AUSERWÄHLT VON DER MACHT VERDAMMT ZUR DUNKLEN SEITE Buch: An einer bedeutenden Eliteschule auf dem Planeten Andara treibt ein geheimer Zirkel von abtrünnigen Studenten sein Unwesen. Als eines Tages der Sohn eines Senators spurlos verschwindet, wird der Jedi Rat auf Coruscant zu Hilfe gerufen. Hat der mysteriöse Zirkel etwas mit dem Verschwinden des Senatorensohnes zu tun oder war es das Werk der politischen Feinde seines Vaters, die den Planeten in einen Krieg zwingen wollen? Um das Rätsel zu lösen und den Frieden zu sichern, müssen Anakin Skywalker und sein Widersacher Ferus Olin ihren persönlichen Konflikt begraben und sich gemeinsam einer tödlichen Herausforderung stellen: Der Akademie der Angst … DIE AKADAMIE DER ANGST Band 6 Jude Watson Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme Ein Titeldatensatz für diese Publikation ist bei der Deutschen Bibliothek erhältlich. Dieses Buch wurde auf chlorfreiem, umweltfreundlich hergestelltem Papier gedruckt. In neuer Rechtschreibung. Deutsche Ausgabe 2003 by Panini Verlags GmbH, Rotebühlstraße 87, 70178 Stuttgart Alle Rechte vorbehalten © 2003 Lucasfilm Ltd. & TM. All rights reserved. Used under authorization. Titel der amerikanischen Originalausgabe: »Star Wars – Jedi Quest #5 – The School of Fear« No similarity between any of the names, characters, persons and/or institutions in this publication and those of any pre-existing person or Institution is intended and any similarity which may exist is purely coincidental. No portion of this publication may be reproduced, by any means, without the express written permission of the Copyright holder(s). Übersetzung: Dominik Kuhn Redaktion: Mathias Ulinski, Holger Wiest Chefredaktion: Jo Löffler Umschlaggestaltung: TAB Werbung GmbH, Stuttgart, basierend auf dem US-Cover von Alicia Buelow und David Mattingly Satz: Greiner & Reichel, Köln Drück: Panini S.P.A. Italien ISBN: 3-89748-699-7 Panini Verlags GmbH im Internet www.panini-dino.de www.Starwars.com Kapitel 1 Geduld wurde jedem Jedi abverlangt. Ein Jedi verlor nie die Ruhe, auch wenn er unter großem Druck stand. Jeder Padawan kannte die Geschichte der Jedi- Meisterin Yaddle, die mehrere Jahrhunderte lang unter der Erde des Planeten Koba gefangen gehalten worden war, aber niemals die Ruhe verloren hatte. Aber auch Meisterin Yaddle würde angesichts der Verfahrensweisen des Senats die Nerven verlieren, dachte Anakin Skywalker. Er unterdrückte ein Lächeln. Ein Beobachter hätte nicht bemerkt, wie er seine Muskeln abwechselnd anspannte und wieder lockerte. Seit Stunden saß er jetzt im Polarstern-Empfangssaal, der an die große Eingangshalle des Senatskomplexes grenzte. Der riesige Empfangssaal hatte eine gewölbte Decke, die mit wertvollen Metallen aus den verschiedensten Gegenden der Galaxis verkleidet war. Die Sitzgelegenheiten waren nah am Boden angebracht und hatten breite, verstellbare Armlehnen für all die verschiedenen vielgliedrigen Wesen. Die weichen Kissen und zurückklappbaren Lehnen waren so bequem, dass ein paar der Wartenden ein Nickerchen hielten. Die langweilige Rede, die gerade auf dem riesigen Bildschirm aus dem großen Sitzungssaal des Senats übertragen wurde, hatte sicher auch dazu beigetragen. Anakins Meister, Obi-Wan Kenobi, saß ruhig da. Er schien keinen Muskel zu bewegen. Sein Blick ruhte auf der vergoldeten Wand vor ihm. Auf jemanden, der an ihm vorbeigehen würde, hätte er vollkommen beherrscht gewirkt. Anakin aber kannte seinen Meister besser und spürte die Ungeduld, die Obi-Wans Gelassenheit ausstrahlte, so als wäre es Hitze. Sie saßen jetzt schon den ganzen Morgen hier und Anakin spürte jede Minute in seinen verkrampften Muskeln. Man hatte sie früh am Morgen gerufen und ihnen mitgeteilt, dass man zu einer Entscheidung über Obi-Wans »Antrag auf Offenlegung« gelangt war. Obi-Wan hatte diesen Antrag gegen einen einflussreichen Senator namens Sano Sauro eingereicht. Als sie heute Morgen hier angekommen waren, hatte ein Bediensteter des Senats sie angewiesen zu warten. »Es dauert nur fünf Minuten.