iff Texte Band 2 Springer-Verlag Wien GmbH Besser Billiger Mehr Zur Reform der Expertenorganisationen Krankenhaus, Schule, Universität Herausgegeben von Ralph Grossmann für das Institut für interdisziplinäre Forschung und Fortbildung Redaktion Hanna Krause Springer-Verlag Wien GmbH Herausgeber: Univ.Doz.Dr. Ralph Grossmann für das interuniversitäre Institut für interdisziplinäre Forschung und Fortbildung der Universitäten Innsbruck, Klagenfurt und Wien Redaktion: Mag. Hanna Krause Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdruckes, der Entnahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf photomechanischem oder ähnlichem Wege und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugs weiser Verwertung, vorbehalten. © 1997 Springer-Verlag Wien Ursprünglich erschienen bei Springer-Verlag Wien New York 1997 SPIN: 10655912 Satz: Reproduktionsfertige Vorlage des Herausgebers Gedruckt auf säurefreiem, chlorfrei gebleichtem Papier - TCF ISSN 1433-2760 ISBN 978-3-211-83042-0 ISBN 978-3-7091-6539-3 (eBook) DOI 10.1007/978-3-7091-6539-3 Editorial Thema Unsere Gesellschaft ist in ihrerEntwicklung in einem historisch noch nie da gewesenen Ausmaß von der Leistungsfähigkeit ihrer Organisationen abhän gig. DerBlickistdabei häufigaufdenUmbauderWirtschaft, aufdieEntwick lung etablierter und neuer Unternehmungen gerichtet. Ich halte aberdie Re form des öffentlichen Dienstes fürein gesellschaftliches Schlüsselprojekt, an dem sich entscheiden wird, ob wir erreichte gesellschaftliche Standards in bezug aufsozialpolitischeAbsicherung, allgemein zugängliche Bildungsgele genheiten und Gesundheitsversorgung halten und dieinnereReformfähigkeit derGesellschaftsicherstellen können. Und dieseReformfähigkeit istwesent lich abhängig von derEntwicklungs- und Veränderungsfähigkeit ihrerzentra len Organisationen. Die Reform des öffentlichen Dienstes steht dabei unter den gleichzeitigen Anforderungen effizienterunddamitkostengünstigerinderErstellungderLei stungzuwerden, dieQualitätderLeistungzuerhöhenundsichaufvölligneue gesellschaftliche Problemlagen rasch einstellen zu können. Die letzten zehn Jahre haben deutlich gezeigt, daß die dazu notwendige Veränderung der Organisationen nicht mit dem tradierten Konzept bürokratischer Regelung und politischerEinflußnahmebewältigtwerden kann. Die Frage nach den ge eigneten Steuerungskonzepten, die einerseits Autonomie und Leistungs fähigkeitdereinzelnenOrganisationsteigern und andererseitsdieAusrichtung auf übergeordneteZielvorstellungen gewährleisten können, istzu einem zen tralen ThemaderOrganisationsreform geworden. Dazu kommt, daß die unterschiedlichen Sektoren des öffentlichen Dienstes ihrejespezifischen Bedingungen haben, in bezugaufdenInhaltderTätigkeit, ihreOrganisationskulturunddieprofessionellen KonzeptederMitarbeiter. Die CharakteristikderOrganisationgenauzukennenunddieOrganisationsverän derung darauf abzustellen, scheint uns ein wichtiger Erfolgsfaktor für die Reformvorhaben zu sein. Das Institut für interdisziplinäre Forschung und Fortbildung ist in zahlreichen Reformprojektendesöffentlichen Dienstesengagiert. Dasreichtvon denwis senschaftlichenGrundlageneinermodernenUmweltstatistikund Umweltpoli tik, überdieökologischeAusrichtung derEinkaufspolitikkommunalerVerwal tungen, neue Qualifizierungsprogramme für Lehrer und die Entwicklung der Schulautonomie, die Entwicklung der Fachhochschulen, die ökonomische und administrative Steuerung der Universitätsreform sowie die innere Ent- wicklung derUniversitäten, dieOrganisationsentwicklung