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Bergbauböden – Die anthropogenen Böden und Geotope im Umfeld der „Eisernen Hand" im Naturraum Schelder Wald (Hessen) PDF

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by  WeberCollin
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Jb. nass. Ver. Naturkde. 139 S. 75­93 11 Abb. Wiesbaden 2018 Bergbauböden – Die anthropogenen Böden und Geotope im Umfeld der „Eisernen Hand“ im Naturraum Schelder Wald (Hessen) Collin Weber, Alexander Santowski & Christian Opp Schelder Wald, Bergbau, anthropogene Böden, Anthropomorphologie Kurzfassung: Der Einfluss des Bergbaus auf Böden und Landschaft sowie deren Be­ deu tung und Archivfunktion werden für die Bergbaufolgelandschaft Schelder Wald (Lahn­ Dill­Kreis, Hessen) vorgestellt. Neben grundlegenden Informationen zur Geologie und zum Na tur raum wird die lokale Bergbaugeschichte an verschiedenen Beispielen aufgezeigt. Das Haupt augenmerk liegt auf der Vorstellung anthropogener Bergbauböden, anthropogener Re lief­ veränderungen und dem Einfluss des Bergbaus auf natürliche Böden. Dabei wird über die reg io­ nalen Besonderheiten anthropogener Böden, kultur­ und wirtschaftshistorische Aspekte so wie die Funktion von anthropogen geschaffenen Geotopen und deren Schutz informiert. Mining soils – The anthropogenic soils and geotopes around the “Iron Hand” in the natural area of Schelder Wald (Hesse) Schelder Wald, mining, anthropogenic soils, anthropomorphology Abstract: The influence of mining on soils and landscape, as well as its significance and ar chival function, is presented for the post­mining landscape Schelder Wald (Lahn­Dill dis trict, Hesse). In addition to basic information on geology and nature, the local mining history is illus­ trated with various examples. The focus, however, is on the idea of anthro po genic min ing soils, anthropogenic changes in relief and the influence of mining on natural soils. Informations about the regional characteristics of anthropogenic soils, cultural and eco nomic aspects, as well as the function of anthropogenic geotopes and their protection are given. Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung ................................................................................................. 76 2 Geologischer Bau und naturräumliche Gliederung ............................ 78 3 Montangeschichte .................................................................................... 79 3.1 Montangeschichte der Eisernen Hand und des Auguststollens ........ 80 4 Anthropogene Böden und Reliefveränderungen ................................ 82 4.1 Großräumige Reliefveränderungen ...................................................... 83 4.2 Haldenböden ............................................................................................ 84 4.3 Absatzbeckensedimente ............................................................................ 86 5 Bergbaueinflüsse auf natürliche Böden ................................................ 88 5.1 Auensedimente ........................................................................................ 89 6 Anmerkungen über den Schutz einer Bergbaufolgelandschaft ......... 90 75 Collin Weber, Alexander Santowski & Christian Opp 7 Danksagung .............................................................................................. 91 8 Literatur .................................................................................................... 