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Alexandra Lutz, Öffentlichkeitsarbeit im Archiv. Eine vergleichende Untersuchung zu den Formen PDF

55 Pages·2003·0.41 MB·German
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Vom “bloßen Geklapper” zur “zwingenden Notwendigkeit”? Eine Untersuchung zu den Formen und dem Stellenwert der Öffentlichkeitsarbeit in Staatsarchiven fünf verschiedener Bundesländer und dem Bundesarchiv am Standort Koblenz Transferarbeit im Rahmen der Ausbildung für den Höheren Archivdienst vorgelegt von Alexandra Lutz 36. Wissenschaftlicher Kurs Marburg, den 4. April 2003 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 1.1. Öffentlichkeitsarbeit in der Fachdiskussion und der Praxis - ein Überblick S. 1 1.2. Fragestellung und Methode der Untersuchung S. 5 1.3. Vorstellung der beteiligten Archive S. 6 2. Gesetzliche und konzeptionelle Vorgaben 2.1. Gesetze S. 11 2.2. Leitbilder und Zielvorstellungen S. 12 2.3. Konzeptionen S. 12 3. Formen der Öffentlichkeitsarbeit - Aktivitäten 3.1. Ausstellungen S. 15 3.2. Vorträge S. 19 3.3. Tage der offenen Tür und weitere “Events” S. 20 3.4. Führungen S. 23 3.5. Archivpädagogik S. 25 3.6. Kurse, Seminare, Tagungen, Kolloquien S. 27 3.7. Behördenarbeit als Öffentlichkeitsarbeit? S. 28 3.8. Weitere Planungen der untersuchten Archive S. 29 4. Formen der Öffentlichkeitsarbeit - Medien 4.1. Publikationen S. 31 4.2. Internet S. 33 4.3. Pressearbeit S. 37 4.4. Werbung S. 38 5 . Schluss Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den untersuchten Staatsarchiven - S. 39 Einflussfaktoren und Erklärungsansätze 6. Anhang 6.1. Quellen S. 43 6.2. Literatur S. 44 6.3. Fragebogen S. 48 Zusammenfassung Die Formen und der Stellenwert der Öffentlichkeitsarbeit in den staatlichen Archiven haben bislang noch keine eingehende Untersuchung erfahren. Dies liegt zum Teil an der Konzentration auf das Tagesgeschäft in den jeweiligen Archiven, an der fehlenden Zeit für einen Blick über den eigenen Tellerrand. Wesentlich ist auch, dass Öffentlichkeitsarbeit, gemessen an der “Lebensdauer” der Archive, noch keine lange Tradition besitzt und im staatlichen Bereich immer noch umstritten ist. Die Untersuchung der Veranstaltungen, die im letzten Jahr in Staatsarchiven der Bundesländer Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Schleswig-Holstein sowie dem Bundesarchiv am Standort Koblenz angeboten wurden, zeigt allerdings, dass der Öffentlichkeitsarbeit in der Praxis der Archive längst ein hoher Stellenwert beigemessen wird. Ausstellungen, Führungen und Vorträge, die zum Kanon der klassisch zu nennenden Veranstaltungsangebote zählen, gab es in allen untersuchten Archiven. Regionale und archivspezifische Unterschiede zeigten sich jedoch bei größeren Veranstaltungen wie den Tagen der offenen Tür, bei den archivpädagogischen Angeboten und den Informationsveranstaltungen für Behörden. Das Medium der Presseberichterstattung wird als Multiplikator und wichtiges Instrument der Öffentlichkeitsarbeit hingegen von allen Archiven gepflegt. Die Gestaltung des Internetangebots sieht in den Staatsarchiven wiederum unterschiedlich aus. Diese Unterschiede im Veranstaltungsangebot und der Ausrichtung der Öffentlichkeitsarbeit können zu einem Teil durch die finanziellen Mittel erklärt werden. Als weitere Einflussfaktoren treten in dieser Untersuchung die Standortbedingungen der Archive, die Größe und das kulturelle Angebot einer Stadt und die Frage nach der Präsenz der Universitäten, aber auch die Bestände- und Nutzungsstruktur und die räumlichen Möglichkeiten der Archive hervor. Wesentlich sind ebenso das Berufsbild, das in den jeweiligen Archiven gepflegt wird, und die “Philosophie des Hauses”. Für die Betreuung der Transferarbeit möchte ich mich herzlich bei Dr. Nils Brühbach und Dr. Robert Kretzschmar bedanken. Dank schulde ich auch den Ansprechpartnern in den verschiedenen