FORSCHUNGSBERICHTE DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN Nr.1091 Herausgegeben im Auftrage des Ministerpräsidenten Dr. Franz Meyers von Staatssekretär Professor Dr. h. c. Dr. E. h. Leo Brandt Dr.-Ing. Kurt Buchmann v., For.rchungsgeselischaJt Blechverarbeitung e. Düsseldorf Beitrag zur Verschleißbeurteilung beim Schneiden von Stahlfeinblechen Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH ISBN 978-3-663-06213-4 ISBN 978-3-663-07126-6 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-07126-6 Verlags-Nr.011091 © 1962 by Springer Fachmedien Wiesbaden Ursprünglich erschienen bei Westdeutscher Verlag, Köln und Opladen 1962. Inhalt Formelverzeichnis ...................................................... 7 1. Stand der Erkenntnisse und Abgrenzung der Aufgabe................. 9 1.1 Bisherige Untersuchungen des Schneidkantenverschleißes . . . . . . . . . . . . . 9 1.2 Definitionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 1.3 Aufgabe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 2. Grundfragen der Verschleißprüfung .................................. 19 2.1 Allgemeines. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . .. 19 2.2 Der Knabberschnitt als Vergleichsprüfverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 2.3 Ersatzformen für verschlissene Schneid kanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 2.4 übertragbarkeit des Prüfverfahrens auf andere Werkstück-und Werkzeug- stoffe .......................................................... 22 3. Die angewandten Meßverfahren ................................... . . . 23 3.1 Die Verschleißmessung .......................................... 23 3.2 Das Messen des Grates .......................................... 31 3.3 Das Messen der Werkzeughärte ................................... 34 3.4 Die Schneidkraftmessung ........................................ 34 4. Die Änderung des Schneidvorganges durch den Verschleiß ............ 35 4.1 Die Entstehung des Verschleißes und des Grates .................... 35 4.2 Die Änderung der Werkzeugform durch den Verschleiß. . . . .. . . . . .. . . 42 4.3 Werkzeugform und Gratbildung .................................. 46 4.4 Verschleiß und Grat in Abhängigkeit von der Schnittzahl ............ 47 4.5 Die Werkzeugaufhärtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 4.6 Die Schneidkraftänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . .. . . . . . . . 53 5. Plan der Untersuchungen ............................................ 56 6. Ergebnisse am geschlossenen Schnitt ................................. 66 6.1 Der Verschleiß am geschlossenen Schnitt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 6.11 Einfluß der Werkzeuggrößen auf den Verschleiß .................... 66 6.111 Werkzeugstoff ........... ...................................... 66 6.112 Werkzeughärte ................................................. 68 6.113 Form der Schnittlinie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . 74 6.114 Rauheit der Werkzeugstirnflächen ................................. 75 5 6.115 Blecheinspannung ............................................... 76 6.116 Schneidspalt .................................................... 78 6.12 Einfluß des Werkstückstoffes auf den Verschleiß .................... 81 6.13 Einfluß der Maschine auf den Verschleiß ........................... 81 6.2 Die Grathöhenzunahme mit wachsender Schnittzahl ................. 83 6.21 Die Grathöhenzunahme beim Schneiden mit verschiedenen Werkzeug- stoffen ......................................................... 83 6.22 Die Grathöhenzunahme bei verschiedenen Schneidspalten ............ 