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107. Kongreß der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie Berlin, 17.–21. April 1990 PDF

510 Pages·1990·28.195 MB·German
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Langenbecks Archiv fur Chirurgie vereinigt mit Bruns' Beitriige fur Klinische Chirurgie Supplement 1990 Chirurgisches Forum '90 fUr experimentelle und klinische Forschung 107. KongreB der Deutschen Gesellschaft flir Chirurgie Berlin, 17.-21. April 1990 Wissenschaftlicher Beirat Ch. Herfarth (Vorsitzender) S. Geroulanos, Zurich H. G. Beger, Ulm J. Seifert, Kiel G. Blumel, Munchen E. Wolner, Wien J. H. Fischer, K6ln D. Wolter, Hamburg Schriftleitung Ch. Herfarth unter Mitarbeit von M. Betzler und M. Raute Herausgeber R. Haring Pdisident des 107. Kongresses der Deutschen Gesellschaft fur Chirurgie K. MeSmer Vorsitzender der Sektion Experimentelle Chirurgie E. Ungeheuer Generalsekretar der Deutschen Gesellschaft fur Chirurgie Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York London Paris Tokyo Hong Kong Schriftleitung: Professor Dr. Christian Herfarth, Chirurgische Universitatsklinik 1m Neuenheimer Feld 110, 0-6900 Heidelberg Mitarbeiter der Schriftleitung: Professor Dr. Michael Betzler, Chirurgische Universitatsklinik 1m Neuenheimer Feld 110, 0-6900 Heidelberg Priv.-Doz. Dr. Michael Raute, Chirurgische Klinik Klinikum der Stadt Mannheim Fakultat fur klinische Medizin Mannheim der Universitat Heidelberg Theodor-Kutzer-Ufer, 0-6800 Mannheim 1 Herausgeber: Professor Dr. Rudolf Haring Chirurgische Klinik und Poliklinik Universitatsklinikum Steglitz der FU Berlin, Hindenburgdamm 30,0-1000 Berlin 45 Professor Dr. Konrad MeBmer, Chirurgische Universitatsklinik Heidelberg Abt. fur Experimentelle Chirurgie 1m Neuenheimer Feld 347, 0-6900 Heidelberg Professor Dr. Edgar Ungeheuer Steinbacher Hohl28, 0-6000 FrankfurtiM. 90 Mit 98 Abbildungen ISBN-13: 978-3-540-52392-5 e-ISBN-13: 978-3-642-75576-7 DOl: 10.1007/978-3-642-75576-7 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschiitzt. Die dadurch begriindeten Rechte, insbesondere die der Ubersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfaltigung auf anderen Wegen und der Speiche rung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfaltigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutsch land yom 9. September 1965 in der Fassung yom 24. Juni 1985 zulassig. Sie ist grundsatzlich ver giitungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts gesetzes. © Springer-Verlag Berlin· Heidelberg 1990 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nieht zu der Annahme, daBsolche Namen im Sinne derWaren zeichen-und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden diirflen. Produkthaftung: Fiir Angaben iiber Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann yom Verlag keine Gewahr iibernommen werden. Derartige Angaben miissen YOm jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit iiberpriift werden. 