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Beobachtungen zur Biologie und Ökologie yon Danaus chrysippus L. in der Südtürkei PDF

8 Pages·1992·1.5 MB·German
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©Entomologischer Verein Apollo e.V. Frankfurt am Main; download unter www.zobodat.at tfachr. entomol. Ver. Apollo, Frankfurt/Main, N.F. 13 (3a): 343-350 343 Mai 1993 - ISSN 0723-9912 Sonderheft/Special Issue in memoriam Werner Thomas Beobachtungen zur Biologie und Ökologie yon Danaus chrysippus L. in der Südtürkei (Lepidoptera: Nymphalidae, Danainae) von Klaus G. Schurian, Haimo Grandisch und Hans-Georg Mark Zusammenfassung: 1991 wurden von uns in der Umgebung der südtürkischen Stadt Side (Provinz Antalya) gehäuft Falter, Eier und Raupen von Danaus chrysippus L. festgestellt, und im Septem- ber/Oktober wurde ein massenhaftes Vorkommen der Art in meh­ reren südtürkischen Provinzen gemeldet. Die Eiablage beobachte­ ten wir sowohl an Asclepias curassavica L. als auch an einer un­ bestätigten Convolvulus-Art. Die Zucht konnte teilweise mit Kunst­ futter erfolgreich durchgeführt werden. Observations on the biology and ecology of Danaus chrysippus in South Turkey (Lepidoptera: Nymphalidae, Danainae) Abstract: In South Europe, Danaus chrysippus L. expanded during the last decades to the North. For instance in Spain, the species is a resident since more than 10 years. Also in the eastern Me­ diterranean (in Greece and the former Jugoslavia) records of the Plain Tiger increased, but only one recent record for the Turkish fauna is published (Hasselbach 1986). In 1991 we found imagines, eggs and caterpillars of the butterfly in the vicinity of the South Turkish town Side (Province Antalya), and VAN Oorschot (pers. comm.) noted D. chrysippus in great numbers in several South Turkish provinces in September and October 1991. We observed oviposition on Asclepias curassavica L. as well as on an uniden­ tified, unreconfirmed Convolvulus(?) spec. The rearing in Germany of the caterpillars was also partially successful on a semiartifical diet with only 10 % of the main foodplant mixed into it. Einleitung Wir widmen diesen Aufsatz unserem verstorbenen Kollegen Werner THOMAS, der selbst über viele Jahre hinweg in der Türkei entomolo- gisch aktiv war. Eingang: 29. v. 1992 ©Entomologischer Verein Apollo e.V. Frankfurt am Main; download unter www.zobodat.at 344 Der Altweltmonarchfalter Danaus chrysippus L. gehört zu den auffäl­ ligen Tagfaltern, die aufgrund ihrer Färbung und Größe, aber auch wegen ihres gemächlichen Flatterfluges an den Stellen ihres Vorkom­ mens kaum übersehen werden können (Abb. l). Der Falter tritt jedoch offenbar auch in den wärmsten Gebieten der Mediterraneis keineswegs permanent auf, sondern wandert in klimatisch für ihn günstigen Jahren über große Strecken und dehnt dabei sein Areal weit nach Norden aus. Voraussetzung für einen Fortbestand solcher am Rande des Ver­ breitungsgebietes auftretenden Populationen sind neben günstigen kli­ matischen Bedingungen aber vor allem das Vorkommen seiner sekun­ dären larvalen Futterpflanze Asclepias curassavica L., einer aus Mittel­ amerika stammenden Art der Seidenpflanzengewächse. Der Altweltmonarch ist in den letzten Jahren vor allem in Spanien gehäuft aufgetreten (Dominguez 1982, DEL PlNO & Lampreave 1984, dort auch weitere Literatur zum Auftreten der Art auf der Iberischen Halbinsel) und hat sein Verbreitungsgebiet hier offenbar immer weiter nach Norden verlagert (del Pino & Lampreave 1984). Auch im östli­ chen Mittelmeerraum wurde der Falter vermehrt festgestellt, und Owen (1991, siehe auch Mauersberger 1991 sowie Samraoui & Ben- yacoub 1991 für Nordafrika) berichtet von auffälligen Funden auf Kor­ fu. Er vermutet, daß es sich bei diesen Tieren eventuell um herbstliche Rückwanderer gehandelt haben könnte (Owen 1991). Für Owen (1991) ist eine dauernde Präsenz von D. chrysippus im Sü­ den Europas aus drei Gründen wahrscheinlich: 1) Die Futterpflanze Asclepias curassavica wird mittlerweile an vie­ len Orten in Parks, Gärten und öffentlichen Anlagen angepflanzt und verwildert leicht. 