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Iphigenie auf Tauris PDF

71 Pages·3.944 MB·German
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LEKTÜRESCHLÜSSEL FÜR SCHÜLER Johann Wolfgang Goethe Iphigenie auf Tauris Von Mario Leis Philipp Reclam jun. Stuttgart Alle Rechte vorbehalten © 2005, 2006 Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stuttgart Gesamtherstellung: Reclam, Ditzingen Made in Germany 2006 RECLAM, UNIVERSAL-BIBLIOTHEKund RECLAMS UNIVERSAL-BIBLIOTHEKsind eingetragene Marken der Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stuttgart ISBN-13: 978-3-15-950128-4(cid:13)(cid:10)(cid:13)(cid:10)(cid:13)(cid:10)(cid:13)(cid:10)(cid:13)(cid:10)(cid:13)(cid:10)(cid:13)(cid:10)(cid:13)(cid:10) ISBN-10: 3-15-950128-0(cid:13) (cid:10)(cid:13)(cid:13)(cid:10)(cid:13)(cid:10)(cid:13)(cid:10)(cid:13)(cid:10)(cid:13)(cid:10)(cid:13)(cid:10) ISBN-13 der Buchausgabe: 978-3-15-015350-5 (cid:13)(cid:10) (cid:13)(cid:10) (cid:13)(cid:10) (cid:13)(cid:10) (cid:13)(cid:10) (cid:13)(cid:10)(cid:13)(cid:10)(cid:13)(cid:10)(cid:13)(cid:10)(cid:13)(cid:10)(cid:13)(cid:10)(cid:13)(cid:10) ISBN-10 der Buchausgabe: 3-15-015350-6 www.reclam.de Inhalt 1.Erstinformation zum Werk 5 2.Inhalt 8 3.Personenkonstellation 18 4.Werkaufbau 20 5.Wort- und Sacherläuterungen 24 6.Interpretation 30 7.Autor und Zeit 43 8.Rezeption 56 9.Checkliste 61 10.Lektüretipps/Filmempfehlungen 66 Anmerkungen 69 1. Erstinformation zum Werk Am 29. April 1890 schrieb Theodor Fontane an Georg Friedländer über Johann Wolfgang von Goethes Schau- spiel Iphigenie auf TaurisFolgendes: »Wer mir sagt: ›Ich war gestern in Iphigenie, welch Hochgenuß‹, der lügt oder ist ein Schaf und Nachplapperer.«1 Doch kann man – auch bei berechtigter Kritik an Goethes Drama – dem großen Fontane sehr wohl widersprechen. Die Lektüre oder Aufführung der Iphigenie auf Tauriskann auch heute ein ästhetischer »Hochgenuß« sein, und das Schauspiel vermag auch durch seine moralische und »völ- kerrechtliche« Aktualität zu überzeugen. Goethes Drama stützt sich auf zwei Traditionen des Iphi- genie-Stoffes: 1. auf die Tragödie Iphigenie bei den Taurierndes grie- chischen Dramatikers Euripides (4. Jh. v.Chr.). Im Unterschied zu seinem Vor- Vorbild Euripides bild schrieb Goethe aber kein Drama, in dem die Götter das Handeln der Menschen bestimmen; im Zen- trum seines klassizistischen Schauspiels steht vielmehr die Emanzipation des Menschen, die Befreiung von religiöser Fremdbestimmung. Friedrich Schiller weist 1802 ausdrück- lich auf diese Modernität der Iphigenie auf Tauris hin: »Sie ist aber so erstaunlich mo- Erstaunlich dern und ungriechisch, dass man nicht be- modern greift, wie es möglich war, sie jemals einem griechischen Stück zu vergleichen.« Im gleichen Atemzug aber kritisiert er das Drama: »Sie ist ganz nur sittlich; aber die sinnliche Kraft, das Leben, die Bewegung und alles, was ein Werk zu einem echten dramatischen specificiert, geht ihr 6 1.ERSTINFORMATION ZUM WERK sehr ab.« Im Unterschied zum Götz von Berlichingen, mit dem der junge Goethe seinen ersten Bühnenerfolg feierte und in dem wir sinnliche, bewegungsstarke Szenen finden, verlegt Goethe die dramaturgische Spannung des Iphigenie- Stoffes ganz in das Innere der Personen. Daher bietet der äußere Ablauf des Stücks auf der Bühne nur wenig Aufre- gendes und Bewegtes, vielmehr beherrschen dialogische und monologische Reflexionen das Stück, woran auch Fon- tane bei seiner Kritik sicherlich gedacht haben wird. Aber Goethe war seit 1786, dem Beginn seiner Ita- Vorbild