4 Mohammed in der Bibel Im Internet kursiert eine unüberschaubare Anzahl an Argumentationen zu den angeblich biblischen Prophezeiungen Mohammeds.265 Wie auch die Untersu- chung zu den muslimischen Predigern im englischsprachigen Raum erkennen lässt, wird diesem Thema in der salafistischen Szene viel Gewicht beigemes- sen. Christine Schirrmacher zählt das Thema „Mohammed in der Bibel“ zu einem der vier wichtigsten Argumente, die Muslime anbringen, um zu bewei- sen, dass Mohammed ein von Gott gesandter Prophet ist.266 Hauptrepräsentant dieser Thesen ist der ehemalige römisch-katholische Pries- ter David Benjamin Keldani. Er wird von Muslimen im Internet als der wich- tigste (erste) Zeuge für die Thesen des missionarischen Islams angesehen, nach denen Mohammed in der Bibel namentlich erwähnt sein soll.267 Auf sei- 265 Auch zu erwähnen, aber hier nicht näher behandelt, sind die Behauptungen einiger Muslime im Internet, dass Mohammed in allen größeren Religionen prophezeit ist. Wahrscheinlich aus der Konfrontation mit dem Hinduismus und dem Buddhismus zu verstehen, behauptet der Inder Zakir Naik den Hinweis dazu in Sure 21,107 zu finden: „Und wir haben dich nur deshalb (mit der Offenbarung) gesandt, um den Menschen in aller Welt Barmherzigkeit zu erweisen.“ [Hervorh. d. Autors]. Mohammed bringt dem- nach Barmherzigkeit zu allen Menschen, wohingegen Jesus nur die Juden im Sinn hatte. Vor der Zeit Mohammeds hatte Allah schon zu jedem Volk Gesandte geschickt (vgl. Sure 13,7) und diese Gesandten haben auch schon auf Mohammed hingewiesen. Da Mohammed nun der letzte Prophet und das Siegel der Propheten ist, wird er in allen „major religions“ prophezeit. (Vgl. Dr. Zakir Naik: Prophet Muhammad(as) foretold in the Torah and Bible : 1/3, www.YouTube.com/watch?v=orPqlRnXBQU (02.08.2012); vgl. Dr Zakir Naik – prophet mohammed (p.b.u.h) in hindu scriptures (½), www. YouTube.com/watch?v=UuDKSTLw8iY (02.08.2012).) Auch wenn im Koran nicht direkt über andere Schriften gesprochen wird, folgt die Vorgehensweise in der Übertragung auf Mohammed den gleichen Prinzipien. Zakir Naik hat jedoch seine Inhalte von einem Muslim aus der Ahmaddiya-Bewegung (Vidyarthi) übernommen. Vgl. Zahid Azziz: Dr Zakir Naik and the Lahore Ahmadiyya book, http://www. ahmadiyya.org/islam/dr-zn.pdf (09.02.2013). 266 Die Vollkommenheit Mohammeds, die Wunder des Korans und seine Erfolge als politischer Führer zählen zu den anderen drei „Beweisen“. Vgl. Schirrmacher: Der Islam, Band 1, S. 48. 267 Vgl. Ismail Ibrahim Nawwab: Muhammad Asad, http://www.thetruecall.com/home/ modules.php?name=News&file=article&sid=194 (02.08.2012); vgl. Josep Mias: An- selm Turmeda, http://www.escriptors.cat/autors/turmedaa/pagina.php?id_sec=3544 (02.08.2012). Der ehemalige Anselm Turmeda aus dem späten Mittelalter ist hier der erste Zeuge vor Keldani. Von einigen Muslimen wird Keldani jedoch gleichfalls als erster Zeuge gezählt. Vgl. IslamReligion.com (Hrsg.): Biblische Prophezeihungen von Muhammad (a.s.s.), http://www.way-to-allah.com/dokument/Biblische_Prophezeihun gen_von_Muhammad.pdf, S. 12 (02.08.2012). Der Zeuge nach Keldani ist Muhammad 86 4 Mohammed in der Bibel nen Behauptungen zu der Verwandschaft hebräischer Begriffe baut die Theorie auf, dass Hld 5,16 auf Mohammed zu übertragen sei.268 