Analytik des Mangans in verschiedenen Oxidationsstufen mit spektroskopischen Methoden und Ionenchromatographie Dissertation zur Erlangung des Grades eines Doktors der Naturwissenschaften vorgelegt von Diplom-Chemiker Carsten Rüd aus Aschaffenburg genehmigt von der Fakultät für Natur- und Materialwissenschaften der Technischen Universität Clausthal Tag der mündlichen Prüfung 15.03.2006 Die vorliegende Arbeit wurde am Institut für Anorganische und Analytische Chemie der Technischen Universität Clausthal in der Zeit von Juli 2003 bis Januar 2006 angefertigt. Dekan: Prof. Dr. W. Schade Referent: Prof. Dr. G. Schwedt Koreferent: Prof. Dr. A. Adam Ich möchte mich besonders bedanken bei Herrn Prof. Dr. G. Schwedt für die interessante Themenstellung, die stetige Unterstützung während der Arbeit und die Hilfsbereitschaft bei auftretenden Fragen, Herrn Prof. Dr. A. Adam für die Übernahme des Koreferats, allen Mitarbeitern des Instituts für Anorganische und Analytische Chemie, besonders Frau Petra Lassen, für die Unterstützung bei allen apparativen Fragen und die ausgezeichnete Arbeitsatmosphäre, Herrn Dr. J. C. Namyslo (Inst. f. Organische Chemie, NMR-Messungen), Herrn Dr. M. Tsypukov (Inst. f. Mineralogie, Raman-Spektroskopie), Herrn PD Dr. C. H. Rüscher (Inst. f. Mineralogie der Universität Hannover, NIR-Spektroskopie) und Herrn Dipl.-Chem. U. Polster (Inst. f. Anorganische Chemie der Universität Leipzig, Magnetwaage) für die Möglichkeit, an ihren Geräten Messungen für die Strukturbestimmung des Formaldoximkomplexes durchführen zu können, und nicht zuletzt meinen Eltern und meinem Bruder für ihre Unterstützung und Geduld während Studium und Promotion. Eidesstattliche Erklärung Hiermit erkläre ich an Eides statt, dass ich die vorgelegte Arbeit selbständig, ohne unerlaubte Hilfe verfasst und die benutzten Hilfsmittel vollständig angegeben habe. Inhaltsverzeichnis A) Einleitung und Themenstellung 1 B) Theoretische Grundlagen 3 1. Vorkommen und Bedeutung des Elementes Mangan 3 2. Oxidationsstufen des Mangans 4 2.1 Vorkommen und Stabilität der Mangan-Oxidationsstufen 4 2.2 Mangan als Mineralstoff – Biochemische Bedeutung von Mn(II) und Mn(III) 5 3. Methoden zur analytischen Bestimmung von Manganspezies 7 3.1 Flammen-AAS 8 3.2 UV/VIS-Spektrometrie 8 C) Experimentelle Parameter 13 1. Geräte und Geräteeinstellungen 13 2. Chemikalien 15 D) Resultate und Interpretation 16 1. Untersuchung von definierten Mangan(III)-Komplexen 16 1.1 Charakterisierung der Struktur von Mangan(III)-Formaldoximat 17 1.1.1 Historische Erkenntnisse 17 1.1.2 Herstellung des oxidierten Formaldoximkomplexes des Mangans 19 1.1.3 NMR-Untersuchungen in wässriger Lösung 20 1.1.4 Bestimmung der Oxidationsstufe des Mangans durch UV/VIS- und Raman-Messungen 23 1.1.5 Bestimmung der Koordinationsstellen durch IR-Spektroskopie 29 1.1.6 Weitere Untersuchungen mit Elementaranalyse, Thermogravi- metrie, Magnetochemie und DSC 32 1.1.7 Chemisches Verhalten des Mangan-Formaldoximkomplexes 35 1.1.8 Diskussion der Struktur 36 1.2 Untersuchung weiterer Mangan(III)-Komplexe 38 1.2.1 Mangan-Dithiocarbamate 38 1.2.2 Mangan(III)-EDTA-Komplex 40 1.2.3 Mangan(III)-Phosphatkomplex 42 1.2.4 Mangan(III)-Komplexe in stark saurem Medium 45 2. Analytik von Mangan(IV)-oxid (Braunstein) 49 2.1 Untersuchungen zur Bildung und Löslichkeit von Braunstein