Archiven, die mir im Rahmen eines Interviews und ergänzender Telefonate umfassende Auskünfte erteilten. Zu nennen sind hier Dr. Malte Bischoff (Landesarchiv Schleswig- Holstein), Dr. Beate Dorfey (Landeshauptarchiv Koblenz), Dr. Bettina Martin-Weber und Gisela Müller (Bundesarchiv / Standort Koblenz), Dr. Karl Murk (Staatsarchiv Marburg) und Dr. Andrea Wettmann (Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden). Dank geht zudem an die weiteren Mitarbeiter des Hauptstaatsarchivs Stuttgart Dr. Franz Moegle-Hofacker, Petra Schön, Christine Bührlen-Grabinger und Dr. Peter Rückert sowie an die Mitarbeiter der Landesarchivdirektion, die mich mit Informationen zu den verschiedensten Aspekten dieser Untersuchung “versorgten”. 1.1. Öffentlichkeitsarbeit in der Fachdiskussion und in der Praxis - ein Überblick Der Gedanke der Öffentlichkeit oder gar der Öffentlichkeitsarbeit spielte in der Geschichte des Archivwesens über große Zeiträume hindurch keine Rolle, da Archive bis zum Ausgang der Frühen Neuzeit eng mit Herrscherhäusern verknüpft waren und einen “integralen Bestandteil der herrscherlichen Geheimnissphäre” bildeten.1 Mit der französischen Revolution und dem Ende des Ancien régime wandelten sich die Archive zu Institutionen, die der Allgemeinheit zugänglich sein sollten.2 In der archivischen Praxis galt diese Öffnung für die Allgemeinheit jedoch nur in begrenztem Maße, die vielzitierte “Erklärung der archivischen Menschenrechte” erschöpfte sich lange Zeit in einer “Allzugänglichkeit der Archive für wissenschaftlich Forschende”.3 Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann sich allmählich ein stärkeres Bewusstsein dafür durchzusetzen, dass Archive nicht allein für wissenschaftliche Nutzer, sondern auch für private Forschungen und damit in gewissem Sinne für die Allgemeinheit zugänglich sein sollten.4 Mit den ersten Dauerausstellungen im ausgehenden 19. Jahrhundert und beginnenden 20. Jahrhundert entstanden schließlich erste Ansätze einer Öffentlichkeitsarbeit, die zunächst vorrangig über die jeweilige Landesgeschichte zu informieren suchte.5 Der engen Verbindung von historischem und archivarischem Arbeiten im 19. und frühen 20. Jahrhundert entsprechend hatte man weiterhin stets eigene Forschungsarbeiten und Veröffentlichungen präsentiert und damit ebenfalls eine Öffentlichkeitsarbeit im Sinne der historischen Bildungsarbeit gepflegt. In den späten 60er Jahren des 20. Jahrhunderts begann man dagegen, über die historische und politische Verantwortung der Archivare zu reflektieren und die Vermittlung von Wissen über das eigene Arbeiten an die breite Öffentlichkeit als Teil der eigenen Aufgaben zu begreifen.6 Eine erste Auseinandersetzung mit dem Begriff der Öffentlichkeitsarbeit, den damit verbundenen Zielen und Methoden leistete Hans Booms 1969 auf dem 45. Deutschen Archivtag. In seinem, im folgenden Jahr veröffentlichten Aufsatz mit dem Titel “Öffentlichkeitsarbeit der Archive - Voraussetzungen und Möglichkeiten” hatte er Öffentlichkeitsarbeit als “werbende Selbstdarstellung” und als “Vertrauenswerbung in eigener Sache und für das eigene Prestige” definiert. Zweck dieser Vertrauenswerbung sei es, “sich die öffentliche Geltung zu verschaffen, die erforderlich ist, um durch ein Einwirken auf die öffentliche Meinung eine Änderung menschlicher 1 Vgl. J. Friedrich Battenberg, Der Funktionswandel der Archive vom 18. Jahrhundert bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts, in: 50 Jahre Verein deutscher Archivare. Bilanz und Perspektiven des Archivwesens in Deutschland. Referate des 67. Deutschen Archivtags und des Internationalen Kolloquiums zum Thema: Die Rolle der archivarischen Fachverbände in der Entwicklung des Berufsstandes, 17. - 20. September 1996, Siegburg 1988 (Der Archivar; Beibd. 2), S. 101-114, hier S. 107. 2 Battenberg, Funktionswandel, S. 107, 113. 