Da Pierre Vogel in der YouTube-Auswertung als erfolgreichster deutschspra- chiger Vertreter zählt, werden im Folgenden die Seminarinhalte Pierre Vogels zu biblischen Prophetien Mohammeds dargestellt. Schwerpunkt des Buches liegt jedoch in den Exegesen zu den vom Videoprojekt „Bibel und Koran“ gewählten biblischen Texten, sodass andere von Pierre Vogel besprochene Texte nur verkürzt dargestellt werden. Antwortmöglichkeiten zu seinen Be- hauptungen werden in der Fußnote mit Literaturhinweisen erwähnt. 4.1 Pierre Vogels Seminare zu Mohammed in der Bibel Inhalt des Kapitels 4.1 sind zwei tabellarisch erfasste, einstündige Seminare auf YouTube, in denen Pierre Vogel über Textellen in der Bibel referiert, die angeb- lich Mohammed prophezeien.269 Diese Seminare sind in Teilen sowie in voller Länge und unter verschiedenen Namen im Internet verbreitet.270 In ihnen wer- den allerdings nicht nur Prophezeiungen angesprochen, sondern es werden auch angebliche Widersprüche in der Bibel ausführlich thematisiert. Als theologische Grundlage seiner Thesen dienen ihm drei Texte im Koran. Im Fazit dieses Kapi- tels wird seine Vorgehensweise in den Kontext seiner Argumentation gestellt. 4.1.1 Widersprüche in der Bibel Bis zu einem Drittel seines Vortrages über die biblischen Prophezeiungen Mohammeds füllt Pierre Vogel mit angeblichen Widersprüchen und Überliefe- rungsschwierigkeiten271 der Bibel. Zu den Widersprüchen zählt er den Tod des Assad, je nach Zählung der zweite oder dritte Zeuge. Mit Zeugen sind wahrscheinlich Apologeten gemeint, die in scheinbar intelektueller Weise die islamischen Argumente verteidigen. 268 Vgl. IslamReligion.com (Hrsg.): Biblische Prophezeihungen von Muhammad (teil 4 von 4): Noch mehr Prophezeihungen von Muhammad im Neuen Testament, http://www. islamreligion.com/pdf/de/bible_prophecies_of_muhammad_part_4_of_4_198_de.pdf (02.08.2012). 269 Vgl. Muhammad in der Bibel (09.10.2009 in Velbert) – Pierre Vogel, http://www. YouTube.com/watch?v=P8n1R7818cY (18.05.2012); vgl. Muhammad in der Bibel – www.PierreVogel.de, http://www.YouTube.com/watch?v=K0qxAsXVRBQ (18.05.2012). 270 Als Beispiele: Vgl. AN ALLE CHRISTEN (sic!) DIE DEN KORAN LEUGNEN – Der Prophet Mohammed in der Bibel Pierre Vogel 5, http://www.YouTube.com/watch? v=pDfJ39AyPE0 (02.06.2012), oder Vgl. Pierre Vogel – Mohammad in der Bibel 7/7, http://www.YouTube.com/watch?v=xQowDI4tIoo (02.06.2012). 271 Von ihm werden auch textkritische Hinweise zu Johannes 8 und Markus 16 ge- 4 Mohammed in der Bibel 87 Judas, die biblische Darstellung der Sintflut, chronologische Schwierigkeiten in der Schöpfungsgeschichte, Jesu Gewaltverzicht bei gleichzeitiger Aufforde- rung sich ein Schwert zu kaufen und die unterschiedlichen Angaben in der Aufzählungen der jüdischen Exilanten in Esra 2 und Nehemia 7.272 Bei den Überlieferungsschwierigkeiten weist Pierre Vogel auf die Möglichkeit hin, dass Texte der Bibel entnommen oder hinzugefügt wurden.273 In beiden Seminaren erläutert Pierre Vogel auch die auf 200 v. Chr. datierten nannt, da sie nur in den späteren Handschriften des Neuen Testamentes existieren. Ausführlich wird der Markusschluss auf der Homepage der EFG Berlin diskutiert. Vgl. EFG Berlin Hohenstaufenstr. (Hrsg.): Der Markusschluß, 2004, http://www.efg- hohenstaufenstr. de/downloads/bibel/bk_markusschluss.pdf (02.04.2012). 