84 6.23 Die Grathöhenzunahme an verschiedenen Werkstückstoffen . . . . . . . . . .. 86 6.24 Die Grathöhenzunahme mit der Schnittzahl beim Schneiden mit und ohne Blechhalter .................................................. . .. 87 6.3 Der Zusammenhang zwischen Verschleiß und Grat. . . . . . . . . . . . . . . . .. 88 6.4 Die Gratbildung beim Schneiden mit künstlich verschlissenen Werkzeugen 92 6.5 Die Schneidkraftänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 99 6.6 Die Härtezunahme der Werkzeuge mit der Schnittzahl. . . . . . . . . . . . . . .. 100 7. Der Abknabberschnitt.im Vergleich mit dem geschlossenen Schnitt ..... 102 7.1 Der Verschleiß beim Abknabberschnitt und Vergleich mit dem beim geschlossenen Schnitt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 102 7.2 Der Grat beim Abknabberschnitt und Vergleich mit dem beim geschlosse- nen Schnitt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 109 7.3 Die Schneidkraftänderung beim Abknabberschnitt und Vergleich mit der beim geschlossenen Schnitt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 112 7.4 Die Werkzeugaufhärtung beim Abknabberschnitt und Vergleich mit der beim geschlossenen Schnitt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 113 8. Vorschlag zur Prüfung der Schneidbarkeit von Blechen und der Schneid haltigkeit von Werkzeugstoffen mittels Abknabberschnitt und künstlich verschlissener Schneidkanten ......................................... 115 8.1 Prüfung der Schneidbarkeit von Blechen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 115 8.2 Prüfung der Schneidhaltigkeit von Werkzeugstoffen ................. 117 9. Zusammenfassung 118 Literaturverzeichnis .................................................... 125 6 Formelverzeichnis cG Gestellfederzahl [Mp/mm] Cge. Gesamtfederzahl [Mp/mm] 8B Bruchdehnung [%] Fs Schnittfläche = Schnittlinienlänge X Blechdicke [mm!:] f( ... ) Funktion von ... H Härte nach Rockwell Rc HB Härte nach Brinell [kp/mm2] Hv Härte nach Vickers [kp/mm2] hI Grat am Innenstück bzw. Abschnitt [!Lm] hA Grathöhe am Außenstück bzw. Streifen [!Lm] Schnittzahl j laufender Index k Korrelationskoeffizient Mv Mittelwert mehrerer Verschleißwerte [mml] m mittlerer Fehler der Einzelmessung [mmS] mMV mittlerer Fehler des Mittelwertes Mv [mml] n Anzahl der Verschleißwerte bei einer bestimmten Schnittzahl gemessen Pmax Größtwert der Schneidkraft [kp] Pmax spezifische Schneidkraft (P max/F s) = Schneidwiderstand ks [kp/mm2] R Rauhtiefe [!Lm] r Rundungshalbmesser [mm] s Blechdicke [mm] t Eindringtiefe des Stempels [mm] u Schneidspalt [!Lm] us bezogener Schneidspalt = u/s V Verschleiß allgemein [mmS] Vs Stirnflächenverschleiß [mmS] VM Mantelverschleiß [mmS] Vss Stirnflächenverschleiß des Stempels [mm2] VSP Stirnflächenverschleiß der Schneidplatte [mmS] VMS Mantelverschleiß des Stempels [mmS] VL,VT Verschleißlänge bzw. Verschleißtiefe [!Lm] VLS, VLP Verschleißlänge am Stempel bzw. an der Schneidplatte [!Lm] VTS, VTP Verschleißtiefe am Stempel bzw. an der Schneidplatte [!Lm] v Differenz aus Verschleißwert V und dem Verschleißmittelwert = V - Mv [mmS] z Hubzahl der Schneidpresse [Hübe/sec] 7 Es ist die Eigenart aller Werkzeuge, daß sie einem starken Verschleiß unter worfen sind, wenn sie unter Krafteinwirkung Relativbewegungen gegenüber harten Werkstoffen zwecks Umformung oder Trennung ausführen. Obwohl der Verschleiß durch Werkstoffumformung nicht Gegenstand der vorliegenden Ar beit ist, so ist doch zu beachten, daß jede Trennung bildsamer Stoffe mit einer Verformung beginnt. Insofern sind die beiderseitigen Verschleißerscheinungen verwandt, jedoch kommt beim Trennen noch ein Gleiten des Werkzeugs an der frischen