3 Hans Booms, Öffentlichkeitsarbeit und Archive - Voraussetzungen und Möglichkeiten. Vortrag des 45. Deutschen Archivtags, in: Der Archivar 23 (1970), Sp. 15 - 32, hier Sp. 22. 4 Vgl. Friedrich Meinecke, Erlebtes 1862-1901, Leipzig 1941, S. 141. 5 So im Gebiet des heutigen Baden-Württembergs zuerst 1886 im Generallandesarchiv Karlsruhe und 1906 im damaligen Stuttgarter Archiv; vgl. Gregor Richter, Öffentlichkeitsarbeit, Bildungsarbeit und Unterrichtsdienste der Archive, in: Aus der Arbeit des Archivars. Festschrift für Eberhard Gönner, hrsg. von Gregor Richter, Stuttgart 1986 (Veröffentlichungen der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württembergs; 44), S. 23 - 41, hier S. 24, 25. 6 Unklar ist, wie die Entwicklung in der DDR verlief. Hier gab es keine Offenheit und Gleichbehandlung der Nutzer, die unabhängig von der persönlichen und politischen Einstellung gewesen wäre; Formen von Öffentlichkeitsarbeit existierten dennoch. Zu fragen wäre, inwieweit diese der Vermittlung von Wissen über die Archive oder der historischen Bildungsarbeit und dabei zugleich der Propagierung der SED-Politik diente. Vorstellungs- und Verhaltensweise herbeizuführen”.7 Booms plädierte entschieden für eine aktivere Öffentlichkeitsarbeit. Sie sei notwendig, weil das Wissen um die Allzugänglichkeit der archivischen Quellen nach wie vor nur unter Wissenschaftlern verbreitet sei. In einer demokratischen Gesellschaft benötige aber auch die breite Bevölkerung dieses Wissen um die “egalitäre Teilhabe am archivischen Informationsspeicher” und um die “Möglichkeit zur Wahrnehmung eines grundsätzlich unumschränkten Informationsrechtes”.8 Die Kenntnis der eigenen Vergangenheit bilde einen wichtigen Bestandteil der politischen Mündigkeit der Bürger, so dass die Archivare in einer demokratischen Gesellschaft geradezu zu einer Öffentlichkeitsarbeit im Sinne öffentlicher Bildungsarbeit verpflichtet seien. Sie sollten hierbei nicht nur auf die herkömmlichen Mittel der Öffentlichkeitsarbeit wie Archivalienausstellung, Vortragsreihen, Führungen und Publikationen zurückgreifen, sondern dürften “auf alle erdenkliche Weisen an die archivalischen Quellen heranführen” und auch die Massenmedien wie Zeitungen, Rundfunk und Fernsehen nutzen. Booms Ausführungen läuteten einen Wandel im Selbstverständnis der Archivare ein und sind vor dem Hintergrund der einsetzenden Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus zu sehen. Sie markierten den Beginn einer Auseinandersetzung mit der Bedeutung von Öffentlichkeit, die sich von nun an in der Fachdebatte und der Praxis der Archive widerspiegeln sollte.9 In zahlreichen Archiven wurden nun, als erste intensivere Bemühungen um die Öffentlichkeitsarbeit, mehr und mehr Ausstellungen gezeigt. Dies zeigt unter anderem das Beispiel Baden- Württembergs, in dem die Zahl der Ausstellungen seit dem Beginn der 70er Jahre deutlich zunahm. In nahezu allen Archiven präsentierte man nun größere Ausstellungen,10 gleichzeitig bemühte man sich, durch Führungen mehr Menschen an die Archive heranzuführen.11 Die Annahme dieser Angebote wurde durch das zunehmende Geschichtsbewusstsein der breiteren Bevölkerung gestützt, das sich in den 80er Jahren unter anderem im dem Boom der Lokalgeschichte und dem Aufkommen der “Barfußhistorie” manifestierte. In der 1981 von der Landesarchivdirektion herausgegebenen Publikation über das staatliche Archivwesen in Baden- Württemberg sah man die Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit dementsprechend bereits als eine 7 Diese Definition hat inzwischen mehrfach Kritik erfahren. So betonte Gregor Richter 1986, daß im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit nicht immer positive Sachverhalte dargestellt werden müssen, sondern auch negative Meldungen wie Personalmangel, der schlechten Erhaltungszustand eines Gebäudes oder der Restaurationsbedarf der Archivalien thematisiert werden müsse; vgl. Richter, Öffentlichkeitsarbeit, hier