2124/3140-543210 - Gedruckt auf saurefreiem Papier Vorwort Die Anmeldungen fur das Chirurgische Forum weisen auf eine zu nehmende Forschungstatigkeit im Bereich der Chirurgischen Onko logie, der Transplantation, der perioperativen Pathophysiologie mit Intensivmedizin hin. Die Tendenz der letzten Jahre bleibt damit erhalten. Besonders bedauerlich ist jedoch eine Abnahme der Anmeldungen auf dem Gebiet der Traumatologie und der Endo krinen Chirurgie: - der KongreB der Deutschen Gesellschaft fur Unfallheilkunde stellt ein wei teres Forum fur die Prasentation wissenschaft licher Arbeiten zur Verfugung. Entscheidend bleibt es aber, daB unfallchirurgische Forschung als so wichtiger integraler Teil der Chirurgie im Verbund mit den anderen chirurgischen Spezialgebieten diskutiert wird. - Die Endokrine Chirurgie wird offensichtlich immer noch als ein ganz spezielles Hobby betrachtet. Es ware auBerst wichtig, daB dieses Gebiet weiterentwickelt und betont wird, da gerade auf dem Gebiet der Forschung endokriner Organe sich Vieles weiterentwickelt. Gleichzeitig soltte daran erinnert werden, daB die Chirurgie auf lange Sicht immer nur das Fach auch im chirurgischen Alltag vertreten kann, uber das ausreichend, be grundend und weitertragend geforscht wird. Gerade auf dem Ge biet der Schilddruseneingriffe und der Operation an den Neben schilddrusen ebenso fur die Chirurgie der Nebennieren ist die sorgfaltige Beachtung dieses Grundsatzes wichtig. Es sollte immer wieder daran erinnert werden, daB die Chirurgie des Mammacarcinoms in den letzten Jahren durch vorzugliche For schung von gynakologischer Seite gefordert und damit auch ver mehrt in Besitz genommen wurde. So verbindet sich mit der Forschung auch der berufspolitische Aspekt. Die Auswahl der Abstracts der Forumbeitrage erfolgte nach dem bewahrten Prinzip der anonym en Beurteilung mit einem Punktesy stem. Neu ist, daB fur diese Begutachtung zusatzlich zu den Mit gliedern des Forumausschusses 5 Mitglieder der Deutschen Gesell schaft fur Chirurgie gebeten wurden, ihr Votum abzugeben. Es ist daher besonders neben den Mitgliedern im wissenschaftlichen Bei rat des Forums folgenden Herren zu danken: Profess ores A. ENCKE, G. FEIFEL, M. ROTHMUND, J.R. SIEWERT, O. TRENTZ. Die Zahl der Anmeldungen fur das Chirurgische Forum ist noch etwas angestiegen (291 Anmeldungen). Der Prasident der Deutschen Gesellschaft fur Chirurgie - Herr Professor HARING - hat die Zahl der Forumsitzungen vermehrt, so daB 103 Vortrage angenommen werden konnten. Neu ist die Entscheidung des Prasidenten HARING zusammen mit dem ForumausschuB, eine Forumsitzung der Erinnerung von Walter BRENDEL zu widmen. Hierfur wurden diejenigen Vortrage ausgewahlt, di~ nach der Vorlage der Abstracts die hochsten Punktzahlen erhalten hatten. Obwohl nicht ohne wei teres auf die endgultige Fassung zu schlieBen ist, war der AusschuB der Mei nung, daB auch die Beurteilung des Abstracts schon als ein Grad messer genommen werden darf. AusdrUcklich bitten der Prasident und der ForumausschUB, darauf zu achten, Inhalt und Form der Forumbeitrage auBerst sorgfaltig zu verfassen und davon auszugehen, daB das Gutachterkommittee sich sehr eingehend mit den Beitragen beschaftigt. In den vergan genen Jahren ist wiederholt auf die typischen Fehler in der Ab fassung der Abstracts eingegangen worden. Als ein deutliches Problem und MiBstand ergab sich in den letzten Wochen, daB eine Reihe von Autoren den Titel ihres Beitrags an derten oder sogar den Beitrag komplett zurUckzogen, obwohl das Abstract akzeptiert worden war. Dies kann nur dafUr sprechen, daB bei der Anmeldung keine Klarheit Uber Daten und Ergebnisse bestand bzw. im Abstract Ergebnisse wiedergegeben wurden, die nicht der Realitat entsprachen. Es wird dies vom Prasidenten der Gesellschaft und vom ForumausschuB auBerst bedauert, wirft doch ein derartiges Verhalten ein negatives Licht auf den Anmeldenden und seine Institution. Der diesjahrige