91 1 Einleitung Böden haben durch ihre vielseitigen natürlichen Funktionen eine enorme Be­ deutung für den Menschen, seine Landnutzung sowie die Umwelt. Daneben sind Böden als Archiv der Natur­ und Kulturgeschichte von großer Bedeutung. Der anthropogene Einfluss auf das Schutzgut Boden, durch die verschiedensten Nut­ zungsarten, hat in der Vergangenheit stetig zugenommen. In den ehe ma ligen be­ deutenden Bergbaurevieren Deutschlands war es vor allem die Montan wirtschaft, welche über Jahrhunderte einen starken Einfluss auf die Entwick lung, das Beste­ hen und auch die Gefährdung der Böden, wie beispielsweise durch Schwermetal­ le, genommen hat. Das hessische Lahn­Dill­Gebiet und insbesondere der Schelder Wald, ein westlicher Ausläufer des Gladenbacher Berglandes, sind bekannt für eine Jahr­ hun derte andauernde Bergbaugeschichte von überregionaler Bedeutung. Bereits seit der La­Tène­Zeit lässt sich die oberflächennahe Gewinnung und die Ver hüt­ tung von Eisenerz im Umfeld des Schelder Waldes nachweisen (Jockenhövel & Willms 1993). Die sog. „Eiserne Hand“, ein Eisenerz­La gerzug östlich der Ort­ schaft Dillenburg­Oberscheld, stand vor allem im 19. und 20. Jh. im Fokus des lo­ kalen Eisenerzabbaus (Abb. 1). Erwähnung findet dieses Abbaugebiet bereits 1789 in der von Johann Philipp Becher verfassten „Mine ra lo gischen Beschreibung der Oranien­Nassauischen Lande nebst seiner Ges chichte des Siegenschen Hütten­ und Hammerwesens“. Der aktive Abbau von Eisenerz endete in diesem Gebiet erst zwischen 1959 und 1975, wobei in den Folgejahren noch weiterhin Fremd erze aufbereitet wurden (Georg et al. 1985; Stoppel 1988). Heute findet sich in dieser Region, wie auch in anderen Teilen Hessens, eine Vielzahl von montanhistorischen Hinterlassenschaften. Neben markanten Zeug­ nis sen, wie Stollen por talen oder Besucherbergwerken, hat der Bergbau jedoch auch Landschaft, Relief und Böden vielseitig geprägt und teilweise verändert. Dabei enstanden, neben potenziellen sog. Geotopen, auch neue an thro pogene Bö den, welche heute die montanhistorische Kulturlandschaft prä gen. In den fol­ genden Kapiteln sollen dazu, neben Hintergründen zur Geologie und Montange­ schich te, lokale Beispiele für anthropogene Böden und den Einfluss des Bergbaus auf natürliche Böden aufgezeigt werden. 76 Bergbauböden – Die anthropogenen Böden und Geotope im Naturraum Schelder Wald (Hessen) Abbildung 1: Übersichtskarte südwestlicher Schelder Wald; Kartengrundlage: DTK25 (HVBG 2018) & OpenstreetMap (OpenStreetMap 2018); Kartographie: A. Santowski. Figure 1: General map of southwestern Schelder Wald; basis: DTK25 (HVBG 2018) & Open­ streetMap (OpenStreetMap 2018); cartography: A. Santowski. 77 Collin Weber, Alexander Santowski & Christian Opp 2 Geologischer Bau und naturräumliche Gliederung Der Sche lder Wald befindet sich im Südosten des Rheinischen Schiefergebirges und ist du rch paläozoische Gesteine geprägt, welche nur lokal von quartären Abla­ ge run gen überdeckt sind (Lippert & Nesbor 1997). Geprägt wird die Um gebung des Schel der Waldes durch NE­SW verlaufende und zumeist bewaldete Berg­ rücken. D ie Taleinschnitte der Schelde und Tringensteiner­Schelde entwäs sern das Gebie t nach Südwesten in die Dill. Stratigraphisch kommen hier Ges teine des Unterdev ons bis Unterkarbons (ca. 410 – 320 Mio. Jahre vor heute) vor, welche aus sub marinen Vulkankomplexen im Rhenoherzynischen Becken und insbesondere in der La hn­Dill­M ulde ge bildet wurden (Nesbor et al. 1993). Nach Bender et al. (1997) treten Metavulkaniklastite, Tonschiefer und Kalkstein der Dillenburg­ F ormatio n (Oberdevon, Adorf­Stufe) sowie Alkalibasaltische Me ta vulka ni klas­ tite, vorwiegend Schalstein und Diabase (Mitteldevon, Givet­Stuf e), auf. In der S pätphase des devonischen Vulkanismus entstanden die se di mentär­exhalativen Eisenerzlagerstätten des Lahn­Dill­Typus durch hydro ther male Mobilisierung a us unter gelagerten Vulkanitabfolgen. Diese werden durch ihre stratigraphische