« Das war vor drei Stunden gewesen. Und jetzt warteten sie noch immer. Anakin begann, hektisch mit dem Stiefel auf den Boden zu tippen. Als Obi- Wan ihm einen Blick zuwarf, hörte er auf. »Kann ich Euch etwas holen, Meister?«, fragte Anakin. »Vielleicht einen Tee?« Er hätte liebend gern etwas – irgendetwas – zu tun gehabt. »Nein danke, Padawan. Wir werden warten.« Obi-Wan verschränkte die Arme und widmete sich wieder dem intensiven Anstarren der Wand. Nichts anderes als die Verfolgung von Granta Omega hatte sie hierher geführt. Der galaktische Verbrecher hatte es auf die Jedi abgesehen und Obi-Wan war schon zweimal seine Zielscheibe gewesen. Omega hatte keine Erfahrung im Umgang mit der Dunklen Seite der Macht, er war jedoch von den Sith fasziniert und wusste, dass es noch mindestens einen in der Galaxis gab. Er hatte sich zum Ziel gesetzt, diesen Sith zu finden, und um das zu erreichen, schreckte er nicht einmal vor einem Mord an einem Jedi zurück. Er würde auch ohne jede Rücksicht noch mehr Reichtum anhäufen. Für Obi-Wan war Granta Omega ein großer Feind der Jedi. Anakin hätte ihn gern verfolgt, hätte sich gern daran gemacht, irgendwo in einem entfernten Winkel der Galaxis Informationen einzuholen, doch Obi-Wan hatte ihn zur Geduld angehalten. Sie würden Monate oder gar Jahre durch die Galaxis ziehen können, ohne Granta Omega je auf die Spur zu kommen. Stattdessen, so hatte Obi-Wan zu Anakin gesagt, würden sie dem winzigen Hinweis nachgehen müssen, den sie hatten: Granta Omega war vor Jahren der Protege von Senator Sano Sauro gewesen. Vielleicht hatten die beiden noch immer Kontakt. Sauro war ebenfalls ein Feind der Jedi, auch wenn er seine Feindschaft hinter seinem gewandten Verhalten und seinem Senatorengehabe verbarg. Obi-Wan würde ihn zur Zusammenarbeit zwingen müssen. Um die Informationen zu erhalten, die nach Obi-Wans Meinung zweifelsohne in Sauros Unterlagen vergraben waren, mussten sie sich an die im Senat üblichen Verfahren halten. Und Anakin wusste, dass Obi-Wan ganz und gar keine Geduld für senatsübliche Verfahren hatte. Er wusste auch, dass gerade dieser eine Punkt absolut nicht Obi-Wans Stärke war. Also hatte Obi-Wan sich an einen Experten gewandt: an einen jungen Senatsbediensteten mit brillantem Verstand. Es war der Svivreni Tyro Caladian. Es war eine Herausforderung für Tyro, auch die absolut unnötigen, aber komplizierten, geradezu lächerlichen und dabei undurchsichtigen und überraschend dummen Senatsregeln zu beherrschen. Tyro hatte ihnen erklärt, dass ihre einzige Chance darin bestand, einen so genannten »Antrag auf Offenlegung« zu stellen. Dieser Antrag würde aber nur bearbeitet werden, wenn man unzählige komplizierte Gesuche einreichte, Unterschriften leistete, Genehmigungen einholte und Stempel erhielt. Obi-Wan hatte all diese Schritte getan und jetzt war der Antrag Sano Sauro endlich zugestellt worden. Anakin war sich sicher, dass sie einen Hinweis auf Granta Omegas Verbleib finden würden, sobald sie Zugang zu Sano Sauros Dateien hätten. Plötzlich stürmte ein Svivreni in einer blauen Tunika in den großen Saal. Seine langen schwarzen Haare, die lose