Trennfläche hinzu. Unter Verschleiß versteht man: jede, durch gleitende Berührung von Körpern hervorgerufene, unerwünschte und stetige Abtragung von Werkstoff [7]. Von den zahlreichen Trennverfahren ist der Verschleiß spanender Werkzeuge schon seit langem eingehend untersucht worden. Obwohl der Werkzeugverschleiß beim Schneiden von Blechen eine ähnliche wirtschaftliche Bedeutung hat wie der beim Drehen, wurde er bis jetzt wenig untersucht. In der Bundesrepublik Deutschland wurden im Jahr 1958 rd. 2,3 Milli onen Tonnen oder rd. 250 Millionen Quadratmeter Feinblech [26] verarbeitet, d. h. zerschnitten. Daher werden alljährlich Millionen von Schneidkanten an Stempeln und Schneidplatten zerstört und sind neu herzurichten. Hinzu kommt der Einfluß des Verschleißes auf das erzeugte Werkstück. Die Sauberkeit der Schnittfläche und die Höhe des Grates hängen unmittelbar vom Verschleißzustand des Werkzeugs ab. Die Tatsache, daß der Grat am Werkstück seine Funktion unter Umständen beeinträchtigen (bei Elektroblechen darf der Grat wegen der Gefahr des magnetischen Schlusses sowie zwecks Erzielung eines günstigen Stapelfaktors eine bestimmte Höhe nicht überschreiten, in der Fein werktechnik will man die durch Schneiden hergestellten Werkstücke ohne Nach arbeit verwenden usw.), die Weiterverarbeitung erschweren und das Aussehen mindern kann, erhellt die Bedeutung der Verschleißforschung. Angesichts dieser Bedeutung ist man überrascht, daß der Schneidkantenverschleiß nicht früher erforscht worden ist. Als wissenschaftliches Problem ist im letzten Jahrzehnt der Schneidkantenverschleiß am Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik der Technischen Hochschule Hannover mit den Arbeiten von F. W. TIMMERBEIL [29] und W. KIENZLE [7] angefaßt worden. Einen weiteren Beitrag lieferte R. DIES [3]. Daneben sind nur wenige Aufsätze [8, 10,20,28] erschienen. So ist es verständlich, daß noch manche Fragen offen geblieben sind. 8 1. Stand der Erkenntnisse und Abgrenzung der Aufgabe 1.1 Bisherige Untersuchungen des Schneidkantenverschleißes Bei den ersten Schneiduntersuchungen zeigte TIMMERBEIL [29,9], in welcher Weise die Schneidkanten beim Eindringen in das Blech verschleißen; er fand, daß sich der Schneidvorgang durch den Werkzeugverschleiß ändert, indem die Randfasern des Bleches, die sich beim Eindringen des Stempels strecken, leichter um die Schneidkante herum gleiten. Das Werkstoffgefüge erleidet dadurch eine größere Pressung, und der Stempel muß, um den Werkstoff zu trennen, tiefer eindringen. W. KIENZLE [7,8] ging darauf aus, Verschleißmerkmale zu finden, die der Schneidbarkeit von Feinblechen und der Standmenge von Schneidwerkzeugen zugrunde gelegt werden können, so wie man beim Drehmeißel z. B. den Frei flächenverschleiß als ein Merkmal heranzieht. Da seine Arbeit die erste dieser Art war und die vorliegende sie in manchen Punkten ergänzen soll, so ist an dieser Stelle näher auf sie einzugehen. Er ~ählte als Verschleißmerkmale das dem verschlissenen Werkzeug gegenüber dem frisch angeschliffenen fehlende Volumen an der Stirnfläche und an der Mantelfläche und den Grat am Innenstück und am Außenstück (Definition s. Abschnitt 1.2). Kennzeichnend für das Verschleiß volumen, das unmittelbar zu messen schwierig und aufwendig ist, war die in einem Axialschnitt eines Stempels oder einer Schneidplatte gemessene fehlende Fläche. W. KIENZLE fand, daß der Stirnflächenverschleiß (Definition s. Ab schnitt 1.2) der Anzahl der geschnittenen Teile mit einer gewissen Annäherung verhältnisgleich sei, und hat das durch den Anstieg der Verschleißkurven (Stirn flächenverschleiß als Funktion der Schnittzahl) ausgedrückt (s. [7], Abb. 