Stellung an der Grenze von Mittel­ zu Oberdevon als Rot ei sen stein­Grenzlager ( Abb. 2) der Givet­Adorf­Phase bezeichnet (Lippert & Nes bor 1997). Die für den Bergbau bedeutenden Eisenerzlagerstätten liegen als maximal 20 m mächtige G änge vo r, welche in einer Hochscholle der Eiser nen Hand zu Tage treten und mit Metavulkaniklastiten wie auch Tonschiefern ver schuppt sind (Lippert & Nesbor 1 997). Abbildung 2: (l.) Roteisenstein (Hämatit) mit Quarz (Devon, Grenzlager­Givet­Adorf­Stufe), A braumha lde Rembachtal; (r.) Pillowlava­Diabas (Devon, Dillenburger Schichten der Adorf­ Stufe), Handstein Tagebau; Foto: Collin Weber. F igure 2: (l. ) Red iron stone (hematite) with quartz (Devonian, border layer Givetium/Adorfium), mining dump Rembachtal; (r.) Pillowlava­Diabas (Devonian, Dillenburger layers of the Ador­ fium), Handstein open­cast mine; photo: Collin Weber. Die Böden im Bereich der Höhenrücken und Hanglagen des Schelder Waldes setzen sich aus pleistozänen Deckschichten (periglazialen Hangsedimenten), teil­ weise mit Einlagerungen von Löss oder allerödzeitlicher Bimsasche infolge der 78 Bergbauböden – Die anthropogenen Böden und Geotope im Naturraum Schelder Wald (Hessen) spätpleistozänen Eruption des Laacher See­Vulkans, zusammen. Zumeist haben sich flachgründige Ranker, Braunerden oder Lockerbraunerden und Pseud ogley­ Braunerden entwickelt. In Bereichen mit Grundwasseraustritten an Hanglagen entstehen Hang­ oder Quellgleye. In den Talbereichen kommen An moorgleye, Gleye und Auengleye vor (Henrich et al. 2017; Reichmann 1997). Außerhalb der Ortslagen werden die Talbereiche des Schelder Waldes durch Auewiesen mit bachbegleitenden Hainmieren­Schwarzerlen­Beständen sowie teilweise durch Feuchtwiesen geprägt. Die Bereiche der Höhenlagen und Berg­ rücken sind vielfach durch Waldmeister­ und Hainsimsen­Buchenwälder, aber auch durch Magerrasen, Halbtrockenwiesen oder kleinere Eibenbestände ge­ kenn zeichnet (Henrich et al. 2017). Ein erheblicher Anteil (3.789 ha) des Ge­ bietes ist in das FFH­Gebiet „Schelder Wald“ integriert. 3 Montangeschichte Regionale Zentren der La­Tène­Kultur, wie die spätlatènezeitliche Wallanlage Heunstein bei Dillenburg oder die befestigte Siedlung „Burg“ bei Dietzhölztal­Rit­ tershausen, stehen in direkter Verbindung zu Eisengewinnung­ und Verarb ei tung. An vielen eisenzeitlichen wie auch mittelalterlichen Verhüttungs plät zen zählt der sog. „Roteisenstein“ aus dem Schelder Wald zu den Stan dard funden. Zu dieser Zeit erfolgte der Abbau oberflächennaher Eisenerzl a ger stätten in pin gen artigen Gruben (Jockenhövel & Willms 1993). Der Unter ta gebau im Um feld des Dill­ Gebietes begann spätestens 1212 n. Chr. im Sieger land (Jo cken hövel 1995). Ebenfalls seit dem 12. bis 13. Jh. lässt sich der Bergbau im Gebiet des Schelder Waldes durch Verhüttungsplätze und Urkun den eindeutig nachweisen (Stoppel 1988). Nachdem im Jahr 1771 ca. 66 Zechen im Fürsten tum Dil len burg be stan­ den, konzentrierte sich der Abbau ab ca. 1850 auf größere und leistungsfähigere Bergwerke, da die oberflächennahen Erzvorkomm en zu Neige gingen (Stoppel 1988). Bekanntes Beispiel ist die 1819 gegründete Grube Kö nigs zug, welche sich zeitweise zur größten Eisenerzgrube Hessens entwi ckel te (Abb. 3 links). Der Bau eines Hoch ofen werkes in Ober scheld (Abb. 3 rechts) durch den Hessen­Nas sau­ ischen Hüttenverein im Jahr 1903 begünstigte die Förderung, welche 1913 mit 1,5 Mio. Tonnen ihren Höchststand erreichte (Ferger 2018). Nach verschie de nen För derungs­ und Ab satzschwierigkeiten zwischen 1914 und 1945, vor nehm lich bedingt durch die beiden Weltkriege, konnte in den 1950er­ und 1960er­Jahren ein erneuter Auf schwung und die Errichtung eines neuen Berg werkes (Grube