36 Nachr. entomol. Ver. Apollo, N. F. 22 (1): 37–40 (2001) 37 Beschreibung des bisher unbekannten Weibchens von Antheraea (Antheraeopsis) sahi Nässig & Treadaway, 1998 stat. nov. (Lepidoptera: Saturniidae) Ronald Brechlin Dr. Ronald Brechlin, Wilhelmstraße 21, D-17309 Pasewalk, Deutschland; E-Mail: [email protected] Zusammenfassung: Das bisher unbekannte Weibchen des son, 1886 von Borneo und Sumatra untersucht; die Popu- als Subspezies von Antheraea (Antheraeopsis) paniki Nässig & lationen von Java und Westmalaysia standen zur Unter- Treadaway, 1998 beschriebenen Taxons sahi Nässig & Tread- suchung nicht zur Verfügung. away, 1998 wird vorgestellt und farbig abgebildet. Gleich- zeitig wird sahi auf Artrang angehoben (stat. nov.). Der Vergleich der ♀♀ sowie der ♂-Genitalamarturen zeigt, daß Beschreibung des Weibchens von sahi weder in Unterartrang zu paniki noch zu youngi Wat- Antheraea (Antheraeopsis) sahi stat. nov. son, 1915 geführt werden sollte. Gleichfalls wird die suma- Abkürzungen: Vfl. = Vorderflügel, Hfl. =Hinterflügel tranische Population des Subgenus als verschieden von der borneesischen youngi angesehen; der Name A. (Ao.) brun- ♀ (Abb. 1): Mit einer Vorderflügellänge (gemessen in nea van Eecke, 1921 (stat. rev.) wird daher erneut auf Art- gerader Linie von der Flügelwurzel bis zum Apex) von niveau verwendet. 86mm (n= 1) ist das ♀ von sahi deutlich kleiner als alle bisher bekannten ♀♀ von paniki (89–104mm, n= Description of the hitherto unknown female of Antheraea (Antheraeopsis) sahi Nässig & Treadaway, 16, durchschnittlich 96,7mm; Nässig & Treadaway 1998: 1998 stat. nov. (Lepidoptera: Saturniidae) 291, Tabelle 20; CRBP). Die Form des Vfl. ist bei sahi homogener, runder; insbesondere der Vfl.-Apex ist beim Abstract: The previously unknown female of Antheraea ♀ von sahi kaum falcat, also deutlich weniger ausgezogen (Antheraeopsis) sahi Nässig & Treadaway, 1998 stat. nov. as species is described and figured. Comparison of both als bei paniki (Abb. 2), ähnelt darin dem bei Holloway sexes and the male genital structures of several relevant taxa (1987: pl. 7, 12) abgebildeten youngi-♀ von Borneo. Das demonstrated that sahi deserves species status, rather than bei Nässig et al. (1996: 97, pl. 12: 61) illustrierte Antherae- being treated as a subspecies of Antheraea (Antheraeopsis) opsis-♀ von Sumatra hat dagegen einen noch runderen paniki Nässig & Treadaway, 1998. In addition, significant dif- Flügelschnitt und Vfl.-Apex. Die Grundfärbung von sahi ferences were observed between specimens of A.ntheraea geht im Vergleich zu paniki (wie auch bei den ♂♂) mehr (Antheraeopsis) youngi Watson, 1915 from Borneo (the type locality) and from Sumatra. Consequently, the name Anthe- ins Rötliche, Kastanienbraune. Deutlich verschieden ist raea (Antheraeopsis) brunnea van Eecke, 1921 (stat. rev. as zudem die Vfl.-Ocelle, die beim ♀ von sahi elliptisch species) is re-established for this Sumatran taxon. ist (bei paniki mehr rund) und ein kräftig leuchtendes Orange aufweist (bei paniki eher braun). Auch findet Einleitung sich keine schwarze „Pupille“ am basalwärts gerichteten Flügelocellenrand wie bei den meisten ♀♀ von paniki. Die Typenserie des Taxons sahi Nässig & Treadaway, Das ♀ von Borneo (Holloway 1987: pl. 7: 12) wiederum 1998 von Palawan besteht aus 4♂♂ (Holotypus und 3 hat eine runde, rötlichbraune Vfl.-Ocelle ohne „Pupille“, Paratypen), wobei zum Zeitpunkt der Beschreibung den allerdings mit einem hyalinen Zentrum. Die Vfl.