S. 28. Wie Michael Kunczik aufzeigt, lassen sich in der Literatur inzwischen Hunderte von Definitionen finden; vgl. Michael Kunczik, Geschichte der Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland, Köln, Weimar, Wien 1997 (Public Relations; 4), S. 4. Allerdings werden in dem meisten Definitionen Kriterien benannt, die weitgehend mit der Definition von Booms übereinstimmen. Als kleinste gemeinsame Nenner werden stets die Intentionen aufgeführt, Akzeptanz und Glaubwürdigkeit in der Bevölkerung zu erreichen, Verständnis und Vertrauen für Entscheidungen aufzubauen, Sympathie, Ansehen und Wohlwollen zu schaffen, den Bekanntheitsgrad zu erhöhen und ein bestimmtes Image aufzubauen. 8 Booms, Öffentlichkeitsarbeit, Sp. 21. 9 Eine Liste entsprechenden Veröffentlichungen liefert Richter, Öffentlichkeitsarbeit, S. 26, Fußnote 11 und 12. 10 Vgl. Joachim Fischer, Das Staatsarchiv Freiburg 1947-1997. 50 Jahre Dienstleistungen für die Öffentlichkeit, in: Archiv und Öffentlichkeit. Aspekte einer Beziehung im Wandel, hrsg. von Konrad Krimm und Herwig John, Stuttgart 1997 (Werkhefte der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg, Serie A, Heft 9), S. 111 - 129, hier S. 127, 128. 11 So fanden beispielsweise im Staatsarchiv Freiburg in den Jahren von 1970 bis 1985 besonders häufig Führungen statt; vgl. Fischer, Staatsarchiv Freiburg, S. 127, hier Fußnote 107. Amtsaufgabe an.12 Als Aktivitäten wurden hier die Archivalienausstellungen, die Bildungsarbeit für Universitäten und Schulen sowie andere Gruppierungen, die Mitwirkung bei kulturellen Veranstaltungen, die Publikation archivischer Informationsmittel und die Presse-, Rundfunk- und Fernseharbeit aufgeführt. In der Praxis nahm vor allem die Zahl der Ausstellungen weiter zu, wurde doch beispielsweise in Stuttgart seit 1981 eine Ausstellung pro Jahr präsentiert; seit den 90er Jahren war es schließlich üblich, zwei bis drei Ausstellungen im Jahr zu zeigen.13 Neben den Ausstellungen zu historischen Ereignissen und Jubiläen wurden in Baden-Württemberg auch Ausstellungen erarbeitet, in denen das Archiv und die archivarischen Tätigkeiten thematisiert wurden. 1984 zeigte die Landesarchivdirektion eine Ausstellung zum Thema “Vom Pergament zum Computer”, die in den folgenden Jahren als Wanderausstellung durch das Land ging und bis 1990 in sieben verschiedenen Städten gezeigt wurde. In ähnlicher Weise hatten die Landesbibliothek Karlsruhe und das Generallandesarchiv Karlsruhe 1997 eine Wanderausstellung erarbeitet, in der die Dienstleistungen des Staatsarchivs und damit auch die archivarischen Tätigkeiten dargestellt wurden. Ausstellungen wie Führungen etablierten sich nicht nur in Baden-Württemberg, sondern in den Archiven der anderen Bundesländer als fester Bestandteil der Öffentlichkeitsarbeit.14 Sie zählten neben den Führungen und Vortragsreihen der Geschichtsvereine zum klassischen Kanon der Angebote an die Öffentlichkeit.15 Dieser Ausbau der Angebote an die Öffentlichkeit wurde in der Fachwelt durch eine Debatte um den Stellenwert und die Kosten der Öffentlichkeitsarbeit begleitet. So hatte zuerst Gregor Richter in einem Aufsatz von 1986 den Begriff der Öffentlichkeitsarbeit näher betrachtet und die Konsequenzen hinsichtlich der Personalausstattung, der Haushaltsmittel und der räumlichen Voraussetzungen erläutert.16 Er betonte, dass die Sorge mancher Archivare, dass die Öffentlichkeitsarbeit die Archivare von ihren “hauptsächlichsten” Aufgaben abhalten könne, durchaus zu recht bestehe.17 Dies dürfe jedoch nicht zu einer Abwendung von den Aufgaben der Bildungsarbeit führen, sondern müsse zu der Ermittlung und Einforderung der nötigen Personal- und Sachmittel führen. 1993 wurde auf dem Augsburger Archivtag erneut über die Kernaufgaben und damit über die Notwendigkeit von Öffentlichkeitsarbeit debattiert. Thematisiert wurde dies 12 Wilfried Schöntag, Hermann Bannasch, Hartmut Weber, Perspektivplan für die Staatliche Archivverwaltung in Baden-Württemberg, Stuttgart 1981, S. 37-41. 