FORSCHUNGSBERICHTE DES WIRTSCHAFTS- UND VERKEHRSMINISTERIUMS NORDRHEIN-WESTFALEN Herausgegeben von Staatssekretär Prof. Leo Brandt Nr.76 Max-Pianck-lnstitut für Arbeitsphysiologie, Dortmund Arbeitstechnische und arbeitsphysiologische Rationalisierung von Mauersteinen Als Manuskript gedruckt SPRINGER FACHMEDIEN WIESBADEN GMBH 1954 ISBN 978-3-663-12841-0 ISBN 978-3-663-14507-3 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-14507-3 Forschungsberichte des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums Nordrhein Westfalen G 1 i e d e r u n g . 1 • Die bisherige Entwicklung s . 5 . . 2. Zweck der Versuche s . 7 3· Versuchsanordnung s. 8 4· Die Ergebnisse s. 13 . . 5· Auswertung der Ergebnisse s . 14 6. Zusammenfassung der Ergebnisse und Schluß- . . . . . folgerungen s . 38 7· Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen s. 4o . . . . . s . 8. Literaturverzeichnis 41 Seite 3 Forschungsberichte des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums Nordrhein Westfalen 1. Die bisherige E n t w i c k 1 u n g Seit Jahrtausenden sind gebrannte Ziegel ein in vielen Ländern bevorzugt verwendeter Baustein. Form und Abmessungen der Ziegelsteine wurden zu nächst von der im Vergleich zu heute noch unentwickelten Brenntechnik und den Eigenarten der jeweils gefundenen Tonsorte bestimmt. Man brannte meist rechteckige Vollziegel von 2o-3o cm Länge, 9-15 cm Breite und 4-9 cm Höhe. Für andere Arten künstlicher Steine (z.B. Kalksandsteine) wurde die se Form des Ziegels übernommen. Steinverbände, Wanddicken und Verarbei tungsmethoden glichen sich den als gegeben angesehenen Steinformen und Steingrößen an. Das überkommene handwerkliche Arbeitsverfahren nach der Regel "Ein Stein - ein Mörtel" gilt für "Einhandsteine" auch heute noch als die klassische Mauermethode. Der Maurer handhabt den Stein nur mit der linken Hand, während die rechte Hand zum Vermörteln der Fugen gleich zeitig die Kelle führt. Der erste bedeutungsvolle Schritt zur Rationalisierung der Mauertechnik wurde in Deutschland im Jahre 1871 getan, als der Reichsformat-Stein ein geführt wurde. Man einigte sich für das Reichsgebiet auf das aus dem preußischen Zollmaß abgeleitete Steinformat 25o x 12o x 65 mm 1, aus dem sich wiederum allgemein gültige Regeln für die Steinverbände, Wanddicken u.a. ergaben. Wenn auch heute kaum noch zu belegen, so haben bei dieser ersten Bau-Norm neben den fertigungstechnischen Belangen sicherlich auch die vorliegenden praktischen Erfahrungen bei der Verarbeitung kleinerer oder größerer Steinformate wesentlich mitgesprochen. Das Ergebnis der ersten arbeitsphysiologischen Studien über das Mauern mit Einhand-Voll steinen, die BAADER und LEHMANN 1927 (1) 2 durchführten, bestätigten durch exakte Messungen die 1871 allein aufgrund praktischer Erfahrungen getroffene Entscheidung. Der Vollziegel im Reichsformat erwies sich grös seren und kleineren Volletein-Formaten aufgrund seines physiologisch ide alen Gewichts von 3,5-4,o kg überlegen. Die ersten Bemühungen um eine Bessergestaltung des überkommenen Arbeits verfahrens beim Mauern mit Einhand-Vollsteinen gehen auf GILBRETH (2) 1. 25o mm Steinlänge + 12 mm Mörtelfuge = 262 mm = 1o preußisch Zoll 2. Die in Klammer gesetzten Zahlen verweisen auf das Literaturverzeich nis Seite 5 Forschungsberichte des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums Nordrhein Westfalen zurück. Seine und andere ähnliche Vorschläge zur Reihenverarbeitung von Einhand-Steinen wurden ab 191o in vielen Ländern - u.a. auch Deutschland - aufgegriffen. In Rußland, Osteuropa und Mitteldeutschland sind sie in letz. ter Zeit konsequent zur Gruppenarbeit weiterentwickelt worden und z.B. als "Stachanow-Methode" bis heute von Bedeutung. Von der westeuropäischen Bau praxis dagegen wurden diese Arbeitsmethoden trotz höherer Maurerleistung nur zögernd aufgenommen, da ein Güteabfall des Mauerwerks befürchtet wur de. Schließlich wurden diese Bestrebungen, die Mauerarbeit vom Arbeits verfahren her zu rationalisieren, überholt durch die in Deutschland etwa 192o einsetzende Entwicklung zum größeren Steinformat, das ebenfalls ein händig oder auch