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Das ABC der Relativitätstheorie PDF

198 Pages·1973·0.77 MB·German
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Bertrand Russell Das ABC der Relativitätstheorie Neu herausgegeben von Felix Pirani ro ro ro Rowohlt Zu diesem Buch «Es gibt eine Sorte ungemein überlegener Menschen, die gern versichern, alles sei relativ. Das ist natürlich Unsinn, denn wenn alles relativ wäre, gäbe es nichts, wozu es relativ sein könnte.» So beginnt Bertrand Russell das zweite Kapitel dieses Buches. Die meisten von uns wissen wohl, daß Einstein irgend etwas Außergewöhnliches entdeckt hat. Was das aber im einzelnen sein mag, darauf wissen wir schon kaum eine ausreichende Antwort. Die Relativitätstheorie Einsteins hat die modernen Naturwissenschaften revolutioniert. Doch welche Folgen hat das auf das Weltbild der Menschen des 20. Jahrhunderts gehabt? So gut wie keine. Bertrand Russell — ein Geistesbruder von Albert Einstein und dazu noch ein hinreißender Schriftsteller — macht in diesem klassischen Buch geistreich, unterhaltsam, aber knapp und exakt den Leser mit dem Wesentlichen der allgemeinen und speziellen Relativitätstheorie vertraut. Bertrand Russell wurde am 18. Mai 1872 in Trelleck/Wales geboren und im Hause seines Großvaters strenggläubig erzogen. Nach dem Studium der Philosophie und Mathematik am Trinity College in Cambridge tat er einige Zeit diplomatischen Dienst. Danach setzte er seine Studien an deutschen Universitäten fort und publizierte 1896 eine Arbeit über die Sozialdemokratie im wilhelminischen Deutschland. Von einem längeren Aufenthalt in Paris nach England zurückgekehrt, schrieb er 1910 bis 1913 gemeinsam mit A. N. Whitehead das dreibändige Werk «Principia Mathematica». Dieser umfassend angelegte Versuch, die reine Mathematik aus wenigen logischen Axiomen abzuleiten, ist eines der grundlegenden Werke moderner mathematischer Methodenlehre. Schon während des Ersten Weltkriegs, der ihn weder in seiner deutschfreundlichen Haltung noch in seiner pazifistischen Überzeugung wankend machte, wandte sich Russell politischen und gesellschaftlichen Themen zu. Russells pädagogisches Engagement, das sichtbaren Ausdruck in der von ihm und seiner Frau gegründeten «antiautoritären» Schule Beacon Hill fand, schlug sich in dem Auswahlband «Freiheit ohne Furcht. Erziehung für eine neue Gesellschaft» (rororo sachbuch Nr. 6900) nieder. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde er einer der Gründer und führenden Verfechter der internationalen Kampagne gegen Atomrüstung und Atomkrieg. 1950 erhielt er den Nobelpreis für Literatur. In den Kuba-Konflikt 1962 griff er als Vermittler ein. Im Oktober 1965 erklärte er seinen Austritt aus der Labour Party, um gegen die passive Unterstützung der amerikanischen Intervention in Vietnam durch die Außenpolitik des Kabinetts Wilson zu protestieren. Er forderte und förderte das moralische Tribunal, das unter dem Vorsitz von Jean-Paul Sartre im April 1967 in Stockholm zusammentrat, um die Kriegführung der USA in Vietnam zu untersuchen und zu verurteilen. Bertrand Russell starb am 2. Februar 1970. 2 Die erste deutsche Ausgabe erschien 1925. Für die dritte englische Auflage von 1969 ist der Text mit Russells Einverständnis von Felix Pirani, Professor für theoretische Physik an der Universität London, ergänzt worden. Diese Fassung liegt dem vorliegenden Band zugrunde Titel der Originalausgabe «The ABC of Relativity» Aus dem Englischen übertragen von Uta Dobl und Erhard Seiler Umschlagentwurf Werner Rebhuhn (Foto: dpa) 74. –77. Tausend Juli 1985 Veröffentlicht im Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg, Oktober 1972 Copyright © 1970 by Nymphenburger Verlagshandlung GmbH, München «The ABC of Relativity» © George Allen & Unwin Ltd., London 1958, 1969 Gesamtherstellung Clausen & Bosse, Leck Printed in Germany 780-ISBN 3 499 16787 5 3 Inhaltsverzeichnis Vorbemerkung ....................................................................... 5 1. Kapitel Greifen und Sehen: Erde und Himmel.............. 