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Bewahrung und Entzauberung. Thomas Mann und Max Weber. Zur Konservatismusdiskussion in ... PDF

438 Pages·2011·2.26 MB·German
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- 1 - Bewahrung und Entzauberung. Thomas Mann und Max Weber. Zur Konservatismusdiskussion in der Wilhelminischen Ära Inauguraldissertation zur Erlangung des akademischen Grades Dr. phil. an der Neuphilologischen Fakultät, Germanistisches Seminar der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg eingereicht bei Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Borchmeyer und Herrn Prof. Dr. Helmuth Kiesel vorgelegt von Stefanie Maiwald-Wiegand aus Eppelheim bei Heidelberg Heidelberg, im Oktober 2010 - 2 - Danke! Es ist mir ein Bedürfnis meiner Dissertation Dankesworte vorauszuschicken. Zuerst danke ich Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Borchmeyer für die wissenschaftliche und menschliche Betreuung. Er war mir als Doktorvater eine Hilfe, besonders, wenn die Arbeit zeitweise alle meine Kräfte forderte. Dank schulde ich auch Herrn MD Prof. Wassermann, der mir als Mitglied in seinem Chor des Internationalen Studienzentrums der Universität Heidelberg die musikalischen Impulse für diese Arbeit gegeben hat. Ich danke Frau Elisabeth Schulte-Randt für ihre Hilfe beim Korrekturlesen des Manuskriptes und Frau Dr. Bukowski für Hinweise zur formalen Gestaltung. Nicht zuletzt meinen Eltern gebührt Dank für ihre tatkräftige Unterstützung und Geduld. Heidelberg, im Oktober 2010 Stefanie Maiwald-Wiegand - 3 - Inhalt Seite Vorwort: Die innerweltliche Askese in einer entgötterten Welt 9 I. Einleitung: Konservatismus als Reflexivwerden des Traditionalismus 2 5 1. Liberalismus und Konservatismus bei Max Weber und Thomas Mann 2 5 a) Der Begriff des ironischen Konservatismus 2 5 b) Die Herkunft des Konservatismus 3 2 2. Die Verbindung Thomas Mann - Max Weber über die drei reinen Typen der Herrschaft und deren Quintessenz Bürokratie und Askese bzw. Leistungsethik 3 7 a) Umwertung 3 7 b) Die Protestantismusthese Max Webers 4 0 c) Max Webers Charismalehre - Die drei Herrschaftstypen Max Webers 4 7 ca) Die rationale Herrschaft 4 8 cb) Die traditionale Herrschaft 4 9 cc) Die charismatische Herrschaft 5 0 cd) Exkurs zu Sigmund Freud 6 2 II. Agrarkommunismus und Industrieproletariat 75 1. Problemaufriss 75 2. Die Definition des ,patrizischen oikos' 89 a) Das Preußische Dreiklasssenwahlrecht 89 b) Das Preußische Allgemeine Landrecht 90 c) Die Nachkriegsordnung: Weber und die DDP; die Stellung des Reichs- präsidenten 92 3. Die Entwicklung von dem ,oikos', dem Patriarchat, der Gutswirtschaft hin zum industriellen Kapitalismus 97 a) Die Wechselbeziehung zwischen Grundherrschaft und Großbetrieb 97 b) Die Entwicklung der traditionalen Herrschaft von ihren Anfängen 99 4. Das Aufkommen des Bürgertums 105 a) Innenpolitische Entwicklungen im Spiegel zeitgenössischer Kommentare Max Webers und Thomas Manns 105 - 4 - b) Bismarcks Sozialgesetzgebung 110 5. Die Dekadenzproblematik im ,oikos' 124 a) Die Dekadenz im Calvinismus 124 b) Die Dekadenz im Luthertum 125 III. Die "Buddenbrooks": Calvinismus vs. Luthertum als Ausprägungen der protestantischen Ethik 