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Alien PDF

268 Pages·2010·1.4 MB·German
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ALAN DEAN FOSTER ALIEN DAS UNHEIMLICHE WESEN AUS EINER FREMDEN WELT Nach dem Drehbuch von Dan O'Bannon. Idee von Dan O'Bannon und Ronald Shusett Copyright © 1979 by Twentieth Century Fox mit freundlicher Genehmigung von Wamer Books, Inc., New York. Copyright © der deutschen Ausgabe 1979 by Wilhelm Heyne Verlag GmbH & Co. KG, München. Scan, Korrekturlesen, Satz & Layout: waldschrat Aus dem Englischen von Heinz Nagel. Der Band ist bereits in der Reihe Heyne Science Fiction unter der Nr. 06/3722 in der 16. Auflage erschienen. 2 1. Sieben Träumer. Damit wir uns richtig verstehen, es waren keine berufsmä­ ßigen Träumer. Berufsmäßige Träumer sind hochbezahlte, sehr gesuchte Talente. Diese sieben träumten wie die meisten von uns, ohne Anstrengung und ohne Disziplin. Berufsmäßig zu träumen, so, daß diese Träume aufgezeichnet und zur Unter­ haltung anderer wieder abgespielt werden können, ist eine viel kompliziertere Sache. Man braucht dazu die Fähigkeit, halbbewußte kreative Impul­ se zu lenken und seine Fantasie zu strukturieren, und das ist außerordentlich schwierig. Berufsmäßige Träumer sind gleichzeitig die am besten organisierten von allen Künstlern ­ und dennoch die spontansten. Es sind Menschen, die auf subtile Art Spekulationen inein­ ander verweben können, nicht schwerfällig und gerade wie Sie oder ich, oder eben diese sieben Schläfer. Von ihnen allen kam Ripley dieser speziellen Fähigkeit noch am nächsten. Sie hatte ein gewisses Talent zum Träumen und eine flexiblere Fantasie als ihre Begleiter. Aber die richtige Inspiration fehlte ihr und auch die ausgeprägte gedankliche Reife, die für Berufsträumer so charakteristisch ist. Sie verstand sich sehr gut darauf, Vorräte und Ladung zu organisieren, Karton A in Lagerraum B zu verstauen oder Ladepläne abzustimmen. Im Lagerhaus des Geistes funktio­ nierte ihr Ablagesystem nicht so gut. Hoffnungen und Ängste, Spekulationen und halb abgeschlossene Kreativorgänge rutschten willkürlich von einem Abteil ins andere. Deckoffizier Ripley brauchte mehr Selbstkontrolle. Ihre wirren Träume warteten darauf, angezapft und geformt zu werden, warteten unter der Oberfläche der Realisierung. 3 Etwas mehr Mühe, intensivere Selbstbetrachtung, und sie hätte eine gute Träumerin abgegeben. Wenigstens glaubte sie das manchmal. Captain Dallas andererseits schien zwar träge, war aber von ihnen allen am besten organisiert. Auch an der Fantasie gebrach es ihm nicht. Das bewies sein Bart. Niemand nahm einen Bart mit in die Kühltruhen. Niemand außer Dallas. Der Bart war ein Te il seiner Persönlichkeit, hatte er mehr als einmal neugierigen Reisegefährten erklärt. Er war ebensowenig bereit, sich von dem antiken Gesichtsgestrüpp zu trennen wie von irgendwelchen anderen Teilen seiner Anatomie. Dallas war Kapitän zweier Schiffe: des Interstellarschleppers Nostromo und seines Körpers, und beide blieben intakt, ob er nun träumte oder wachte. Er verfügte also über die lenkende Fähigkeit und ein gewisses Maß an Fantasie. Aber ein berufsmäßiger Träumer braucht wesentlich mehr als ein gewisses Maß von letzterer, und was hier fehlt, läßt sich auch nicht durch ein Übermaß ersterer ausgleichen. Dallas eignete sich auch nicht mehr zum Träumer als Ripley. Kane war in seinen Gedanken und Handlungen weniger systematisch als Dallas und besaß viel weniger Fantasie. Er war ein guter Erster Offizier. Kapitän würde er nie werden. Das erfordert ein großes Maß an Risikobereitschaft, in Verbindung mit der Autorität, anderen Befehle zu erteilen, und beides besaß Kane nicht. Seine Träume waren - verglichen mit denen von Dallas - durchsichtige, formlose Schatten, ebenso wie Kane selbst ein dünneres weniger vibrierendes Echo des Kapitäns war. Das machte ihn nicht weniger beliebt. Aber berufsmäßiges Träumen erfordert ein gewisses Maß an Extraenergie, und Kane hatte kaum genug für das alltägliche Leben. Parkers Träume waren nicht unangenehm, aber sie waren 4 nicht so beschaulich wie die Kanes. In ihnen steckte kaum Fantasie. Sie waren zu spezialisiert und befaßten sich nur selten mit menschlichen Dingen. Man konnte aber auch von einem Schiffsingenieur erwarten, daß er von Dingen träumte, die ihn hauptsächlich beschäftigten. Seine Träume waren direkt und gelegentlich häßlich. Im Wachzustand zeigte sich dieser tief vergrabene Unrat nur selten, nur dann, wenn der Ingenie ur gereizt oder verärgert war. Den größten Teil des Schlamms und der Verachtung, die auf dem Grunde der Zisterne seiner Seele vor sich hinfermentierten, hielt er gut verborgen. Seine Schiffs­ genossen blickten nie über den destillierten Parker hinaus, der oben schwebte, bekamen das nie zu sehen, was in seinem Innern brodelte. Lambert war mehr eine Inspiration von Träumern als selbst eine Träumerin. Im Hyperschlaf waren ihre ruhelosen Grübe­ leien mit Intersystem-Kursberechnungen und Ladefaktoren angefüllt, überlagert von Treibstoffberechnungen für Kurskor­ rekturen und Beschleunigungsphasen. Gelegentlich drang auch etwas Fantasie in derartige Traumstrukturen ein, aber nie in einer Art und Weise, die das Blut anderer hätte in Wallung bringen können. Parker und Brett stellten sich oft vor, wie ihre eigenen Syste­ me sich mit den ihren verknüpften. Sie betrachteten die Frage von Ladefaktoren und räumlichen Beziehungen in einer Art und Weise, die Lambert wütend gemacht haben würde, hätte sie davon gewußt. Sie behielten solch unautorisierte Grübeleien für sich, sicher in Tagträumen und Nachtträumen verschlossen, um sie nicht wild zu machen. Es war nicht gut, Lambert zu ärgern. Als Navigatorin der Nostromo war sie in erster Linie dafür verantwortlich, daß sie wieder sicher nach Hause zurückkehrten, und das war das Wünschenswerteste, was jedermann sich vorstellen konnte. Brett stand in der Liste als Techniker der Ingenieurabteilung. 5 Das besagte einfach, daß er ebenso intelligent und gut ausge­ bildet wie Parker war, aber nicht den gleichen Rang innehatte. Die beiden Männer bildeten ein seltsames Paar, ungleich und für Außenstehende völlig verschieden. Und doch gab es zwischen ihnen eine Art Koexistenz, die hervorragend funktio­ nierte. Zum größten Teil war ihr Erfolg als Freunde und Kollegen darauf zurückzuführen, daß Brett nie in Parkers geistige Regionen eindrang. Der Techniker war in seiner Haltung und seiner Sprache ebenso ernst und phlegmatisch wie Parker sprunghaft und gesprächig war. Parker konnte stunden­ lang über das Versagen eines Mikrochip schimpfen und fluchen und seine Vorfahren bis zu dem Stück Erde zurück verfluchen, aus dem man seine Bestandteile abgebaut hatte, und Brett würde dann nur ganz geduldig »richtig« sagen. Für Brett war dieses eine Wort viel mehr als ein bloßer Aus­ druck seiner Meinung. Für ihn war es Selbstbestätigung. Für ihn war Schweigen die sauberste Form der Kommunikation. Gesprächigkeit war für ihn Geschwätzigkeit, Narretei. Und dann war da noch Ash. Ash war der Wissenschaftsoffi­ zier, aber nicht das war es, was seine Träume so komisch machte. Komisch im Sinne von seltsam, nicht im Sinne von spaßig. Seine Träume waren die professionell am besten organisierten der ganzen Mannschaft. Von ihnen allen kamen seine Träume seinem Verhalten im Wachzustand am nächsten, Ashs Träume waren ohne jede Illusion. Wenn man Ash wirklich kannte, überraschte das nicht. Aber keiner seiner sechs Mannschaftsgefährten kannte ihn. Ash