DER INDUSTRIEOFEN IN EINZELDARSTELLUNGEN HERAUSGEBER: OB.-ING. L. LITINSKY LEIPZIG BAND: III ABMESSUNGEN VON HOCH- UND MARTINÖFEN VON MICHAEL PAVLOFF 0. Ö. PROFESSOR AM LENINORADER POLYTECHNISCHEN INSTITUT UNTER MITWIRKUNO DES VERFASSERS AUS DEM RUSSISCHEN ÜBERSETZT VON PR 0 F. F. D RE Y E R SPRINGER-VERLAG BERLIN HEIDELBERG GMBH 1928 ABMESSUNGEN VON HOCH· UND MARTINÖFEN VON MICHAEL PAVLOFF O. Ö. PROFESSOR AM LENINGRADER POLYTECHNISCHEN INSTITUT UNTER MITWIRKUNG DES VERFASSERS AUS DEM RUSSISCHEN ÜBERSETZT VON P R 0 F. F. D R E Y E R MIT 150 FIGUREN IM TEXT UND AUF 4 TAFELN SOWIE 3 TABELLENTAFELN SPRINGER-VERLAG BERLIN HEIDELBERG GMBH 1928 ©SPRINGER-VERLAG BERLIN HEIDELBERG 1928 URSPRÜNGLICH ERSCHIENEN BEI OTTO SPAMER LEIPZIG 1928 SOFTCOVER REPRINT OF THE HARDCOVER 1ST EDITION 1928 Additional material to this book can be downloaded from http://extras.springer.com ISBN 978-3-662-33747-9 ISBN 978-3-662-34145-2 (eBook) DOI 10.1007/978-3-662-34145-2 Vorwort des Herausgebers. Bei der immer mehr durchdringenden Erkenntnis der Notwendigkeit der Spezialisierung auf allen Gebieten der Industrie und der Technik kann folgerichtig auch das Gebiet der technischen Literatur nicht ausgeschaltet werden. Es leuchtet ohne weiteres ein, daß in technischen Werken von mehr oder weniger zusammenfassendem Inhalt den einzelnen Gebieten der Technik schon allein aus Raumgründen nicht eine solche Behandlung zuteil werden kann, wie diese es eigentlich ihrer Natur und Bedeutung nach beanspruchen könnten. Diese Tatsache zwingt deshalb zu gleichzeitiger Anschaffung von mehreren Büchern, in welchen das fragliche Spezialgebiet häufig nur frag mentarisch behandelt wird, und verursacht nicht selten insofern unnütze Aus gaben, als ein großer Teil des sonstigen Inhaltes des angeschafften Buches den Spezialfachmann gar nicht interessiert. Es kommt noch hinzu, daß das Nachsuchen in mehreren Werken mit Verlust an kostbarer Zeit verbunden ist. Eine Sparwirtschaft und Rationalisierung muß deshalb auch auf dem Gebiet der technischen Literatur mit angewendet werden. Von allen Gebieten der technischen Literatur ist kein einziges bis jetzt dermaßen vernachlässigt worden wie das Gebiet der in du s tri e ll e n Öfen. Die wenigen vorhandenen Werke behandeln gleichzeitig mehrere Gebiete; über viele industrielle Öfen ist in der Buchliteratur überhaupt nur wenig zu finden. Bedenkt man, daß der In du s tri e o f e n die Seele beinahe eines jeden industriellen Prozesses ist, so sieht man ein, daß in bezug auf Bücher auf diesem Gebiete ein unzweifelhafter Mangel herrscht, dem unbedingt abgeholfen werden muß. Nach dem vorHegenden Plan soll jeder industrielle 0 f e n in einem b e sondere n Buch für sich behandelt werden. Es ist eine Reihe voneinander unabhängiger Einzelbücher geplant, und zwar zunächst über folgendes : Hochöfen, Siemens-Martin-Öfen und andere Stahlwerksöfen, Kokereiöfen, Gaswerksöfen, Schwelöfen, Zementbrennöfen, Kalkbrennöfen, Keramische Brennöfen, Öfen zum Brennen von Dolomit, Magnesit usw., Ziegelbrennöfen, Porzellanbrennöfen, Brennöfen für feuerfeste Erzeugnisse, Glasschmelzöfen, Emaillieröfen, Holzverkohlungsöfen, Ofenberechnungen, Grundlagen des Ofenbaues, Wärmetechnik im Ofenbau, Torfverkohlungsöfen, Gießereiöfen, Öfen der chemischen