-Ocelle Autoren nur zwei Tiere (in CCGT in SFML) vorlagen des bei Nässig et al. (1996: 97, pl. 12: 61) abgebildeten (die beiden Exemplare meiner Sammlung wurden kurz ♀ von Sumatra ähnelt in der Farbe dem von sahi, ist vor Veröffentlichung dankenswerterweise noch mit in allerdings deutlich runder. Der Typus der von Sumatra die Paratypenserie aufgenommen, standen spezielleren beschriebenen A. (Ao.) brunnea, ebenfalls ein ♀ (van Untersuchungen aber aus zeitlichen Gründen nicht mehr Eecke 1921: pl. 2, fig. 3), besitzt dagegen gleichfalls ein zur Verfügung; Nässig & Treadaway 1998: 294 f.). Seit- kleines hyalines Fenster in der Vfl.-Ocelle — ein Merk- dem sind einige wenige weitere Exemplare (unter ande- mal, das wohl einer gewissen individuellen Variabilität rem in CRBP und SMFL) nach Europa gelangt, darunter bei Faltern dieses Subgenus unterliegt. Deutlich ver- auch das bisher unbekannte ♀ (1 Exemplar in CRBP). schieden im Vergleich zu allen hier aufgeführten Taxa Beim Vergleich dieses Tieres mit ♀♀ der philippinischen ist bei sahi das Submarginalband des Vfl. Dieses weist Antheraea (Antheraeopsis) paniki Nässig & Treadaway, nur hier eine klare Teilung in drei separate, verschieden 1998 ließen sich auffällige Unterschiede feststellen. Unter gefärbte Linien (von proximal nach distal: weiß–rotbraun Berücksichtigung dieses Faktums sind zusätzlich die Dif- (Grundfarbe)–gelblich) auf. Vor allem bei paniki und ferenzen in den männlichen habituellen und Genital- youngi ist diese Submarginale verwaschen; eine Drei- strukturen als hinreichend groß anzusehen, um beide teilung läßt sich allenfalls am Innenrand ausmachen. Taxa derzeit auf Artrang voneinander abgrenzen zu kön- Etwas deutlicher dagegen zeigt sich die Dreiteilung beim nen. sumatranischen ♀ in der Abbildung von Nässig et al. Zu Vergleichszwecken wurden zusätzlich sundaländi- (1996). Die innere, weiße der drei bei sahi zu separie- sche Falter der Untergattung Antheraeopsis Wood-Ma- renden Linien der Submarginale ist zudem nur bei sahi © Entomologischer Verein Apollo e. V., Frankfurt am Main 38 39 Farbtafel: Falter des Subgenus Antheraeopsis. Abb. 1: A. (Ao.) sahi ♀, Palawan, CRBP. Abb. 2: PT ♀ von A. (Ao.) paniki, Negros, CRBP. Abb. 3: PT ♂ von A. (Ao.) sahi, Palawan, CRBP. Abb. 4: PT ♂ von A. (Ao.) paniki, Negros, CRBP. Abb. 5: A. (Ao.) youngi ♂, Borneo, CRBP. Abb. 6: A. (Ao.) brunnea ♂, Sumatra, CRBP. — Maßstab in cm mit mm-Unterteilung. Fotos Autor. im costalen Drittel gewellt. Dieses Merkmal weist kein weinroten Postdiskalbandes. Bei sahi liegt die Vfl.-Ocelle bekannter ♀ Falter der anderen verglichenen Taxa auf. relativ zentral in diesem ca. 6–8mm breiten Band, Deutlichstes Unterscheidungsmerkmal auf der Flügel- während bei allen mir vorliegenden ♀♀ von paniki die unterseite ist neben der bei sahi hier ebenfalls oran- Ocelle dieses Band an dessen proximalem Rand lediglich geroten Vfl.-Ocelle (bräunlich bei paniki) die Lage des berührt. © Entomologischer Verein Apollo e. V., Frankfurt am Main 38 39 GP-Tafel: Abb. 7: ♂-GP von A. (Ao.) sahi, Palawan, GU 208-2000 RBP. Abb. 8: ♂-GP von A. (Ao.) paniki, Negros, GU 207-2000 RBP. Abb. 9: ♂-GP von A. (Ao.) youngi, Borneo, GU 209-2000 RBP. Abb. 10: ♂-GP von A. (Ao.) brunnea, Sumatra, GU 210-2000 RBP. — Maßstab 1 mm. GP-Direktscans, Digi- talbearbeitung J.