6 2. Kapitel Was sich ereignet und was man beobachtet......16 3. Kapitel Die Lichtgeschwindigkeit..................................28 4. Kapitel Uhren und Maßstäbe..........................................40 5. Kapitel Das Raum-Zeit-Kontinuum...............................53 6. Kapitel Die Spezielle Relativitätstheorie.......................63 7. Kapitel Raum-zeitliche Abstände...................................79 8. Kapitel Einsteins Gravitationsgesetz..............................95 9. Kapitel Beweise für Einsteins Gravitationsgesetz.......111 10. Kapitel Masse, Impuls, Energie und Wirkung.............122 11. Kapitel Das expandierende Universum........................139 12. Kapitel Konventionen und Naturgesetze......................153 13. Kapitel Die Abschaffung der ›Kraft‹ ...........................166 14. Kapitel Was ist Materie?..............................................178 15. Kapitel Philosophische Konsequenzen........................188 4 Vorbemerkung Dieses Buch erschien zum erstenmal im Jahr 1925. Die Grundprinzipien der Relativitätstheorie haben sich seither nicht geändert, aber der Bereich ihrer Anwendungen hat sich stark ausgeweitet, und so war für die 2. Auflage eine gewisse Revision nötig, die mit meinem Einverständnis von Herrn Felix Pirani durchgeführt wurde. Für die vorliegende 3. Auflage hat Herr Pirani einige Passagen zusätzlich revidiert, um sie in Einklang mit dem heutigen Wissensstand zu bringen. Bertrand Russell 5 1. Kapitel Greifen und Sehen: Erde und Himmel J edermann weiß, daß Einstein irgend etwas Erstaunliches getan hat, aber sehr wenige Leute wissen genau, was es nun eigentlich war. Es wird allgemein anerkannt, daß er unser physikalisches Weltbild revolutionierte, aber die neuen Vorstellungen sind verschlüsselt in mathematische Begriffe. Es stimmt zwar, daß es unzählige populäre Darstellungen der Relativitätstheorie gibt, aber im allgemeinen hören sie genau an dem Punkt auf, verständlich zu sein, wo sie anfangen, etwas von Bedeutung zu sagen. Den Verfassern kann man das kaum vorwerfen. Viele der neuen Ideen lassen sich in nicht- mathematischer Sprache ausdrücken, aber sie sind deshalb nicht weniger schwer zu verstehen. Was sie verlangen, ist eine Veränderung des Bildes, das wir uns von der Welt machen — eines Bildes, das uns von fernen, vielleicht vormenschlichen Vorfahren überliefert worden ist und das jeder von uns in früher Kindheit in sich aufgenommen hat. Vorstellungen zu ändern ist immer schwierig, besonders wenn man nicht mehr jung ist. Ein solches Umdenken verlangte auch die Lehre des Kopernikus, nämlich daß die Erde nicht stillsteht und daß sich der Himmel nicht jeden Tag einmal um sie dreht. Für uns liegt heute keine Schwierigkeit mehr in dieser Vorstellung, weil wir mit ihr vertraut gemacht worden sind, bevor unsere Denkgewohnheiten sich verfestigt hatten. So werden Einsteins Ideen den Generationen, die mit ihnen aufwachsen, leichter 6 verständlich erscheinen; aber für uns ist eine gewisse geistige Anstrengung beim Umdenken unvermeidlich. Wenn wir die Oberfläche der Erde erforschen, benutzen wir alle unsere Sinne, besonders Gesichts- und Tastsinn. Für das Messen von Strecken gebraucht man in vorwissenschaftlichen Zeitaltern Teile des menschlichen Körpers: ein ›Fuß‹, eine ›Elle‹, eine ›Spanne‹ werden so festgelegt. Bei größeren Entfernungen denken wir an die Zeit, die wir brauchen, um von einem Ort zu einem anderen zu gelangen. Allmählich lernen wir es, eine Entfernung ungefähr mit dem Auge zu schätzen, aber wir verlassen uns auf unsere Hand, wenn es auf Genauigkeit ankommt. Außerdem gibt gerade die Berührung mit der Hand das Gefühl der ›Wirklichkeit‹. Manche Dinge lassen sich nicht greifen: Regenbogen, Spiegelbilder usw. Diese Dinge sind verwirrend für Kinder; sie werden zu metaphysischen Spekulationen angeregt durch die Auskunft, daß das, was man im Spiegel sieht, nicht ›wirklich‹ ist. Macbeths Dolch war unwirklich, weil er ›greifbar nur dem Auge, nicht der Hand‹ war. Nicht nur unsere Geometrie und Physik, sondern unsere gesamte Vorstellung von dem, was außerhalb von uns selbst existiert, gründet sich auf den Tastsinn. Wir tragen das sogar in unsere sprachlichen Bilder hinein. Eine glaubwürdige