Industrie, Erzröstöfen, Metallschmelzöfen, Destillier und Raffinieröfen, Hüttenmännische Öfen, Gaserzeuger für Industrieöfen, Baustoffe der Industrieöfen, Wärmeregeneration in den industriellen Ofen anlagen, Betriebsüberwachung der industriellen Ofenanlagen, industrielle Ofenheizgase, Schornsteine, Abhitzeverwertung in den Industrieöfen, Staub feuerung in den Industrieöfen usw. usw. VI Vorwort des Herausgebers. Bis jetzt sind, mit Ausnahme des vorliegenden, folgende Bände der Samm lung erschienen: I. Hans von Jüptner, Wärmetechnische Grundlagen der In dustrieöfen und 2. Ernst Cotel, Der Siemens-Martinofcn. Weitere Bände be finden sich in Vorbereitung. Ich hoffe durch die Herausgabe der Sammlung "Der Industrieofen in Einzeldarstellungen" einem wirklichen Bedürfnis entsprochen zu haben und bitte die Herrn Fachgenossen mich durch Verbesserungswünsche und weitere Anregungen zu unterstützen. IJ, Litinsky. Vorwort. Das Erscheinen der vorliegenden Anleitung zur Bestimmung der Abmes sungen von Hoch- und Martinöfen bedarf wohl kaum einer Begründung: die angehenden Hüttenleute beschäftigen sich schon als Studenten mit dem Entwerfen von Öfen und machen sich durch praktische Übungen mit den Methoden zur Ermittlung ihrer Abmessungen vertraut. Für sie war dieser Leitfaden in erster Linie bestimmt, doch fand er, wie der rasche Absatz der ersten und zweiten russischen Auflage zeigte, auch unter den im Betriebe stehenden Ingenieuren weite Verbreitung, besonders in den Konstruktions bureaus der Werke. Die Art, wie der Verfasser die Angaben der Praxis zur Bestimmung von Abmessungen von Hoch- und Martinöfen verwertet, ist den Eisenhüttenleuten, soweit sie deutsche Quellen verfolgen, nicht fremd: der vom Verfasser 1910 veröffentlichte erste Nachtrag zu seinem Hochofenatlas enthielt im erläutern den Text auch Hinweise auf die Methode der Bestimmung von Hochofen abmessungen. Über die Martinöfen hat der Verfasser nach Erscheinen der zweiten russischen Auflage der "Martinöfen" im Verlage Julius Springer l9ll ein Büchlein "Die Abmessungen der Martinöfen nach empirischen Daten" veröffentlicht, das jedoch schon längst vergriffen ist. In vorliegender deutscher Ausgabe, einer Übersetzung der dritten russischen Auflage, ist die Methode des Verfassers dem Wesen nach unverändert ge blieben; infolge des Wandels in den Abmessungen, Arbeitsbedingungen und Leistungen der Öfen mußten die Zahlenangaben revidiert und teilweise ge ändert und ein historischer Überblick angeschlossen werden. Herr Ober ingenieur L. Litinsky, der die "Bestimmung der Abmessungen" (2. Aufl.) in russischer Sprache gelesen hatte, schlug dem Verfasser vor, sie in der von ihm herausgegebenen Bücherreihe "Der Industrieofen" in deutscher Sprache erscheinen zu lassen. Der Verlag Otto Spamer übernahm die Drucklegung, und mein verehrter Kollege, Herr Professor F. Dreyer, fand sich freundlich bereit, die Übersetzung zu besorgen. Allen den genannten Herren, insbesondere dem Verleger, spricht der Verfasser seinen Dank aus und knüpft daran die Hoffnung, daß ihre Arbeit und die Aufwendungen des Verlages von den Eisen hü ttenleuten, die deutsche Bücher lesen, gewürdigt werden. Leningrad, I. Oktober 1927. Der Verfasser. Inhaltsverzeichnis. Seite Hochöfen: I. Entwicklung der Abmessungen und des Profils der Hochöfen. 