kannte sich gut. Wenn man ihn fragte, hätte er einem sagen können, warum er nie ein berufsmäßiger Träumer geworden war. Aber niemand kam je auf die Idee, ihn zu fragen, obwohl der Wissenschaftsoffizier ganz eindeutig das professionelle Träumen faszinierender fand als sonst einer von ihnen. Oh, und da war dann noch die Katze. Sie hieß Jones. Eine 6 ganz gewöhnliche Hauskatze oder in diesem Falle Schiffskatze. Jones war ein großer gelber Kater unbestimmter Herkunft und höchst unabhängig, seit langer Zeit an die Unberechenbarkeiten der Schiffsreise und die Eigentümlichkeiten der Menschen gewöhnt, die durch das Weltall rasten. Auch er schlief den kalten Schlaf und träumte einfache Träume von warmen, trockenen, dunklen Orten und von Mäusen, die der Schwerkraft unterworfen waren. Von allen Träumern an Bord war er der einzig zufriedene, wenn man ihn auch nic ht unschuldig nennen konnte. Es war jammerschade, daß keiner von ihnen als berufsmäßi­ ger Träumer qualifiziert war, da jeder von ihnen im Laufe seiner Arbeit mehr Zeit zum Träumen hatte als ein Dutzend Professionelle, und dies, obwohl ihr Traumtempo durch den kalten Schlaf verlangsamt wurde. Die Notwendigkeit machte das Träumen zu ihrer wichtigsten Zerstreuung, eine Tiefraum­ mannschaft kann in den Kühltruhen nichts anderes tun als schlafen und träumen. Sie würden vielleicht immer Amateure bleiben, aber sie waren schon vor langer Zeit sehr kompetente Amateure geworden. Sieben Menschen unterwegs. Sieben stille Träumer auf der Suche nach einem Alptraum. Die Nostromo besaß zwar auch ein gewisses Bewußtsein, aber sie träumte nicht. Sie brauchte das nicht, ebensowenig wie sie auch die Kühltruhen nicht brauchte. Wenn sie träumte, mußten das kurze und flüchtige Träume sein, denn sie schlief nie. Sie arbeitete und funktionierte und sorgte dafür, daß ihre im Winterschlaf befindliche menschliche Besatzung stets dem immer bereiten Tod einen Schritt voraus blieb, einem Tod, der dem kalten Schlaf folgte, wie ein großer grauer Hai einem Schiff auf hoher See. Beweise für die nie ruhende mechanische Wachsamkeit der Nostromo waren überall auf dem ruhigen Schiff zu finden, in 7 eine m leisen Summen und in Lichtern, die den Lebensatem des instrumentellen Bewußtseins bildeten. Diese Wachsamkeit erfüllte das ganze Schiff und manifestierte sich in Sensoren, die dauernd jeden Stromkreis und jede Strebe überprüften. Auch draußen hatte die Nostromo Sensoren, die den Puls des Kosmos fühlten. Und diese Sensoren hatten eine elektromagnetische Anomalie entdeckt. Ein Teil des Gehirns der Nostromo war besonders dafür begabt, Sinn und Vernunft aus Anomalien herauszudestillieren. Diese hier hatte es gründlich durchgekaut, den Geschmack seltsam gefunden, die Ergebnisse der Analyse untersucht und eine Entscheidung getroffen. Schlummernde Instrumente wurden aktiviert, schlafende Stromkreise aufgeweckt, um den Fluß der Elektronen zu regulieren. Zur Feier dieser Entsche i­ dung flackerten ganze Reihen strahlender Lichter auf, Anzei­ chen eines sich regenden mechanischen Lebens. Ein deutliches Summen ertönte, wenn auch im Augenblick nur künstliche Trommelfelle es hören und registrieren konnten. Es war ein Geräusch, das auf der Nostromo eine ganze Weile lang nicht gehört worden war, und es kündigte einen seltenen Vorgang an. In dieser erwachenden Flasche, in der es summte und klickte, in der Geräte miteinander in Verbindung traten, lag ein ganz besonderer Raum. In diesem Raum aus weißem Metall lagen sieben Kokons aus schneeweißem Metall und Plastik. Ein neues Geräusch erfüllte diesen Raum, ein explosives Ausatmen, das ihn mit frisch gesäuberter atembarer Atmosphä­ re erfüllte. Die Menschheit hatte sich freiwillig in diese Lage versetzt und vertraute diesen