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Der deutsche Nationalmythos: Ursprung eines politischen Programms PDF

304 Pages·1990·28.244 MB·German
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DER DEUTSCHE NATIONALMYTHOS Otto W. J ohnston Der deutsche Nationalmythos Ursprung eines politischen Programms J.B. Metzlersehe Verlagsbuchhandlung Stuttgart CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek ]ohnston, Otto W.: Der deutsche Nationalmythos :Ursprung eines politischen Programms I Otto W. Johnston. - Stuttgart : Metzler, 1990 ISBN 978-3-476-00688-2 ISBN 978-3-476-03304-8 (eBook) DOI 10.1007/978-3-476-03304-8 Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzu l.~ssig und strafbar. Das gilt insbesondere für VeiVielfältigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. © 1990 Springer-Verlag GmbH Deutschland Ursprünglich erschienen bei J.B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH in Stuttgart 1990 Otto Robert und Lenchen Horn gewidmet Inhaltsverzeichnis Der deutsche Nationalmythos: Eine Einführung 1 Der Freiherr vom Stein, Großbritannien und die patriotische Literatur .27 Die Komponenten des Nationalmythos 49 Die Verbreitung des Nationalmythos 65 Heinrich von Kleist zwischen Preußen und Österreich 77 Der Nationalmythos in Prinz Friedrich von Hornburg 105 Kleist und die Berliner Abendblätter 147 Turnvater J ahn: Der Extremfall 164 Theodor Körner: Der personifizierte Nationalmythos 178 National-deutsche Bestrebungen außerhalb Preußens 195 Sieger, Denunzianten und die Stimmen aus London .243 Ausgewählte Bibliographie .259 Personen- und Sachregister .287 -VI- Vorwort Ein seit Jahren im Werden begriffenes Buch wie das vorliegende verdankt seine Entstehung vielen Kollegen, Freunden und Gön nern. Ich möchte mich zunächst bei der Alexander von Humboldt Stiftung ftir die großzügigen Forschungsstipendien bedanken, die mir längere Studienaufenthalte in der Bundesrepublik Deutsch land ermöglichten. Meinem Berater Prof. Dr. Karl Möckl (Lehr stuhl für neuere deutsche Geschichte an der Universität Bam berg) sei an dieser Stelle herzlich gedankt. Günter Trumpke an der bayerischen Staatsbibliothek Bamberg machte mich auf vieles aufmerksam, was ich sonst übersehen hätte. Den Kollegen Benja min Gajek (Regensburg) und Norbert Althofer (Frankfurt) danke ich für die Gelegenheiten, einzelne Ausführungen vor ihren Semi naren und Kolloquien vorzutragen. Wulf Wülfing (Bochum) stellte mir freundlicherweise Material aus seiner vorzüglichen Sammlung Napoleonia zur Verfügung. Für die Benutzung der Archivbestände bin ich den Kollegen an der nationalen For schungsgedenkstätte der klassischen deutschen Literatur in Wei mar (DDR) dankbar. Dem in Frankfurt tätigen Schriftsteller Ernst Herhaus verdanke ich auch manche Anregung. Das Humanities Council und die Abteilung für Sponsored Re search an der University of Florida in Gainesville haben mich über Jahre hinaus mit Sommerstipendien unterstützt. Unserem Dekan Prof. Dr. Charles Sidman (Neuere deutsche Geschichte) möchte ich ftir seine jahrelange Förderung meiner Forschungsar beiten sowie ftir die Herstellung wichtiger Kontakte zu deutschen Kollegen meinen aufrichtigen Dank aussprechen. Ohne die Hilfe des Bibliothekars Ray Jones an der University ofFlorida hätte ich das Archivmaterial im Londoner Foreign Office nicht gefunden. Prof. Dr. Donald Horward (Florida State University in Tallahas see) bin ich für die vielen Einladungen zu historischen Seminaren und Kongressen dankbar. Für seine sorgfältige Lektüre des Manuskripts, für die vielen Anregungen und wohlwollenden Verbesserungsvorschläge bin ich meinem Kollegen Franz Futterknecht (Universität Mannheim) -VII- VORWORT verbunden; meiner Kollegin Helga Kraft (University of Florida) bin ich gleichfalls zu Dank verpflichtet. Ehemalige Studenten und Studentinnen, besonders David Forbes und Annette Selph, haben Einsichten und Formulierungen beigetragen. Harald Lorenz und Stefanie Johannsen (Berlin) besorgten Kopien von schwer zu erhaltenen Texten. Die Familie Walter Schweizer hat es mir er möglicht, die Archive in Berlin zu besuchen. Der Familie Josef Hermann (Bamberg) schulde ich für Betreuung und anregende Gespräche meinen herzlichen Dank. Bei meiner Sekretärin Anne marie Sykes, die das Manuskript in mancher Hinsicht verbessert hat, stehe ich in tiefer Schuld. Meiner Gattin Barbara (geh. Gahwi ler), die nie an der Rätselslösung, bzw. an der Vollendung dieser Untersuchung gezweifelt hat, danke ich für Verständnis und Geduld. Zum Schluß möchte ich meiner Großeltern gedenken, die mich von Kindheit an in diese patriotische Literatur einweihten. Ihnen ist