272 Besonders dem letzten Beispiel weist er viel Bedeutung zu, da dies ein eindeutiger Hinweis Gottes auf die Verfälschung der Bibel sei. Als Videoreihe beantwortet sind diese Fragen von Mario Wahnschaffe in seiner Reihe „Widersprüche in der Bibel“ und im Internet von einem Team um Jay Smith. Vgl. Widersprüche der Bibel Teil 1, http://www.YouTube.com/watch?v=fHEHaUztkO0 (02.06.2012); vgl. Pierre Vogel Lieblings-Widerspruch Esra 2 – Neh. 7 / Widerspr. der Bibel Teil 11, http://www.you tube.com/watch?v=mUdej9NBa_U (29.01.2013); vgl. Jay Smith, Alex Chowdhry, Toby Jepson & James Schaeffer: The charge of 101 contradictions, http://www.bible. ca/islam/islam-bible-contradictions-refuted.htm (02.06.2012). 273 Als Belegstelle führt er die Aussage Jesu in Lukas 24,46 an und behauptet, dass das Zitat Jesu aus dem Alten Testament nicht vorhanden sei und möglicherweise entfernt wurde. Hierbei ignoriert Pierre Vogel, was Jesus zwei Verse vorher in Lukas 24,44 sagt: „Dann sprach er zu ihnen: Das sind die Worte, die ich zu euch gesagt habe, als ich noch bei euch war: Alles muss in Erfüllung gehen, was im Gesetz des Mose, bei den Propheten und in den Psalmen über mich gesagt ist.“ Jesus weist in diesem Vers auf alle Texte hin, die über ihn in den Schriften des Alten Testamentes zu finden sind. Ähnlich spricht er in Lukas 24,27 von „ Mose und allen Propheten“. Daher kann mit der Aussage Jesu in Lukas 24,46: „Er sagte zu ihnen: So steht es in der Schrift: ...“ eine Vielzahl verschiedener Texte gemeint sein, in denen auf unterschiedliche Weise auf das Leben des Messias hingewiesen wird. Das Wort „So“ (gr.: οὕτως) wird in die- sem Sinne auf den Inhalt bezogen oder aber kausativ als „denn“ übersetzt. Darell L. Bock: Luke: 9:51–24:53, in: Baker Exegetical Commentary on the New Testament, Michigan: Grand Rapids, 1994, S. 1938. Diesem Prinzip folgend beschreibt Bock diesen Textabschnitt als eine Zusammenfassung des Planes Gottes in drei Infinitiven: leiden (gr.: παθεῖν), auferstehen (gr.: ἀναστῆναι) und predigen (gr.: κηρυχθῆναι) in Lukas 24,46.47. Das Leiden des Christus wird vorhergesagt in Ps 22; 31; 69; 118 u. Jes. 53(!). Die Auferstehung des Christus wird besonders in Ps 16,10 u. 110,1 prophe- zeit und das Predigen ist deutlich in Jes 49,6 zu erkennen. Vgl. Eckhard J. Schnabel & David W. Pao: 9:51–24:53, in: Gregory K. Beale & Donald A. Carson (Hrsg.) Com- mentary on the New Testament Use of the Old Testament, Michigan: Grand Rapids, 2007, S. 401; vgl. Bock: Luke, S. 1938. Der Koran habe laut Vogel eine solche Verfäl- schung nicht erfahren, da schon zu Lebzeiten Mohammeds der Koran auswendig ge- lernt wurde. Siehe hierzu Kapitel 2.2.2. 88 4 Mohammed in der Bibel Schriften in den Qumranrollen.274 Er kritisiert die wissenschaftliche Methode, mit der das Alter der Schriften identifiziert wurde, da mit derselben Methode das Alter der Erde auf Milliarden hochzurechnen sei, die Bibel jedoch einen solchen Zeitraum nicht zuließe. Der Koran spreche zwar auch von 6 Tagen, jedoch kann „Tag“ im Arabischen auch eine längere Periode meinen.275 4.1.2 Hintergrund der Anfrage Die theologische Grundlage für das Thema „Mohammed in der Bibel“ findet Pierre Vogel im Koran. Er nennt drei Textstellen, wobei er der Sure 7,157 die stärkste Bedeutung zuspricht. Sure 7,157a: „(denen) die dem Gesandten, dem heidnischen Propheten, folgen, den sie bei sich in der Thora und im Evangelium verzeichnet finden, und der ihnen gebietet, was recht ist, verbietet, was verwerflich ist, ...