Rheinisch-Westfalische Akademie der Wissenschaften Natuc-, Ingenieur-und Wirtschaftswissenschaften Vortrage . N 306 Herausgegeben von der Rheinisch-Westfalischen Akademie der Wissenschaften HARALD SCHAFER Der EinfluB von Gasen auf die Reaktionsfahigkeit fester Stoffe HERBERT DORING 75 Jahre Hochvakuumelektronenrohren - Von der Hochvakuumdiode zum Gyrotron - Westdeutscher Verlag 284. Sitzung am 7. Januar 1981 in Dusseldorf CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Schlifer, Harald: Der EinfluB von Gasen auf die Reaktionsfahigkeit fester Stoffe / Harald Schafer_ 75 Jahre Hochvakuumelektronenrohren:von d. Hochvakuumdiode zurn Gyrotronl Herbert Doring_ -Opladen: Westdeutscher Verlag, 1981- (Vonrage / Rheinisch-Westf:ilische Akademie der Wissenschaften : Natur-, lngenieur-u_ Wirtschaftswiss_ ; N 306) ISBN 978-3-531-08306-3 ISBN 978-3-322-85285-4 (eBook) DOl 10.1007/978-3-322-85285-4 ~E: Doring! ~erbert: FUn~ndsiebz!gJahre Hochva~uumelcktronenr.?hren; Rhei Dlsch-Westfahsche Akademle der WlSSenschaften (Dti"cldorf): Vonrage / Natur-, Ingenieur-und Wirtschaftswissenschaften © 1981 by Westdeutscher Verlag GmbH Opladen Herstellung: Westdeutscher Verlag GmbH Inhalt Harald Schafer, Munster Der Einflufi von Gasen auf die Reaktionsfahigkeit fester Stoffe 1. Vorbemerkungen zur Katalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2. Experimente zur Aktivierung des Feststoffs durch Adsorption von Molekulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 3. Gasformige Reaktionsprodukte bei der Katalyse. . . . . . . . . . . . . . . . . .. 10 4. Chemischer Transport uber den Gasraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 12 5. Gasformige, AIClrhaitige Komplexe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 14 6. Praktische Anwendung der Komplexbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 17 Literatur .................................................... , 19 Diskussionsbeitrage Professor Dr. phil. Maximilian Steiner; Professor Dr. rer. nat. Werner Schreyer; Professor Dr. rer. nat., Dr. rer. nat. h. c. Ewald Wicke; Professor Dr. rer. nat. Harald Schafer; Professor Dr. rer. nat. Burchard Franck; Pro fessor Dr. rer. nat. Dietrich Mootz; Dr. rer. nat. Reinhard Schliebs; Pro fessor Dr. rer. nat. Hans}. Schmitt; Professor Dr.-Ing., Dr. h. c. Helmut Winterhager. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 21 Herbert Doring, Aachen 75 Jahre Hochvakuumelektronenrohren - Von der Hochvakuumdiode zum Gyrotron - 1. Einleitung................................................. 25 2. Aus der Anfangszeit der Elektronenrohre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 27 3. Fortschritte der Rohrentechnologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 28 4. Mehrgitterrohren, Sendetrioden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 30 5. Dbergang zu hOheren Frequenzen ............................ " 34 6 Inhalt 6. Mikrowellenrohren.......................................... 37 6.1 Bremsfeldrohren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 37 6.2 Magnetrons....... . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 39 6.3 Klystrons.............................................. 40 6.4 Wanderfeldrohren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 41 6.5 Gyrocon............................................... 43 6.6 Gyrotron .............................................. 45 7. Schlufibemerkung........................................... 47 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 49 Tafeln .. . ... ... . .. .. . .. . . ..... .... . .. .. .. . . . . ... .. . .. ..... . .. 51 Diskussionsbeitrage Professor Dr.-Ing. Volker Aschoff; Professor Dr.-Ing., Dr. h. c. Helmut Winterhager; Professor Dr.