Antike lienreise, dem Vorbild der Antike verpflich- tet, er orientierte sich an ihren verehrten Idealen wie Humanität, Streben nach Vollkommenheit und Ganzheit, dem Einklang von Geist und Natur, von Verstand und Gefühl. In diesem Zusammenhang wollte er das Wahre, Gute und Schöne in vollendeter Form literarisch darstellen; für sinnlich derbe Szenen blieb da kein Raum mehr. Schon die Entstehungsgeschichte zeigt, wie Entstehungs- Goethe um die Harmonie des Werkes gerun- geschichte gen hat. 1779 schrieb er die erste Prosafas- sung, mit der er wegen ihrer »schlotternden« Form unzufrieden war, in eine Blankversfassung um, aber auch diese »gemeßnere« Überarbeitung genügte ihm nicht. Erst 1786 gelang ihm eine Fassung, die ihn befriedigte, weil sie »mehr Harmonie und Stil« besaß. Seither gilt Iphigenie auf Tauris als Musterbeispiel des klassischen Dramas schlechthin. 2. Goethe bemühte nicht nur die Antike als Vorbild, sondern auch die Tradition der klassischen Vorbild franzö- französischen Tragödie; die Schauspiele Jean- sische Tragödie Baptiste Racines (1639–99), Molières (1622– 1673) und Pierre Corneilles (1606–84) wur- 1.ERSTINFORMATION ZUM WERK 7 den gern in Weimar aufgeführt, zumal Herzog Carl August von Weimar, Goethes Förderer, ein Liebhaber der franzö- sischen Tragödie war; ihm zuliebe überarbeitete Goethe 1800/01 Voltaires (1694–1778) Mahomet(1741) für die Büh- ne. An den deutschen Höfen waren die klassischen franzö- sischen Tragödien und Komödien beliebt, weil die Adeligen damals stark von der französischen Sprache und Kultur ge- prägt waren. Goethe erfüllt mit seiner Iphigenie auf Taurisdie Regeln der »doctrine classique«, besonders was die Einheit von Zeit, Ort und Handlung betrifft; Einheit von Zeit, damit distanziert er sich von seiner Sturm- Ort und Handlung und-Drang-Phase, in der er mit seinem Götz von Berlichingendie Regeln der Tragödie radikal missach- tete. Racines Iphigenie(1674) galt ihm in formaler und inhalt- licher Hinsicht – mit gewissen Abweichungen – als Vorbild, den Namen Arkas etwa, der bei Euripides nicht vorkommt, übernimmt er aus Racines Drama. 2. Inhalt Das Schauspiel Iphigenie auf Taurisbesteht aus fünf Aufzü- gen. 1779 schrieb Goethe eine erste Prosafassung, 1781 be- reits eine zweite. Am 6. April 1779 wurde die Uraufführung erste in Weimar uraufgeführt. 1780 folgte dann die erste Versfassung in freien Jamben, schließlich vollendete Goethe 1786 unter Mithilfe von Karl Philipp Moritz die zweite Versfassung in Blankversen; sie kam am 15. Mai 1802 in Weimar auf die Bühne. Antiker Stoff Der Stoff zu Iphigenie auf Tauris stammt aus der griechi- schen Tantalidensage: Tantalos, ein mächtiger Tantalidensage Titan, Sohn des Zeus und der Pluto, darf an der Tafel der Götter speisen. Vor lauter Über- mut stellt er die Allwissenheit der Götter auf die Probe: Er schlachtet seinen Sohn Pelops und serviert ihn als Mahl an der Göttertafel. Außerdem verrät er den Menschen die Plä- ne, welche die Götter für die Erde beschlossen haben. Zur Strafe verdammt Zeus den Titanen zu ewigen Qualen in die Unterwelt und verflucht seine Nachkommen, so zum Bei- spiel Atreus und seine beiden Söhne Agamemnon und Menelaos. Auch die Kinder von Agamemnon und Klytäm- nestra: Elektra, Iphigenie und Orest sind dem Familienfluch (vgl. 306–432) ausgeliefert. Den dramaturgischen Kontext zu der Familientragödie liefert der Kampf um Troja. Agamemnons Krieg um Troja Bruder Menelaos ist mit Helena vermählt, doch sie wird von Paris, dem Sohn des tro-

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