1. Einleitung . . . . . . . . . . 1 2. Profile der Holzkohlenhochöfen . 8 3. Profile der Kokshochöfen . . . . 14 4. Profile mit Rohkohle betriebener Öfen . 25 II. Bestimmung der Abmessungen von Hochöfen. I. Inhalt des Hochofens . 28 2. Höhe des Hochofens . 31 3. Das Gestell . . . . . 32 4. Kohlensack und Rast. 37 5. Der Schacht 39 6. Berechnungsbeispiele . 41 Martinöfen: I. Entwicklung der Abmessungen und der Konstruktion der Martinöfen. 1. Die ersten Öfen (1865-1880) . . . . 51 2. Die Öfen der Übergangszeit (1880 bis 1895) 56 3. Moderne Öfen . . . . . . . . . . . . . . 73 II. Abmessungen von Martinöfen nach Versuchsdaten. A. Gewöhnliche Gasöfen 87 I. Der Herdraum 87 2. Köpfe . . . . . 92 3. Wärmespeicher 95 4. Essenkanäle und Umsteuerungsvorrichtungen 98 B. Mit flüssigem Brennstoff betriebene Öfen . . . . 100 C. Vorfrischeröfen und Öfen für kontinuierlichen Betrieb lOI D. Abmessungen einiger bestehender Öfen . . . IOl III. Stoff- und Wärmehaushalt des Martinprozesses. 1. Allgemeine Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 2. Der basische Prozeß mit festem Einsatz . . . . . . . 104 3. Das Erzverfahren ausschließlich mit flüssigem Roheisen (ohne Schrott) 110 IV. Anwendung der Ergebnisse des Material- und Wärmehaushaltes auf Berechnung von Martinöfen. Beisp. I : Das Schrottverfahren mit festem Einsatz . 115 a) Der Herdraum 116 b) Köpfe . . . . . . . . . . 116 c) Wärmespeicher . . . . . . 117 d) Kanäle, Ventile und Kamin 120 Beisp. 2: Das Erzverfahren mit flüssigem Roheisen 121 a) Der Herdraum 122 b) Köpfe 122 c) Wärmespeicher 123 VIII Inhaltsverzeichnis. Seite Beisp. 3: Das Erzverfahren unter Anwendung einer Mischung von Koksofengas und Gichtgas. . . . . . . . . . . . . 124 Beisp. 4: Das Schrottverfahren mit Rohölheizung 128 V. Kontrolle der Abmessungen von 100-t-Martinöfen. A. Der Herdraum . 133 B. Köpfe . . . . . . . . . . . 136 C. Wärmespeicher . . . . . . . 138 D. Ventile, Kanäle und Kamin . 139 Namenregister . . . . . . . . . . . 142 Sachregister . . . . . . . . . . . . 143 Tafel I: Abmessungen von Hochöfen. Tafel II-IV: Abmessungen und Profile von Hochöfen. Tafel V u. VI: Abmessungen von Martinöfen. Tafel VII: Bauarten von Martinöfen. Hochöfen. I. Entwicklung der Abmessungen und des Profils der Hochöfen. 1. Einleitung. l. Der Hochofen ist aus dem Stückofen entstanden, in welchem nach dem Rennverfahren unmittelbar aus Erzen Eisen gewonnen wurde. Zwei ab gestumpfte Kegel, an den großen Grundflächen aneinandergefügt, begrenzen mit feuerfestem Gemäuer den Arbeitsraum des Stückofens. Die Höhe betrug gewöhnlich nicht über 4,5 mundder Durchmesser (in der Höhe des Kohlen sacks) 1,5-1,8 m; im senkrechten Schnitt besteht ein solcher Arbeitsraum aus zwei Trapezen, wie in Fig. 1 dargestellt. Die ersten Hochöfen hatten einen ähnlichen Umriß (oder Profil) des Arbeitsraumes, doch eine etwas größere Höhe; eine bedeutende Vergrößerung r_ ____ ;; _____ der Höhe galt in Anbetracht der geringen Festigkeit o, 162 der Holzkohle für unmöglich. J., Da man beim Übergang vom Rennverfahren zum " Hochofenprozeß eine Höhensteigerung für ausgeschlossen o; hielt, begann man den Querschnitt des Arbeitsraumes ~ I zu vergrößern, um durch bedeutenderen Inhalt des Ofens -> ,----1 eine größere tägliche Roheisenschmelzung