mittels AAS 50 2.1.1 Reduktionen 53 2.1.2 Disproportionierungen 54 2.1.3 Komproportionierungen 55 2.1.4 Oxidationen 56 2.2 Quantitative Analyse von Braunstein durch UV/VIS-Spektrometrie 56 2.3 Quantifizierung von Braunstein und Mn2+ nebeneinander durch AAS und UV/VIS-Spektrometrie 59 3. Kinetische Untersuchungen zur Stabilität von Mangan-Oxoanionen 61 3.1 pH-Stabilität von Manganat(VI) 61 3.2 Stabilität von Manganat(VI) neben Permanganat 63 3.3 Stabilität von Permanganat neben Mangan(II) 65 4. Trennmethoden 70 4.1 Ionenpaarchromatographie von Mn(II)/Mn(III) 72 4.2 Ionenpaarchromatographie von Mangankomplexen niedriger Oxidationsstufe neben Permanganationen 78 5. Praktische Anwendungen der Mangan-Speziesanalytik 83 5.1 Winkler-Versuch zur Sauerstoffbestimmung 83 5.2 Verfügbarkeit von Mangan aus Mineralstoffpräparaten 85 5.2.1 Proben und Durchführungsvorschriften 87 5.2.2 Gesamt-Mangangehalte 90 5.2.3 Resultate der Extraktionen 90 5.2.4 Resultate der Ionentauscherexperimente 93 E) Zusammenfassung und Ausblick 99 Literaturangaben 101 Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen 104 Anhang 107 Abkürzungsverzeichnis AAS Atomabsorptionsspektrometrie F-AAS Flammen-Atomabsorptionsspektrometrie abs. absolut BGN Biguanid bidest. bidestilliert B.M. Bohrsche Magnetone 5-Br-PADAP 1-(5-Brom-2-pyridylazo)-2,4-diaminobenzol DCTA 1,2-Diaminocyclohexan-tetraacetat DDC Diethyldithiocarbamat DPP differentielle Puls-Polarographie DSC differential scanning calorimetry EDTA Ethylendiamin-tetraacetat EPR electron paramagnetic resonance ESCA Elektronenspektroskopie zur chemischen Analyse FD Formaldoxim FIR fernes Infrarot HBED N,N´-bis(hydroxybenzyl)ethylendiamin-N,N´-diacetat HPLC high performance liquid chromatography IC Ionenchromatographie ICP-MS inductive coupled plasma – mass spectrometry ICP-OES inductive coupled plasma – optical emission spectrometry i.d.R. in der Regel IPC Ionenpaarchromatographie IR Infrarot NAA Neutronenaktivierungsanalyse NMR nuclear magnetic resonance COSY-NMR correlation spectroscopy - nuclear magnetic resonance Nd-YAG Neodym – Yttrium Aluminium Granat n.q. nicht quantifizierbar Nr. Nummer NTA Nitrilotriacetat n.u. nicht untersucht p.a. pro analysi PAR 4-(2-Pyridylazo)resorcinol PDCA Pyridin-2,6-dicarbonsäure RFA Röntgenfluoreszenzanalyse SEC size exclusion chromatography TBAH Tetrabutylammoniumhydroxid TPP Tetraphenylporphyrin TU Technische Universität UV/VIS ultraviolet and visible region vs. versus Einleitung und Themenstellung 1 A) Einleitung und Themenstellung In der chemischen Analytik spielt nicht nur der Gesamtgehalt eines bestimmten Elementes eine Rolle, sondern auch seine Oxidationsstufe und die Art der Bindungspartner. Die Analytik dieser zusätzlichen Parameter wird als Elementspeziesanalytik bezeichnet. Diese ist deshalb notwendig, weil verschiedene Elementspezies nicht die gleichen chemischen Eigenschaften besitzen und deshalb auf Mensch und Umwelt unterschiedliche Auswirkungen besitzen können. Beispielsweise besitzt Chrom in der Oxidationsstufe +6 eine wesentlich höhere Toxizität als in der Oxidationsstufe +3, bei Arsen sind die anorganischen Formen, vor allem als As(III), deutlich toxischer als Arsenozucker. Auch für die Versorgung des menschlichen Körpers mit Mineralstoffen spielen Elementspezies eine bedeutende Rolle. Entscheidend ist