dieses Buch gewidmet. Wenn der Enkel heute die Begeisterung des Großvaters nicht mehr teilen kann, so wird seine kritische Einstellung nicht zuletzt von Anregungen abhängen, die er seit frühster Jugend empfing und heute noch zu schätzen weiß. den 26. Mai 1987 OWJ Gainesville, Florida -VIII- Der deutsche Nationalmythos: Eine Einführung Wer sich mit dem Nationalmythos der Deutschen zur napoleoni schen Zeit befaßt, muß zunächst mit Entferntem beginnen, denn die deutsche Einheitsbestrebung ist nicht erst während der fran zösischen Fremdherrschaft zwischen dem Tilsiter Frieden (1807) und der Völkerschlacht bei Leipzig (1813) entstanden. Gleicher maßen aber muß man den Einschnitt, den der Wiener Kongreß (1815) und die darauffolgende Demagogenverfolgung für natio nal-deutsche Strömungen darstellen, eine nicht zu unterschät zende Bedeutung beimessen, da die Verhandlungen und Verfol gungen, statt zu der in bürgerlichen Kreisen erhofften >Freiheit und Einigkeit< zu führen, einschneidende Ereignisse in der Ent faltung dieser Nation bildeten. Aus mehreren Gründen wurde nach den Befreiungskriegen beschlossen, die Heranbildung eines geeinten, politisch bewußten Bürgertums zu unterbinden und die soeben ins Leben gerufene und neu verbrämte Einigungsidee wieder fallen zu lassen. Wenn Jahrzehnte später gewisse Merk male der in napoleonischer Zeit propagierten überregionalen Vor stellung aufgegriffen werden, so ist der Mythos von der deutschen Nation bereits einem Ideologisierungsprozeß verfallen, der sich auf Friedrich Lists Zollverein und Bismarcks kleindeutsche Lö sung stützte. Aus dem Mythos >Nation< wurde Apologie, Metapoli tik (Viereck), Spießer-Ideologie (GlaserY. Das ist freilich ein in letzter Zeit häufig bearbeitetes Kapitel deutscher Geschichte und gehört nicht mehr hierher. 1 Peter Viereck: Metapolitics. From the Romaneies to Hitler. New York, 1941; Hermann Glaser: Spießer-Ideologie. Freiburg Rombach, '1964; George L. Mosse: The Crisis ojGerman Ideology. New York 1965; Wolf gang Emmerich: Germanistische Volkstumsideologie: Genese und Kritik der Vollwforschung im dritten Reich. Tübingen 1968; ( ders.) Zur Kritik der Volkstumsideologie vom Humanismus bis zur Gegenwart. Frankfurt 1970; -1- DER DEUTSCHE NATIONALMYTHOS Denn in napoleonischer Zeit galt es, eine neue, noch nie dage wesene Nation zu gründen, keineswegs wie zur Zeit Bismarcks einen von oben aufoktroyierten Beschluß zu rechtfertigen. Im besetzten Preußen nahm eine über die Jahrhunderte mehrfach unterbrochene, sprachlich-literarische Kulturbemühung, die seit vorreformatorischer Zeit in verschiedenen Erscheinungsformen aufgetreten war, einen eigenartigen politischen Charakter an, indem eine auf Reform bedachte Fraktion der preußischen Kabi nettsregierung sich hilfesuchend an deutsche Dichter, Publizisten und Gelehrte wandte. Um der durchaus wirksamen, von Paris über das Rheinufer herüberschlagenden Propagandawelle Ein halt zu gebieten, sollte ein Anti-Mythos entstehen, der die >innere Kraft< einer als Gemeingut proklamierten deutschen Nation ent fesseln würde. Ein >deutscher Geist< sollte sich der Hegemonie der französischen Ideologie widersetzen und vor allem dem Welt herrschaftsanspruch des französischen Kaisers entgegenwirken. Im Kampf um die Gründung der neuen, auf die Ruinen des alten Reiches gebauten >Nation< waren reformgeneigten Staatsmännern sowie den mit ihnen in der >guten Sache< verbundenen Schrift stellern jedes Mittel recht, weshalb der deutsche Nationalismus nach der Vertreibung der fremden Gewalthaber wieder in Verruf geriet. Zu dem Notbehelf gehörte auch die Inanspruchnahme einer mehrfach unterbrochenen Kulturtradition, deren Wurzeln weit in die deutsche Geschichte zurückreichen. Ob sich nun in der Tat eine deutsche politische Einheitsbewe gung auf Armin und die Schlacht im Teutoburger Wald zurück verfolgen läßt, bleibt durchaus zweifelhaft. Sieben Jahre nach der Schlacht im Jahre 9 n.Chr. wurde Hermann im Streit mit dem Schwiegervater von anderen >Germanen< verraten und den Rö mern ausgeliefert. Mit der Berufung auf Tacitus ist eine Einheit der deutschen Stämme bestenfalls nur im Untergang zu belegen. Fichte, Arndt, Kleist und andere, die zur Stärkung eines aufkom menden, in ihren Werken propagierten deutschen Nationalgefüh les sich gern auf Hermanns Sieg über Varus beriefen, übergingen stillschweigend, was Tacitus über die Cherusker und deren Widerwillen gegen eine stammesübergreifende Einigung berich- Ernst Keller: Nationalismus und Literatur. Bern und München 1970; Karl Deutsch: Der Nationalismus und seine Alternativen. München 1972. -2-

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