Falkenstein) er reicht werden. Nach der Schließung des Hoch ofen werkes im Jahr 1968 wurden bis 1975 alle Gruben­ und verarbei ten den Anlagen geschlossen. Absatz schwie rig keiten, bedingt durch den zuneh men den Import ausländischer Erze sowie die Konkurrenz zu den Stahlwerken des Ruhr gebietes, waren Ursache für die Schlie ßung der Betriebe (Ferger 2018; Stoppel 1988). Dennoch hat das 79 Collin Weber, Alexander Santowski & Christian Opp ehemalige Ei sen hüttengewerbe die Lahn­Dill­Region bis heute nach hal tig geprägt un d zu ei nem bedeutenden und innovativen Indus trie standort in Deutschland gemacht (Ferger 2018). Abbildung 3: (l.) Grube Königszug im Schelde Tal 1959 (Georg et al. 1985); (r.) Hoch ofen werk Oberscheld in den 1950er Jahren (Ferger 2018). Figure 3: (l.) Königszug mine in the Schelde valley 1959 (Georg et al. 1985); (r.) Furnace fac tory Oberscheld in the 1950s (Ferger 2018). 3.1 Montangeschichte der Eisernen Hand und des Auguststollens Der Lagerzug der Eisernen Hand nimmt aus montanhistorischer Sicht wie auch aus der Sicht der bodenkundlichen Forschung und Bergbaufolgenforschung eine besondere Rolle ein. Zum einen lässt sich die Entwicklung des Bergbaus in diesem Teilgebiet des Schelder Waldes durch historische Dokumente und Pläne sehr gut nachvollziehen. Neben anderen Standorten im Schelder Wald tritt außerdem eine Vielzahl anthropogener Böden in einem kleinräumigen Gebiet auf. Nach Georg et al. (1985) bestanden in diesem Gebiet ursprünglich 32 Gru ben felder mit viel­ fältigen Besitzverhältnissen, in denen sowohl im Über­ als auch im Untertagebau Eisenerz gefördert wurde. Durch die 1820 gegründete Stollengewerkschaft „Au­ guststollen“ entstand in den folgenden Jahren ein Komplex aus Tagebau, Tiefbau, Fördereinrichtungen und Aufb e rei tungs anlagen (Abb. 4), welche 1889 durch ei­ nen Stichbahnabschnitt an die Schelde tal bahn angeschlossen wurden. Der Au­ guststollen wie auch der Burgerstollen dien ten zur Erzabförderung aus verschie­ denen Gruben und Tagebauen im gesamten Bereich der Eisernen Hand. Im Jahr 1892 wurde eine zentrale Aufbereitungs an lage im Klingelbachtal, einem östlichen Zufluss der Tringensteiner­Schelde, er rich tet. Im Jahr 1912 erwarb die Firma Grün, später bekannt unter dem Namen „Bur­ ger Eisenwerke“, den Großteil der 32 Grubenfelder. Unter dem Namen „Au gust­ stol len“ wurde ab 1936, nach der Verpachtung der Betriebe an die Fir ma Bude­ rus (Wetzlar), der gesamte Bergbau der östlichen Eisernen Hand wei ter geführt (Georg et al. 1985). Eine Besonderheit bildete ab dem Jahr 1905 die Produktion 80 Bergbauböden – Die anthropogenen Böden und Geotope im Naturraum Schelder Wald (Hessen) von Temp ererz, welche ebenfalls an der Grube Nikolausstollen und der Zen tral­ aufbereitu ngsanlage Herrnberg im Scheldetal durchgeführt wurde (Schu bert et al. 193 8). Tempererz ist ein sauerstoffreiches Eisenerz, welches sich nicht zur Erzeugun g von Eisen oder Stahl eignet. Als Zuschlagsstoff und Sau erstoff räger wurde die ses Material im Tempergussverfahren verwendet (Ge org et al. 1985). In der Aufbe reitungsanlage „Auguststollen“ wurden ebenfalls Erze an de rer Gruben des Schel der Waldes zu Tempererz aufbereitet. Der Tem per erz be darf der Bun­ desrepub lik in den Jahren nach 1945 in Höhe von 2000 t/a wurde durch die Pro­ duktion d ieser Anlage (1200 t/a) und der Grube Weilburg­Wald hau sen (800 t/a), welche ebenfalls Erze der Grube Fortuna bei Solms­Ober biel aufb ereitete, gedeckt (Bergamt Dillenbu rg 1953) . Abbildung 4: (l.) Bergwerksanlagen am Auguststollen bei Oberscheld ca. 1905; (r.) Tagebau Eiserne Hand 1959 (Georg et al. 1985). Figure 4: (l .) Mining facilities at the Auguststollen near Oberscheld ca. 1905; (r.) open­cast mine Eiserne