derKrankenhäuser und andererGesundheitsorganisationen biszu dem Qualitätsmanagement in diesen Einrichtungen. Ein Forschungsschwerpunkt des iff befaßt sich seit zwei Jahren mit der OrganisationsentwicklunginExpertenorganisationen,wobei wirunsvorrangig mit den Organisationen Schule, Universität und Krankenhaus befassen. Das "Thema"deriff-Texte2beziehtsichaufdieProjekteund Erfahrungenausdie sem Schwerpunkt. Die Problematik der Steuerung von dezentralisierten Ex pertenorganisationen mit einer hochspezialisierten Dienstleistung und einem professionellen Selbstverständnis ihrerMitarbeiter, dasmehrdereigenen Ex pertise und fachlichen Entwicklung verpflichtet ist als den Zielsetzungen der Organisation, steht im Zentrum der Arbeiten. Einige Instrumente der Steue rung werden diskutiert: ökonomische Anreize, Leitbildentwicklung, die Ent wicklung von Leitungsrollen und Leitungsteams, Organisationsentwicklung alsKonzeptderinnerenOrganisationsreform, Supervision und Evaluation und die Chancen einer verstärkten Kundenorientierung. Der Angelpunkt der Reform, nämlich das Verhältnis von Effizienz und Qualität, bildet den roten Faden derBeiträge und unsererArbeit. iff-Texte Dieiff-Texte, eine wissenschaftsjournalistische Buchreihedesiffversuchen in verständlicherundangenehm lesbarerForm überaktuelleHerausforderungen wissenschaftlichen Arbeitens zu berichten. Neben dem Schwerpunktthema finden Sieals regelmäßige Bestandteilederiff-Textefolgende Rubriken: - In den Externen Perspektiven nehmenAutoren, dienichtdem Institutange hören, zum jeweiligenThemaStellung. - DasLexikongreiftBegriffeundDenkmodelleauf,dieimRahmendesSchwer punktthemasvon zentraler Bedeutung sind. - Literaturzum Nach- und Weiterlesen. - Transfer behandelt Fragen derVermittlung von Wissenschaft und insbeson- deredieProblematik derWissenschaftssprache. - Das Magazin stellt Forschungsprojekte und Veranstaltungen des iffvor. - OieKontroversenbietenein ForumfüraktuelleAuseinandersetzungen inder scientific community. In einer Welt von Expertinnen und spezialisierten Organisationen gehören IntegrationundVerknüpfungzudenanspruchsvollstenAufgaben. Dieiff-Texte laden Kolleginnen, Kooperationspartnerund Kunden ein, den fachlichen Dis kurs überdieGrenzen derArbeitsgebiete hinweg zu führen. Ralph Grossmann Inhalt Impressum 4 Editorial 5 Transfer Ich schreibe, also bin ich! Andreas Heller 11 DerWeg zum Erfolg Ein Interview mitJohannaDorer 15 Magazin Aktuelle Projekte, Forschungsergebnisse, Kooperationen und Veranstaltungen 19 Thema Reform von Expertenorganisationen Krankenhaus, Schule, Universität: Charakteristika und Optimierungspotentiale Ralph Grossmann, Ada Pellert, VictorGotwald 24 Patienten, Schülerund Studenten: Klienten, Mitarbeiteroder Kunden? Georg Zepke 36 Kundenorientierung - Eine FragederQualität und derEthik? Ein Interview mit Christian Köck 39 Die Expertise derLaien im Gesundheitssystem Katharina Heimerl 41 Ökonomische Impulse für die Veränderung von Krankenhäusern und Universitäten Christian Köck und HansPecharim Gespräch mit Ralph Grossmann 43 Thema Schulleitung bedeutet Management von Veränderungen MarliesKrainz-Dürr 54 Kollegiales Management Roland Fischer 58 Leiten im Krankenhaus - eine qualitätssichernde Dienstleistung Ralph Grossmann, Andreas Heller 62 Was ist New Public Management? Ada Pellert 68 Welche Probleme in Organisationen löst Supervision? KlausScala 71 Mars oder Demeter- wem huldigtdie Forschung? VictorGotwald, Katharina Heimerl, GeorgZepke 75 Systemische Evaluation Katharina