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Projekt Luna PDF

284 Pages·2010·0.7 MB·German
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»Selbst wenn Sie gar nichts tun, sind Sie nach 232 Se­ kunden ein toter Mann. Selbst wenn Sie sich nicht von der Stelle rühren, läßt das Gebilde Sie nur so lan­ ge am Leben wie Ihren Vorgänger. Diese Zeitspanne wird größer, je weiter Sie vordringen.« Dr. Hawks, der Schöpfer des Materie-Transmitters und -Duplikators, hat einen potentiellen Selbstmör­ der als neuen Rekruten für das Projekt Luna ange­ worben. Für die Erforschung des rätselhaften Gebil­ des auf dem Mond kommen nur Leute in Frage, die bereit sind, hundert verschiedene Tode zu sterben ... ALGIS BUDRYS PROJEKT LUNA Utopischer Roman Deutsche Erstveröffentlichung WILHELM HEYNE VERLAG MÜNCHEN Dieses E-Book ist nicht zum Verkauf bestimmt!! HEYNE-BUCH Nr. 3041 im Wilhelm Heyne Verlag, München Titel der amerikanischen Originalausgabe ROGUE MOON Deutsche Übersetzung von Wulf H. Bergner Genehmigte Taschenbuchausgabe Copyright © 1960 by Algis Budrys Printed in Germany 1965 Umschlag: Atelier Heinrichs, München Gesamtherstellung: H. Mühlberger, Augsburg 1 Drei Männer saßen in einem Zimmer um einen Tisch. Edward Hawks, Doktor der Naturwissenschaften, stützte den Kopf in seine Hände und stemmte die Ellbogen auf die Platte seines Schreibtisches. Er war dunkelhaarig, hager, großgewachsen und blaß. Seine Arbeit brachte es mit sich, daß er nur selten an die fri­ sche Luft kam, so daß er Besucher unwillkürlich an eine Vogelscheuche erinnerte, wenn sie ihn neben seinem sonnengebräunten jungen Assistenten sahen. Der junge Mann auf der anderen Seite des Schreib­ tisches starrte ihn unverwandt an. Sein kurzgeschnit­ tenes Haar war schweißnaß und klebte strähnig an seinem Kopf. »Und dunkel ...«, sagte er unsicher, »und dunkel und nirgendwo Sterne ...« Seine Stimme sank zu einem undeutlichen Murmeln herab. Hawks sah nach rechts. Weston, der neue Psychologe, saß dort in dem be­ quemen Sessel, den er sich in Hawks' Büro mitge­ bracht hatte. Weston und Hawks waren etwa gleich­ altrig, aber Weston war klein und untersetzt; er war sehr von sich selbst eingenommen und wirkte welt­ männischer. Jetzt war er vor allem ungeduldig. Er runzelte nervös die Stirn und zog die linke Augen­ braue hoch. »Er ist tatsächlich verrückt«, stellte Hawks erstaunt fest. Weston schlug die Beine übereinander. »Das habe ich Ihnen bereits gesagt, Dr. Hawks. Für mich stand es schon in dem Augenblick fest, als wir ihn aus Ihrer Maschine herausholten. Die Belastung war zuviel für ihn.« »Ich weiß«, gab Hawks bereitwillig zu. »Aber ich bin für ihn verantwortlich, deshalb muß ich mich selbst davon überzeugen.« Er warf Weston einen nachdenklichen Blick zu. »Er war jung und kernge­ sund. Außergewöhnlich belastbar, meinten Sie. So wirkte er auch.« Hawks machte eine Pause. »Und hervorragend intelligent«, fügte er langsam hinzu. »Ich habe gesagt, er sei außergewöhnlich belast­ bar«, erklärte Weston ernst. »Aber das heißt nicht, daß ich behauptet habe, er könne auch unmenschli­ che Belastungen ertragen. Ich habe festgestellt, daß er ein Musterexemplar der Gattung Mensch sei. Aber Sie haben ihn dorthin geschickt, wo kein Mensch hin­ gehen sollte.« Hawks nickte. »Sie haben recht. Es war meine Schuld.« »Allerdings hat er sich freiwillig dazu gemeldet«, warf Weston schnell ein. »Er hat gewußt, daß es sich um ein gefährliches Unternehmen handelte. Er hat gewußt, daß er sein Leben riskierte.« Aber Hawks hörte ihm nicht mehr zu. Er sah wie­ der zu dem jungen Mann hinüber. »Rogan?« sagte er leise. »Rogan?« Er beobachtete, wie sich die Lippen des jungen Mannes tonlos bewegten. Dann seufzte er und wand­ te sich wieder an Weston. »Können Sie ihm helfen?« »Selbstverständlich«, antwortete Weston zuver­ sichtlich. »Wir werden ihn einer Elektroschock- Behandlung unterziehen, bis er alles vergessen hat. Dann ist alles wieder in Ordnung.« »Seit wann kann man damit Dauererfolge erzielen?« Weston sah Hawks in die Augen. »Es kann natür­ lich sein, daß er von Zeit zu Zeit wieder eine Behand­ lung braucht.« »In regelmäßigen Abständen – für den Rest seines Lebens.« »Das muß nicht immer sein.« »Aber meistens.