Hand 1959 (Georg et al. 1985). Heute finden sich auf dem Gebiet der Eisernen Hand neben einer Vielzahl von Pingen­ und Haldenstrukturen die gut erhaltenen Stollenportale des Be su cher­ bergwerk es Ypsilanta (Bergbau­und Feldbahnverein Schelderwald e.V.) wie auch des Burger­, Handstein­ oder Amalienstollens, welche als Winterquartiere für Fle­ dermäuse von Bedeutung sind. Von den ehemaligen Tagebauanlagen ist heute mit dem südlichen Handstein­Tagebau, in welchem sich mehrere Stollen befinden, sowohl ei n wichtiges Quartier für Fledermäuse als auch ein an thro pogen geschaf­ fenes Geotop erhalten. Wichtige Fledermaus­Arten, welche die Quar tiere nutzen, sind Bech steinfledermaus (Myotis bechsteinii), Großes Maus ohr (Myotis myotis) und Mopsfledermaus (Barbarstella barbastellus) (Regie rungs präsidium Gießen 2012). Di e ehemaligen und zusammenhängenden nörd li chen Tagebaue der Fried­ richsgrube, Bettazeche, Anna und Steinberg wurden ab 1972 als Kreisabfalldepo­ nie des Lahn­Dill­Kreises genutzt und verfüllt (Ge org et al. 1985). 81 Collin Weber, Alexander Santowski & Christian Opp Abbildung 5: Karte der Pachtflächen auf der Eisernen Hand mit obertägigen Bergwerks an la gen 1923 (Hessisches Hauptstaatsarchiv 3011/1­6715Vl, Wiesbaden). Figure 5: Map of the leased areas on the “Eiserne Hand” with 1923 aboveground mining fac i lities (Hessisches Hauptstaatsarchiv 3011/1­6715Vl, Wiesbaden). Von den zahlreichen übertägigen Betriebsanlagen, wie sie beispielsweise auf einer Karte der Pachtflächen (Oberförsterei Dillenburg) von 1923 verzeichnet sind (Abb. 5), finden sich heute lediglich einige Überreste von Fundamenten oder Stütz mauern. Große Teile der Haldenbereiche wurden nach der Berg bauphase auf ge forstet. Wenige Halden bilden heute Freiflächen. 4 Anthropogene Böden und Reliefveränderungen Der Schelder Wald wurde durch die Jahrhunderte andauernde montane Nutz ung sowohl kulturell als auch wirtschaftlich stark geprägt. Viele der kulturellen und wirtschaftlichen Einflüsse des Bergbaus spiegeln sich in der wirtschaftlichen Ent­ wicklung des Dill­Gebietes, aber auch im kulturellen Bewusstsein wider. Die Ein­ flüsse des Bergbaus auf Natur und Landschaft sind jedoch vielfach in Vergessen­ heit geraten. Wie eingangs erwähnt, werden oftmals nur gut erhal te nen Bauwerke, Orts­ und Flurbezeichnungen oder kulturelles Erbe mit dem ehemaligen Berg­ bau in Verbindung gebracht. Das gesamte Gebiet des Schelder Waldes, vor allem 82 Bergbauböden – Die anthropogenen Böden und Geotope im Naturraum Schelder Wald (Hessen) sein Relie f und seine Böden, wurden durch die montan his torische Vergangenheit deutlich v erändert und überprägt. Der Bergbau hat hier, wie auch in anderen ehe­ maligen B ergbaugebieten, „Boden geschaffen“. Durch die verbreitete Bewaldung der ehem aligen montanen Nutzflächen wird dies dem Betrachter jedoch zumeist erst auf d en zweiten Blick deutlich, obwohl es sich um Elemente handelt, die das Landscha ftsbild prägen. Im Folgenden sollen daher einige ausgewählte anthropo­ gene Böd en und Reliefveränderungen vor ge stellt wer den, welche in den vergan­ genen zw ei Jahren durch Forschungsprojekte der Philipps­Universität Marburg aufgenom men wurden (vgl. Weber & Opp 2017, 2018). 