“ [Hervorh. d. Autors].276 274 Nach seiner Erfahrung werden die Qumranrollen oft von Christen als Beweis für die Authentizität des Alten Testamentes genutzt, weil sie stark mit dem heutigen Alten Testament übereinstimmen. Hierzu argumentiert er, dass in den Qumranrollen das Buch Esther fehlt, sodass für ihn ebenfalls die Option besteht, dass der Name Mo- hammeds in ähnlicher Weise fehlt bzw. herausgenommen wurde. Vgl. Muhammad in der Bibel (09.10.2009 in Velbert) – Pierre Vogel, http://www.YouTube.com/watch?v=P8 n1R7818cY (18.05.2012). Das Fehlen eines kompletten Buches in der Sammlung der Qumranrollen ist jedoch nicht zu vergleichen mit dem Vorwurf der Verfälschung des alttestamentlichen Textes durch das Streichen bestimmter Begriffe oder Namen. Auf- bewahrt wurden die Bücher des Alten Testaments in Form von Schriftrollen in Ton- krügen, von denen einzelne Tonkrüge (und somit gesamte Bücher des Alten Testa- ments) leicht zerbrechen konnten. Außerdem existierte für das Buch Esther im Juden- tum eine generelle Anerkennung und Begeisterung (Rabbinische Schriften, Traktate). Vgl. Isaac Kalomi: Furcht vor Vernichtung und der ewige Bund, 2009, http://www.isra elogie.de/wp-content/uploads/filebase/PDF/Kalimi_Esther.pdf, S. 3–5 (28.03.2013). Für den Glauben an einen Propheten namens Mohammed lässt sich bis heute weder in den biblischen Schriften noch im Judentum ein Hinweis finden. 275 Hierbei widerspricht Pierre Vogel einer Überlieferung von Sahih Muslim und dem frühislamischen Korankommentator Tabari. Diese ordnen parallel zur biblischen Schöp- fungsgeschichte den verschiedenen Tagen verschiedene Schöpfungshandlungen zu (z. B. Erde am Samstag; Berge am Sonntag; Bäume am Montag; Licht am Mittwoch; Adam am Freitag. Eine ausführliche Auflistung frühislamischer Interpretationen der Schöpfungsge- schichte nennt Sam Shamoun auf Answering-islam.org. Vgl. Sam Shamoun: The days of creation in the Quran, http://www.answering-islam.org/ Shamoun/creationdays.htm (18.05.2012). Zu kritischen Anfragen an die Ergebnisse der Qumranrollen empfiehlt Pierre Vogel die von ihm verwendet Literatur: Michael Baigent & Richard Leigh: Ver- schlusssache Jesus, Bergisch Gladbach: Bastei Lübbe, 2006. 276 Auch wenn Rudi Paret von „heidnischen Propheten“ spricht, übersetzt Rassoul diesen Vers mit „des Lesens und Schreibens unkundig ist“ und verweist damit indirekt auf Mohammeds Analphabetismus. Im weiteren Verlauf des Verses identifiziert Rudi Paret 4 Mohammed in der Bibel 89 In diesem Vers wird im Koran von den Nachfolgern Mohammeds gesprochen, die in der Thora und im Evangelium eine Ankündigung des Propheten Mo- hammed finden. Weitere von ihm aufgeführte Belegstellen sind Sure 2,146 und Sure 26,195. In Sure 2,146 steht: „Diejenigen, denen wir die Schrift gegeben haben, kennen sie (so gut) wie sie ihre Söhne kennen. Aber zum Teil verheimlichen sie die Wahr- heit, wo sie doch (um sie) wissen.