Forumband ist dem Werk und der Leistung von K.H. BAUER auf dem Gebiet der klinischen und experimentellen Forschung in der Chirurgie gewidmet. Wir danken Herrn Professor M. SCHWAIGER sehr herzlich dafUr, daB er diese WUrdigung Uber nommen hat. Dem Redaktionsstab zusammen mit Frau L. Frohberg, Frau I. Jebram und Herrn Schwaninger (Springer-verlag) ist fUr die auBerst akkurate und schnelle Erstellung des Forumbandes zu danken. Ch. HERFARTH VI Karl Heinrich Bauer (1890-1990) Im September diesen Jahres jahrt sich zum hundertsten Male der Tag, an dem Karl Heinrich BAUER in einem Bauernhof in Schwarz dorf/Oberfranken als SproB eines alten frankischen Bauernge schlechtes geboren wurde (20.9.1890). Der hundertste Geburtstag ist AnlaB und dankbare Verpflichtung, diese groBe Arztpersanlichkeit, den groBen Chirurgen und frucht baren und originellen Forscher, lebendig werden zu lassen und zu wlirdigen. Nur einige wichtige auBere Lebensdaten: Nach dem mit Notexamen abgeschlossenen Medizinstudium und der Approbation 1914 folgten vier Jahre Truppenarzt an der Front. 1918 beg ann eine knapp zweijahrige pathologisch-anatomische Ausbildung bei ASCHOFF in Freiburg, wahrend der bereits die ersten, flir die spatere Arbeitsrichtung entscheidenden wissen schaftlichen Arbeiten entstanden. 1920 erfolgte der Eintritt in die Chirurgische Universitatskli nik Gattingen, wo STICH sein Lehrer war. Schon drei Jahre spater 1923 Privatdozent, 1927 ao-Professor, libernahm er mit noch nicht ganz 43 Jahren 1933 als Nachfolger KUTTNERs das traditionsreiche Ordinariat in Breslau und zehn Jahre spater 1943 als Nachfolger Martin KIRSCHNERs den Lehrstuhl und die Direktion der Chirurgi schen Universitatsklinik in Heidelberg. 1962 erfolgte die Emeritierung. Im Juli 1978 ging dieser Lebens weg zu Ende. Das wissenschaftliche Werk ist auBerordentlich umfangreich und vielseitig, es fand seinen Niederschlag in nicht weniger als 15 Blichern und Monographien und in mehr als 300 Einzelpublika tionen. Als Arzt und Chirurg mit Leib und Seele erhielten For schung und wissenschaftliche Arbeit ihre Induktion aus den Beob achtungen und Erfahrungen am kranken Menschen. Karl Heinrich BAUER war also seiner Zeit entsprechend vorwiegend klinischer Forscher, wenn auch eigener, unverwechselbarer Pragung. Uberblickt man das wissenschaftliche Werk, so zeigt sich, daB neben der Bearbeitung der verschiedensten Probleme und aktuel ler Teilfragen der allgemeinen und speziellen Chirurgie zwei groBe Gebiete Gegenstand origineller, intensiver und erfolgrei cher Forschungsarbeit gewesen sind: Die chirurgische Konstitu tionspathologie und das Krebsproblem. Der Keirn zu konstitutionspathologischen Untersuchungen wurde schon im Aschoffschen Institut in Freiburg gelegt. ASCHOFF liber gab BAUER, wie er selbst berichtete, am ersten Tage selner Ta tigkeit einen Faten mit Osteogenesis imperfecta, charakterisiert durch multiple Knochenbrliche, mit der Aufforderung einer genauen Befunderhebung. Durch subtile untersuchungen konnte er den Beweis erbringen, daB das Wesen dieser Erkrankungen in einer weit liber die bekannte auBere Erscheinungstrias hinausgehenden Veranderung des gesamten Mesenchyms und zwar der Grundsubstanz besteht, und daB sie eine erbkonstitutionelle, genetisch bedingte Systemer krankung des Mesenchyms ist. Diese neue grundlegende Erkenntnis war der Schltissel zur Aufdeckung einer Reihe anderer genetisch bedingter, als mutative Plus- bzw. Minus-Varianten