Erklärung ist ›hieb- und stichfest‹, mit einer unglaubwürdigen versucht man, uns ›blauen Dunst‹ vorzumachen, weil wir das Gefühl haben, daß Dunst nicht ganz ›wirklich‹ ist. Wenn wir aber den Himmel erforschen wollen, bleibt uns von all unseren Sinnen allein das Sehen. Wir können die Sonne weder anfassen noch zu ihr hinreisen; weder können wir schon um den Mond herumgehen, noch einen Maßstab an die Plejaden legen. Trotzdem haben sich die Astronomen ohne 7 Zögern der Art Geometrie und Physik bedient, die sich auf der Erdoberfläche als dienlich erwiesen hatte und die auf Berührung und Fortbewegung aufgebaut war. Dabei haben sie sich in Schwierigkeiten gebracht, die erst Einstein bereinigen konnte. Es stellte sich heraus, daß vieles von dem, was wir durch den Tastsinn gelernt hatten, ein unwissenschaftliches Vorurteil war, von dem wir uns lösen mußten, um ein zutreffendes Bild von der Welt zu gewinnen. Ein Beispiel kann uns helfen zu verstehen, welche Mittel dem Astronomen fehlen, verglichen mit jemandem, der sich mit Gegenständen auf der Erdoberfläche beschäftigt. Nehmen wir an, es wird Ihnen ein Mittel verabreicht, das Sie für einige Zeit bewußtlos macht, und Sie haben, wenn Sie erwachen, Ihr Gedächtnis, aber nicht Ihre Urteilskraft verloren. Nehmen wir ferner an, daß Sie während Ihrer Bewußtlosigkeit in einen Ballon gebracht wurden, der, wenn Sie zu sich kommen, in einer dunklen Nacht im Wind treibt — in der Nacht des 5. November, wenn Sie in England sind, oder des 4. Juli, wenn Sie in Amerika sind. Sie können Feuerwerksgarben sehen, die vom Boden, von Zügen und von Flugzeugen, die in alle Richtungen fliegen, abgefeuert werden, aber wegen der Dunkelheit können Sie weder den Boden noch die Züge, noch die Flugzeuge sehen. Was für ein Bild werden Sie sich von der Welt machen? Sie werden glauben, daß nichts beständig ist; es gibt nur Lichtblitze, die sich während der kurzen Zeit ihrer Existenz in den verschiedensten und absonderlichsten Kurven durch den Raum bewegen. Sie können diese Blitze nicht anfassen, Sie können sie nur sehen. Offensichtlich werden Ihre Geometrie und Ihre Physik und Ihre Metaphysik ganz anders sein als die gewöhnlicher Sterblicher. Wenn ein gewöhnlicher Sterblicher bei Ihnen im Ballon wäre, würden 8 Ihnen seine Reden unverständlich erscheinen. Aber wenn Einstein bei Ihnen wäre, würden Sie ihn leichter verstehen als der gewöhnliche Sterbliche, weil Sie frei wären von einem Bündel von vorgefaßten Meinungen, die die meisten heute daran hindern, ihn zu verstehen. Die Relativitätstheorie hängt weitgehend davon ab, daß man Vorstellungen los wird, die im normalen Leben, aber nicht für unseren aus seiner Betäubung erwachenden Ballonfahrer nützlich sind. Aus verschiedenen, mehr oder weniger zufälligen Gründen legen die Verhältnisse auf der Erdoberfläche Vorstellungen nahe, die sich als ungenau herausstellen, obwohl sie uns nun schon als Denknotwendigkeiten erscheinen. Der wichtigste dieser Umstände besteht darin, daß die meisten Gegenstände auf der Erdoberfläche, von einem irdischen Standpunkt aus betrachtet, ziemlich dauerhaft und fast ortsfest sind. Wenn das nicht so wäre, erschiene uns der Begriff der Bewegung nicht so eindeutig. Wenn jemand von King’s Cross Station nach Edinburgh fahren will, weiß er, daß er King’s Cross dort finden wird, wo es immer war, daß die Schienen in dieselbe Richtung führen werden wie beim letzten Mal, als er diese Reise machte, und daß Waverley Station in Edinburgh nicht zum Schloß hinaufgewandert sein wird. Er sagt und denkt deshalb, daß er nach Edinburgh gefahren ist, nicht, daß Edinburgh zu ihm gefahren ist, obwohl diese Behauptung genauso richtig wäre. Daß dieser dem gesunden Menschenverstand entsprechende Standpunkt mit soviel Erfolg anwendbar ist, liegt an einer Reihe von Gegebenheiten, die in Wirklichkeit bloßer Zufall sind. Stellen wir uns vor, alle Häuser in London wären ständig in Bewegung wie ein Bienenschwarm; stellen wir uns weiter vor, 9

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Russell B. Das ABC der Relativitaetstheorie (de)(ISBN 3499167875)
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