« »Nun, ja ...« »Rogan«, flüsterte Hawks. »Rogan, es tut mir leid.« »Und dunkel ... und dunkel ... Es hat mir weh getan und es war so kalt ... so still, daß ich mich hören konnte.« Dr. Edward Hawks schritt über den Betonfußboden des großen Laboratoriums. Er hatte die Hände in den Hosentaschen vergraben und hielt den Kopf gesenkt. Sein Weg führte ihn an zahlreichen Generatoren und Konsolen vorbei, bis er schließlich den Empfängerteil des Materie-Transmitters erreicht hatte. Das Laboratorium bedeckte eine Fläche von eini­ gen tausend Quadratmetern im Keller des Gebäudes der Entwicklungsabteilung von Continental Electro­ nics. Vor einem Jahr, als Hawks den Transmitter kon­ struiert hatte, waren die Fußböden des Erdgeschosses und des ersten Stocks herausgerissen worden, um Raum für das Gerät zu schaffen, das jetzt bis an die Decke ragte. An seiner Außenseite führten in regel­ mäßigen Abständen Stege entlang, von denen aus die Wartungsarbeiten durchgeführt wurden. Dutzende von Männern aus Hawks Stab waren mit Abschlußtests beschäftigt, bevor sie die Maschinen für heute stillegten. Die grellen Deckenleuchten lie­ ßen lange Schatten entstehen, die ein bizarres Muster auf dem Boden bildeten. Hawks legte den Kopf zurück und starrte den Transmitter nachdenklich an. »Ed!« rief jemand hin­ ter ihm, und er sah sich um. »Hallo, Sam.« Sam Latourette, sein erster Assistent, hatte sich leise genähert. Er war ein grobknochiger Mann mit schwammigem Fleisch und dunkelumran­ deten, tiefliegenden Augen. Hawks lächelte ihn müde an. »Die Leute sind wohl schon fast mit ihrem post mortem fertig, was?« »Du bekommst morgen einen ausführlichen Be­ richt. Die Maschinen haben tadellos gearbeitet. Alles in bester Ordnung, Ed.« Latourette wartete offen­ sichtlich darauf, daß Hawks Interesse zeigen würde. Aber Hawks nickte nur und starrte weiter in die Hö­ he. Latourette räusperte sich. »Ja, Sam?« »Hör auf damit, Ed. Du machst dich nur selbst fer­ tig.« Wieder wartete er auf Hawks' Reaktion, aber als sie ausblieb, faßte er Hawks am Arm. »Glaubst du, ich wüßte nicht genau, was in dir vorgeht? Wie lange arbeite ich jetzt schon mit dir zusammen? Zehn Jahre! Wer hat mich angestellt? Wer hat mich ausgebildet? Du kannst sie alle an der Nase herumführen – aber mich nicht!« Latourette ballte die Fäuste. »Ich kenne dich! Aber – der Teufel soll dich holen, Ed, schließlich kannst du doch nichts dafür, daß dieses Ding dort oben existiert! Was willst du eigentlich – daß keinem ein Härchen gekrümmt wird? Wovon träumst du – von einer vollkommenen Welt?« Hawks lächelte wieder. »Wir stoßen ein Tor auf, wo nie eines gewesen ist«, sagte er und zeigte dabei auf die Maschinen. »Das nennt sich wissenschaftliche Forschung. Dann schicken wir einen Mann durch die­ ses Tor. Das ist ein Abenteuer. Und etwas auf der an­ deren Seite – das die Menschheit noch nie belästigt hat, das uns noch nie Anlaß zur Besorgnis gegeben hat – bringt sie um. Deshalb schicke ich immer wie­ der neue Freiwillige. Wie nennt man das, Sam?« »Ed, wir machen aber doch Fortschritte. Jetzt kann es nicht mehr lange dauern.« Hawks sah ihn neugierig an. »Jede Maschine hat gewisse Kinderkrankheiten«, sagte Latourette unsicher. »Aber damit werden wir bestimmt fertig, Ed – ich weiß es ganz sicher.« Hawks sah nachdenklich auf die graue Hammer­ schlaglackierung der Maschine. »Weil wir sie nicht mehr umbringen, meinst du? Weil sie nur noch wahnsinnig werden?« »Wir müssen nur noch ein neues Verfahren ent­ wickeln, damit die Leute den Schock besser überste­ hen können, den sie bekommen, wenn sie spüren, daß sie sterben. Mehr Sedativa. Irgend etwas in dieser Richtung.« »Sie müssen trotzdem noch dorthin«, stellte Hawks fest. »Die dabei angewandte Methode macht keinen Unterschied – das Ding toleriert sie auf keinen Fall. Es ist einfach nicht für Menschen geschaffen. Der menschliche Geist wird es nie erfassen oder beschrei­ ben können. Wir werden eine neue Sprache erfinden müssen, weil unsere dazu nicht ausreicht – und eine völlig neue Denkweise, um es verstehen zu können. Erst wenn wir es schließlich zerlegt haben und seine Teile genau untersucht worden sind, werden wir un­

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