erklarbarer Systemerkrankungen der menschlichen Sttitzgewebe. Die zweite originelle Leistung im Aschoffschen Institut war die Konzeption eines Lokalisationsgesetzes der peptischen Ulcera des Magens. DaB diese ausschlieBlich an der kleinen Kurvatur lokali siert sind, war Erfahrungstatsache, sie wurde erklart durch eine besondere mechanische Belastung dieses Magenteiles. Aufgrund ein gehender vergleichender Studien zur Phylogenese dieses Organs konnte der Nachweis erbracht werden, daB die MagenstraBe ent wicklungsgeschichtlich dem rudimentaren Relikt der sogenannten Schlundrinne des viergeteilten Magens der Wiederkauer entspricht. Da sie phylogenetisch dem Kontakt mit dem sauren Magensaft nicht angepaBt ist, ist sie der Einwirkung der Saure schutzlos ausge setzt, was die Ulcusbildung provoziert. Die intensive klinische Beschaftigung mit erbbiologischen Pro blemen ftihrte u.a. zu untersuchungen tiber den bisher unbekannten Erbgang der Hamophilie. Sie erbrachte 1922 das heute noch unver andert gtiltige Konzept der vererbung eines geschlechtsgebundenen rezessiven Letalfaktors. Und wenn wir heute noch lesen kennen, daB K.H. BAUER 1922 auf dem Internationalen VererbungskongreB in Wi en am Beispiel der Hamophilie die "Gen-Enzym-Theorie der Vererbung" vertreten hat, selbstverstandlich noch in der Sprache der damaligen Zeit, aber doch schon ganz unmiBverstandlich in dem Sinne, daB der Mutation eines Gens der Defekt eines von ihm determinierten Enzyms entsprache, so muB diese mehr als siebzig Jahre zurtickliegende Vorwegnahme heute aktuellster Erkenntnisse hechste Bewunderung erregen. Eine weitere Arbeit zu konstitutionspathologischen Fragen rich tete sich u.a. auf die erbbiologische Seite des Transplantations problems. Sie ftihrten zur praktischen Konsequenz der in der gan zen Welt erstmalig und erstmals erfolgreichen Durchftihrung der Transplantation von Epidermis bei eineiigen Zwillingen, eine Homoiotransplantation, die, quod erat demonstrandum, den Erbge set zen einer Autotransplantation entspricht. Diese und andere Arbeiten fanden ihren Niederschlag in umfassen den Buch- und Handbuchpublikationen, von denen nur genannt seien: "Die Erbpathologie der Sttitzgewebe" und "Chirurgische Konstitu tionslehre". Mit diesen Arbeiten wurde K.H. BAUER der Begrtinder der konstitutionspathologischen Ausrichtung und Forschung in der Allgemeinen Chirurgie. Die naturwissenschaftlich fundierte Beschaftigung mit Problemen der Genetik, Arbeiten zur Genpathologie, die Erkenntnis, daB "die Gene der Zellen die Trager der Geschwulsteigenschaften sind", ftihrte zwangslaufig zum Krebsproblem und dem genialen Wurf der "Mutationstheorie der Geschwulstentstehung" (1925). Ent scheidend ftir seine Konzeption war die Tatsache, daB so gut wie aile Keimzellen "mutagene" d.h. Erbfaktoren andernde Einwirkun- VIII gen, mag es sich urn ionisierende Strahlung, Rontgen-Radium oder Radionucleide, oder urn bestimmte mutagene Gifte und Stoffe han deln, auch an den betroffenen Korperzellen am Regulationszentrum der Zellteilung angreifen, urn deren genetische Substanz zu "mu tieren", d.h. fur dauernd abzuandern und dadurch Krebs zu erzeu gen, d.h. sie sind cancerogen. BAUERs Auffassung vom Wesen des malignen Wachs turns als eines im allgemeinen erworbenen exogen entstandenen Prozesses, der durch Einwirkung mehrerer mutagener Faktoren entsteht und der demnach durch Interferenz mehrerer therapeutischer MaBnahmen zu bekampfen ist, ist huete im Grundsatz