zweihändig verarbeitet wird. Das Aufkommen großformatiger Mauersteine hatte vielfältige und nebenein ander wirkende Ursachen. Neben den gebrannten Ziegel und den ihm nachge bildeten dampf-gehärteten Kalksandstein traten weitere künstliche Stein arten, vor allem die Betonsteine. Die wesentlich anderen Fertigungsver fahren der Betanstein-Industrie ließen möglichst große Steinformate wün schenswert erscheinen. Man erkannte, daß leichte porige Bausteine oder Hohl- und Lochsteine schon bei wesentlich geringeren Wanddicken nicht nur ausreichenden Wärmeschutz, sondern in den meisten Fällen auch ange messene Festigkeiten gewährleisteten. Auch für die Verarbeitung wünschte man sich wegen der geringeren Rohwichte der Steine zwangsläufig größere Steinformate als bisher üblich und zwar selbst dann, wenn an ihrer ein händigen Verarbeitung festgehalten werden sollte. Die Baupraxis nahm die vergrößerten Einhandsteine und vor allem auch die Zweihandsteine willig auf, Sie erkannte, daß das Mauerwerk und die Maurerarbeit durch technisch, arbeitstechnisch und arbeitsphysiologisch verbesserte Steinarten und -for mate zunächst wirkungsvoller rationalisiert werden konnte als durch die Änderung der Verarbeitungsmethoden für die überkommenen kleinen Stein formate. In ungehemmter Entwicklung wurde eine Vielzahl großformatiger Steinarten und Steinformen nebeneinander auf den Baustoffmarkt gebracht, so daß die Baupraxis schließlich kaum noch in der Lage war, Gutes von Mittelmäßigem und Schlechtem zu unterscheiden. Insbesondere war man unsicher in der Be urteilung der arbeitstechnischen und arbeitsphysiologischen Eigenheiten der Steine bei ihrer Verarbeitung auf der Baustelle. Erste Maßstäbe für die arbeitstechnische Eignung verschiedener Steinarten wurden ab 194o Seite 6 Forschungsberichte des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums Nordrhein Westfalen vor allem vom Franz-Seldte-Institut der Deutschen Akademie für Baufor schung erarbeitet (3). Ab 1948 setzte das Institut für Bauforschung e.V. Hannover diese Arbeiten planmäßig fort (4). 1951/52 wurden neue deutsche Normen für Bausteine aller Art (5) verabschiedet. Uber abschließende ar beitstechnische Versuche, die mit physiologischen Messungen durch das Max-Planck-Institut für Arbeitsphysiologie, Dortmund, gekoppelt waren, soll im weiteren berichtet werden. 2. Z w e c k d e r V e r s u c h e a) Durch ein Vergleichsmauern war festzustellen, welche arbeitstäglichen Dauerleistungen dem Maurer mit den typischen der neu genormten Mau ersteine zugemutet werden können. Dabei waren die Einhandsteine in der von der europäischen Baupraxis bevorzugten Arbeitsmethode "Ein Stein - ein Mörtel" zu vermauern. Die Zweihandsteine dagegen sollten nach der Methode der Reihenverlegung verarbeitet werden, von der man sich bei Zweihandsteinen aufgrund von Vorversuchen nicht nur eine Lei stungssteigerung, sondern - im Gegensatz zu den Einhandsteinen - auch eine bessere Güte des Mauerwerks verspricht. Güte- und Leistungsstei gerung waren durch die Versuche endgültig nachzuweisen. b) Eine wesentliche Aufgabe des Vergleichsmauerns war es, die für die ver schiedenen Formate der Leichtbeton-Hohlblocksteine arbeitsgünstigen Ge wichte zu ermitteln. c) Die Versuche sollten Klarheit schaffen über die Wirkung verschieden artiger Griffhilfen an Einhand- und Zweihandsteinen auf die Maurer leistung. d) Das Vergleichsmauern war bei allen Steinarten mit arbeitsphysiologi schen Messungen zu koppeln, um die körperliche Beanspruchung der Mau rer bei andauernder Arbeit mit großformatigen Steinen nachzuweisen im Vergleich zu der Beanspruchung, die beim Mauern mit den bisher übli chen kleinformatigen Vollsteinen eintritt. Insbesondere war festzustel len, ob bei de~ Verarbeitung großformatiger Steine eine körperliche Überbelastung der Maurer zu befürchten ist. e) Schließlich schien es bedeutungsvoll, die physiologischen Messungen auszunutzen zu einer Überprüfung der Zweckmäßigkeit der Arbeitshöhen, die sich aus der üblichen Baurüstung für das Mauern ergeben. Seite 7 Forschungsberichte des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums Nordrhein