126 1. Definitionen 126 a) Calvinismus: Innerweltliche Erlösungsreligion mit asketischen Zügen 126 b) Luthertum: Innerweltliche Erlösungsreligion mit kontemplativen Zügen 128 2. Recht auf Widerstand 130 3. Bedeutung der Arbeit 130 a) Im Calvinismus 131 b) Im Luthertum 135 c) Im Katholizismus 137 d) Zum Unterscheidungsmerkmal der Prädestinationsgnade 138 4. "Die Buddenbrooks" 141 a) Vorbemerkungen 141 b) Der Begriff der ,doppelten Optik' - der Mythos in den "Buddenbrooks" 147 c) Das Kontor 149 d) Der Generationenwandel 152 da) ,Thomas Buddenbrook' 153 db) ,Christian Buddenbrook' 162 dc) Der Generationenkonflikt 165 e) ,Tony' und ,Thomas' als Beispiele eines lutherischen Lebenswandels 171 ea) ,Tony Buddenbrook' 173 eb) ,Thomas Buddenbrook' 175 f) Die Dekadenz im Getreidekontor 177 fa) ,Hanno Buddenbrook' 178 fb) ,Gerda Buddenbrook' 179 IV. Die protestantische Ethik - Der Leistungsethiker bei Thomas Mann und Max Webers Konzept ,Bürokratie und Askese' 182 - 5 - 1. Exkurs: Bismarcks Bündnissystem unter Berücksichtigung der Kommentare Max Webers und Thomas Manns 183 2. Der "Tod in Venedig" als Höhepunkt der Künstlerproblematik bei Thomas Mann 189 a) Der Meisterstil oder der Aspekt des ,Soldatischen' 190 b) Der Aspekt des Leidens 204 c) ,Der fremde Gott' 207 ca) Woran stirbt ,Gustav von Aschenbach'? 215 cb) Thomas Manns eigene Stellungnahme 221 cc) Heldenekstase, Askese und Berufsethos im Calvinismus 224 V. Der Dilettant - Das Gegenbild zum Leistungsethiker und Bürokraten 229 1. Der Dilettant im Frühwerk Thomas Manns 231 a) "Tristan" 233 b) "Der kleine Herr Friedemann" 235 2. Der Begriff des Dilettantismus bei Max Weber 237 VI. Der "Tonio Kröger" zwischen Fiktion und Wirklichkeit - das Problem der Bürgerlichkeit 243 1. Leben vs. Geist; Kunst vs. Leben bzw. Künstlertum vs. Bürgertum 243 a) Die Polaritäten Geist - Leben und Künstlertum - Bürgertum 245 b) Die Künstlerproblematik im "Tonio Kröger" 248 ba) Die ambivalenten Begriffe der Künstlerproblematik 250 bb) ,denn alles Handeln ist Sünde in den Augen des Geistes' 252 c) Resumee der ersten Schaffensperiode Thomas Manns 254 d) "Königliche Hoheit" 257 e) Der Begriff der Bürgerlichkeit bei Max Weber 262 2. Religion vs. Kunst 262 a) "Gladius Dei" 262 b) "Fiorenza" 264 VII."Der Zauberberg": Das Problem der Zeit, des mythischen ,In-den-Spuren- Gehens' 270 1. Die Kategorien der "Betrachtungen eines Unpolitischen" 270 - 6 - 2. Mythische Substrate im "Zauberberg" 277 a) Die Zeit im "Zauberberg" 278 b) Hermes im "Zauberberg" 279 c) Der Zeitbegriff bei Max Weber 284 VIII. Die Entstehung und Entwicklung der innerweltlichen Askese: Die Religionssoziologie Max Webers im Vergleich mit dem Getreidehandel in den "Buddenbrooks" und dem Ährentraum in den "Josephromanen" 287 1. Der Mythos in den "Josephromanen" 288 a) Der Zeitbegriff in den "Josephromanen" 293 2. Der pervertierte Tausch in den "Josephromanen" als Ausdruck einer gestörten ökonomischen Beziehung: Vergleich der biblischen Geschichte mit dem Begriff des Tausches bei Max Weber 298 IX. Der Leistungsethiker wird (wieder) zum ,Bruder': Umkehrung der ökonomischen Verhältnisse und Aufspaltung der Leistungsethik in eine innere und eine äußere Ethik 319 1. Erklärung der Verbrüderung