13 Konrad Krimm, Ausstellungen der baden-württembergischen Staatsarchive 1964 - 1996, in: Archiv und Öffentlichkeit, S. 314-320. 14 Dies kann meines Erachtens trotz der mitunter geäußerten Kritik am hohen Personal- und Kostenaufwand der Ausstellungen konstatiert werden, siehe z.B. Volker Eichler, Zimelienschau oder historische Bildungsarbeit?Zur Fortbildungsveranstaltung über “Historische Ausstellungen als Aufgabe der Archive”, in: Der Archivar 39 (1986), S. 286-289. Auch in dem Sammelband “Archiv und Öffentlichkeit”, der 1997 von der Landesarchivdirektion Baden-Württemberg herausgegeben wurde, liegt der Schwerpunkt der Aufsätze zur Öffentlichkeitsarbeit auf den Ausstellungen. 15 Bilanzen wurden vorwiegend für die Ausstellungen gezogen. So resümiert beispielsweise Wilfried Rößling in seinem Aufsatz über die Ausstellungen im Generallandesarchiv, dass das Archiv heute durch seine Ausstellungstätigkeit einen ganz anderen Stellenwert im Bewusstsein der Öffentlichkeit besitze als noch vor 25 Jahren, vgl. Wilfried Rößling, Ausstellungen des Generallandesarchivs Karlsruhe. Eine Bilanz nach 25 Jahren, in: Archiv und Öffentlichkeit, S. 275 - 285, hier S. 285. Dagegen kam Dieter Speck zu dem Ergebnis, dass gerade in kleineren Archiven der Aufwand und die Kosten der Ausstellungen in keinem Verhältnis zum Ergebnis ständen; vgl. Dieter Speck, Archiv mit Schaufenster. Überlegungen zur Öffentlichkeitsarbeit des Freiburger Universitätsarchivs, in: Archiv und Öffentlichkeit, S. 305 -313, hier S. 307. 16 Richter, Öffentlichkeitsarbeit, S. 23 - 41. 17 Richter, Öffentlichkeitsarbeit. S. 32. ebenso in dem 1997 erschienenen Sammelband der baden-württembergischen Landesarchivdirektion über “Archiv und Öffentlichkeit”. Gerhard Taddey brachte die Skepsis gegenüber der Öffentlichkeitsarbeit mit dem Titel seines Aufsatzes “Öffentlichkeitsarbeit - eine Aufgabe der Staatsarchive?” auf den Punkt. Er erläuterte die bestehenden Debatten und konstatierte schließlich trotz der omnipräsenten Kostendiskussionen, dass sich Staatarchive den Luxus nicht leisten könnten, ohne Präsenz in der Öffentlichkeit ihre Arbeit zu tun.18 Anders argumentierte im selben Jahr Hans Wilhelm Eckardt in einem Aufsatz über die Aufgaben eines zeitgemäßen Archivs. Er trat dafür ein, dass die Archive erst die Kernaufgaben zu erledigen hätten und dann - bei vorhandenen Ressourcen - eine historisch-politische Bildungsarbeit wahrnehmen sollten.19 In den letzten Jahren sind die Kostendebatten ein kontinuierlicher Begleiter der archivischen Öffentlichkeitsarbeit geblieben, die Diskussionen sind inzwischen aber auf der einen Seite von Stichworten wie “Sparzwang” und “Finanznot”, auf der anderen Seite von den programmatischen Kernpunkten der Verwaltungsreform und von Begriffen wie “Kundenorientierung”, “Produktkatalog” und “Dienstleistung” geprägt.20 Diese Neudefinition der Archive als Dienstleistungsbetriebe impliziert trotz der knappen Finanzen ein stärkeres Engagement im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit. So hob beispielsweise Robert Kretzschmar in einem Vortrag über “Neue Aufgaben, neue Erwartungen, neue Kunden - staatliche Archive in der Veränderung” anlässlich eines Kolloquiums zum 25jährigen Bestehen der Landesarchivdirektion im November 2000 hervor, dass der oberste Dienstherr eine professionelle Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit von den Archiven erwarte.21 Neben diesen fachlichen Debatten und Positionierungen entstanden bislang nur wenige Untersuchungen zur Öffentlichkeitsarbeit. In den Veröffentlichungen wurde die Öffentlichkeitsarbeit meistens nur unter einem Aspekt - so beispielsweise der Ausstellungstätigkeit - oder für einzelne Archive resümiert, während die wissenschaftliche Analyse des Themas noch in den Kinderschuhen