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Das tausendjährige Reich. Eine biblisch-theologische Studie PDF

176 Pages·1955·7.207 MB·German
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Das tausendjährige Reich Eine biblisch-theologische Studie von Hans Bietenhard Dr. theol., Privatdozent an der Universität Bern Zwingli-Verlag Zürich Alle Rechte vorbehalten Copyright 1955 by Zwingli-Verlag, Zürich Printed in Switzerland Buchdruckerei F. Graf-Lehmann, Bern Vorwort Die vorliegende Studie entstand in ihrer ursprünglichen Fassung in den Jahren 1942/1943 und lag im Frühjahr des folgenden Jahres der theologischen Fakultät der Universität Basel als Dissertation vor. Sie wurde für den Druck überarbeitet und erschien in sehr kleiner Auflage im Buchhandel zu Beginn des Jahres 1945. Diese Daten zeigen, daß die Arbeit in einer Zeit entstand und erschien, in der wieder einmal in der Geschichte die Idee des tausendjährigen Reiches von höchster Aktualität war, wo sie aber auch in schlimmster Weise per vertiert wurde. Um so dringender erschien eine biblisch-theologische Besin nung auf diese Sache. Nachdem die erste Bearbeitung dieser Schrift längst vergriffen ist, und von vielen Seiten her der Wunsch nach einer erneuten Publikation an mich heran trat, lasse ich sie wieder hinausgehen. Wieder wurde manches anders gefaßt, manches korrigiert, einiges umgestellt. Vor allem habe ich mich bemüht, die seither erschienene Literatur, soweit sie mir zugänglich war, zu berücksichtigen und mich mit ihr auseinanderzusetzen. Steffisburg, im Sommer 1955. Hans Bietenhard Inhalt Seite Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2. Exegese von Apk 19, 11-20, 10 im Zusammenhang mit dem Ganzen der Apokalypse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 a) Kurze Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 b) Die Exegese im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 3. Die zukünftige Parusie Jesu Christi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 4. Der Ursprung der Weissagung vom tausendjährigen Reich . . . . . . 33 a) Alttestamentliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 b) Spätjüdische Parallelen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 c) Gog und Magog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 d) Die Herkunft der Zahl 1000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 e) Die Fesselung Satans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 5. Die Frage der doppelten Auferstehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 Anhang: Spätjüdische Parallelen zur Lehre von der doppelten Auf- erstehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 6. Die Herrschaft Jesu Christi und der Heiligen im tausendjährigen Reich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 7. Die «geliebte Stadt». Israel und das tausendjährige Reich . . . . . . . 90 a) Hinweise auf die Geschichte der Exegese . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 b) Das Gericht über Israel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 c) Die fürlsrael bleibende Verheißung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 d) Abwehr des judaistisch-judenchristlichen Mißverständnisses . . 116 e) Israel als Weltmissionar? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 8. Die Verheißung des Alten Test~entes und das tausendjährige Reich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 9. Die Lehre vom tausendjährigen Reich in der Theologie der Gegen- wart 144 10. Register ............................................. . 165 1. Einleitung über das rechte Verständnis des 20. Kapitels der Offenbarung des Johannes (im Folg. abgekürzt: Apk) wurde schon in der alten Kirche lebhaft debattiert. Es scheint, daß bis weit ins zweite Jahrhundert hinein das endzeitlich-zukünf tige Verständnis dieses Textes das durchaus vorherrschende gewesen ist. Doch vertraten schon Justin und Irenaeus diese Lehre mit deutlicher polemischer Spitze gegen allerhand Gegner. Vor allem drängte dann später das Aufkommen der alexandrinischen Theologie das eschatologische Verständnis zurück. Diese Entwicklung vollzog sich nicht ohne Schuld der Chiliasten 1 selbst. Diese Erwartung wurde bald einmal als «Judaismus» gebrandmarkt, wußte man doch, daß auch in der Synagoge die Erwartung auf ein messianisches Reich am Ende der Tage lebendig war. Juden und Chiliasten konnten sich