“ [Hervorh. d. Autors]. Dieser Vers spricht von Personen, die die Wahrheit verheimlichen, obwohl sie sie kennen. Vermutlich ist mit der Wahrheit die islamische Botschaft gemeint. Pierre Vogel bezieht diesen Vers auf Mohammed anstatt auf die „Schrift“. Jedoch spricht der Kontext in Sure 2,145 deutlich von der „Schrift“. Rudi Paret übersetzt daher mit „kennen sie (so gut)“ und entzieht diesem Vers den Bezug auf Mo- hammed. Theodory Khourys übersetzt in gleicher Weise: „Diejenigen, denen Wir das Buch zukommen ließen, kennen es, wie sie ihre Söhne kennen.“ [Hervorh. d. Autors]. Auch Rassoul nennt das „Buch“ in Sure 2,145. Anders in der Reclam- Übersetzung von Max Henning, dort findet sich die Übersetzung „kennen ihn“, jedoch mit der beigefügten Fußnote: „Statt ‚kennen ihn‘ wohl eher ‚kennen es‘.“ In den folgenden Versen verhält es sich ähnlich. Sure 26,195–197: „(Er ist) in deutlicher arabischer Sprache (geoffenbart) und (bereits) in den Büchern der früheren (Generationen) (enthalten?) (oder: angekün- digt?). War es ihnen (d.h. den zeitgenössischen Arabern) denn nicht ein Zeichen (für die Wahrheit der koranischen Offenbarung), daß die Ge- lehrten der Kinder Israels darüber Bescheid wissen?“277 Die „Gelehrten der Kinder Israel“ identifiziert Pierre Vogel mit den konvertierten Gläubigen (Christen und Juden) im frühen Islam, den zeitgenössischen Nachfol- gern Mohammeds, die bereits aus ihren biblischen Schriften wussten, dass ein Prophet kommen würde. Jedoch fehlt in diesem Vers wiederum der Hinweis auf Mohammed. „In deutlich arabischer Sprache“ ist nicht Mohammed, sondern der Koran offenbart und ein Wechsel in Sure 2,195 zum Propheten des Islams hin ist nicht erkennbar. Theodor Khoury, Rudi Paret und Max Henning beziehen diese Verse einheitlich auf die arabische Offenbarung des Islams, den Koran.278 das Subjekt als Mohammed, auch wenn im näheren Kontext über Mose gesprochen wird. Vgl. Paret: Der Koran, Kommentar und Konkordanz, S. 176; vgl. Rassouls: Die unge- fähre Bedeutung des Al-Qurʼan Al-Karim in deutscher Sprache, 1. Aufl., S. 122. 277 Weiter heißt es in Sure 26,199: „... und er ihn (in seiner eigenen Sprache) ihnen verlesen hätte, hätten sie (ohne ihn) nicht daran geglaubt.“ Der Hinweis auf das „ver- lesen“ verstärkt die Vermutung, dass der Koran und nicht Mohammed gemeint ist. 278 Vgl. Max Henning: Der Koran, Stuttgart: Philipp Reclam, 1991, 2. Aufl., S. 360; vgl. Theodor Khoury: Der Koran, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 4. Aufl., 2007, S. 285f. 90 4 Mohammed in der Bibel 4.1.3 Mohammed in der Bibel Die von Pierre Vogel genannten Prophezeiungen hinsichtlich Mohammed in der Bibel können im Groben in vier Kategorien unterschieden werden. Zum einen werden in der Bibel erwähnte Ortschaften der arabischen Halbinsel zugeordnet und einer Situation im Leben Mohammeds zugerechnet. Mit einer ähnlichen Vorgehensweise werden Personen, die familiär im Zusammenhang mit Ismael genannt werden, durch Abstammungslinien mit Personen aus dem Umfeld Mo- hammeds identifiziert. Eine weitere Methode ist die Übersetzung ausgewählter Wörter ins Arabische und zu der vierten Kategorie zählt die inhaltliche Überein- stimmung eines biblischen Textes mit dem Leben des islamischen Propheten. Die von Pierre Vogel genannten Prophetien wurden nun aufgelistet und gekürzt in die vier Kategorien eingeordnet. Angebliche Hinweise auf Prophezeiungen