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Bemerkenswerte Spinnen aus der Niederlausitz (Brandenburg) PDF

2004·4.4 MB·German
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Arachnol. Mitt. 27/28:89-96 Basel, November 2004 Bemerkenswerte Spinnen aus der Niederlausitz (Branden- bürg) Bodo von BROEN & Jens JAKOBITZ Abstract: Remarkablespiders in theareaofNiederlausitz (Brandenburg, Germany) Keywords:Theridionconigerum,Dipoenatorva,Gibbaraneaullrichi,Clubionamarmorata, Micaria dives, Micaria lenzi,Diaea livens Unser Wissen über die Präsenz und Verbreitung der mitteleuropäischen Webspinnen ist trotz des in den letzten Jahrzehnten beeindruckenden Kenntniszuwachses noch unzureichend. So bestehen bis heute erhebliche KenntnislückenvorallemhinsichtlichderVerbreitungsgrenzen,derHabitat- ansprüche und der Phänologie selten gemeldeter Spezies. Damit ergeben sich auch Probleme bei der Gefährdungseinschätzung der betreffenden Arten. Der vorliegende Bericht bezieht sich auf Nachweise von Arten, die sowohlaustiergeographischerSichtalsauchaufgrundihresErstnachweises im Bundesland Brandenburg gebietsübergreifendes Interesse verdienen. Die Tiere stammen aus den Landkreisen Dahme-Spreewald und Spree- Neiße.LetzteregehörennaturräumlichzudenöstlichenTeilenderLausitzer Becken- und Heidelandschaft bzw. des Ostbrandenburgischen Heide- und Seengebietes.DieseLandschaftenzählenzudensommerwärmstenGebieten Deutschlands mitgroßenJahresSchwankungenderTemperaturundgroßer Niederschlagsarmut (SCHOLZ 1962). DieAufzählungderArtenfolgtderLamilienanordnungundNomenklatur in der aktuellen Roten Liste und Checkliste der Spinnen Brandenburgs (PLATEN et al. 1999). Abkürzungen: LEE = Landesforstanstalt Eberswalde; ad. = adulte Tiere, inad. = juvenile Tiere; NNO = nordnordöstlich, ONO = ostnordöstlich, TÜP = Truppenübungsplatz 89 Theridion conigerum Simon, 1914 Fundorte und Material: a: 1 $ ad., 10.5.2000, Trebitz, NNO Lieberose, > 80jähriger trockener Drahtschmielen- Kiefemforst Abt. 204 (n.B. 52°05'15"; ö.L. 14° 19'50"), Kescherfang, LFE leg.; ArbeitsSammlung v. Broen: B 631 b: 1 inad., 10.8.1999, Jamlitz, ONO Lieberose, > 80jähriger trockener Hagermoos- Kiefemforst Abt. 63, (n.B. 51° 58'60"; ö.L. 14° 20'52"), Kescherfang, LFE leg.; Arbeitssammlung Jakobitz: J 287 Diese winzige Kugelspinne wird selten festgestellt. Meldungen in den letztenJahrzehnten stammenvonWUNDERLICH (1973), HOLM (1977), HEIMER (1980) und KNOFLACH (1993). Die von KNOFLACH (1993: 207) vorgestellte Verbreitungskarte lässt erkennen, dass T. conigerum vondenPyrenäenüberVorkommeninNord-Tirolundnordwärts überden Harz bis nach Südschweden nachgewiesen ist. Die Grenzen des Ver- breitungsgebiets sind aufgrund der dispersen Vorkommen noch unklar. Der brandenburgische Fund sowie Nachweise der Spezies in Polen (KUPRYJANOWICZ 1997)undinderTschechischenRepublik(KURKA 1994)zeigen,dassdieSpinneauchimöstlichenMitteleuropaverbreitetist. Die eigenen Fangdaten (s.o.) entsprechen der von KNOFLACH (1993: Abb. 14) angegebenen Reifezeit der stenochronen Männchen und dem Reifungszeitraum der Jungtiere. Dipoena torva (Thorell, 1875) Fundort und Material: 1 ? ad., 15.7.1998, Tauer, nördl. Peitz, NSGTauersche Eichen, Waldreitgras-Traubeneichenwald Abt. 134 (n.B. 51°56'00"; ö.L. 14°25'11"), StammeklektoranEiche, LFE leg.; Arbeitssammlung v. Broen: B 636. Der Fund ergänzt die im Berliner und Eberswalder Raum gewonnenen Erkenntnisse über die offenbar weite Verbreitung dieser