in der ganzen Welt aner kannt. Die von K.H. BAUER aus der Mutationstheorie heraus ent wickelten Begriffe der "Syncarcinogenese" und "Syncarcinokolyse" sind heute faktisch und terminologisch Allgemeingut in aller Welt geworden. Unter den mehr auf die klinische Seite des Krebsproblems gerich teten Arbeiten seien nur diejenigen zum Thorotrastproblem her ausgestellt. Zu einer Zeit schon, als dieses Kontrastmittel (eingefuhrt 1928 in die Diagnostik) noch im ausgedehntesten MaBe unbedenklich verwendet wurde, hat K.H. BAUER in zahlreichen Ver offentlichungen, aber als einsamer Rufer in der Wuste eindring lichst vor seiner Anwendung gewarnt. Hatte K.H. BAUER schon fru her gezeigt, daB ionisierende Strahlen Mutationen in Korperzel len mit der Entwicklung bosartiger Geschwulste induzieren konnen, so war fur K.H. BAUER unzweifelhaft, daB das thoriumhaltige Kon trastmittel als stark strahlende und damit mutagen wirkende Sub stanz, nach allen Erfahrungen der tierexperimentellen Krebsfor schung zur Induzierung von malignen Tumoren fuhren muBte. Seine Prophezeihung, daB nach einer Latenzzeit von 12 - 18 Jahren nach Applikation die ersten Thorotrasttumoren zu erwarten sein muBten, hat sich spater leider restlos erfullt. Es ist eine GroBtat ge wesen, daB es ihm gelang, einen Befehl des Sanitatsinspekteurs der damaligen Wehrmacht zu erwirken (1943), daB wenigstens in der letzten Phase des Krieges dieses Kontrastmittel im Wehr machtsbereich aus dem Gebrauch gezogen und seine Anwendung ver boten wurde. Sicher ist damit vielen jungen Menschen das Schick sal der spateren Krebskrankheit erspart geblieben. Weitere klinisch induzierte Arbeiten beschaftigten sich mit dem Zusammenhang zwischen Geschwulst und Trauma, dem Bronchialcar cinom als "Produkt inhalierter Carcinogene" und neben vielen anderen den Verknupfungen zwischen Endokrinium und Krebs. Sie haben zum groBen Wurf der von K.H. BAUER entwickelten transphe no ida len Hypophysenausschaltung mit Radiogold (anfangs durch Elektrocoagulation) gefuhrt. Die Tatsache, daB in der Heidelber ger Klinik uber 500 Hypophysenausschaltungen, darunter auch bei Hypophysentumoren, ohne einen einzigen Todesfall ausgefuhrt wer den konnten, dokumentiert wohl am besten die Vorteile dieses unblutigen Verfahrens. Die jahrzehntelange Beschaftigung mit dem Krebsproblem und die Summe der eigenen experimentellen und klinischen Arbeiten zur Entstehung und Behandlung des Krebses fand schlieBlich 1949 ihren Niederschlag in dem Werk "Das Krebsproblem". 1963 folgte die vollig umgearbeitete erweiterte zweite Auflage. In ihr sind IX in bis dahin einmaliger Weise der gesamte Komplex biologischer, chemischer, physikalischer, pathologischer und klinischer Teil aspekte und Probleme unter dem Generalnenner der Mutaitonstheo rie dargestellt. Dieses Werk, bis heute aktuell, kann als ein malige Leistung in der Weltliteratur gewlirdigt werden. Zwei Gebieten galt in spateren Jahren sein besonderes Interesse: Einmal den Rechtsfragen unseres Faches (die Operation als Kor perverletzung, Aufklarungspflicht, sterbehilfe, Krebsprozesse u.a.), zum anderen der Verkehrsmedizin. Das erste Alarmsignal seiner Bemlihungen zur Losung des Problems der Verkehrsunfalle mit ihren horrenden Zahlen an Todesopfern und Verletzten war sein 1954 auf dem Deutschen ChirurgenkongreB gehaltenes aufsehen erregendes groBes Referat "tiber Verkehrsunfalle aus der Sicht des Chirurgen". Seine anhand einer exakten Auswertung des riesi gen