wurden im biblischen Text mit Kleinbuchstaben versehen und den Kategorien zugeordnet (Ort, Abstammung, Inhaltliche Übertragung, Arabisch). Die Mehr- heit der Behauptungen Pierre Vogels sind willkürlich, unbewiesen und schwach, sodass eine Kommentierung seiner Argumente nicht notwendig ist. Einige Be- hauptungen jedoch (besonders zu den Ortsangaben) werden aufgrund des benö- tigten Fachwissens am Bibeltext unter den Fußnoten beantwortet. Dtn 18,18 Abstammung Inhaltlich a) Mohammed hat, verglichen Einen Propheten a) wie mit Jesus, mehr Ähnlichkeiten dich will ich ihnen b) mit Mose.280 mitten unter ihren b) Araber sind c) Gabriel hat vorgesprochen und Brüdern erstehen lassen. ismaelitischer Mohammed hat rezitiert. Ich will ihm c) meine Abstammung Worte in den Mund legen und somit d) Durch Mohammed, den und er wird ihnen d) alles Brüder.279 letzten Propheten, hat Gott die sagen, was ich ihm Religion vollkommen gemacht auftrage. (Sure 5,3; 33,40). Tabelle 35: Mohammed in Dtn 18,18 279 Sam Shamoun verdeutlicht, dass eine Abstammung der Muslime von Ismael nicht nachgewiesen werden kann. Vgl. Sam Shamoun: Ishmael is not the Father of Mu- hammad, http://www.answering-islam.org/Shamounw/ishmael.htm (08.05.2012) oder Vgl. Cornelius: Are the Arabs Descendants of Ishmael?, http://www.answering-islam. org/authors/cornelius/arabs.html (05.05.2012). 280 Ausführlich entgegnet David Wood der Argumentation von Pierre Vogel. Vgl. Da- vid Wood: Muhammad in the Bible?, http://www.answering-islam.org/Authors/Wood/ muhammad_in_bible.htm (08.05.2012). 4 Mohammed in der Bibel 91 Dtn 33,2f Ort Inhaltlich Arabisch Er sprach: Der Herr kam hervor aus dem Sinai, er leuchtete vor ihnen auf a) a) Seir war aus Seir, er strahlte aus Aischas b) dem Gebirge Paran, Offenba- b) Paran er trat heraus aus c) rungsort.281 c) Mit tausenden von (arab.: Tausenden von Heiligen. b) Paran ist Heiligen nahm feran). Ihm zur Rechten flammte das Gebirge Mohammed Mekka c) Die vor ihnen das Feuer des bei Mek- ein. Heiligen der Gesetzes. Der du die d) ka.282 d) Allah liebt die Muslime Völker liebst: In deiner Muslime.283 (arab.: Hand sind alle Heiligen e) Muslime beten auf sahâba). eines jeden von ihnen. den Knien und Sie e) haben sich dir zu erheben sich nach Füßen geworfen, jeder dem Befehl Gottes. wird sich erheben, wenn du es befiehlst. Tabelle 36: Mohammed in Dtn 33,2f 281 Seïr ist ein Gebiet in der Nähe von Jerusalem. Vgl. Herbert G. May: Oxford Bible Atlas, London: Oxford University Press, 1974, S. 67; vgl. Ulrich Hübner: Seïr., http://www.bibelwissenschaft.de/de/nc/wibilex/das-bibellexikon/details/quelle/WIBI/ referenz/27607/cache/1ad3d3a2c02b899ed68580e0836b0408 (08.05.2012); vgl. The illustrad bible dictionary, Part 3 Parable-Zuzim, Illinois, Tyndale House Publisher, 1980, S. 1412. In dem späteren Video, aufgenommen im Jahre 2009, bezeichnet Pierre Vogel Seïr als Offenbarungsort Jesu. 282 Paran ist nicht zu verwechseln mit Feran oder einem Gebirge bei Mekka, Paran ist die Wüste auf der Sinai-Halbinsel, die an Elat angrenzt. Keel zeigt auch, dass die alt- testamentlichen Schriften auf Gebiete der Sinai-Halbinsel bezogen werden sollten. Vgl. Othmar Keel.: Orte und Landschaften der Bibel. Ein Handbuch und Studien- Reiseführer zum Heiligen Land, Band 2, Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht, 1982, S. 308f; vgl. Douglas (Hrsg.): The Illustrad Bible Dictionary, S. 1156; vgl. May: Oxford Bible Atlas, S. 58f. Eine ausführliche Entgegnung, in der die Lokalisierung Parans und die Abstammung von Ismael in Frage gestellt wird, findet sich auf Answering-islam. org. Vgl. The emigration (The Hijra), http://www.answering-islam.org/Responses/Al- Kadhi/ r06.04.html (08.05.2012). 