örtlich durchaus häufigenarborikolenTheridiide, diewirderprofundenArbeitvon SIMON (1995) über die Stratozönosen von Spinnentieren an der Waldkiefer verdanken. Die nur scheinbare Seltenheit dieser Art, die bereits WIEHLE (1937) in seinerklassischen Theridiidenbearbeitung vermerkt, erklärt sich 90 1 fraglos aus der jahrzehntelangen Vernachlässigung der Spinnen höherer Vegetationschichten. Dass die Art auch im urbanen Bereich Vorkommen WEBER kann, zeigt die Arbeit von (1999) für die Stadt Mainz. Gibbaranea ullrichi (Hahn, 1835) Fundort und Material: 1 $ ad., 1.6.1996, ehern. TÜP Bräsinchen südl. Cottbus (n.B. 51°10T)2"; ö.L. 14°23'18")> Kiefern-Sandheide, Silbergrasflur mit einzelnen Jungkiefem, Klopfschirm, Jakobitz leg.; Arbeitssammlung v. Broen: B 562. VondiesersüdeuropäischverbreitetenArtwerdenvereinzeltTiere auch in Mitteleuropa nachgewiesen. Die Fundmeldungen sind jedoch bis heute spärlich. WIEHLE (1931) konnte sich lediglich auf Fänge bei Nürnberg undinSchlesienbeziehen.FernerverwieseraufVorkommeninFrankreich, Ungarn und Mazedonien. Der hier gemeldete Nachweis ergänzt die sehr wichtige Meldung derArtvonHERZOG (1974), der2 inadulte Weibchen auf Sandödland bei Lübben fing. SACHER (1991), der 2 Nachweise von G. ullrichi aus derpolnischen Küstenregion bekannt machte, hebt hervor, dass HERZOG (1974) den ersten gesicherten Nachweis dieser Spinne in Deutschland nach 1900 führte. Die Biotopgegebenheiten und auch die regionale Nähe des Herzogschen und unseres Fundorts lassen vermuten, dass G. ullrichi in den Kiefemsandheiden in Südbrandenburg weiter verbreitet ist. Wahrscheinlich strahlt sie aus dem polnischen und pannonischen Raum in die trockenwarmen Gebiete der Niederlausitz ein. AusSachsenistdieArt(TOLKE&HIEBSCH 1995)bishernichtgemeldet. Clubiona marmorata L. Koch, 1866 Fundorte und Material: 10 SS, 4 9? ad., 20.5.1998; 1 ? ad. 17.6.1998, Tauer nördl. Peitz, NSG „Tauersche Eichen“, Waldreitgras-Traubeneichenwald Abt. 134 (n.B. 51°56'00";ö.L. 14°25'1 "),Stammeklektorenstehendundliegend(anTotholz),LFE leg.; Arbeitssammlungv. Broen: B 637: 6 SS, 2 9? ad. Über die Verbreitung und das ökologische Anspruchsmuster dieser Sackspinne besteht Unklarheit. WIEHLE (1965) fasste C. marmorata als osteuropäischeArtauf.ErbetontedasFehlenneuererNachweise.THALER 91 (1981: 120) erwähnte für Österreich lediglich den Fund eines einzelnen Männchens aus dem Jahr 1962 (!). HÄNGGI et al. (1995) stellten die Art, offenbar aufgrund fehlender Quellen, nicht dar. Mittlerweile sind neue Nachweise in Bayern (BLICK & SCHEIDLER 1991, ENGEL 2001, FLOREN & OTTO 2002) bekannt geworden. Danach ist C. marmorata arboricol. Ob Eichen als Habitat bevorzugt werden, wie es die Arbeit von FLOREN & OTTO (2002) andeutet, bleibt zu klären. Blick (briefl. Mitt.) vermutetaufgrund seinesDatenmaterials aus denJahren 1996 (cf. ENGEL 2001) und 1999-2001 (unpubl.) eher die Präferenz eines bestimmten Waldtyps (Laubwald,Naturwald). Bezeichnendist,dass SIMON(1995) in seinengründlichenUntersuchungenanKiefernClubionamarmoratanicht nachweisen konnte. DieFangdatenderhiergemeldeten 15 TierederArt(s. oben)deutenauf eine Frühsommerreife der Männchen hin. Das von THALER (1981) erwähnte Männchen war am 27.5.1962 gefangen worden. Micaria dives (Lucas, 1846) FundortundMaterial: 46SS,8 $$ ad.,8inad.,ehern.TÜPBräsinchen,südl.Cottbus, Kiefem-Sandheide, Silbergrasflur und Silbergras-Kiefemvorwald (n.B. 51°1CT02"; ö.L. 14°23T8"), Barberfallen, Jakobitz