zu ermöglichen. ~ Der Erweiterung des oberen Ofenteils - an der Öffnung, _____ j durch welche die Schmelzmaterialien eingeführt wurden ~7}2 (Gicht) -stand jedoch der Handbetrieb im Wege, der eine Fig. 1. Stückofen. gleichmäßig horizontal geschichtete Anordnung der Mate- rialien in ihrer ganzen Oberfläche erforderte. Eine Vergrößerung des Durch messers des unteren Ofenteiles war (nach alten Begriffen) schädlich in Anbetracht der Notwendigkeit, im Gestell des Ofens eine große Hitze zu konzentrieren, um Gußeisen zu erhalten-das Haupterzeugnis der ersten Zeit der Hochöfen. Ob gleich man später kälteres Roheisen erblies und überall die Erfahrungen auf die Möglichkeit einer befriedigenden Arbeit mit breiteren Gestellen (die aus den engeren durch Ausbrennen entstanden) hinwiesen, so hat man doch beim Aus bessern der Öfen das frühere Profil im Laufe ganzer Jahrhunderte unverändert wiederholt; in seiner ganzen Unförmlichkeit hat es noch die Mitte des 19. Jahr hunderts erlebt. Fig. 2 gibt eine Abbildung des Profils des historischen deut schen Ofens von Veckerhagen, der mit Holzkohle noch 1838 arbeitete, als Pa v I o f f. Abmessungen von Hoch· und Martlnöfen. 1 2 I. Entwicklung der Abmessungen und des Profils der Hochöfen. R. Bunsen seine berühmten Untersuchungen der Hochofengase dieses Ofens ausführte. Beim ersten Blick auf diese Zeichnung wird es verständlich, warum die Tageserzeugung derart profilierter Öfen in der ersten Zeit nach dem An blasen sehr gering war, dann allmählich anstieg und erst nach bedeu tendem Ausbrennen des Gestells normal wurde: die Hitze verbesserte den Fehler des Ofenbauers und bot durch Erweiterung des Gestelles die Möglich keit intensiverer Arbeit, bei welcher die ganze Säule der Schmelzmaterialien sich abwärts bewegte. Bei engem Gestell wurde der Inhalt des Ofens un genügend ausgenutzt, und das Ausbringen von Roheisen, auf die Volumen einheit des Ofens gerechnet, war unbedeutend. Der Hauptmangel bestand aber darin, daß die Wärme und chemische Energie der Gase schlecht aus genutzt wurden: die Gase stiegen auf dem kürzesten Wege aufwärts, trafen auf ihrem Wege einen geringen Teil der hinabrückenden Schmelzmaterialien ~2tJO ;- 0,3 Fig. 2. Hochofen von Vecker· Fig. 4. Hochofen der hagen. Gleiwitz-Werke. und entwichen mit bedeutendem Kohlenoxydgehalt und wenig enthitzt in die Atmosphäre. Für den Ofen von Veckerhagen beträgt das Verhältnis der Höhe des Arbeitsraumes zum maximalen Durchmesser und das Verhältnis des letz teren zum Gestelldurchmesser, d. h. zwei den Profiltypus kennzeichnende Verhältnisse, 1,5 bzw. 11, Verhältnisse, die bedeutend von den normalen für neuzeitige Öfen abweichen. Schon um die Mitte des 18. Jahrhunderts wurden Öfen von größeren absoluten Abmessungen als der Ofen von Veckerhagen gebaut, trotzdem auch sie mit Holzkohle beschickt wurden: in Europa betrug die Höhe bis 9 m, in Schweden bis lO m. Im Ural baute Prokop Demidow 1740 den ersten Ofen von 13,2 m Höhe; auch im Ausbringen war er der bedeutendste (14 t täglich, was um die Zeit kein englischer Kokshochofen gab); er war mit 2 Formen aus gestattet und hatte das in Fig. 3 abgebildete Profil. 2. Die ersten Koksöfen sind um 1740 in England mit demselben Profil und in derselben Höhe, wie für Arbeit mit Holzkohle, erbaut worden; sie