aus Freuds "Totem und Tabu" und Webers Charismatheorie 319 2. Die ,Laufbahn' des ,Joseph': Vom Verwalter zum ,brüderlichen Freund' bis zum ,Nachkommenlassen' der ganzen Sippe 323 a) Beschreibung seiner Posten im ,Wirtschaftlich-Verwalterischen' 324 aa) Max Webers Ausführungen zum altägyptischen Beamtentum 336 b) ,Joseph' und die drei Formen der Herrschaft 337 ba) Verhältnis zur traditionalen Herrschaft 337 bb) Verhältnis zur rationalen Herrschaft 339 bc) Charismatische Herrschaft als Schnittmenge zwischen rationaler und traditionaler Herrschaft 339 X. Schluss: Die Stadt auf dem Weg zum Monotheismus - Anwendung der bisherigen Erkenntnisse auf einen exemplarischen Fall 346 1. Methodische Überlegungen 346 a) Die Stadt als Zentrum des Urchristentums 346 - 7 - b) Der ,Idealtypus' der Stadt Max Webers 349 2. Gesellschaftsleben in Ägypten 360 a) Die Verhältnisse am ägyptischen Hof: Der Herrscher und sein Hofstaat 361 b) Die Patrimonialbürokratie Ägyptens 363 ba) Die Entwicklung der Patrimonialbürokratie 363 bb) Der Aufbau und die Organisation der Patrimonialbürokratie 367 c) Die Stadt als religiöses Zentrum 371 ca) Die Götterwelt Ägyptens 371 cb) Zauberei vs. Religion 374 cc) Die Revolution des Echnaton und das Weltbild von Amarna 376 cd) Die Priesterschaft 379 ce) Die ,Lehre des Cheti' und ihre Bedeutung für die ägyptische Gesellschaftspyramide 381 cea) Die Bauern 384 ceb) ,Sklaven' und Tagelöhner 386 cec) Das Bürgertum (Die Handwerker; der Kaufmann und der Händler) 387 ced) Der politische Beamte 391 cee) Die Frauen 392 3. Abweichungen vom ,Idealtypus': Andere Stadtkategorien 393 4. Exkurs Venedig 394 a) Die mittelalterliche Geschlechterstadt Max Webers als Ort der Dekadenz 395 b) Die Rolle Venedigs in der Novelle 396 Schlussbetrachtungen 401 Tabellarische Lebensläufe: Thomas Mann und Max Weber 405 Literatur 1. Primärliteratur 408 2. Sekundärliteratur 424 - 8 - Anmerkungen zur Zitiertechnik 437 - 9 - VORWORT DIE INNERWELTLICHE ASKESE IN EINER ENTGÖTTERTEN WELT Was versteht man unter Konservatismus? Karl Mannheim unterscheidet Konservatismus und Traditionalismus voneinander: "Während ,Traditionalismus' eine mehr oder minder unbewußte Tendenz zum Festhalten am Althergebrachten meint, ist ,Konservatismus' bewußte politische Aktion, die erst aus der Gefährdung eines traditionalistischen Lebenszusammenhangs entsteht. Konservatismus ist dann ,nichts anderes als ein Reflexivwerden des Traditionalismus'".1 Der Gegensatz zum Traditionalismus ist die einzig allgemein anerkannte Definition. Mannheims Konservatismusdefinition lautet also folgendermaßen: "Ein so verstandener Konservatismus hat immer ein kritisches, systemsprengendes und revolutionäres Molement, ein Moment des Herstellens einer verlorenen Irrationalität."2 Auf der anderen Seite lässt sich der Begriff von dem der Progressivität folgendermaßen abgrenzen: Da eine prinzipielle Unterscheidung von progressiv und konservativ nach Kurzke nur möglich ist, wenn bewusstes Handeln der Menschen zur Steuerung und Veränderung des Geschichtsverlaufs als möglich gedacht wird, ist das Verhältnis zur Praxis ihr entscheidendes Kriterium: Wie kann eine abstrakte revolutionäre Idee mit der geschichtlichen Wirklichkeit vermittelt werden?3 Die konservative Kritik der Abstraktheit der rationalen geschichtsverändernden Idee 1Kurzke, Hermann, Romantik und Konservatismus. Das <politische Werk> Friedrich von Hardenbergs (Novalis) im Horizont seiner Wirkungsgeschichte, München 1983, 68. 