-P. Rudloff. Vergleich der ♂-Genitalapparate des Subgenus und sahi, unterscheiden sich von der borneensischen Antheraeopsis von Sundaland und den Philippinen youngi sowie der sumatranischen Population deutlich in der Form des Uncus sowie der sowohl ventralen als auch Verglichen werden die ♂-Genitalstrukturen von A. (Ao.) dorsalen Valvenfortsätze. Bei beiden sundaländischen paniki (Abb. 8, GU 207-2000 RBP [Negros], außerdem Populationen ist die Basis des Uncus rundlich, wobei untersucht GU 236-2000 RBP [Mindanao], GU 237-2000 bei dem Taxon von Sumatra als einzigem eine relativ RBP [Mindoro]), sahi von Palawan (Abb. 7, GU 208-2000 starke Taillierung in der Mitte des Uncus zu erkennen RBP, außerdem GU 238-2000 RBP), youngi von Borneo ist. Hier sind auch die beiden verhältnismäßig spitzen (Abb. 9, GU 209-2000 RBP) sowie dem Vertreter des Uncusenden weit auseinanderstehend, was die sumatra- Subgenus von Sumatra (Abb. 10, GU 210-2000, außer- nische Population mit paniki gemeinsam hat. Bei sahi dem GU 239-2000 RBP). Insgesamt fällt dabei der sehr sind diese beiden Uncusenden dichter zusammen und ähnliche Aufbau bei paniki und sahi auf, während die mehr abgerundet; deutlich runder allerdings noch bei sundaländischen, von Borneo und Sumatra stammen- youngi. den Tiere deutliche Unterschiede im Vergleich zu die- Abschließend muß allerdings angemerkt werden, daß sen beiden philippinischen Taxa, aber auch unterein- von den meisten hier verglichenen Taxa nur wenige ander aufweisen. A. (Ao.) sahi unterscheidet sich von Exemplare zu Vergleichszwecken zur Verfügung standen paniki neben der geringeren Größe des ♂-Genitalappa- (von Borneo beispielsweise nur ein Tier). Somit sind rates (GP) vor allem durch die Form des Uncus, der auch Bewertung und Wichtung dieser oben aufgeführ- schmaler, weniger eckig und in der Mitte tiefer geteilt ist, ten Unterschiede zur Zeit eher vorsichtig und kritisch zu sowie in der Form der dorsalen Valvenfortsätze, die bei betrachten. Bei zukünftigen Studien ist zudem zu beach- sahi schmaler und spitzer endend sind. Der in der Mitte ten, daß schon ein unterschiedliches Präparationsvorge- des GPs, im Juxtabereich, befindliche, stark sklerotisierte hen (zum Beispiel unterschiedliche „Kochzeiten“) zu ver- eckige Lappen (die Gnathos?) ist bei sahi weniger tail- schiedenen Resultaten führen kann (vergleiche hierzu liert, wirkt damit auch quadratischer. Beide Taxa, paniki auch U. Paukstadt et al. 1997: 276 f.). © Entomologischer Verein Apollo e. V., Frankfurt am Main 40 41 Diskussion vering [= Auslieferung] 2–3 — 3 December 1921“) der „Zoologische Mededeelingen“ des „Rijks Museum van Bereits mit ihrer Namenswahl („sahi“ bedeutet in der Natuurlijke Historie te Leiden“ (1921–1922) entnom- Sprache der philippinischen Insel Cebu „verschieden men werden kann. Während Nässig et al. (1996: 49) im vom Rest“; Nässig & Treadaway 1998: 294) sowie auch Text das Taxon brunnea van Eecke dem Jahr 1922 zuord- in der Diskussion der Urbeschreibung wiesen Nässig & nen, listen sie im Literaturverzeichnis (Seite 166) das Treadaway (1998: 294 f.) darauf hin, daß es sich beim Jahr 1920 auf. Auf letzteren „error in publication date“ Taxon sahi um eine eigenständige, separate Art handeln bezogen sich auch Paukstadt et al. (2000: 23), die ihrer- könnte: „that sahi may quite likely be another separate seits „brunnea van Eecke, 1922“ aufführen. species“. Da zum damaligen Zeitpunkt aber nur zwei ♂♂ (ein ♂ davon in sehr schlecht erhaltenem Zustand) den Autoren vorlagen (die Meldung der zwei Paratypen Literatur aus meiner Sammlung erfolgte kurz vor Drucklegung), Bouvier, E.L. (1930): Seconde contribution à la connaissance des wurde diese Art vorläufig als Unterart zu A. (Ao.) paniki Saturnioïdes du Hill Museum. — Bulletin of the Hill Museum eingeordnet. U. Paukstadt et al. (1999: 456; 2000: 23) 4: 1–116, Taf. I–XIII. sahen später die Unterordnung von sahi zu paniki