283 Den prophetischen Charakter und die inhaltliche Übereinstimmung mit Moham- meds Leben in 5 Mose 33 stellt Andy Bannister in Frage. Vgl. Andy Bannister: The claim that Muhammad is prophesied in Deuteronomy 33:2, http://www.answering- islam.org/BibleCom/dt33_2.htm (08.05.2012). 92 4 Mohammed in der Bibel Jes 21,14–17 Ort Abstammung Inhaltlich Bringt den Durstigen Wasser, ihr Bewohner der Gegend von a) Tema! b) Kommt den a) Tema b) Mohammed ging Fliehenden entgegen mit Brot! ist den Flüchtlingen Denn sie sind vor den c) Medina. aus Mekka mit Brot Schwertern geflohen, vor dem 284 entgegen. gezückten Schwert, ... Denn so c) Flüchtlinge hat der Herr zu mir gesagt: d) flohen vor dem Noch ein Jahr – ein Schwert in Mekka. Söldnerjahr – , dann ist es mit d) 1 Jahr nach der der ganzen Macht e) Kedars e) Mit Kedar Auswanderung von zu Ende. Von den sind die Medina war die Bogenschützen in e) Kedar Qureisch Schlacht von bleiben nur wenige übrig. Der gemeint, da Badr.285 Herr, der Gott Israels, hat sie die gesprochen. Nachfahren Ismaels sind. Tabelle 37: Mohammed in Jes 21,14–17 Jes 29,12 Inhaltlich Und wenn man das Buch einem Mann gibt, der nicht lesen kann, und zu ihm sagt: a) a) Mohammed wurde Lies es mir vor!, dann antwortet er: Ich aufgefordert zu lesen, doch er kann nicht lesen.286 konnte es nicht. Tabelle 38: Mohammed in Jes 29,12 284 Das Deutsche Archäologische Institut dagegen lokalisiert Tayma aufgrund von Ausgrabungen ca. 400 Kilometer nördlich von Medina. Vgl. Archäologie der Oase Tayma, Saudi-Arabien, http://www.dainst.org/de/project/tayma?ft=all (16.03.2013). Gleicher Ansicht ist das Bibelwissenschaftliche Lexikon. Vgl. Arnulf Hausleiter: Tema, 2007, http://www.bibelwissenschaft.de/nc/wibilex/das-bibellexikon/details/quel le/WIBI/referenz/33158/cache/eb8120114428f87593d9c7c6d3017783/ (08.05.2012). 285 Dagegen in Answering-Islam. Vgl. Isaiah’s vision, http://www.answering-islam.org/ Responses/Al-Kadhi/r06.05.html (08.05.2012). 286 Der Kontext im Buch Jesaja Kapitel 29 spricht von einem Gericht. Jesaja 29,12 ist in diesem Zusammenhang als Strafe zu verstehen. Es ist ein Geist des tiefen Schlafes ausgegossen worden (Jes 29,10), der zu einem Analphabetismus führt (V. 12) und mit dem Gott die Herzensferne und die Verkehrtheit seines Volkes straft (Jes 29,13ff). Dieser Vers, in seinem Zusammenhang übertragen, spricht Mohammed deutlich nega- tive Eigenschaften zu (Herzensferne, Verkehrtheit, Verschlafenheit). 