-Ing. Herbert Doring; Professor Dr. sc. techno Aijred Fettweir; Professor Dr. rer. nat. Werner Schreyer. . . . . . . . . . . . . .. 63 Der EinfluB von Gasen auf die Reaktionsfahigkeit fester Stoffe Von Harald Schafer, Miinster/Westf. 1. Vorbemerkungen zur Katalyse Die heterogene Katalyse, d. h. die Beeinflussung der Reaktionsfahigkeit von Gasen durch die Gegenwan geeigneter fester Stoffe (von Katalysatoren) ist fUr die chemische Industrie von fundamentaler Bedeutung. Es sei nur an lange bekannte Prozesse erinnert, wie die Ammoniak-Synthese aus den Elementen am Eisen-Kata lysator, die Salpetersauregewinnung mit dem Reaktionsschritt der Ammoniak-Ver brennung zu NO am Platin-Katalysator und die Schwefelsaureherstellung mit der SOrOxydation am Vanadinoxid-Katalysator. Wenn man von Forschungen zur heterogenen Katalyse spricht, so denkt man zu nachst an die Anordnung oder Beweglichkeit adsorbiener Gasmolekiile auf einer unbeweglichen Feststoffoberflache. Dennoch ist bekannt, daB katalytische Pro zesse zur Umordnung (Formierung) der Feststoffoberflache fUhren konnen. Man kann sich vorstellen, daB die Gasmolekiile bei der Adsorption an der Fest stoffoberflache polarisien werden, und daB hierdurch ihre Reaktionsfahigkeit er hOht (bzw. modifizien) wird. Es gibt viele Untersuchungen iiber die Bindungsart der Gasmolekiile an die feste Oberflache, jedoch kaum solche, die sich mit der doch ebenfalls zu erwanenden Polarisation der an der Oberflache irn Feststoff selbst be fmdlichen Atome befassen. Dber die Aktivierung des Feststoffs durch Adsorption von Gasmolekiilen geben die folgenden Experirnente Auskunft. 2. Experimente zur Aktivierung des Feststoffs durch Adsorption von Molekiilen Reaktionshemmungen bei Feststoffen werden am iibersichtlichsten bei Betrach tung ihrer Verdampfungsgeschwindigkeit erkennbar. Diese hangt mit Strukturan derungen beirn Dbergang fest - gasformig (f-g) zusammen. Phosphor bildet drei Modifikationen, die alle in Form der tetraedrischen P4- Molekiile verdampfen. Jedoch bildet nur der weille Phosphor ein Kristallgitter aus solchen Molekiilen, die durch schwache (van der Waals'sche) Bindekrafte zusam mengehalten werden. Der Dbergang P (weill) - P4 ,g erfolgt daher ohne wesentliche Hemmung. 8 Harald Schafer Aiel! 1500 ~x P/ N c::) ~ 1000 ..!:! ~ .~..... - :;:- 500 ~ ...... x ;;;/ o~~~~~x~~ __~ ____~ ~ 5 10 15 20 l1essung Nr (Zeit J Abb. 1: Verfliichtigung von P (rot) in Gegenwart von AlCI3, AbCI6. Tl (AlCI3) = 50 - 100 ·C; T2 (P (rot)) = 270·C 1m roten (und schwarzen) Phosphor sind die P-Atome dagegen zu unendlichen Verbanden verkniipft. Der Dbergang P (rot)-P4,g erfordert daher eine erhebliche Umordnung mit Losung und Neubildung von P-P-Bindungen. Dieser ProzeB ist so langsam, daB die Verfliichtigungvon P (rot) bei 400°C im Vakuum noch praktisch unterbleibt, obwohl der P4-Druck im thermodynamische~ Gleichgewicht bereits 0,4 atm betragt. Unsere Frage lautet nun: Li/fit sich der Obergang P (rot) - P4,g durch Adsorption geeigneter Gasmolekiile beschleunigen? Ein Massenspektrometer wurde mit einer Doppelzelle verbunden, die bei der niedrigeren (variablen) Temperamr Tj AICl3 (oder GaCl3) und bei der hoheren Temperamr T2 P (rot) (auf Quarzwatte verteilt) enthielt. Die bei T2 gebildeten •• I Molekiile gelangten durch eine kleine Offnung (Knudsenzelle) in das Massenspek- trometer. Die so gewonnenen Ergebnisse bringt Abb. 1 [1]. Man erkennt, daB der Dbergang P (rot) - P4 ,g erst auft ritt, wenn auch AICl3 in der Gasphase beobachtet wird. Die Intensitat von P geht gleichsinnig mit der von 4 AICI3. Molekiile, die P und auch Al enthalten, treten in der Gasphase nicht auf. Der beobachtete Effekt ist rein katalytischer Art. Analoge Beobachmngen mit Doppelzelle und Massenspektrometer wurden auch mit den