2) Danaus chrysippus migriert, und obwohl er kaum in Europa dauernd den Winter überstehen kann, könnte eine reguläre Zuwanderung aus dem nordafrikanischen Raum angenommen werden. 3) Die außerordentlich schnelle Vermehrung (OWEN 1991 geht von einer potentiellen Generationenzahl von 12 pro Jahr aus). Demgegenüber bemerkt Larsen (1975), daß sogar im Libanon keine dauernde Präsenz der Art gegeben sei, da in manchen Jahren die Win­ tertemperaturen einen Fortbestand unmöglich machten. Ergebnisse Eigene Beobachtungen im Jahre 1991 in der Südtürkei (Provinz Antalya, vic. Side) bestätigen und ergänzen die Angaben aus der Literatur in einer Reihe von Punkten. ©Entomologischer Verein Apollo e.V. Frankfurt am Main; download unter www.zobodat.at 345 Abb. 1 (oben): Danaus chrysippus L. Abb. 2 (unten): Ascjepias curassavica L. mit einer Raupe in einer Hotelanlage. 7 km westlich der sUdtUrkischen Stadt Side. ©Entomologischer Verein Apollo e.V. Frankfurt am Main; download unter www.zobodat.at 346 Obwohl die Südtürkei als entomologisch relativ gut durchforscht ange­ sehen werden kann, liegen für Danaus chrysippus nur spärliche Mel­ dungen vor (Hasselbach 1986). In der Tat ist auffällig, daß es zwar viele alte Meldungen in der Literatur gibt (Kansu 1961, DE Lattin 1944, Holtz 1897, Zeller 1847), neuere Angaben, bis auf die Meldung von Hasselbach (1986), jedoch fehlen. Im Herbst 1991 hatten Schurian und Grandisch Gelegenheit, in der Umgebung des Ortes Side (Provinz Antalya) das Verhalten des Alt­ weltmonarchen im Freiland zu untersuchen und einige Daten zur Öko­ logie dieser Art in Erfahrung zu bringen. Da auch für dieses Gebiet „biologische Angaben bisher fehlen“ (Wagener, pers. Mitteilung), wol­ len wir ebenfalls über unsere Beobachtungen bei der Zucht berichten. Die Art wurde erstmals am 9. Oktober direkt an der Meeresküste be­ merkt, wo ein Falter über vegetationslosem Gelände sofort auffiel. Das Tier wendete unmittelbar am Küstensaum wieder um und flog zu einer nahegelegenen Hotelanlage. Dieses Verhalten wurde in den fol­ genden Tagen noch des öfteren beobachtet, wobei nicht ganz ersicht­ lich war, was die Falter zum Meer trieb (potentielle Südwanderer?). Eine gezielte Nachsuche in den Hotelgärten erbrachte den Nachweis weiterer Tiere in einem Gebiet von zirka 10 km östlich und westlich des Ortes Side. Hier fiel dann auch die Futterpflanze Asclepias curas- savica (Asclepiaceae) auf, die vielfach in den Gärten wuchs (siehe Abb. 2). Die Eiablage erfolgte (siehe unten) entweder an die kleinen Knospen der Blüten an prallsonnigem Standort, die Falter suchten jedoch auch gezielt am Boden nach den jungen Pflänzchen (die Eier wurden hier an der Blattunterseite angeheftet) von Asclepias, auch wenn diese teil­ weise durch größere Gewächse beschattet waren. Raupen wurden in allen Stadien festgestellt. Sie fraßen bevorzugt die jungen Triebe und Blütenknospen, verschmähten aber auch die Blätter nicht, so daß manche Pflanzen völlig abgefressen wurden. Als „Nah­ rungskonkurrent“ trat eine gelbe Blattlaus auf, deren Ausscheidungen die Blätter mit einem glänzenden Überzug versah; an diesen Pflanzen fanden sich keine Altweltmonarch-Raupen. Es