2ebd., 73. 3s. Kurzke Hermann, Auf der Suche nach der verlorenen Irrationalität: Thomas Mann und der Konservatismus, Würzburg 1980, 13. - 10 - angesichts der konkreten individuellen Vielheit der Geschichte ist demnach das formale Zentrum der konservativen Geschichtsdeutung. Der Konservative betont das Leben gegenüber der Theorie, die dem Leben selbst innewohnende Idee gegenüber dem ihm äußerlichen Begriff, Schicksal gegenüber Kausalität, Kultur über Zivilisation.4 Dies ist ein die Diskussion bestimmendes Gegensatzpaar der Mannschen "Betrachtungen eines Unpolitischen", die in dieser Arbeit zur Diskussion stehen. Hier kommt der Französischen Revolution ein entscheidender Stellenwert zu. Sie stellt somit die Achse zur modernen Welt dar. Die progressive Kritik der Abstraktheit zielt auf den Mangel an Vermittlung einer bestimmten abstrakten Idee mit einer bestimmten historischen Situation, während die konservative Kritik die Vermittelbarkeit schlechthin bestreitet und die ewige Fremdheit von gedachten Geschichtskonstruktionen zum begriffsfeindlichen Reichtum der historischen Realität behauptet. Dies bezeichnet Kurzke als sogenannte Abstraktheitskritik. Die konservative Kritik der Abstraktheit gerät damit in ein unaufhebbares Dilemma: Die Lebensimmanenz des Sinnes als allem bewusst sinnplanenden Denken vorgeordnete Irrationalität des individuellen Seins ist nicht mehr gegeben, sondern wird als Wiederherzustellendes gesucht. Das Dilemma des Konservatismus ist also das Paradox einer rationalistischen Suche nach Irrationalität.5 Solchem Herstellen widerspricht sie jedoch prinzipiell. Wo nicht Surrogate die Einheit vortäuschen, ist die konservative Suche nach der verlorenen Irrationalität also essentiell tragisch. Auf der Suche nach der Seinsimmanenz des Sinns ist der Konservative zunächst der Feind alles Utopischen. Daraus ergibt sich, dass konservatives geschichtliches Handeln allenfalls die bestehende Realität mit ihrer eigenen Idee zur Deckung bringen, aber keine dieser Realität vorauseilende Idee entwickeln kann. Die konservative Utopie kann damit das Kontinuum des Seins niemals aufsprengen.6 Die Suche nach der verlorenen Irrationalität gestaltet sich damit folgendermaßen: Mit Irrationalität ist das unbewusste Einssein mit der Geschichte, spezieller das traditionale Eingebundensein in die Konventionen einer festgefügten 4s. ebd., 14f.; s. auch Soziologische Exkurse, hrsg. v. Institut für Sozialforschung, Frankfurt, 4. Aufl., 83f. 5s. Kurzke, Romantik und Konservatismus, 68. 6s. Kurzke, Auf der Suche nach der verlorenen Irrationalität, 17.

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S. 159., Anm. 102, 103, 104; Auch hier ist von einer Endzeitstimmung die Rede. 185Buddenbrooks, 474.; Hier gibt es eine Verbindung zur Autonomie des ist es ja, Lisaweta: Das Gefühl, das warme, herzliche Gefühl ist immer banal und unbrauchbar, und künstlerisch sind bloß die Gereiztheiten und
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