Arsen(III)-oxid-Modiflkationen Arsenolt'th und Claudetit gemacht, die beide in Form von As406-Molekiilen verdampfen. Arsenolith bildet ein aus As406-Molekiilen aufgebautes Kristallgitter und ver dampft daher ohne kinetische Hemmungen, wahrend Claudetit eine verkniipfte Anordnung besitzt, so daB die Verfliichtigung eine erhebliche Umordnung erfor dert. SinngemaB kann sich eine Katalyse nur bei der Verfliichtigung von Claudetit auswirken. HierwirktJod als Katalysator [1] (Abb. 2,3). Der EinfluB von Gasen auf die Reaktionsfiihigkeit fester 5toffe 9 100 90 80 '( 70 ~ .:...60 1- ~ -::"50 ':' 1;0 ~ ':"'30 AsO+ b '> ~20 '" 10 °o~~~--~--L---L---L---L---~ 20 25 30 l1essung Nr Abb. 2: Verfluchtigung von Arsenolith in Gegenwart vonJod. T2 (Arsenolith) = 120 'C Wieder treten keine Arsenjodide oder -oxidjodide in der Gasphase auf. Aufschlu£reKh sind auch Experimente mit einfachen zylindrischen Ampullen, die P (rot) (und AICl3 oder Gael3) enthalten. P (rot) wird bei Anwesenheit dieser Chloride von 350 nach 300 C sublimiert [2]. Dies zeigt, da£ auch die Ruckreaktion 0 P ,g-P(rot) (erwartungsgema£) katalysiert wird. Analoge Experimente zeigten 4 auch die AICl (GaC1 )-Katalyse bei der Sublimation von Selen und Tellur [2]. 3 3 Abb.3: Verfluchtigung von Claudetit in Gegenwart vonJod. Tz(Claudetit) = 175 'C 90 ';' 80 C:> ":- 70 ~ 2 60 ? 50 ~ ...:.. .. 40 C:> !J. JO '" 10 75 20 25 30 l1essung Nr 10 Harald Schafer Die bisher geschilderten Experimente haben die erwartete katalytische Wirkung adsorbierter Gasmolekule auf die Sublimation fester Sto.ffe bestiitigt. Man kann sich vorstellen, dafi die Feststoffatome unter der Einwirkung der adsorbienen Kata lysatormolekiile in den Adsorptionsf1lm gehoben werden, wo sich die anschlieBend in die Gasphase iibenretenden Molekiile bilden. Der an derOberflache vorhandeneAdsorptionsf1lm verhalt sich wie eine Schmelze: BREWER und KANE [3] haben beobachtet, dafi der Obergang As,f(verkniipfte Struk tur)-AS4,g durch die Gegenwan einer Thalliurnschmelze (in der sich As lost und umordnet) beschleunigt wird. Ahnliches gilt fur die Verfliichtigung von GaN ,f-Ga'g + N 2,g' die durch die Gegenwart einer Indiurnschmelze beschleunigt wird [4]. 3. Gasformige Reaktionsprodukte bei der Katalyse Der Reaktionsvorgang wird komplizierterund weniger eindeutig, wenn neben der im Abschnitt 2 beschriebenen Katalyse noch zusiitzlich gasformige Reaktions produkte auftreten. Ein fur diese Situation charakteristisches System ist das aus rotem Phosphor undJod gebildete: Hier sind neben der langsamen, aber durch Ka talyse beeinfluBbaren Sublimation (1) die Reaktionen (2) bis (4) zu betrachten. Die angegebenen .MI ° -Wene gelten fur 298 K. 4 P (rot) = P4.g; .MIl ° = + 30,77 kcal (1) P(rot) + 3/2J2,g = PJ3,g; .MI2 ° = -16,65 kcal (2) 2P(rot) + 2J2,g =PJ4,g; .MI3 ° = - 30,8 kcal (3) 2 P (rot) + 4 PJ 3,g = 3 PJ4,g; .MI4 ° = - 25 ,8 kcal (4) Experimente [5] haben ergeben, daB die Sublimation (400-350 0c) von P (rot) durch die Gegenwart vonJod sehr gefordert wird. Man konnte versuchen, diesen Effekt auf den chemischen Transport des Phosphors mit den Reaktionen (2) bis (4) zuruckzufuhren. Jedoch sind diese exotherm, was bedeutet, daB sie Phosphor nur zur heifieren Zone transportieren konnen. Damit bleibt zur Erklarung des beobach teten Effekts nur der SchluB, dafi die Sublimation (1) durchJod katalysien wird. Zum Mechanismus ist man aufSpekulationen angewiesen. Denkbar ware, dafi das absorbierte J od den Obenritt von P als P J 4 oder PJ 3 in den Adsorptionsfilm ermog licht, und dafi sich im Film die Reaktion (5) abspielt: (5) und, da im angelegten Temperaturgefalle (400 - 350 ° C) nur fiir P4 ein Konzentra tionsgefalle besteht (weil nur Phospor bei 350 °C kondensiert wird), geht dieses yom Film in den Gasraum iiber.