hier, welcher Anteil des zugefügten Mineralstoffes in bioverfügbarer Form vorliegt, also vom Körper aufgenommen werden kann. Bindungen an makromolekulare organische Stoffe oder das Vorhandensein unlöslicher Formen führen oft dazu, dass ein bestimmtes Element wenig bioverfügbar ist. Gelöste freie Ionen können am leichtesten aufgenommen werden, aber auch am leichtesten zu toxischen Wirkungen führen. Auch Pflanzen und Tiere sind auf bioverfügbare Formen der Mineralstoffe angewiesen, so dass auch in der Umweltchemie den unterschiedlichen Elementspezies eine große Bedeutung zukommt. Ebenso kann die Speziesanalytik bei der Charakterisierung von neu synthetisierten anorganischen Verbindungen angewendet werden. In der Elementspeziesanalytik kommen Verfahren zum Einsatz, die in der Lage sind, entweder selektiv eine Bindungsform quantitativ nachzuweisen oder mehrere Spezies voneinander zu trennen. Deswegen sind hier chromatographischen oder selektiven photometrischen bzw. elektrochemischen Methoden den Vorzug zu geben. Atomspektroskopische Methoden sind für die Speziesanalytik nur in Kombination mit einer zusätzlichen Trennung wie Ionenaustausch geeignet. Das Element Mangan spielt sowohl für die Umwelt, beispielsweise bei der Sedimentation von Schadstoffen mit Hilfe von Braunstein, als auch bei der Einleitung und Themenstellung 2 Ernährung, eine besondere Rolle. Mangan wird vielen Mineralstoffpräparaten zugesetzt, da es für den Körper essentiell zum Aufbau mehrerer Enzyme ist. Gerade Mangan kommt in seinen Verbindungen in vielen verschiedenen Oxidationsstufen vor und sowohl in der Natur als auch im menschlichen Körper können jeweils mehrere Formen vorliegen. Aus diesem Grund ist es wichtig, Verfahren für die Analytik von Mangan in verschiedenen Oxidationsstufen zu entwickeln. In der vorliegenden Arbeit wurden Trennmethoden für Mn(II) und Mn(III) bzw. Mn(III) und Mn(VII) entwickelt und die in wässriger Lösung von Mineralstoffpräparaten vorkommenden Manganspezies bestimmt. Außerdem wurden der photometrisch genutzte Mangan-Formaldoximatokomplex neu charakterisiert und mit Hilfe der UV/VIS-Spektrometrie einzelne Oxidationsstufen des Mangans genauer untersucht. Dazu gehörten die qualitative und quantitative Bestimmung von Mn(III)- Komplexen, die Bestimmung von Braunstein gemeinsam mit Mn2+-Ionen und die kinetische Untersuchung der Stabilität von MnO 2-- und MnO --Ionen 4 4 nebeneinander. Theoretische Grundlagen 3 B) Theoretische Grundlagen 1. Vorkommen und Bedeutung des Elementes Mangan Das Element Mangan kommt in der Erdkruste relativ häufig vor, nach Eisen und Titan ist es das am häufigsten vorkommende Nebengruppenelement. Mangan wird überwiegend in oxidischen Erzen angetroffen, von denen Pyrolusit (Braunstein, MnO ), Braunit (Mn O ) und Hausmannit (Mn O ) am häufigsten vorkommen und 2 2 3 3 4 für den Abbau am bedeutendsten sind. Außerdem bestehen die Manganknollen, die weit verbreitet auf dem Grund der Tiefsee vorkommen, zum großen Teil ebenfalls aus Braunstein. Diese werden aber derzeit noch nicht zur Mangangewinnung genutzt. Elementares Mangan wird meist durch Elektrolyse wässriger Manganlösungen gewonnen, allerdings besitzt das metallische Mangan nur wenige Anwendungsmöglichkeiten in der Industrie. Der größte Teil des Mangans wird zur Stahlerzeugung benutzt. Neben „Ferromangan“, einer