4 Mohammed in der Bibel 93 Jes 42,1.4.8 Inhaltlich Arabisch Seht, das ist a) mein Knecht, a) Mohammed wird den ich stütze; das ist mein b) im Koran als Knecht Erwählter, an ihm c) finde ich c) Mohammed hat beschrieben (arab.: Gefallen. Ich habe meinen Gefallen an ʽabd). b) Ein Name Geist auf ihn gelegt, er bringt Muslimen im Mohammeds ist der den Völkern das Recht. Er Koran. „Erwählte“ (arab.: wird d) nicht müde und bricht d) In den Hadithen mustafâ). nicht zusammen, bis er auf der steht, dass Moham- Erde das Recht begründet hat. med nicht ermüdet Auf sein Gesetz warten die in seiner Funktion Inseln. Ich bin Jahwe, das ist als Warner. mein Name; e) ich überlasse e) Mohammed ent- die Ehre, die mir gebührt, ehrt die Götzen an keinem andern, meinen Ruhm der Kaaba und ehrt nicht den Götzen. den einzigen Gott. Tabelle 39: Mohammed in Jes 42,1.4.8 Jes 42,11.12.13 Ort Abstammung Inhaltlich Die Wüste und ihre Städte sollen sich freuen, die Dörfer, a) die Kedar bewohnt. ... Sie a) Kedar ist sollen die Herrlichkeit des der Sohn Herrn verkünden, b) seinen b) Hiermit Ismaels und Ruhm auf den Inseln ist die der verbreiten. ... Der Herr zieht arabische Stammvater in den Kampf wie ein Held, Halbinsel der er entfacht seine gemeint.287 Araber.288 Leidenschaft wie ein c) c) Mohammed Krieger. ist in den Krieg gezogen und Jesus nicht. Tabelle 40: Mohammed in Jes 42,11.12.13 287 2009 definiert Pierre Vogel den Begriff weiter und bezieht ihn erst auf alle Inseln und danach auf die arabische Halbinsel. Vgl. Muhammad in der Bibel – www.Pierre Vogel.de, http://www.YouTube.com/watch?v=K0qxAsXVRBQ (18.05.2012). 94 4 Mohammed in der Bibel Hab 3,3.6 Ort Inhaltlich a) Gott kommt von a) Teman289 steht für Teman her, der b) Medina. Heilige kommt vom b) Paran steht für Gebirge Paran. Seine Mekka. Hoheit überstrahlt den c) Weltweit rühmen Himmel, c) sein Ruhm Muslime Gott in ihren erfüllt die Erde. Wenn er Gebeten. kommt, wird die Erde erschüttert, wenn er hinblickt, d) zittern die d) Die Menschen haben Völker. Da zerbersten vor Mohammed gezittert, die ewigen Berge, doch nicht vor Jesus. versinken die uralten Hügel. ... Tabelle 41: Mohammed in Hab 3,3.6 In dieser Tabelle nicht aufgezählt wurden die Thesen Pierre Vogels zu dem Tröster im Johannesevangelium und zum Hohelied 5,16, da zu ihnen Exegesen folgen. Als Ausnahmefall, da nicht in der Bibel enthalten, verweist Pierre Vogel auch auf das Barnabasevangelium. Er kritisiert die Nichtaufnahme des Barnabas- evangeliums in den Kanon des Neuen Testamentes und sieht den Grund der Ablehnung in der Erwähnung Mohammeds. Widersprüchlicherweise spricht er diesem Evangelium aber keine volle Authentizität zu.290 288 Gegen eine Abstammung Mohammeds von Ismael schreibt Sam Shamoun. Vgl. Shamoun: Ishmael is not the Father of Muhammad, http://www.answering-islam.org/ Shamoun/ishmael.htm (08.05.2012). 289 In seinem früheren Video formuliert Pierre Vogel zu Teman vorsichtiger und spricht von der „Gegend um Medina“ und nicht direkt von Medina. Bei der Lokalisierung Temans gibt es zwar verschiedene Deutungen, doch die möglichen Ortschaften liegen in deutlicher Entfernung zu Medina. Vgl. Ernst Knauf: Teman, 2009, http://www. bibelwissenschaft.de/nc/wibilex/das-bibellexikon/details/quelle/WIBI/referenz/33170/ cache/2b1e55597cfb2e3cb66b3d60651e9455/ (08.05.2012). 290 Das Barnabasevangelium wird international, mit Ausnahme der islamischen Länder, als Evangelienverfälschung bezeichnet. Ausführlich thematisiert wird das Barnabas- evangelium von Christine Schirrmacher, die es aufgrund des Inhaltes und der ersten Schriftfunde ins späte Mittelalter einordnet. Von Pierre Vogel wird das Barnabas-
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