Westfalen 3· V e r s u c h s a n o r d n u n g a) Nachweis der mittleren Tagesleistung und Arbeitsanalysen. Es war zu nächst Aufgabe des Vergleichsmauerns, die mittlere Maurerleistung bei Dauerarbeit mit 16 verschiedenen Steinarten festzustellen und zu ver gleichen 3, Die in die Versuchsreihe einbezogenen Steinarten und ihre technischen Eigenarten sind in Tabelle 1 zusammengestellt (Steinmasse, Ergänzungssteine, Wanddicken, Steinvolumen, Gewichte und Rohwichten bei der Verarbeitung). Die äußere Gestalt aller Steine entspricht je weils den neuen oder beabsichtigten Normen. Die Rohwichten und Stück gewichte der verschiedenen Hohlblocksteine aus Leichtbeton (Zeile 6-13) waren abweichend von den Normen so variiert, daß die arbeits-günstig sten Gewichte in dem untersuchten Bereich erwartet werden konnten. Die beiden Hochlochziegel 2 ~4 NF (Zeilen 3 und 4) unterschieden sich nur nach Gewicht und Form der Griffhilfen (Griffloch bzw. Griffschlitz), um die zweckmäßigste Griffhilfe nachweisen zu können. Der nur 2o cm breite Gasbeton-Vollblock (Zeile 14) wurde einbezogen, um den Einfluß der von 24 cm auf 2o cm verringerten Wanddicke auf die Maurerleistung festzustellen 4, Der niedrigere und höhere Kalksandstein-Hohlblock (Zeile 15-16) sollte den Einfluß der Steinhöhe auf die Arbeitsleistung klären und im Vergleich zu den Leichtbeton-Hohlblocksteinen gleichen Formats auch die Wirkung der Grifftaschen als Griffhilfen erweisen. Das Vergleichsmauern wurde im Frühjahr 1952 ohne Unterbrechung über 2 ~2 Monate fortgeführt. An den 6 Arbeitstagen der Woche arbeiteten 3 Maurer jeweils 8 ~2 Stunden. Die Tagesarbeit wurde regelmäßig durch eine Frühstückspause von 2o Minuten und eine Mittagspause von 3o Minu ten unterbrochen. Um den wechselnden Einfluß der Witterung auf die Maurerleistung auszu schalten, wurde in einer offenen, gut beleuchteten und windgeschützten Halle gearbeitet. 3· Im Auftrage der interessierten Industrie wurden noch 2 weitere Stein arten untersucht, die hier jedoch von untergeordnetem Interesse sind. 4· Die deutschen Baunormen fordern für Umfassungswände eine Dicke von mindestens 24 cm. Für die Wanddicke von nur 2o cm ist eine besondere baubehördliche Zulassung vorgeschrieben. Seite 8 Forschungsberichte des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums Nordrhein Westfalen T a b e 1 1 e Stein S t e i n a r t Format - mm Steine im Sonder Dicke des Nr.l Länge/Br/Hö. verband behauen Vers.Mauer oder Ergänzungs- werks I n NF steine cm I I a b c d ---1r QI )-tI Vollziegel I 24o/115/71 I behauen J 36,5 ------+---------- --l----- -- 2 I -~ I Hochlochziegel I 24o/115/113 I behauen I --1-~- --- --~ LYUF_-+- _ _ _ _ -1 I 3 1 ,.b Hochlochziegel I_2 4o/17o/113 I I __ ~~ t ~ Griffloch_ 2 _j'4_!F_ ~ Hochlochziegel 4 I ~~ Hochlochziegel I 24ou/ 17o/113 1 ge1r n1.( 2 ZNeFi le 2 I _ ~ mit~riffschlitz ~7i_!F_ ~ 1 l I I 5 I Hochlochziegel --61 J mit beiderseiti-1 I ___..:g;:..e_r_Nu__t ___ __, 3/2 Steine ----1 I I __7 _jI 24o/24o/238 6 NF 1/1 und 3/2 24,o I Anschl. Steine 8 I ---1 I I 9 I a> 1 Hohlblocksteine 4/6 Steine I I .... aus --I .: I Leichtbeton 365~~4o/238 I I -1-o l 1 a> 11 1; 1 und 4;6 ~ I1 9 I Anschl. Steine 1 11 [/) +- 1 -1-2 ~l 'dI l L~ ---- ------l ---i I I I 1>:1 49o/24o/238 4/8 Steine 1 13 1 al I 12 NF I 1/1 und 4/8 I ---+I ~~~------------4~--------~~~~-s_c_hl_._s_te_i_ne -+l--------- ____ 14 I a> I Gasbeton-Voll- I 49o/2oo/238 1 behauen und 1 ~ 1 block I 1/1 u. 4/8 A.St. 2o,o --+j I -1-5 N 1 37o/24o/175 ' I Kalksandstein- I 7 NF I / --- 1 Hohlblöcke ~-- - - --; 4 6 Steine I I 24,o 16 .1 . mit Grifftasche I 37o/24o/238 1/1 und 4/6 1 9 NF 1 ~schl. Steine Seite 9 Forschungsberichte des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums Nordrhein Westfalen T a b e 1 1 e 1 F o r t s e t z u n g Volumen mittl.Rohwichte b.d. Gewicht mittl. Verarb.- des Gewicht - ks: Verarbeitung - kgim3 je m2 Steines Stein unbehauene alle Mauer- Wand Nr. cm3 Steine Steine Beton Steine werk kg e g 1 k I 1 I I 1 : I I I I I 14 23324 2o,91 1 19,96 I 919 1 897 996 199 L l 15 1575o 1 16,76 I 16,33 l 1o64 : 1175 1 282 16-- 21134-l-23,34 +22~51 :-1~4-,-1181- r-2s3-- 1 Seite 1o