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Allegorien des Erzählens: Wilhelm Raabes Jean-Paul-Lektüre PDF

378 Pages·1999·37.983 MB·German
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Christoph Zeller • Allegorien des Erzählens Christoph Zeller Allegorien des Erzählens Wilhelm Raabes lean-Paul-Lektüre Verlag 1. B. Metzler Stuttgart . Weimar Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme ZeDer, Christoph: Allegorien des Erzählens : Wilhelm Raabes Jean-Paul-Lektüre I Christoph Zeller. -Stuttgart ; Weimar : Metzler, 1999 (M-&-P-Schriftenreihe für Wissenschaft und Forschung) ISBN 978-3-476-45218-4 ISBN 978-3-476-45218-4 ISBN 978-3-476-04311-5 (eBook) DOI 10.1007/978-3-476-04311-5 Dieses Werk ist einschließlich aller seiner Teile geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für die Vervielfaltigungen, Übersetzung, Mikroverfilmungen und Einspeicherung in elektronischen Systemen. M & P Schriftenreihe für Wissenschaft und Forschung © 1999 Springer-Verlag GmbH Deutschland Ursprünglich erschienen bei J.B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH in Stuttgart 1999 Detail eines Asaroton, Villa auf dem Avemin, 2. Jh. n. ehr., Rom, Vatikanische Museen. Die Bodenmosaiken verdanken ihren Ursprung den Griechen, und sie wurden nach der Art der Malerei kunstvoll ausgearbeitet, bis sie von farbigen Marmorfußböden verdrängt wurden. Der berühmteste Künstler in dieser Gattung war Sosos, der zu Pergamon den "ungefegten Raum" [asaroton oecon] auslegte, den man so nennt, weil er die Essensabfälle auf den Estrichen und was man sonst wegzukehren pflegt, aus kleinen und verschiedenfarbigen Mosaiksteinchen so nachgebildet hatte, als ob man sie liegengelassen hätte. C. Plinius Secundus d. .4"., Naturalis historiae Ich danke für das Graduiertenstipendium des Lan des Baden-Württemberg, die Betreuung durch die Professoren Reinhard Döhl und Jo achim Bark von der Universität Stuttgart, die Unterstützung meiner Eltern und besonders Inga. Inhalt I. Einleitung 9 II. Stilisierungen 23 1. Wirkungsgeschichte Jean Pauls 29 Antiklassizismus 29 Objektiver Humor 42 2. Selbstbild Raabes 48 3. Jeanpaulisierende Ader 60 Kritiken 60 Forschung 64 III. Idylle (Hastenbeck· Schulmeisterlein Wutz) 74 1. Gattungsgeschichte 75 Dichtungsreflexion 75 Einbildungskraft 82 2. Schulmeisterlein Wutz 93 Bücher machen 93 Gefährdung des Ich 102 3. Allegorie 112 IV. Der 15. November (Chronik· Unsichtbare Loge) 127 1. Biographie und Fiktion 127 Federansetzungstag 129 Tieck 134 2. Semantische Mehrfachbesetzungen 137 3. Vanitas 144 Shakespeare 144 Werther 147 Titan 150 Kompilation 157 v. Das unbekannte innere Afrika (Abu Telfan· Selina) 164 1. Aufknöpfen der schönen Seele 164 Arabesken 167 Rückert 170 1n Go~he 2. Über das Immergrün unserer Gefühle 175 Narrative Experimente 176 Autonomes Ich 179 Spaltungserfahrungen 182 3. Selina 185 Reich des Unbewußten 190 Heimkehr 192 Schäferwelt 196 VI. Humoristische Epiphanien (Stopjkuchen -Siebenkäs) 203 1. Wechsel von Stimmen und Gestalten 203 Die Arche 208 Der Sturm 212 2. Siebenkäs 219 Christus 221 Teufel 228 3. Die Moreske einer Moreske 232 Eduard 239 Über-Ich 245 VII. Sammlung, Montage, Zitat (Wunnigel -Katzenberger) 254 1. Vermischte Schriften 258 Dr. Katzenbergers Badereise 258 Wunnigel 272 2. Sammeln 276 3. Namen 288 Nihilismus 288 Formen der Wiederholung 294 Exkurs: Gutmanns Reisen 304 VIII. Spiel (Altershausen -Jubelsenior) 313 1. Abschied vom Ich 319 2. Erzählspiel 323 Genie und Melancholie 323 Psyche 329 Erzählen 332 3. Arkadien 335 Luise 338 Der Jubelsenior 342 Poetisches Asaroton 350 IX. Schluß 356 X. Literaturverzeichnis 362 I. Einleitung Realismus Raabe erfüllte nicht die Forderungen des programmatischen Realismus. Er schreibe, beklagt ein Kritiker der "Deutschen Literaturzeitung", den Spielhagenschen Theorien durchaus zuwider. Besonders schlimm steht es mit der Objec tivität des Dichters. Wenn wir mitten in den Dingen stecken und seiner am wenigsten gedenken, so taucht er plötzlich vor uns auf, und zwar an seinem Schreibtisch mit Feder, Tinte und Pa pier.! Das Aufzeigen des "Gemachten" störte das ästhetische Empfinden. Keine objektiv und im Sinne mimetischer Abbildbarkeit darzustellende "Realität", kein harmonisch gefügtes Gegenstück zur Außenwelt fand sich in Raabes Literatur.2 Den Schriftstel ler unter den Epochenbegriff des "Realismus" einzuordnen, ist daher problematisch, übliche Definitionsschemata - Realismus als Wiederherstellung eines verlorenen "Sinnzusammenhangs"3, Bestimmung einer Subjekt-Objekt-Relation4 oder als