fiel uns auf, daß die Raupen des öfteren die Blattstiele annagten, so daß die Blätter zu welken begannen (Abb. 3), doch wurden auch diese Blätter dann ge­ fressen. Ob die Tiere hierbei vielleicht vermehrt toxische Inhaltstoffe aufnehmen, konnte nicht ermittelt werden. Bei Exkursionen entlang der Küste westlich Side wurde der Falter jedoch auch an gänzlich anderen Standorten festgestellt. Die Tiere ©Entomologischer Verein Apollo e.V. Frankfurt am Main; download unter www.zobodat.at 347 Abb. 3 (oben): Raupe von Danaus chrysippus auf Asclepias curassavica (Zucht­ foto). Abb. 4 (unten): Eiablage von Danaus chrysippus an einer Convoivulusi?)- Art (Freilandaufnahme). ©Entomologischer Verein Apollo e.V. Frankfurt am Main; download unter www.zobodat.at 348 flogen weniger im unmittelbaren Küstenbereich, sondern in der mit Schilf und Goldrute (Solidago spec.) bewachsenen Uferzone aus dem Gebirge kommender Bäche. Die Goldrute diente hier offenbar als al­ leinige Saugpflanze der Imagines. Völlig unerwartet wurde von H. GRANDISCH in diesem Gelände auch die Eiablage an einer „Convolvulus spec.“ (pers. Mitteil, von H. VAN Oorschot an den Erstautor; mangels Blüten konnte diese Pflanze leider noch nicht sicher bestimmt werden. Eine sichere Bestätigung dieser eher unwahrscheinlich klingenden Beobachtung wäre sehr wich­ tig!) beobachtet. Diese Feststellung, wenn sie sich bestätigen würde, ist insofern äußerst ungewöhnlich, da sich der Altweltmonarch damit eine gänzlich neue Nahrungsnische (Familie Convolvulaceae zusätzlich zu den Asclepiadaceae!) für die Larven erschlossen hätte. Außerdem hat sich auch das Eiablageverhalten der Weibchen geändert: die Tiere müssen, um an diese als Art noch unbestimmte Pflanze zu gelangen, sich regelrecht in die Vegetation „fallenlassen“ und dann zu der meist nur zirka 10 bis 20 cm über dem Boden wachsenden Pflanze kriechen, um die Eier an der Unterseite der Blätter anzuheften (Abb. 4). Bei einer gezielten Nachsuche fanden wir mehrere Eier und kleine Räup- chen an dieser Pflanze. Von H. VAN OORSCHOT wurden identische Fest­ stellungen für mehrere südtürkische Provinzen (pers. Mitteil, an Schu- rian) gemacht. Ein gekäfigtes Weibchen legte eine größere Anzahl Eier, die nach Deutschland mitgenommen wurden. Hier gab es schon sehr bald Pro­ bleme mit der Futterbeschaffung, da die mitgebrachten Pflanzen schnell abgefressen waren. Auch ein größerer Zweig von Asclepias curassavica aus dem Botanischen Garten in Frankfurt reichte nur für kurze Zeit, so daß wir uns entschlossen, die restlichen Raupen mit Kunstfutter weiterzuzüchten. Ein kürzlich (FISCHER et al. 1991, siehe auch BERGOMAZ & BOPPRfc 1986) herausgebrachter Erfahrungsbericht über Zuchten mit Kunstfutter listet zwar nur Heterocera auf, doch lagen von H.-G. Mark (unveröff.) bereits positive Zuchterfahrungen mit Archon apollinus Herbst vor, so daß wir diesen Versuch nicht für zwecklos hielten. Die Herstellung des Kunstfutters erfolgte nach der von FISCHER et al. (1991) angegebenen Weise, d. h. zu der angeführten Fertigpulver­ mischung gaben wir in einem Mixer zerkleinerte Blätter, Stengel und Fruchtkapseln von Asclepias curassavica, kochten das Gemisch kurz auf und ließen den Brei in einem kleinen Schälchen erkalten. Zuchtbericht Insgesamt neun einen Tag alte Jungraupen wurden von H-G. Mark am 23. x. 1991 von den angewelkten Blättern der „Winde“ an das ©Entomologischer Verein Apollo e.V. Frankfurt am Main; download unter www.zobodat.at 349 Kunstfutter umgesetzt (Futterblockgröße 10 x 10 x 1 mm). Am 24. x. waren 6 Raupen eingegangen, 2 weitere machten einen kränklichen Eindruck und verendeten am 25. x. Die letzte Raupe