so gut wie keine weit ausgespannten Erzählbögen,in denen dieGeschicke großerGestalten entfaltetwerdenwiein der Bibel. Vielmehr springt der Koran ständig von einem Thema zum nächsten, von dieser Figur zu jener. Dieser häufige Wechsel macht dem Ungeübten nicht nur eine fortlaufende Lektüre des Korans, sondern auch den gezielten Zugang zu be- stimmten Themen und Personen schwer. Dies gilt auch für Abraham. Um sich einen Überblick zu verschaffen, bietet es sich zunächst an, alle Textpassagen über AbrahamzusammelnundsieinderReihenfolgeihresVorkommensimKoranzu lesen. Dann stellt man fest: Abraham (arab. Ibraˉhˉım) kommt in 25 der insgesamt 114 Suren (Kapitel) des Korans in rund 208 Versen vor. Explizit wird sein Name 69 Mal erwähnt. Damit ist Abraham der am zweithäufigsten im Koran genannte Prophet,nurMosewird noch öftererwähnt(136Mal)und kommtinnochmehr Versen(rund500)vor.1HinzukommennochetlicheverstreutePassagenüberAb- rahams Neffen Lot (arab. Luˉt), auf den ich nur am Rande eingehen werde (Ex- kurs 2). Dennwie Sara steht auch Lot im Koran ganz im Schatten der überragen- den Gestalt Abrahams. Auch wenn man alle Abrahamtexte nacheinander in der Reihenfolge liest, wie sie im Koran begegnen, bleibt das Gesamtbild verwirrend. Esfehlt der roteFaden,dieunsichtbareSchnur,anhandderer man diedisparaten abrahamischenMotiveauffädeln,strukturierenundzueinemkohärentenGanzen verbindenkönnte. Um eben dies zu erreichen, bietet sich als zweite und aus meiner Sicht beste Möglichkeitan,dieAbrahamtextechronologischinderReihenfolgeihrermutmaß- lichen Entstehung bzw. Offenbarung zu ordnen. „Offenbarung“ sage ich deshalb, weildiemeistenMuslimeselbstverständlichdavonüberzeugtsind,dassMuhammad sichdieTextedesKoransnichtausgedachthat,sonderndasssieihmvonGott–über den Engel Gabriel (arab. Djibrˉıl) vermittelt – im Laufe seines insgesamt mehr als 1Gegen Mehmet Katar, der behauptet (Art. Abraham,islamisch, in: Lexikondes Dialogs. Grundbegriffe aus Christentum und Islam, hg. von R. Heinzmann, Bd.1, Freiburg 2013, S.33):„AbrahamistderimKoranamhäufigstenerwähnteProphet.“Dasistschlichtfalsch, wie jede Korankonkordanz zeigt, sowohl hinsichtlich der Häufigkeit der Erwähnung seines Namens als auch hinsichtlich dessen, in wie vielen Koranversen insgesamt Abraham vor- kommt,wasjanichtdasselbeist. 2 Einleitung zwanzigjährigenWirkensinMekka(ca.610–622)undspäterinMedina(622–632) sukzessiveoffenbartwurden.ErstbeieinerchronologischenLektürederTextefangen diese an zu „sprechen“. Eine Entwicklung, in manchen Fällen eine regelrechte Dra- maturgie wird erkennbar. Das verwirrende, sozusagen zweidimensional „flache“ Bild Abrahams erhält Konturen, Tiefe, Transparenz – und zwar nicht nur bezogen aufAbrahamselbst,sondernauchimHinblickaufdenProphetenMuhammad.Teilt man nämlich diezeitlicheAnordnung derTexte indievierHauptphasenderWirk- samkeitMuhammadsein,wiesiesichinderneuerenKoranforschungseitTheodor Nöldeke(gest.1930)etablierthat,dannwirddeutlich:DasBild,dasderKoranvon Abraham malt, ist nicht einfach eine Wiederholung oder weitereVariante der zahl- losen Erzählungen vom Erzvater aus dem Judentum, sondern zugleich eine Art Selbstporträt Muhammads. Es lässt sich zeigen, dass die Entwicklung und Profilie- rung der Figur Abrahams in einem direkten Zusammenhang mit den Umständen und Entwicklungen der Wirksamkeit Muhammads stehen. Der Prophet geht beim PatriarchengleichsamindieSchule.MuhammadfindetsichundseineSendungals arabischerProphetinzunehmendemMaßeinderUr-Geschichte,demUr-Bildund Vor-BildAbrahamswieder. Das mag für manche Leser überraschend sein. Man muss ganz offen zugeben: WerAbrahamwirklichwar,wissenwirnicht!SeineExistenzisthistorischnichtein- mal zu beweisen. Wer Abraham hingegen zu bestimmten Zeiten für bestimmte Gruppenist,waserihnentheologischundauchpolitischbedeutet,daslässtsichfas- sen und beschreiben, so dass sich die grundlegende und nicht nur für Muhammad gültige Einsicht einstellt: Abraham ist seit jeher eine Projektions- und Identifikations- figur parexcellence.Inihmspiegelnundspiegeltensichdieunterschiedlichstenreli- giösenGruppenundKreise.SchoninvorislamischerZeitistfürdieRezeptionAbra- hams