leg., 46 SS, 8 $$ ad., 8 inad., 19.4.1996 - 12.10.1996; Arbeitssammlung Jakobitz: J 96a M. dives ist aus den meisten Bundesländern gemeldet (nicht aus Baden- Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein). In Berlin gilt sie als verschollen (PLATEN & v. BROEN 2002), in den anderen Bundesländern als vom Aussterben bedroht oder stark gefährdet. Lokale VorkommenmitgehäufterAnzahlvonTierenfinden sichvornehmlich auf Sandheiden, auf Grasfluren mit schütterer Pflanzendecke, in Kiesgruben und aufDünen. BiotopediesesTyps sind indenNaturräumenderLausitzzwischenden Flüssen Oder, Neiße und Spree vielfältig ausgeprägtund bekanntfürihren ReichtumanPflanzenundTierenmitsüdöstlichereuropäischerVerbreitung. Von den vorliegenden 62 Tieren stammen 26 aus Silbergrasfluren, die übrigen 36 Exemplare aus Kiefemvorwald, einer Sekundärsukzession auf anthropogen veränderten Kiefem-Heide-Standorten. 92 DieFangdatenderTiere gestattendiephänologischeFeststellung, dass die stenochronen Männchen im Untersuchungsgebiet einen Aktivitätsgipfel im Mai undJuni haben. InderzweitenJunihälfte ging dieZahl gefangener Tiere abrupt zurück. Das deckt sich mit der für den Berliner Raum gemachten phänologischen Aussage (PLATEN et al. 1991). Die geringe ZahlgefangenerWeibchengestattetkeinesichereBeurteilungderReifezeit. Da M. dives im benachbarten Sachsen-Anhalt und Sachsen ebenfalls auf xerothermen Sandfluren und Heideflächen nachgewiesen wurde (KLAPKAREK 1998,TOLKE&HIEBSCH 1995),kannfürBrandenburg imBereichvonOderundNeißeundwahrscheinlichauchfürdenLandkreis Teltow-Fläming (v. BROEN 1997) sowiefürTeile Sachsensund Sachsen- AnhaltseingeschlossenesVerbreitungsgebietderArtangenommenwerden. Micaria lenzi Bösenberg, 1899 FundortundMaterial: 1 <$ad., 16.5.- 1.6.1996,ehern.TÜPBräsinchen,südlichCottbus (n.B. 51olCT02"; ö.L. 14°23'18") Silbergrasflur, Barberfalle, Jakobitz leg.; Arbeits- sammlung Jakobitz: J 96b DasWissenüberdieseArtistlückenhaft.SiegiltinDeutschlandalsSpezies mit geographischer Restriktion. Meldungen liegen insbesondere aus WärmegebietenSüddeutschlandsvor.InBrandenburgwurdenVorkommen in den Landkreisen Teltow-Fläming (v. Broen 1994 unveröff.) sowie Märkisch-Oderland (v. Broen 1997 unveröff.) festgestellt. In Sachsen wurde die Art in der Oberlausitz auf Sandmagerrasen gefunden (TOLKE & HIEBSCH 1995). In Schleswig-Holstein ist M. lenzi auf Dünen und Salzwiesen lokal verbreitet (REINKE et al. 1998). Der hiesige Fundort fügt sich gut in die vorliegenden Biotopangaben ein. Das Tier wurde in einer Silbergrasflur zusammen mit der vorher erwähntenMicariadivesgefangen.DadieTierebeiderArtenmitBodenfallen gefangen wurden, M. lenzijedoch im Gegensatz zu M. dives (s.o.) nur in einem Exemplar, ist zu vermuten, dass M. lenzi ein anderes Mikrohabitat oder eine andere Raumstruktur präferiert. 93 Diaea livens (Simon, 1886) Taxonomie: syn. Diaeapictilis (Banks, 1896), vide THALER (1997) Fundort und Material: a. 1 S ad., 18.5.2000,Trebitz,NNOLieberose,>80jährigerDrahtschmielen-Kiefemforst, Abt. 204 (n.B. 52°05T5"; ö.L. 14°19'50"), LFE leg., Barberfalle; Arbeitssammlung v. Broen: B630; b.3 SS ad, 20.5.1998, Tauer, nördl. Peitz, Waldreitgras-Traubeneichenwald, NSG „Tauersche Eichen“, Abt. 134 (n.B. 51°56'00"; ö.L. 14°25T1") LFE leg., StammeklektorundTotholzeklektorliegend; 1 ?inArbeitssammlungv.Broen:B630a. Der erste Nachweis dieser Krabbenspinne in Ostdeutschland ergänzt das spärliche Wissen über ihr Vorkommen im europäischen und