dabei oft nicht genug tun im Ausmalen der herrlichen, paradiesischen Zustände jener Endzeit. Sicher ist ferner, daß jüdische Zukunftsbilder die Chiliasten beein flußten. Warf man so den Juden und den Chiliasten «fleischliche Gesinnung» vor, die eines durch den Geist erleuchteten Christen unwürdig sei, so verfiel man nun sei~erseits in den entgegengesetzten Fehler, den «Geist> mit griechisch platonischer Geistigkeit gleichzusetzen. So sind von Origenes über Dionys von Alexandrien bis zu Hieronymus und Augustin die großen und tonan gebenden Kirchenlehrer Gegner des Chiliasmus. Dabei läßt sich eine gewisse Unsicherheit nicht verkennen: sie prägt sich etwa aus in den giftigen Be merkungen und der unendlich verschrobenen Exegese des Hieronymus, der den chiliastischen Kommentar des Victorin von Pettau zur Apk in usum 1 In terminologischer Hinsicht ist folgendes zu bemerken: Chiliasmus bedeutet einfach «Lehre vom tausendjährigen 1,leich», und zwar ohne den depreziativen Nebensinn, der dem Wort leider oft zum vornherein anhaftet. Ein Chiliast ist somit zunächst einfach einer, der ein endzeitliches tausendjähriges Reich erwartet - also nicht zum vornherein ein Judaist, Schwärmer, Wirrkopf, Sektierer oder Irrlehrer. Stehen die beiden Worte in Anführungszeichen, dann ist damit auf das Depreziative hingewiesen, das die Gegner mit diesen Worten verbanden oder verbinden. Die Ausdrücke tausend jähriges Reich und Millennium sind abwechselnd und gleichbedeutend gebraucht. 7 Delphini reinigte; aber auch im Schwanken Augustins dieser Lehre gegen über: hatte doch Augustin selbst noch in den «Sermones» 2 einen Welten sabbat von tausend Jahren am Ende dieser Weltzeit erwartet, um dann in «de civitate Dei» von dieser Lehre abzurücken. Dieser Wandel war bei ihm vorbereitet durch die ihm auf die Nerven gehenden Phantastereien der Chilia sten und wurde vollzogen, als der große Kommentar des Tyconius ihm zu Gesichte kam. In dieser Erklärung von Apk 20 wurde das tausendjährige Reich verstanden als die Zeit der Kirche. Kirche und tausendjähriges Reich sind eins. Jesus hat durch seine Wirksamkeit auf Erden den Satan gefessel~, die «erste Auferstehung» wird mit der Auferstehung der Gläubigen in der Taufe gleich gesetzt. Augustin übernahm diese recht einfache und scheinbar alles erklä rende Exegese und deckte sie für die folgenden Jahrhunderte mit seiner über ragenden Autorität. Wer in der Folge etwas über Apk 20 sagen wollte, der tat es in den Gedankengängen Augustins. Für die katholische Kirche ist es im großen und ganzen bis auf den heutigen Tag bei diesem Verständnis unseres Textes geblieben. Vielleicht nicht zuletzt deshalb, weil diese «kirchen geschichtliche» Deutung von Apk 20 dazu dienen könnte und kann, allerlei Weltherrschaftsansprüche der Kirche biblisch zu legitimieren; denn es ist nicht zu übersehen, daß in diesem Kapitel der Kirche die Weltherrschaft ver heißen ist. Wir hätten dann in der bischöflich-hierarchisch organisierten Kirche mit dem Papst an der Spitze nichts anderes zu erblicken als die Er füllung der Weissagung Apk 20, 3 f.; Johannes hätte dann im Geiste die Bischofs-Kathedren vorausgeschaut. Man sieht, daß diese im doppelten Sinne «kirchengeschichtliche» Reminiszenz noch heute ihre Bedeutung nicht ver loren hat. Man kann nicht sagen, daß das Problem von Apk 20 in der alten Kirche wirklich durchdiskutiert und damit geklärt worden ist. Die Lösung von Tyconius und Augustin ist keine Lösung; sie ist bestenfalls eine exegetische Möglichkeit neben andern mindestens gleichwertigen Möglichkeiten. Diese andern Möglichkeiten wurden nämlich nicht etwa widerlegt, sondern von den Exegeten einfach nicht mehr erwähnt, oder sie blieben ihnen überhaupt unbekannt. Immerhin gab es durchs ganze Mittelalter3 hindurch Leute, die 2 Vgl. 259, 2: «Üctavus ergo iste dies in fine saeculi novam vitam significat, septimus quietem futuram sanctorum in hac terra. Regnabit enim Dominus in terra cum sanctis suis, sicut dicunt scripturae, et habebit hie ecclesiam, quo nullus malus intrabit, separatam atque purgatam ab omni contagione nequitiae.» 3 Eine wissenschaftlich fundierte, zuverlässige und ausführliche Geschichte des Chilias mus fehlt leider bis auf den heutigen Tag. H. Corrodi, Kritische Geschichte des Chiliasmus, 4 Bde. (1781 ff.) hat ein aufklärerisches Pamphlet geschrieben, das mehr 8

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