Eisenlegierung die etwa 80% Mangan enthalten kann, existieren viele weitere Legierungen mit Mangananteil. Zur Erzeugung des Ferromangans wird Braunstein neben Eisenoxid direkt im Hochofen mit Koks zur Reaktion gebracht. Bei der Herstellung praktisch jeder Stahlsorte wird ein geringer Mangananteil zur Entfernung von Schwefel und Sauerstoff benutzt. Braunstein besitzt außerdem vor allem bei der Batterieproduktion und in der Glasindustrie Bedeutung. In der Alkali-Mangan-Batterie und der Zink-Braunstein-Zelle (auch Leclanché-Element genannt) besteht jeweils die Kathode aus Braunstein. In der Glasindustrie wird Braunstein, das in der Glasschmelze zu MnIII reduziert wird [1], zur Produktion von purpurfarbenem Glas und, in stärkerem Maße, zur Entfärbung eisenhaltiger Gläser benutzt. Da vorhandene Fe2+-Ionen Glas oft grünlich färben, wird durch die Zugabe von MnIII, welches komplementäre Farben absorbiert, wieder ein farbloses Glas erzeugt. Theoretische Grundlagen 4 2. Oxidationsstufen des Mangans 2.1 Vorkommen und Stabilität der Mangan-Oxidationsstufen Mangan besitzt von allen Elementen des Periodensystems die meisten nachgewiesenen Oxidationsstufen, nämlich elf. Es wurden Verbindungen mit den Oxidationszahlen von –III bis +VII hergestellt. Zu den Verbindungen mit niedrigen Oxidationsstufen von –III bis +I gelangt man nur durch Reduktion mit starken Reduktionsmitteln wie Alkalimetallen oder LiAlH . Deswegen sind diese 4 Verbindungen für eine Chemie in wässriger Lösung ungeeignet. Auch das Metall selbst reagiert aufgrund seiner vergleichsweise niedrigen Elektronegativität langsam unter Wasserstoffentwicklung mit Wasser. In den Oxidationsstufen +II bis +IV kommt Mangan als Oxid vor, wobei auch das Mischoxid Mn O (korrekt: MnIIMn IIIO ) gefunden wird. In wässriger Lösung liegen 3 4 2 4 hingegen in der Natur nur Manganionen der Oxidationsstufe +II vor, die aufgrund des halbgefüllten d-Orbitals am stabilsten ist. Die thermodynamisch mögliche Oxidation von Mn(II) zu Braunstein läuft aber anders als beim Eisen in neutraler Lösung durch kinetische Hemmung kaum ab. Auch im Labor sind Mn3+ und Mn4+ in freier Form in Lösung nicht existent, durch geeignete Liganden können diese Oxidationsstufen aber als Komplexverbindungen stabilisiert werden. Dafür eignen sich für Mn(III) viele O-Donorliganden sowie Fluorid, für Mn(IV) vor allem Fluorid und Cyanid. Im Gegensatz zu seinen höheren Homologen Technetium und Rhenium wirken beim Mangan alle Oxidationsstufen höher als +2 oxidierend. Schon MnO ist 2 in stark saurer Lösung in der Lage, Chlorid zu Chlor zu oxidieren und MnIII oxidiert als Komplexion in Lösung die meisten organischen Liganden. In den Oxidationsstufen +V bis +VII bildet Mangan Oxoanionen mit der allgemeinen Formel MnO n-. Nur das Manganat(VII), das üblicherweise als Permanganat 4 bezeichnet wird, besitzt dabei eine ausgeprägte pH-Stabilität, während das Manganat(V) und das Manganat(VI) nur in stark alkalischer Lösung stabil gegen Disproportionierung sind. Durch Lichteinwirkung zersetzen sich auch Lösungen des Permanganats unter Sauerstoffentwicklung. Alle Oxoanionen wirken stark oxidierend, wobei in saurer Lösung Mn(II) und in alkalischer Lösung MnO gebildet 2 werden. Auch das gasförmige Mangan(VII)-oxid, das sich durch Einwirkung von
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