durch einen Reif aus mattem Metall zusammengehalten wurden, fielen ihm den Rücken herab. Er war gedrungen und besaß ein Fell. Hast und Nervosität waren auf seinem kleinen, aufgeweckt wirkenden Gesicht zu erkennen. Er versuchte, etwas langsamer zu gehen, doch es gelang ihm nicht, und er blieb mit seinen dünn besohlten Stiefeln rutschend auf dem polierten Steinboden vor Obi-Wan und Anakin stehen. »Ich wurde bei der Anhörung eines Unterkomitees aufgehalten …«, begann er atemlos. Obi-Wan schüttelte den Kopf. »Das macht nichts. Es gibt noch keine Neuigkeiten, Tyro.« Tyro Caladian schüttelte hektisch den Kopf. »Wie ist das nur möglich? Hier kann etwas nicht stimmen.« Anakin runzelte die Stirn. Ihm gefiel gar nicht, was Tyro da sagte. »Wir hatten ihn in der Hand und er ist uns entwischt«, stöhnte Tyro. »Das spüre ich.« »Noch ist nichts passiert«, erwiderte Obi-Wan. »Setzt Euch, bevor Ihr umfallt.« Ein leichtes Lächeln kam über seine Lippen. Tyros Aufregung amüsierte den Jedi, doch hinter Tyros schwachen Nerven verbarg sich ein politisch denkender Verstand, der scharf war wie eine geschliffene Klinge. Tyro setzte sich und brütete vor sich hin. Er war ebenfalls kein großer Freund von Sano Sauro. Der Senator hatte einst versucht, die reichen Bergwerke von Svivren zu übernehmen, um Waffen herzustellen. Die Svivreni waren gegen Waffen jeder Art und der Plan war aufgedeckt worden, bevor Sano Sauro ihn hatte ausführen können. Doch er hatte seine Spuren gut verwischt und so war ihm nie genug für eine Anklage nachzuweisen gewesen. Das nagte an Tyro. Tyro hatte mit Obi-Wan zusammengearbeitet und sichergestellt, dass sie jedes kleine Schlupfloch stopften. Sie hatten jeden Schritt und jedes Detail der Prozedur peinlichst genau beachtet. Sie hatten vorgesprochen, unterschrieben und beantragt. Obi-Wan hatte sogar den obersten Kanzler Palpatine um Unterstützung gebeten. Anakin wusste, dass sie Erfolg haben würden, auch wenn Tyro aufgeregt war. Er verstand gar nicht, weshalb Tyro und Obi-Wan so besorgt aussahen. Tyros kleine leuchtende Augen blinzelten nervös. »Sauro führt irgendetwas im Schilde. Wenn ich nur wüsste, was.« Obi-Wan rutschte unruhig hin und her. »Ich habe das Gefühl, dass wir das bald wissen werden.« Anakin stand schnell auf, als der Sprecher des Senats, Mas Ameeda, mit der für ihn typischen Behäbigkeit in den Raum kam. Er hatte die Hände über dem Bauch gefaltet und seine beiden Kieferlappen ruhten auf der tiefblauen Robe. »Der oberste Kanzler Palpatine bat mich, Euch die Nachricht zu überbringen«, sagte Mas Ameeda, nachdem er sich vor Obi-Wan verneigt hatte. »Euer Antrag auf Offenlegung wurde abgelehnt.« Anakin sah einen Moment lang Wut in Obi-Wans Blick, doch eine halbe Sekunde später war sie wieder verschwunden. »Mit welcher Begründung?« »Senator Sauro hat ein kleines, recht unbekanntes Verfahren namens ›Senatoriales Recht auf Ablehnung‹ erfolgreich angewandt«, erläuterte Mas Ameeda. »Damit konnte er den Antrag auf Offenlegung für unbestimmte Zeit aussetzen. Senator Sauro ist Mitglied in einem wichtigen Komitee, das über die Neuverteilung von Handelsrouten entscheidet, und er hat seinen Antrag vor diesem Hintergrund bei dem Komitee für Senatsverfahren eingereicht.« Tyro Caladian erhob sich. Sein Fell richtete sich in spitzen Büscheln auf. »Ich habe noch nie von einem Recht auf Ablehnung gehört«, sagte er. »Das ist ein Skandal!« Mas Ameeda starrte Tyro an. Es war offensichtlich, dass er sich nicht gern von einem solch jungen Senatsbediensteten belehren ließ. »Es handelt sich um eine wenig bekannte und selten angewandte Regelung. Das Komitee musste im Archiv über dreihundert Jahre zurückgehen, um sie zu finden.