als Holloway, J.D. (1987): The Moths of Borneo. Part 3: Lasiocampi- zweifelhaft an, vermuteteten dagegen eher eine Nähe zu dae, Eupterotidae, Bombycidae, Brahmaeidae, Saturniidae, A. (Ao.) youngi von Borneo. Sphingidae. — Kuala Lumpur (Southdene), 199 S., 163 Figs., 20 Taf. Die im Rahmen dieser Studie durchgeführten Untersu- Nässig, W. A., Lampe, R. E. J. & Kager, S. (1996): The Saturniidae chungen zeigten nun, daß sahi weder in Unterartrang of Sumatra (Lepidoptera). [Einschließlich Appendix I: The zu paniki noch zu youngi geführt werden sollte. Sowohl preimaginal instars of some Sumatran and South East Asian die Habitusmerkmale beider Geschlechter (Abb. 1–4) als species of Saturniidae, including general notes on the genus auch die ♂-Genitalstrukturen weisen A. (Ao.) sahi als Antheraea (Lepidoptera).] — Heterocera Sumatrana, Göttin- eigenständiges Taxon auf Morphospeziesniveau aus, stat. gen, 10: 3–170. nov. ———, & Treadaway, C.G. (1998): The Saturniidae (Lepidoptera) of Gleichzeitig wurden die Antheraeopsis-Populationen von the Philippines. — Nachrichten des Entomologischen Vereins Apollo, Frankfurt am Main, Suppl. 17: 223–424. Borneo und Sumatra untersucht und miteinander ver- glichen. Hierbei konnten deutliche Differenzen in der Paukstadt, U., Brosch U., & Paukstadt, L.H. (1999): Taxonomi- sche Anmerkungen zu Antheraea (Antheraeopsis) mezops ♂-Genitalmorphologie gefunden werden. Unter zusätzli- Bryk 1944, (stat. rev.) von Myanmar und Vietnam, sowie cher Berücksichtigung der habituellen Unterschiede (ins- die Beschreibung des unbekannten Weibchens (Lepidoptera: besondere Vfl.-Form, -Apex sowie Form und Färbung der Saturniidae). — Entomol. Z., Essen, 109 (11): 450–457. Vfl.-Ocelle; Abb. 5–6) sowohl der ♂♂ als auch der ♀♀ die- ———, ———, & ——— (2000): Preliminary checklist of the names of ser beiden Inselpopulationen sehe ich beide in Analogie the worldwide genus Antheraea Hübner, 1819 („1816“) (Lepi- zu paniki und sahi derzeit als zwei auf Artebene verschie- doptera: Saturniidae). Part I. — Galathea, Berichte des Krei- dene Taxa an. Daher sollte bis zum eventuellen Vorlie- ses Nürnberger Entomologen, Suppl. 9: 1–59. gen weiterführender Erkenntnisse für das Antheraeopsis- ———, Paukstadt, L.H., & Suhardjono, Y.R. (1997): Antheraea Taxon von Sumatra erneut der Name A. (Ao.) brunnea (Antheraea) ranakaensis n. sp. und Antheraea (Antheraea) van Eecke, 1921 (stat. rev. als Art) verwendet werden. kelimutuensis n. sp., zwei neue Saturniiden von der Insel Flo- Der Status der unter dem Namen rubiginea Toxopeus, res, Indonesien (Lepidoptera: Saturniidae). — Entomol. Z., 1940 beschriebenen Antheraeopsis-Population von Java Essen, 107 (7): 265–312. ist weiterhin unklar und bedarf der Überprüfung. Toxopeus, J. J. (1940): The muga silk moth in Java (Lep., Saturnii- dae). — Entomol. Meded. Ned.-Indië 6 (1): 14–15, pl. 2. Abschließend anzumerken und gleichzeitig hervorzuhe- van Eecke, R. (1921): Antheraea brunnea, nov. spec. — Zool. Meded. ben bleibt, daß (übereinstimmend mit Bouvier 1930, Mus. Leiden 6 (2/3): 99–100; Taf. 2, Fig. 3. aber im Gegensatz zu Nässig et al. 1996 sowie Pauk- stadt et al. 2000) das Publikationsdatum der Beschrei- Watson, J.H. (1915): Some new forms of Malayan Saturnidae [sic]. — Tijdschrift voor Entomologie 58: 279–280. bung des Taxons brunnea van Eecke wohl dem Jahr 1921 zuzurechnen ist, was aus dem Inhaltsverzeichnis („Afle- Eingang: 15. i. 2001, 2. iii. 2001 © Entomologischer Verein Apollo e. V., Frankfurt am Main, Mai 2001 ISSN 0723-9912 © Entomologischer Verein Apollo e. V., Frankfurt am Main