Der antike Historiker Diodor rühmt überschwenglich Alexanders grosse Taten. Dank seiner Klugheit und Tapferkeit überträfe er an Grösse die Leistungen aller anderen Könige, von denen man wisse. In nur zwölf Jahren habe er nicht wenig von Europa und fast ganz Asien unterworfen und damit zu Recht weithin reichenden Ruhm erworben, der ihn den alten Heroen und Halbgöttern gleichstelle. Der römische Philosoph Seneca steht dem Wirken Alexanders sehr viel kritischer gegenüber. Er fragt, ob jemand geistig gesund sein könne, der jenes Land (Griechenland) unterwerfe, wo er doch seine Erziehung erhalten habe. Nicht zufrieden mit dem Unglück all jener Staaten, die schon sein Vater unterworfen habe, trüge Alexander seine Waffen durch die Welt und mache in seiner Grausamkeit vor nichts halt, ganz wie jene Bestien, die mehr reissen als ihr Hunger verlange. Angesichts des in der Geschichte schwankenden Charakterbildes will der vorliegende Band dem modernen Leser helfen, eine eigene Vorstellung vom facettenreichen Charakter des Machtmenschen, des Feldherrn, aber auch des weitblickenden Politikers Alexander zu gewinnen. Hans-Joachim Gehrke, Jahrgang 1945, lehrte an den Universitäten Göttingen, Würzburg, Berlin und Tübingen und war von 2007 bis 2011 Präsident des Deutschen Archäologischen Instituts. Er gilt als international anerkannter Spezialist in der Erforschung der griechischen Antike.