« »Aber Verfahrensregeln treten außer Kraft, wenn sie nicht innerhalb der letzten hundert Jahre erneuert und ratifiziert wurden!« Tyro Caladian war wütend. »Das ist ein klarer Gesetzesverstoß!« »Es ist eine Grauzone«, gab Mas Ameeda zu. »Faktisch ist das Komitee dazu befugt, alle Gesetze zu interpretieren, also haben sie auch das Recht, ihnen stattzugeben. Es ist eine … überraschende Entscheidung.« Er wandte sich um und sah Obi-Wan verständnisvoll an. »Senator Sauro wollte Euren Antrag offensichtlich um jeden Preis abwenden.« »Dessen bin ich mir sicher«, sagte Obi-Wan. Mas Ameeda senkte den Kopf. »Der oberste Kanzler lässt ausrichten, dass er alles tat, was in seiner Macht stand. Er bedauert die Entscheidung des Komitees, kann sie aber nicht überstimmen. Er hofft, dass Ihr Granta Omega auf andere Art und Weise auf die Spur kommt. Ihm ist klar, dass dies voll und ganz im Interesse der Galaxis ist.« »Bitte überbringt dem obersten Kanzler meinen Dank«, sagte Obi-Wan. Anakin konnte nicht glauben, dass sein Meister nicht die Beherrschung verlor. Sie waren so dicht dran gewesen und jetzt wurden sie von einem solch lächerlichen Gesetz in die Schranken verwiesen! Das war einfach ungerecht. Wie konnte sein Meister eine solche Regelung nur akzeptieren? Mas Ameeda verneigte sich tief und ging dann langsam zur Tür hinaus. Seine schwere Robe wehte im Türrahmen. Tryos Fell stand noch immer ab und seine kleinen Augen blinzelten wütend. »Dagegen werde ich Einspruch einlegen«, sagte er zu Obi-Wan. »Damit kommt er nicht durch. Ich werde schriftlich Einspruch einlegen.« »Tut, was Ihr könnt, mein Freund«, sagte Obi-Wan. »Ich bezweifle allerdings, dass Ihr Erfolg haben werdet. Ich schätze, dass irgendjemand in dem Komitee unter Sauros Einfluss steht. Meiner Meinung nach hat Mas Ameeda genau das durchblicken lassen.« Obi-Wan legte eine Hand auf Tyros Schulter. »Vielen Dank für Eure Hilfe. Mein Padawan und ich werden einen anderen Weg finden.« Tyro blickte enttäuscht drein. »Wenn Ihr mich jemals wieder braucht, Meister Obi-Wan Kenobi, bin ich für Euch da.« Er hob eine seiner fellbedeckten Hände mit gespreizten Fingern – die svrivrenische Abschiedsgeste. Dann verließ er schnell den Saal. »Tyro hat Recht, Meister«, sagte Anakin mit Nachdruck. »Das ist ein Skandal. Können wir nicht einfach Sauros Dateien knacken?« Obi-Wan verschränkte die Arme auf eine Art, die Anakin sofort wissen ließ, dass er zu weit gegangen war. »Wenn man uns dabei erwischen würde, wäre das Vertrauen, das der Senat den Jedi entgegenbringt, zerstört«, sagte Obi-Wan. »Wir müssen doch etwas unternehmen können!«, entfuhr es Anakin. »Wir können ihm doch nicht einfach den Sieg überlassen. Wahrscheinlich lacht er gerade über uns!« Obi-Wan warf ihm einen ernsten Blick zu. »Du solltest dir keine Gedanken über Senator Sauros Reaktionen machen. Was macht es schon, wenn wir von einem korrupten Senator ausgelacht werden? Das sollte uns nicht mehr bedeuten als der Windhauch eines Gnatfly-Flügels.« Anakin sah ihn wütend an. »Er hat uns zum Narren gehalten.« »Nein, Padawan«, sagte Obi-Wan bestimmt. »Wenn du dich auf dem rechten Weg befindest, hat niemand diese Macht über dich. Diejenigen, die andere zum Narren halten wollen, sind selbst welche.« »Ich verstehe Euch nicht«, sagte Anakin und schüttelte den Kopf. »Ihr seid genauso aufgebracht wie ich. Ich spüre es, Meister. Ich weiß, dass Ihr Granta Omega unbedingt finden wollt.« »Bewahre deine Ruhe nach außen und die innere Ruhe wird kommen«, sagte