Empi rie einer verborgenen "Wahrheit"5 - verfehlen den artifiziellen Charakter seiner Li- Zitien nach Wilhe1m Raabe: Sämtliche Werke. (Braunschweiger Ausgabe). Im Auftrag der 1 Braunschweigischen Wissenschaftlichen Gesellschaft hg. von Karl Hoppe, später: Jost Schillemeit. Bd. 15. Hg. von Karl Hoppe, Hans Oppermann und Kurt Schreinert. Göttingen '1979. S. 628. Im folgenden sind alle aus dieser Ausgabe (Freiburg i. Br. 1951ff, Göttingen 1961ff) entnommenen An gaben im Text abgekürzt .BA" mit Band-und Seitenangabe. Ich zitiere, soweit möglich, aus der zwei ten, seitengleichen Auflage. Ein Verzeichnis der Abkürzungen befindet sich im Literaturverzeichnis. , Zur Dominanz des .programmatischen" und .bürgerlichen" gegenüber einem .poetischen" Rea lismus vgl. Helmuth Widhammer: Die Literaturtheorie des deutschen Realismus. (1848-1860). Stutt gart 1977. S. 8-17; sowie: Roman und Romantheorie des deutschen Realismus. Darstellung und Do kumente. Hg. von Hans-Joachim Ruckhäberle und Helmuth Widhammer. Kronberg 1977. S. 3-23 und S. 127-142. J Fritz Martini: Wilhe1m Raabes .Prinzessin Fisch". Wirklichkeit und Dichtung im erzählenden Realismus des 19. Jahrhunderts. In: Begriffsbestimmung des literarischen Realismus. Hg. von Richard Brinkmann. Darmstadt 1987. S. 301-336. Hier: S. 304. [Erstmals 1959]. 'Vgl. Richard Brinkmann: Zum Begriff des Realismus für die erzählende Dichtung des neunzehn ten Jahrhunderts. In: Begriffsbestimmung des literarischen Realismus. S. 222-235. Besonders: S. 225. [Erstmals 1958]. 5 Vgl. Ulf Eisele: Empiristischer Realismus. Die epistemologische Problematik einer literarischen Konzeption. In: Bürgerlicher Realismus. Grundlagen und Interpretationen. Hg. von Klaus-Detlef 9 teratur: "Wirklichkeit", so ist mit Blick auf sein Werk festzuhalten, "stellt sich im mer schon und immer nur als eine Art von Text dar, der dadurch als solcher konsti tuiert wird, daß er bestimmten Regeln der inneren Konsistenz gehorcht. Raabes "6 Romane stehen in einer Tradition des Erzählens, die von den an die Weimarer Klas sik angelehnten ästhetischen Dogmen des 19. Jahrhunderts verdrängt wurde. Seine Prosa begründet indes - in anderer literarhistorischer Perspektive gelesen - die selbstreflexive Literatur der Moderne. Intertextualität Die Fabeln der späten Romane, besonders von "Das Odfeld", "Stopfkuchen", "Die Akten des Vogelsangs", "Hastenbeck" oder "Altershausen", sind entsprechend dürf tig, der Anteil an erzählerischen Reflexionen außerordentlich hoch. Der Methodik des Erzählens galt in den letzten Jahren die Aufmerksamkeit der Raabe-Forschung, einer "gedichteten Dichtungstheorie", die "das Erzählte als Artefakt bewußt und zu gleich durchschau bar macht. Die freigelegte Poetologie erfüllt einen Zweck. Sie ,,7 übernimmt die Funktion eines abhandenen linearen Handlungsverlaufs und ver knüpft das heterogene literarische Material, aus dem sich Raabes Werke zusammen- Müller. Königstein/Ts. 1981. S. 74-97. Der in der literaturwissenschaftlichen Diskussion von Martini: Deutsche Literatur im bürgerlichen Realismus. 1848-1898. Stuttgart 31974. S. 1-115, nachhaltig ge prägte Epochenbegriff erfähn in neuerer Zeit beachtenswene Modifikationen, so etwa durch Hans Vilmar Geppen, der auf C. S. Peirce Zeichentheorie (z. T. auch auf Max Benses Semiotik) zurück greift, vgl. ders.: Der realistische Weg. Formen pragmatischen Erzählens bei Balzac, Dickens, Hardy, Keller, Raabe und anderen Autoren des 19. Jahrhundens. Tübingen 1994. [Communicatio. Studien zur europäischen Literatur-und Kulturgeschichte. Bd. 5]. 6 Hans Blumenberg: Wirklichkeitsbegriff und Möglichkeit des Romans. In: Nachahmung und Il lusion. Hg. von Hans Roben Jauß. München '1983. [Poetik und Hermeneutik. Bd. I]. S. 9-27. Hier: S. 21. Zeitgenössische Positionen und Stellungnahmen zur Theorie und Geschichte des Realismusbe griffs in der Literatur sind versammelt in: Realismus und Gründerzeit. Manifeste und Dokumente zur deutschen Literatur 1848-1880. Hg. von Max Bucher u. a. . Bd. 2. Manifeste und Dokumente. Stuttgart 1975. 7 Hans-Jürgen Schrader: Gedichtete Dichtungstheorie im Werk Raabes. Exemplifizien an "Alte Nester". In: Jahrbuch der Raabe-Gesellschaft [im folgenden JbRG] 1989. S. 1-27. Hier: S. 25. Zu nen nen ist vor allem Heinrich Deterings Studie: Theodizee und Erzählverfahren. Narrative Experimente mit religiösen Modellen im Werk Wilhe1m Raabes. Göttingen 1990. [Palaestra. Untersuchungen aus der deutschen, englischen und skandinavischen Philologie. Bd. 289]. 10

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