kleinen blechernen Göttern, wie die Nostromo einer war, daß sie ihm den Atem des Lebens lieferten, wenn sie selbst nicht dazu imstande war. Sinnesorgane jenes halbbewußten elektronischen Wesens schmeckten die neu aus getretene Luft ab und kamen zu dem 8 Schluß, daß sie geeignet war, in solch zerbrechlichen organi­ schen Gebilden wie der Mensch es war, das Leben zu aktivie­ ren. Weitere Lichter flammten auf, Schalter schlossen sich, Stromkreise erwachten. Die Deckel der sieben Kokons öffneten sich, und Licht fiel auf die Gebilde, die in ihnen ruhten. Ihrer Träume beraubt waren die sieben Mitglieder der Mannschaft der Nostromo noch weniger eindrucksvoll als im Hyperschlaf. Zum einen waren sie von der schützenden Cryoschlafflüssig­ keit patschnaß, die ihre Körper gefüllt und umgeben hatte. Schleim jeder Art, so stärkend er auch sein mag, ist nicht kleidsam. Zum anderen waren sie nackt, und die Flüssigkeit war ein armseliger Ersatz für die schlankmachenden und formgebenden Effekte der künstlichen Häute, die man Kleider nennt. »Herrgott«, murmelte Lambert und wischte sich angewidert Flüssigkeit von den Schultern und der Brust, »ist mir kalt!« Sie trat aus dem Sarg, der Leben statt Tod bewahrte und suchte in einem Wandschrank herum. Mit dem Handtuch, das sie dort fand, begann sie sich den durchsichtigen Sirup von den Beinen zu wisehen. »Warum, zum Teufel, kann Mutter das Schiff nicht wärmen, ehe sie uns weckt!« Sie war mit dem Abreiben ihrer Füße beschäftigt und versuchte sich zu erinnern, wo sie ihre Kleider verstaut hatte. »Das weißt du doch.« Parker war zu sehr mit seiner eigenen klebrigen und müden Person beschäftigt, um die nackte Navigatorin anzustarren. »Vorschrift der Gesellschaft. Energie sparen, also billig wie alles. Warum Energie damit vergeuden, die Kühlabteilung vor dem Aufwecken zu erwärmen, wenn es reichte, die Körper auf Temperatur zu bringen! Außerdem ist es immer kalt, wenn man aus dem Hyperschlaf kommt. Du weißt doch, auf welche Temperatur du in der Truhe abgekühlt wirst.« 9 »Ja sicher, weiß ich. Trotzdem ist es kalt.« Das murmelte sie nur, weil sie wußte, daß Parker völlig recht hatte, sich aber ärgerte, das zugeben zu müssen. Sie hatte den Ingenieur noch nie sonderlich leiden können. Verdammt, Mutter, dachte sie und sah die Gänsehaut an ihrem Unterarm an, mach schon warm! Dallas rubbelte sich ab und wischte sich das letzte Cry­ oschlafzeug vom Körper. Dabei versuchte er, nicht auf etwas zu starren, das die anderen nicht sehen konnten. Es war ihm schon aufgefallen, ehe er aus der Kühltruhe gestiegen war. Das Schiff hatte es so eingerichtet. »Die Arbeit wird uns schnell genug warm machen.« Lambert murmelte etwas Unverständliches. »Alle an die Plätze. Ich nehme an, ihr erinnert euch noch alle daran, wofür ihr bezahlt werdet. Davon abgesehen, hoffe ich, daß ihr eure Probleme ausschlafen habt können.« Niemand lächelte oder ging auf seine Bemerkung ein. Parker sah zu seinem Partner hinüber, der sich gerade in seiner Kühltruhe aufsetzte. »Morgen, immer noch bei uns, Brett?« »Hm.« »Haben wir ein Glück.« Das kam von Ripley. Sie dehnte sich und machte eine wesent­ lich ästhetischere Bewegung daraus als all die anderen. »Nett zu wissen, daß unser Hauptgesprächskünstler immer noch so geschwätzig wie eh und je ist.« Brett lächelte nur, sagte aber nichts. Er war ebenso gesprächig wie die Maschinen, die er bediente, und die siebenköpfige Mannschaftsfamilie machte sich darüber ununterbrochen lustig. Das heißt, sie lachten mit ihm, nicht über ihn. Dallas machte Rumpfbeugen, die Ellbogen parallel zum Boden, die Hände vor der Brust. Er bildete sich ein, er könnte seine lange nicht gebrauchten Muskeln ächzen hören. Das 10

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