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alexis PDF

148 Pages·1956·1.01 MB·German
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yourcenar . alexis marguerite yourcenar ALEXIS oder der vergebliche kampf Mit einem Nachwort zur deutschen Ausgabe scherz & goverts verlag stuttgart Deutsche Übertragung von Richard Moering Titel der französischen Originalausgabe »Alexis ou le Traité du vain combat« Erschienen bei Librairie Plon, Paris Alle deutschen Rechte bei Scherz & Goverts Verlag GmbH. Stuttgart . Schutz- umschlag und Einband von Gunter Böhmer . Satz und Druck der Buch- druckerei Eugen Göbel, Tübingen . Gebunden bei Heinr. Koch, Tübingen Papier von der Papierfabrik Bohnenberger, Niefern . Printed in Germany Ihm gewidmet D ieser Brief, liebe Freundin, wird sehr lang werden. Ich liebe das Schreiben nicht besonders. Ich habe oft gelesen, daß die Worte den Gedanken verraten. Es will mir scheinen, als ob dies vor allem von den geschriebenen Worten gilt. Sie wissen selber, was nach zwei Übersetzungen von einem Text übrig bleibt. Außerdem bin ich wenig geübt im Schreiben. Wer schreibt, muß stän- dig zwischen zahllosen Ausdrücken wählen, von denen ihm keiner – besonders nicht ohne die an- dern – genugtut. Und doch sollte ich eigentlich wissen, daß nur die Musik erlaubt, Akkorde mit- einander zu verbinden. Jeder Brief, auch der längste, zwingt uns, die Dinge gegen ihren Willen zu ver- einfachen. Wir werden sofort unklar, wenn wir gründlich sein wollen. Ich möchte hier nicht nur aufrichtig sein, sondern auch genau. Auf diesen Sei- ten werden viele Stellen wieder durchstrichen wer- den – einige sind es schon. Und nun noch meine einzige und letzte Bitte: lesen Sie über keine dieser Zeilen hinweg, die mir noch so viel Qual bereiten 7 werden. Wenn es schon schwer genug ist zu leben, so ist es fast unmöglich, sein Leben zu erklären. Vielleicht wäre ich besser nicht abgereist ohne ein Wort zu sagen, als hätte ich mich geschämt oder als hätten Sie alles verstanden. Ich hätte lieber leise und langsam mit Ihnen sprechen sollen, in einem vertrauten Zimmer und im Dämmer einer Abend- stunde, wo einer den andern so wenig sieht, daß man fast alles zu gestehen wagt. Aber, liebe Freun- din, ich kenne Sie und kenne Ihre Güte. Eine solche ›Beichte‹ hat leicht auch etwas Klägliches, Mitleid- erregendes. Sie würden mich bedauern und würden glauben, mich deshalb auch zu verstehen. Ich kenne Sie. Sie würden mir die Erniedrigung einer so lan- gen Erklärung ersparen wollen und mich allzufrüh unterbrechen; und ich würde schwach genug sein, bei jedem Satz auf eine Unterbrechung zu hoffen. Sie haben noch eine andere Eigenschaft – vielleicht ist es eine Schwäche –, die ich nicht mißbrauchen will. Ich werde übrigens gleich darauf zurückkom- men. Ich fühle mich Ihnen gegenüber so schuldig, daß ich eine gewisse Distanz zwischen mich und Ihr Mitgefühl legen muß. Ich rede nicht von meiner Kunst. Sie lesen keine Zeitungen, haben aber sicherlich durch gemeinsame Freunde erfahren, daß ich, wie man sagt, Erfolg hatte; was im Grunde darauf hinausläuft, daß viele 8

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