4.1 G roßräum ige Rel iefveränderungen Ein proba tes Mittel zu Betrachtung von Relief und Oberflächenform eines Gebie­ tes stellen die Digitalen Geländemodelle (DGM) auf der Basis von LiDAR­Daten dar. Betra ch tet man in einem DGM, mit der Auflösung 0,5 m, einen Teilausschnitt des Schelder Waldes (Abb. 6), werden die anthropogenen Reliefveränderungen vor allem im Süd osten und Nordwesten schnell deutlich. Neben planierten oder abgetragenen Hang bereichen treten im gesamten Bereich nordwestlich des Schel­ Abbildung 6: Digitales Geländemodell 0,5m (r.) Eiserne Hand mit Handsteintagebau, viel fäl­ tigen Haldenstrukturen, ehemaliger Deponie (NE) und Absetzbecken Klingelbachtal (NW); (l.) Schelde Tal nördlich der Ortschaft Oberscheld mit Pingen und Haldenstrukturen. Kar ten­ grund lage: Hessische Verwaltung für Bodenmanagement und Geoinformation 2017; Karto­ graphie: Collin Weber. Figure 6: Digital surface model 0.5m (r.) Eiserne Hand with Handstein open­cast mine, va rious heap structures, former landfill (NE) and settling basins Klingelbachtal (NW); (l.) Scheld e valley north of Oberscheld with pingen and heap structures. Map basis: Hessian Soil Ma nagement and Geoinformation Administration 2017; cartography: Collin Weber. 83 Collin Weber, Alexander Santowski & Christian Opp detals ver schie dene Pingenzüge und Hald enbereiche auf (Abb. 6 rechts). Mit Aus nahme der mit telalterlichen oder früheren Pingenzüge wurden durch die Gr uben be triebe Beilstein, Königszug, Stillingseisenzug, Friedrichszug, Neue Lust und Amalie große Haldenbereiche aufgeschüttet oder, durch die Anlage von Ta­ ge bauen, tiefe Einschnitte in na tür lichen Hanglagen geschaffen. Im südöstlichen Umfeld d er Eisernen Hand finden sich in den Tallagen große Haupthalden der Gruben P rinzkessel, Handstein und Auguststollen (Abb. 6 links). Auf dem Hö­ hen zug d er Eisernen Hand fallen, ne ben diversen, teilweise terrassierten Halden, die erhalt enen Tagebaue der Grube Handstein und weiter im Nordo sten die ehe­ malige D eponie Schelder Wald auf. Vor allem die erhaltenen Tagebau be rei che bil­ den heu te wichtige Geotope in diesem Gebiet und sind in das FFH­Gebiet „Schel­ der Wald “ integriert. 4.2 Haldenböden Anthropogene Haldenböden haben sich im Gebiet des Schelder Waldes auf al­ len ehem aligen Haldenstandorten entwickelt. Nur wenige Bereiche zeigen rei­ ne Block­ oder Schutthalden ohne Bodenauflage (Abb. 7). Zumeist haben sich gering mä ch tige Ranker aus anthropogen umgelagerten Ausgangssubtraten ge­ bildet. Der Aufb au dieser Ranker besteht zumeist aus einem 1 bis 2 cm mäch­ tigen Aufl a ge ho rizont (L), einem 2 bis 8 cm mächtigen Ah­Horizont (humoser Oberbo den ho rizont) und einem grabbaren 10 bis maximal 40 cm mächtigen jCv­Hori zont (verwitterter mineralischer Unterbodenhorizont aus anthropogen umgelagerten Natursubstrat, Gestein) aus anthropogen umgela ger ten natürlichen Ausgangs substrat mit hohen (50­75%) oder ausschließlichen Grobbodenanteilen (>75%). Darüber hinaus treten vereinzelt Syrosem­Ranker mit einem Ai­Hori­ zont (ini t ia ler A­Horizont) auf (Abb. 8). Eine Ausnahme bilden hierbei zum einen Haldenböden, die einen umgelagerten (j)Bv­ oder (j)Bv­Ah­Horizont (durch Ver­ witterung ver braunt oder verlehmter Horizont) mit einer Mächtigkeit zwischen 5 und 30 cm aufweisen, welcher ebenfalls hohe Grobbodenanteile zeigt. Vor allem an ter ras sierten Haldenbereichen wurden die Grobgesteinshalden mit lokalem Braun erdematerial anthropogen überdeckt. Diese Böden weisen deutliche Braun­ er de merkmale auf, zeigen jedoch auch einen unsortierten Grobboden an teil und un scharfe Horizontabgrenzungen. Zum anderen bilden sich auf älteren Halden­ stand orten durch beginnende Verwitterung des Gesteinshaldenkörpers (jCv) ge­ ring mächtige Bv­ijCv­ und Bv­Ah­Horizonte heraus, an denen die Entwicklung der Böden vom Ranker hin zum Braunerde­Ranker zu beobachten ist. Die Hu­ mus gehalte liegen im Oberboden zwischen 10 und 15 % (LOI – Loss on igni ti on) und gehen im Unterboden auf Werte zwischen 1 und 5 % zurück. Ver gleich bar mit den natürlichen Rankern und Braunerden des Schelder Wal des zeigen alle Halden böden schwach bis stark saure pH­Werte. 84

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