außer- europäischenRaum.BUCHAR&THALER(1984),diedenerstenNachweis in Mitteleuropapublizierten, hatten aufFunde in Österreich, der Schweiz, der tschechischen Republik und der Türkei verwiesen. Für Deutschland (Hessen, Baden-Württemberg) wurde D. livens durch MALTEN (1994) gemeldet. Die uns vorliegenden 4 Tiere stammen aus Kiefernwäldern des Untersuchungsgebietes. Der Fang eines Männchens in einer Bodenfalle dürfte als Ausnahme gelten. Denn offenbar besiedeln die Tiere höhere Schichten der Vegetation, u.a. die Stamm- und Kronenregion von Laubhölzem(MALTEN 1994)undKoniferen.DasVorkommenanTotholz wird auch von KUBCOVA & SCHLAGHAMERSKY (2002) gemeldet. Dank: Die Autoren danken den Mitarbeitern der Landesforstanstalt Eberswalde für die ÜberlassungderBelegstücke,dieAngabenzudenWaldgesellschaftenundzudenBreiten- und Längengraden. Herrn Theo Blick gilt unser herzlicher Dank für seine kollegiale Hilfsbereitschaft und für fachliche Hinweise. 94 LITERATUR BLICK T. & M. SCHEIDLER (1991): Kommentierte Artenliste der Spinnen Bayerns (Araneae). - Arachnol. Mitt. 1: 27-80 BROEN B. von (1997): Insufficient knowledge ofso-called „rare“ spiders in Germany - abriefcomment. - Proc. 16th Europ. Coll. Arachnol. 51-55, Siedlce BUCHARJ.&K.THALER(1984):EinezweiteDiaea-ArtinMitteleuropa:Diaeapictilis (Araneida, Thomisidae). - Vest. cs. Spolec. zool. 48: 1-8 ENGELK.(2001):VergleichderWebspinnen(Araneae)undWeberknechte(Opiliones)in 6 Buchen- undFichtenbeständen Bayerns. - Arachnol. Mitt. 21: 14-31 FLOREN A. & S. 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Sonderh. 2: 1-69 PLATENR.B.v.BROEN,A.HERRMANN,U.M.RATSCHKER&P.SACHER(1999): GesamtartenlisteundRoteListederWebspinnen,WeberknechteundPseudoskorpione des Landes Brandenburg (Arachnida: Araneae, Opiliones, Pseudoscorpiones mit ) AngabenzurHäufigkeitundÖkologie. -Natursch. u. Landschaftspfl. inBrandenburg 8 (2): Supplement: 1 -79 95 PLATENR.,M.MORITZ&B.v.BROEN(1991):ListederWebspinnenundWeberknecht- arten (Arachn.:Araneida, Opilionida) des Berliner Raumes und ihre Auswertung für Naturschutzzwecke (Rote Liste). In: A.AUHAGEN, R. PLATEN & H. SUKOPP (Hrsg.): Rote Listen der gefährdeten Pflanzen und Tiere in Berlin. - Landschafts- entwicklung und Umweltforschung S 6: 169-205 REINKE H.-D., U. IRMLER & A. KLIEBER (1998): Die Spinnen Schleswig-Holsteins - Rote Liste. In: Landesamt für Natur und Umwelt des Landes Schleswig-Holstein (Hrsg.): 1-48 SACHER P. (1991): Bemerkungen zu zwei Nachweisen von Gibbaranea ullrichi. - Arachnol. Mitt. 1: 85-86 SCHOLZ E. 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(Hrsg): Die TierweltDeutschlands und derangrenzenden Meergebiete, 23. Teil, G. Fischer, Jena: 1-36 WIEHLE H. (1937)Spinnentiere oder Arachnoidea (Araneae). 26. Familie: Theridiidae oderHaubennetzspinnen(Kugelspinnen).-In:DAHLF.(Hrsg.):DieTierweltDeutsch- lands undderangrenzenden Meeresteile. 33. Teil, G. Fischer, Jena: 119-222 WIEHLE H. (1965): Die Clubiona-Arten Deutschlands, ihre natürliche Gruppierung und die Einheitlichkeit im Bau ihrerVulva (Arach., Araneae). - Senck. biol. 46: 471-505 WUNDERLICH J. (1973): Zur Spinnenfauna Deutschlands, XV. Weitere seltene und bisher unbekannte Arten sowie Anmerkungen zur Taxonomie und Synonymie (Arachnida, Araneae). - Senck. biol. 54: 405-428 Dr. sc.nat. Bodo von BROEN, Fürstenwalder Straße 17, 10243 Berlin Dipl.-Ing. Jens JAKOBITZ, Bemauer Heerstraße 34, 16225 Eberswalde 96

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