nahm das Ersatz­ futter jedoch an, häutete sich am 11. xi. zum letzten Mal, fraß bis zum 18. xi. und verpuppte sich bereits einen Tag später. Der Falter, ein Weibchen, schlüpfte am 2. xii. 1991. Er hat mit 70 mm eine Spann­ weite wie die Freilandtiere. Zwei von Schurian an Kunstfutter umgesetzte Raupen entwickelten sich ebenfalls normal, und es resultierte ein Falter. Damit kann festgehalten werden, daß die Zucht des Altweltmonarchen Danaus chrysippus mit Kunstfutter, dem nur geringe Mengen der na­ türlichen Nahrungspflanze der Raupe (< 10 %) beigefügt wurde, möglich ist. Das relativ schlechte Zuchtergebnis kann sicherlich z. T. dadurch erklärt werden, daß die Eiraupen nicht sofort an das Kunstfutter um­ gesetzt werden konnten. Dank Harry van Oorschot, Amsterdam, danken wir für seine Angaben über D. chrysippus in der Südtürkei sowie Pater S. Wagener, Bocholt, für wertvolle Literaturhinweise, den Herren Undt und Pech vom Palmen­ garten in Frankfurt für Hilfen bei der Beschaffung von Asclepias cu- rassavica L. Nachtrag Im Jahre 1992 (Zeitraum 4.—18. x.) hatten Schurian & Grandisch erneut Gelegenheit, nach dem Altweltmonarchfalter in der Südtürkei (Umgebung des Ortes Side) zu schauen. Wir waren sehr erstaunt, daß die Art an keinem der von uns besuchten Fundplätze (Küstenstreifen auf einer Länge von zirka 15 km westlich Side) zu finden war. Alle im Vorjahr besuchten Plätze wurden sorgfältig abgesucht, dabei wurden weder Falter noch Raupen oder Eier an den Futterpflanzen gefunden. Lediglich am 17. x., dem vorletzten Tag unseres Aufenthaltes, wurde zufällig ein einzelner Falter direkt an der Küste gesichtet. Eine Nach­ frage unter Einheimischen (B. Sevin, M. Doruk) in der Nähe unseres Hotels erbrachte immerhin einen vagen Hinweis auf das fast völlige Verschwinden der Art: Danach war es in der Küstenregion um Side im Januar 1992 etwa 14 Tage recht kühl, ja es soll für kurze Zeit auch Schnee gefallen sein. Diese Tatsache könnte ausreichen, daß die Popu­ lationen von Danaus chrysippus in der Region zwischen Antalya und Alanya weitgehend verschwunden sind. Inwieweit dies für weitere Be­ reiche der Südtürkei zutrifft, können wir derzeit nicht beurteilen, wä­ ren jedoch für eventuelle Hinweise von Kollegen dankbar. ©Entomologischer Verein Apollo e.V. Frankfurt am Main; download unter www.zobodat.at 350 Literatur Bergomaz, R-. & BOPPRÉ, M. (1986): A simple instant diet for rearing Arctiidae and other moths. — J. Lep. Soc. 40: 131-137. DOMINGUEZ, P. T. (1982): Danaus chrysippus (L.) y D. plexippus (L.) en la Pro­ vincia de Malaga. - Shilap Revta. lepid. 10 (40): 274. Fischer, O. W„ Kiesel, A, &. Schlenker, K. (1991): Nachtfalterzuchten mit Kunst­ futter. Ein Erfahrungsbericht. - Entomol. Z. 101 (16): 293-301. HASSELBACH, W. (1986): A record of the Plain Tiger, Danaus chrysippus, in Tur­ key. - Zool. Middle East 1: 139-140. HOLTZ, M. (1897): Die Macrolepidopteren-Fauna Ciliciens. Ein Beitrag zur Insek­ tenfauna Kleinasiens. - 111. Wochenschr. Entomol. 2: 42-47, 60-63, 77-79, 88-93. 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(1847): Verzeichniß der von Prof. Dr. LOEW in der Turkey und Asien gesammelten Lepidopteren. - Isis von OKEN 1: 3-39. Anschriften der Verfasser: Dr. Klaus G. Schurian, Am Mannstein 13, D-6233 Kelkheim/Ts. (Neue Postleitzahl ab dem 1. Juli 1993: D-65779 Kelkheim/Ts.) Haimo Grandisch, Schlesienstraße 48, D-6231 Schwalbach-Limes (Neue Postleitzahl ab dem 1. Juli 1993: D-65824 Schwalbach) Dr. Hans-Georg Mark, Grüner Weg 4c, D-6240 Königstein/Ts. (Neue Postleitzahl ab dem 1. Juli 1993: D-61462 Königstein/Ts.)

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