eigenen klinischen Unfallmaterials und der statistischen Fakten aus der ganzen Welt erhobenen Forderungen (Geschwindig keitsbegrenzung, Sturzhelm, Verbesserung der StraBensichtver haltnisse u.a.) haben nach ihrer bis heute leider nur unvoll standigen Realisierung doch die Zahl der Unfalltoten und -ver letzten entscheidend vermindert. Auch sonst hat sich K.H. BAUER nicht gescheut, praktische Kon sequenzen, die sich flir ihn aus neuen wissenschaftlichen Erkennt nissen oder richtig erkannten Tatbestanden ergaben, offen aufzu zeigen, ohne Kompromisse zu vertreten und mit aller Energie zu ihrer Verwirklichung zu verhelfen - mag es sich urn Lebensmittel verfalschung durch Farb- und Fremdstoffe, urn die Bekampfung der Luftverseuchung, urn die Organisation der Versorgung der Unfall verletzten am Unfallort u.a. gehandelt haben. Er kampfte aber ebenso auch urn die Beseitigung der diskriminierenden Wertung der chirurgischen Operation als strafbare Korperverletzung im neuen Strafrecht. Das Bild von K.H. BAUER ware unvollstandig ohne kurze Wlirdigung seiner Arbeit als Chirurg und Operateur. Alles arztliche Handeln wurde diktiert von hochstem Verantwortungsgeflihl un den Wechsel beziehungen zwischen Arzt und Patient, strengste Indikations stellung zur Operation war absolutes Gesetz. Das Prinzip der Okonomie war gliltiger MaBstab, d.h. mit geringstmoglichem opera tiven Aufwand den groBtmoglichen funktionellen Erfolg zu erzie len. Dem Prinzip folgten auch die von K.H. BAUER inspirierten Operationsmethoden, wie die vereinfachte Perthesplastik bei ir reparabler Radialislahmung, seine Modifikation des KRUKENBERG Greifarms, die Doppelbolzung der Schenkelhalspseudarthrose, sei ne Modifikation der sacro-abdominalen Rectumamputation, die Be handlung der Trigeminusneuralgie durch percutane Punktion und Elektrocoagulation des Ganglion Gasseri (liber 2000 FaIle ohne Letalitat) oder die zirkulare Craniotomie und anderes mehr. K.H. BAUERs tiberzeugung, daB das Krebsproblem, wenn liberhaupt, nur durch einen Generalangriff mit den Waffen der verschieden sten naturwissenschaftlichen und medizinischen Disziplinen einer Losung zugeflihrt werden kann, flihrte schon frlih zu dem visiona ren Plan, diese Disziplinen unter einem Dach zu vereinigen in Form eines groBen, multidisziplinaren Forschungszentrums in Hei delberg. Als Emeritus konnte er diesen Plan tatsachlich mit un- x glaublicher Energie und Zahigkeit und rastlosem Einsatz gegen ungezahlte Hindernisse und Schwierigkeiten zur Realisierung ftihren. Durch seine gezielte Planung von zwei Ausbaustufen ge lang es, daB schon 1964 das Zentrum in der ersten Stufe die Ar beit aufnehmen konnte, und nach nicht einmal einem Jahrzehnt das "Deutsche Krebsforschungszentrum" nach Beendigung der zweiten Ausbaustufe voll funktionsfahig war. Dieses DKFZ, dem seine Ftir sorge bis in seine letzten Lebenswochen galt, wird mit dem Na men Karl Heinrich BAUER verbunden bleiben. Gedenken wir zum 100. Geburtstag des Arztes, Chirurgen und For schers Karl Heinrich BAUER, so kann sein wissenschaftliches Ar beiten und Forschen sicher nicht besser charakterisiert werden als durch die Worte von J.W. GOETHE: "Alles kommt in den Wissen schaften auf das an, was man ein Apercu nennt, auf ein Gewahr werden dessen, was eigentlich den Erscheinungen zum Grunde liegt. Und ein solches Gewahrwerden ist bis ins Unendliche fruchtbar". M. SCHWAIGER, Freiburg XI

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