Heimerl, Andreas Heller 78 Lightbilderoder Leitbilder Andreas Heller, Katharina Heimerl 80 Schulautonomie: Chance zur Qualitätsverbesserung Konrad Krainer, PeterPosch, Franz Rauch 84 Die Reorganisation derösterreichischen Universitäten HansPechar, Ada Pellert 91 United Nations Development Programme: Experten ohne Organisation? Mario Patera 96 Thema Lexikon 100 ExternePerspektiven Funktion statt Perfektion Ein Berichtzur Reform derUni Wien von Willi O. Wegenstein 105 Es geht auch ohne Oberlehrer Eine Bilanzvon Eduard Hruska 108 Spitalsreform und Spardruck im Kanton Zürich Ein Kommentarvon MaxJ. Lenz 110 Literaturzum Thema 115 Kontroversen SchütztWeiterbildung vor Arbeitslosigkeit? Erich Ribolits 118 Dank füreine Provokation Anton Pelinka 121 Autorinnen undAutoren 123 Index 125 iffService 126 Transfer Andreas Heller Ich schreibe, also bin ich! Plädoyerfür belletristischeresSchreiben inderWissenschaftund Hypothesen, warum dassoschwerist. Ich schreibe, also bin ich. Das istdieneuzeitlicheIdentitätsformel von Wissen schaft. Sie ebnet einen Zugang zu bestimmten allergetischen Verschnup fungen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die durch Lektoren, Journalisten oder auch Kollegen übertragen werden können. Denn Wissen schaft definiert und reproduziert sich über Texte. Wer Wissenschaftler ist, kann per definitionem schreiben. Und zwar nicht irgendwie, sondern eben wissenschaftlich. Wissenschaftliches Schreiben ist durch bestimmte Stan dardsqualifiziert.EinStandard istdieAnschlußfähigkeitandasjeweiligefach spezifische, disziplinär-disziplinierende Wissenschaftssystem. Das bedeutet oftgenugAusschluß dernichtfachlichen Öffentlichkeit. WerdiewissenschaftlichenStandardsverletzt, wird imaginärexcathedravon jenem Bannstrahl derVernichtung getroffen, den man fürchten muß: Das ist nicht wissenschaftlich! Das ist methodisch nicht sauber! Gerade derzwang hafteWissenschaftler, positivkonnotiert, dersolide, tüchtigeWissenschaftler, leidet am meisten unter dieser mittelalterlichen Obsession, gebannt werden zu können. In dem Leiden istman nichtallein. Die Einsamkeitwird geteiltmit denAuszubildenden, dennsiestudieren, umsichwissenschaftlichdekorieren zu können; mit denen, die von draußen kommen; die neue Ideen haben; mit vielen Frauen, denn Wissenschaft ist androzentrisch und von Männern mehr heitlich definiert. Alle Selbsttherapeutika - Auftürmen von Fußnoten als Ab wehrverhalten, wohlwollendeZitation dergrößtenGegnerals Unterwerfungs gestus, Integration sämtlicher Publikationen des Doktorvaters in die eigene Dissertation als Adorante-Haltung etc. - helfen nicht viel. Die nackte Angst bleibt. Es brauchteine lutherischeWendung und Bekehrung, sozusagen eine individuelleReformation,eineReichstagserkenntnis(nichtvonNürnberg,son dern von Worms): Hierstehe ich und schreib' nicht anders. Vielleicht hilft die Abwandlung der aufklärerischen Haltung "sapere aude" in "scribere aude". Frei übersetzt: Traue Deinem eigenen Schreiben! odervielleicht so: Wage es, das Schreiben als Dienst an derÖffentlichkeitzu sehen! DaWissenschaft zwarnurein Beruf, aberletztlich einerderhochangesehen sten in unserer Gesellschaft ist, umgibt sie die quasireligiöse Aura der Berufung. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler schreiben nicht "in den Schornstein", sonst wären sie ja Rauchfangkehrer geworden. Wissenschaft schreibtfürdieMitwelt(scientificcommunity) und verschreibtsich derNach welt. Schreiben hat generativen Charakter. Man zeugt und gebiert ein Pro- Texte 11 iff