steckt. Einen Anfang machte 1997 Bettina Wischhöfer mit einer systemtheoretischen Annäherung an die Thematik.22 Ihre Ausführungen wurden in einer Examensarbeit von Ursula Meier weiterentwickelt, die unter Betreuung von Dr. Nils Brühbach von der Archivschule Marburg geschrieben und im Februar 2003 an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Chur eingereicht wurde. Ursula Meier leitete hierin aus Talcott Parsons Systemtheorie ein Analyse-Instrumentarium für die Öffentlichkeitsarbeit ab und beschrieb ein Vier- Phasen-Modell 18 Gerhard Taddey, Öffentlichkeitsarbeit - eine Aufgabe der Staatsarchive?, in: Archiv und Öffentlichkeit, S. 267 - 274, hier S. 274. 19 Hans Wilhelm Eckardt, Kern und Schale. Überlegungen zu den Aufgaben eines zeitgemäßen Archivs: Bewahren und Berichten. Festschrift für Hans-Dieter Loose zum 60. Geburtstag (Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte 83/1 (1997), S. 27-52. 20 Eine Vorstellung der Vorgaben der Verwaltungsreform und der daraus resultierenden Folgen für die Archivverwaltung bietet für Baden-Württemberg ein Aufsatz von Nicole Bickhoff, Produkte und Leistungen der Staatlichen Archivverwaltung: Archivfachliche Ziele und ihre Umsetzung, in: http://www.lad- bw.de/lad/ladkoll2000Bickhoff.htm 21 Robert Kretzschmar, neue Aufgaben, neue Erwartungen, neue Kunden - staatliche Archive in der Veränderung. Referat, gehalten am 17. November 2000 in Ludwigsburg auf dem Kolloquium der Landesarchivdirektion Baden-Württemberg aus Anlass ihres 25jährigen Bestehens, unter: http://www.lad- bw.de/lad/ladkoll2000Kretschmar.htm 22 Bettina Wischhöfer, Öffentlichkeitsarbeit und Archiv. Systemtheoretische Überlegungen, in: Aus evangelischen Archiven 36 (1997), S. 31 - 42. von Ist-Analyse, Planung, Durchführung und Erfolgskontrolle. Kern ihrer Arbeit stellt die Beschreibung der Fragen dar, die sich die Archivare in diesen einzelnen Arbeitsschritten zu stellen haben. Im Anschluss hieran bietet sie eine Auflistung der möglichen Formen der Öffentlichkeitsarbeit.23 Im Gegensatz zu diesen theoretisch orientierten Ansätzen wird in der folgenden Transferarbeit die Praxis der verschiedenen Staatsarchive in Mittelpunkt der Analyse stehen. 1.2. Fragestellung und Methodik der Untersuchung In der folgenden Untersuchung wird die Öffentlichkeitsarbeit in fünf Staatsarchiven der Bundesländer Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Schleswig- Holstein sowie dem Bundesarchiv am Standort Koblenz eingehend analysiert. Die Archive werden zuvor hinsichtlich ihrer Bestände, Nutzungsstrukturen, Standorte und der organisatorischen Struktur der Öffentlichkeitsarbeit vorgestellt. Im Anschluss hieran sollen dann die gesetzlichen und konzeptionellen Vorgaben zur Öffentlichkeitsarbeit in den verschiedenen Bundesländern herausgearbeitet werden. Dabei geht es in einem ersten Analyseschritt darum, die Archivgesetze der jeweiligen Bundesländer in Hinblick auf ihren Aussagewert zur Öffentlichkeitsarbeit zu untersuchen. Dies erscheint notwendig, weil die bisherige Debatte überwiegend von der baden- württembergischen Gesetzeslage ausgeht und die Unterschiede zwischen den Bundesländern außer acht lässt. In einem zweiten Schritt sollen die Leitbilder und Zielvorstellungen der Archive einbezogen und nach dem dort deutlich werdenden Stellenwert der Öffentlichkeitsarbeit befragt werden. Schließlich werden die konzeptionellen Vorgaben, die für einzelne Archive vorliegen, näher betrachtet. Das dritte Kapitel stellt die Aktivitäten, die im letzten Jahr in den Archiven angeboten wurden, in den Vordergrund.24 Hier wird es darum gehen, die jeweiligen Veranstaltungstypen zu charakterisieren und wenn möglich hinsichtlich ihrer Zielgruppen und Wirksamkeit einzuschätzen. Dabei kann es sich allerdings nur um Annäherungen handeln, da die Indikatoren der Resonanz wie die Besucherzahlen und die Berichterstattung der lokalen Presse mit Vorsicht