5/25). Neben dem Stirnflächenverschleiß ist aber bei bestimmten Werkstückstoffen, Werkzeugstoffen und Schneidbedingungen auch der Mantelverschleiß (Definition unter 1.2) kennzeichnend. Was die Geradlinigkeit der Verschleißkurven anbelangt, so ist ähnliches bei Kurven der Verschleißmarkenbreite an Drehmeißeln zu beobachten. Aber neuere Beobachtungen von anderweitigem Verschleiß lassen vermuten, daß der Schneid kantenverschleiß anfänglich stärker ansteigt, dann eine schwächere Zunahme er fährt, um schließlich überproportional anzuwachsen. In der Tat zeigen sich bei W. KIENZLE, der neben den geglätteten Kurven auch die ungeglätteten vorgelegt hat, häufig die beiden ersten Kurvenäste, seltener der dritte. Da die Unterschiede nicht groß waren, sind sie zur Gesamtbeurteilung in die Streuung einbezogen worden. Dieser Punkt ist noch näher zu untersuchen. Dafür spricht auch, daß die Grat kurven (der Grat am Innenstück und Außenstück als Funktion der Schnittzahl) 9 bei W. KIENZLE keinen linearen Verlauf haben; vielmehr sind drei in der Steigung unterschiedliche Kurventeile zu erkennen, wie sie soeben geschildert wurden (s. [7], Abb. 5/49). Diese Gratkurven bilden das eigentliche Kriterium für die Standmenge eines Werkzeugs. W. KIENZLE hat die bei den Verschleißmerkmale an einer Vielzahl von Werkstück stoffen erprobt und gefunden, daß man auch Schneidbedingungen, die den Ver schleiß nur mittelbar beeinflussen (Stempelauftreffgeschwindigkeit, Maschinen steifheit, Blechvorschubrichtung u. a.), mit diesen Merkmalen erfassen kann. Er fand im einzelnen folgende Einflüsse auf den Stirnflächenverschleiß, der, weil er bei den an Feinblechen angestellten Versuchen ausgeprägter war als der Mantel verschleiß, als der wichtigere bezeichnet wurde. 1. Gleich bezeichnete Werkzeugstoffe, von verschiedenen Herstellern erzeugt, ergeben nur geringe Unterschiede des Stirnflächenverschleißes. 2. Die physikalischen Eigenschaften des Werkstückstoffes (Streckgrenze, Dehnung, Korngröße usw.) wirken sich auf den Verschleiß und die Grathöhe aus. 3. Ein überzug auf dem Werkstückstoff, z. B. Isolierpapier oder Oxydhaut, beeinflußt den Verschleiß. 4. Der Mantelverschleiß ist bei Blechen unter 1 mm Dicke kleiner als der Stirnflächen verschleiß, dagegen ist der Verschleiß an einer scharfen Stempellängskante viel größer als der Stirnflächenverschleiß. 5. Schneidkantenform und Blechvorschub haben keinen Einfluß auf den Stirnflächen verschleiß. 6. Der Stirnflächenverschleiß nimmt mit wachsender Stempelauftreffgeschwindigkeit geringfügig ab ([7], Abb. 5/48). 7. Der Verschleiß ist stark abhängig vom Werkzeugstoff. 8. Bei gleicher Härte ist der Stirnflächenverschleiß an derSchneidplatte größer als am, Stempel. Da sich die Arbeit von W. KIENZLE auf das Finden geeigneter Verschleißmerk male beschränkte, hat er nicht alle den Verschleiß beeinflussende Bedingungen untersucht und verhältnismäßig wenig Werkstückstoffe, allerdings aus drei Werkstückstoffgruppen, herangezogen. Daraus leitet der Verfasser den Plan ab, ähnlich wie in der Zerspanungsforschung die Einflüsse von mehr Werkzeug und Werkstückstoffen sowie von verschiedenen Schneidbedingungen kennen zu lernen. Außerdem nahm er die von W. KIENZLE am Schluß seiner Arbeit (S. 68) gegebene Anregung auf, den Knabberschnitt als ein wirtschaftliches Verschleiß prüfverfahren zu untersuchen. Somit stellt die vorliegende Arbeit einen weiteren Beitrag zur Verschleiß beurteilung beim Schneiden von Stahlfeinblechen dar. Darin sind unverändert die von der Praxis gestellten Aufgaben eingeschlossen, nämlich die Bestimmung a) der Schneidbarkeit von Blechwerkstoffen und b) der Standmenge eines Werkzeugpaares. 10