im Judentum kennzeichnend gewesen, dass immer und überall die jeweils aktuellen Anliegen und Herausforderungen, die eigenen Probleme und Interessen in die Zeit Abrahams zurückprojiziert wurden (Exkurs 7). Abraham sollte durch seine Vorbildfunktion AntwortengebenundVerhaltensweisenvorleben,diezuden HerausforderungenseinerErbeninspätererZeitpassten.Damitwurde„VaterAbra- ham“,wieihnalledreiReligionentitulieren,zugleichzurLegitimationsgestalt,deren AutoritätdasAnliegenderjeweiligenGruppeoderdesVerfasserssicherstellensollte. DasselbegiltfürMuhammadunddieislamischeWelt.AuchderProphetausMekka hat sich gleichsam „seinen Abraham erschaffen“. Wurde Abraham den Juden zum Ur-Juden, dem ersten Bundespartner Gottes, dem ersten Beschnittenen und Ahn- herreinesganzenVolkes,unddanndenChristenzumUr-Christen,demerstenGe- rechtfertigten aus dem Glauben allein (Paulus), so wird Abraham nun auch den MuslimenzumUr-Muslim,derden„Islam“alsGotteshingabeexemplarischverkör- pert. Man kann also nicht nur feststellen, dass wir nicht wissen, ob Abraham über- Einleitung 3 hauptgelebthat,sondernauch,dassesden(einen)Abrahamnichtgibt!Soavanciert derErzvaterzumidealenSpiegelfüralle,diesichaufihnbeziehenundberufen.Dieser generell anzutreffende Sachverhalt wird hier am konkreten Beispiel Muhammads aufgezeigt.AuchfürihnwarAbrahameinSpiegelbild.DerErzvaterstellteinhervor- ragendesMediumundMittelzurBeantwortungderFragedar,wieMuhammadsich selbstundseineSendungverstandenhat.2Erstvondaherkannmanbehaupten,wie Harry Harun Behr, Professor für Islamische Religionspädagogik, es tut: „Abraham im Koran zu entschlüsseln bedeutet nämlich nichts weniger als den Islam und die Muslimezuverstehen.“3 Im Folgenden gebe ich zunächst einen knappen Überblick über die Abraham- texte des Korans in der chronologischen Reihenfolge ihrer Entstehung (Tabelle 1 im Anhang). In der Anfangsphase der Wirksamkeit Muhammads in Mekka (ca. 610–615) kommt Abraham nur am Rande vor (11 Verse). Er ist zwar eine allge- meinvorallemfürseineGastfreundschaftbekannteFigur,spieltjedochnochkeine eigene Rollein MuhammadsVerkündigung.Dasändertsichin dersog.mittelmek- kanischen Phase seiner Wirksamkeit (615–620). Nunmehr erwähnt der Koran viele aus der jüdisch-christlichen Tradition bekannte Gestalten, etwa Adam, Noah, Mose, Maria und Jesus. Auch Abraham spielt jetzt eine immer wichtigere Rolle, was sich schon quantitativ ablesen lässt: Er wird zehnmal so häufig erwähnt (103 Verse) wie in den Anfangsjahren Muhammads. In immer neuen Anläufen wird vor allem von Abrahams Konfrontation mit der Astralreligion seiner Zeitge- nossen erzählt. Diese bestand in der Verehrung der Gestirne – besonders von Mond, Venus und Sonne – als Gottheiten, die in Bildern und Statuen dargestellt wurden. In diesen variantenreich erzählten, alten Geschichten spiegeln sich die Konflikte Muhammads mit seinen Gegnern in Mekkawider, die am althergebrach- ten Kult der vielen Lokalgottheiten, wie sie in der Heiligen Stätte der Ka‘ba (arab. wörtlich: „Würfel“) verehrt werden, festhalten: aus Treue zur Tradition, aus Grün- den des Ansehens und um der wirtschaftlichen Vorteile willen, die für die meisten Bewohner Mekkas mit diesem Kult in ihrer Stadt verbunden waren. In der letzten, sog. spätmekkanischen Phase der Wirksamkeit Muhammads (620–622) bleibt Ab- raham eine wichtige Gestalt in dessen Verkündigung. Die insgesamt 48 Verse schil- dern, wie sich die Konfrontationen zuspitzen und es schließlich zum Bruch mit dem Vater und zur definitiven Absage Abrahams an das „Heidentum“seiner Väter 2TreffendhatderkatholischeTheologeKarl-JosefKuscheldiekoranischenErzählungenvon Abraham als „Spiegelgeschichten“ Muhammads bezeichnet, in: Ders., Streit um Abraham. WasJuden,ChristenundMuslimetrennt–undwassieeint,München1994,S.182. 3Die Abraham-Konstruktion im Koran, in: Ders./Krochmalnik/Schröder (Hg.), Der an- dere Abraham. Theologische und didaktische Reflektionen eines Klassikers, Berlin 2011, S.109–145,ZitatS.112.
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