behandelt werden müssen. So kann die Wirkung einer Ausstellung nicht allein aus der Besucherzahl abgelesen werden, weitere Angaben - beispielsweise die Verweildauer der Besucher - standen allerdings nur äußerst selten zur Verfügung. Im Mittelpunkt des vierten Kapitels stehen die Medien, mittels derer die Archive auf ihre Aufgaben und Funktionen sowie ihr Veranstaltungsangebote aufmerksam machen. In einem ersten Abschnitt sollen die Publikationen, die Materialien zur ersten Information über das Archiv und zur Nutzereinführung sowie die Periodika wie die “Archivnachrichten” untersucht werden. Im Mittelpunkt des zweiten Abschnitts steht das Internetangebot der Archive und deren Annahme durch die Nutzer. Anschließend werden die Zusammenarbeit mit der Presse und die Häufigkeit der Berichterstattung sowie die Werbung 23 Ursula Meier, Leitfaden für eine Konzeption für Öffentlichkeitsarbeit in Archiven. Diplomarbeit der Hochschule für Technik und Wirtschaft Chur, Februar 2003. 24 Einbezogen wurden mitunter auch Veranstaltungen, die in den Jahren zuvor angeboten worden waren, so beispielsweise der Tag der Archive 2001. fürs Archiv analysiert. Zum Schluss der Arbeit sollen die bisherigen Tendenzen wie auch die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der jeweiligen Häuser zusammengefasst und “Standortfaktoren” aufgezeigt werden. Eine Beantwortung der oben aufgeworfenen Fragenkomplexe wurde durch Interviews mit den zuständigen Referenten der Archive und durch die ergänzende Analyse des Schriftguts zur Öffentlichkeitsarbeit möglich. Der Fragebogen, der die Grundlage der Interviews darstellte, ist im Anhang beigefügt. Eine Versendung der Fragebögen und eine Beschränkung auf eine Auswertung schriftlicher Antworten erschienen aus mehreren Gründen als wenig sinnvoll. So zeigen Erfahrungen aus anderen Untersuchungen, dass zumeist nur mit einer geringen Rücklaufquote zu rechnen ist und zudem eine lange Zeitspanne für derartige Untersuchungsverfahren eingeplant werden muss. Daneben bietet das Interview jedoch auch zahlreiche methodische Vorteile. So war jederzeit die Möglichkeit von Nachfragen gegeben, zudem hatten die Gesprächspartner durch den relativ offenen Gesprächsverlauf stets eigene Schwerpunkte setzen können. Die Interviews wurden stets vor Ort geführt; eine Ausnahme stellte das Sächsische Hauptstaatsarchiv in Dresden dar, in dem die zuständige Referentin telefonisch befragt wurde. Ein Besuch in den jeweiligen Archiven erschien jedoch in der Regel auch deshalb als sinnvoll, weil hierüber Eindrücke von dem Archiv und dessen Benutzungs- wie Veranstaltungsräumen gewonnen werden konnten. Bei der Auswertung von Materialien der jeweiligen Archive waren zunächst die Benutzerinformationen, die in den Lesesälen zur Vorstellung des Archivs und zur ersten Nutzerinformation ausliegen, aber auch weitere Produkte der Öffentlichkeitsarbeit wie Broschüren oder Periodika von Interesse. Neben diesen Produkten wurden als weitere “Quellen” Leitbilder, Zielkonzeptionen und die Archivgesetze herangezogen. Wesentlich waren allerdings auch die Internetauftritte der Archive und die bisher entstandene Literatur zum Thema. 1.3. Vorstellung der beteiligten Archive Das Hauptstaatsarchiv Stuttgart ist Ministerialarchiv des Landes Baden-Württemberg und zugleich Archiv der ehemaligen württembergischen Zentralbehörden. Neben den Beständen des württembergischen Hofes weist das Staatsarchiv einen reichen Bestand zu den neuwürttembergischen Territorien, den säkularisierten Klöstern und mediatisierten Reichsstädten auf. Das Hauptstaatsarchiv befindet sich im Zentrum der etwa 600.000 Einwohner zählenden Stadt, in Nähe der Fußgängerzone und lediglich zehn Minuten vom Hauptbahnhof entfernt. Das Archiv liegt in der “Kulturmeile” der Stadt in direkter Nähe der Staatsgalerie und des Hauses der Geschichte sowie des Landesmuseums. Im Jahr 2001 wurden 1039 Nutzungsanträge gestellt und 4122 Nutzungstage verzeichnet, im Folgejahr fielen die Nutzungszahlen aufgrund einer renovierungsbedingten fünfwöchigen Schließung des Lesesaales deutlich geringer aus.25 Für die Verteilung der wissenschaftlichen, heimatkundlichen und genealogischen Nutzungen liegen nur 25 2002 wurden nur 899 Anträge gestellt und 3477 Nutzungstage registriert. ältere Zahlen vor, die hier dennoch als Anhaltspunkt genannt werden sollen: In den Jahren von 1986 bis 1992 lag der Anteil der wissenschaftlichen Nutzer zwischen 46 % und 54 %, der Anteil der Heimatforscher zwischen 29 % und 30 % und der Anteil der Genealogen jeweils bei etwa 20 %. Das Hauptstaatsarchiv besitzt einen eigenen Ausstellungsraum, darüber hinaus bietet das Foyer des Hauses Platz für weitere Ausstellungen. Für Veranstaltungen steht ein Vortragssaal mit 70 bis 90 Plätzen zur Verfügung, für größere Veranstaltungen mit bis zu 200 Besuchern wird das Foyer im ersten Stock genutzt. Das Sächsische Hauptstaatsarchiv Dresden ist für die Überlieferung der Ministerien des Freistaates Sachsen und für das Schriftgut der Gerichte, Behörden und öffentlichen Stellen im Regierungsbezirk Dresden zuständig. Es stellte bis 1933 das einzige Archiv in Sachsen dar und verwahrt neben den neueren Beständen die Überlieferung der Hof- und Zentralverwaltung der Wettiner bis 1485, des Albertinischen Herzogtums und Kurfürstentums sowie Königreichs Sachsen 1485 - 1831. Es ist ebenso wie das Stuttgarter Hauptstaatsarchiv mitten in der Innenstadt gelegen und mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar. Das Dresdner Archiv zählt mit zu den am stärksten frequentierten Archiven Deutschlands. Im letzten Jahr wurden 1768 Nutzungsanträge gestellt und 9223 Nutzungstage gezählt. Damit lag die Nutzung etwas unter dem sonstigen jährlichen Durchschnitt von 10.000 bis 11.000 Nutzungstagen, da 2002 einige Bestände wegen umfangreicher Umpackungsarbeiten gesperrt werden mussten. Der Anteil der wissenschaftlichen Nutzer lag im letzten Jahr bei 49 %, weitere 17 % waren aus heimatkundlichem Interesse und 13 % aus familienkundlichem Interesse in das Hauptstaatsarchiv gekommen.26 Das 1915 bezogene Gebäude besitzt keine Räume für größere Veranstaltungen und für Ausstellungen, lediglich für Veranstaltungen mit maximal 40 Teilnehmern steht ein größerer Besprechungsraum zur Verfügung. Die meisten Veranstaltungen müssen außerhalb des Hauses stattfinden, Ausstellungen werden stets in anderen Institutionen gezeigt. Das Staatsarchiv Marburg wurde 1870 durch die Vereinigung der ehemaligen kurhessischen Archive als preußisches Provinzialarchiv eingerichtet und ist heute für die Übernahme des Schriftgutes der Behörden des Regierungsbezirks Kassel und Teile des Regierungsbezirks Gießen zuständig. Archiviert wird hier die historische Überlieferung aller staatlichen Institutionen, die zuvor in diesem Raum existiert haben. Das Staatsarchiv liegt im Südviertel der 25.000 Einwohner zählenden Stadt und etwa 20 Minuten vom Hauptbahnhof entfernt, es gibt eine gute Busanbindung. Im Jahr werden im Durchschnitt 900 Nutzungsanträge gestellt. Der Anteil der wissenschaftlichen Nutzungen liegt mit durchschnittlich 55 % sehr hoch, weitere 28 % der Nutzungen waren durch Heimatforscher und 11 % durch Genealogen erfolgt. Das Archiv verfügt über keinen eigenen Ausstellungsraum, die Ausstellungen werden im Atrium des Archivs gezeigt, das die Nutzer für den Zugang zum Lesesaal durchqueren. Für Veranstaltungen wie Tagungen 26 Die übrigen Nutzungen verteilen sich auf Amtliches, Erwerbszwecke und Privates.

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Formen und dem Stellenwert der Öffentlichkeitsarbeit in Staatsarchiven fünf verschiedener der Öffentlichkeitsarbeit hingegen von allen Archiven gepflegt. Untersuchungen, dass zumeist nur mit einer geringen Rücklaufquote zu.
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